Sämtliche Erzählungen von Peter Stamm in einem Band, darunter einige bisher unbekannte
Peter Stamm erzählt gelassen und mit großer Präzision, mit wenigen Worten entfaltet er Welten: Momentaufnahmen eines Glücks entstehen oder die Sehnsucht nach Veränderung. Seine Figuren erleben Enttäuschungen und Wunder. In klaren Sätzen und bewegenden Bildern entstehen Augenblicke größter Intensität. Die Leser dieser Erzählungen verstehen mehr: von der Liebe, dem Menschen, vom Leben. Peter Stamm ist ein Meister der Kurzgeschichte.
Peter Stamm grew up in Weinfelden in the canton of Thurgau the son of an accountant. After completing primary and secondary school he spent three years as an apprentice accountant and then 5 as an accountant. He then chose to go back to school at the University of Zurich taking courses in a variety of fields including English studies, Business informatics, Psychology, and Psychopathology. During this time he also worked as an intern at a psychiatric clinic. After living for a time in New York, Paris, and Scandinavia he settled down in 1990 as a writer and freelance journalist in Zurich. He wrote articles for, among others, the Neue Zürcher Zeitung, the Tages-Anzeiger, Die Weltwoche, and the satirical newspaper Nebelspalter. Since 1997 he has belonged to the editorial staff of the quarterly literary magazine "Entwürfe für Literatur." He lives in Winterthur.
Er ist ein Meister der Reduktion. Mit kurzen fast schon spröden Aussagesätzen führt er mich in die jeweilige Kurzgeschichte. Das Interesse ist geweckt und die Spannung wächst. In der einen oder anderen kurzen Erzählung vollführt die Handlung auch mal kleine Schlenker. Die Handlungen in den kurzen Geschichten sind auf einige Details reduziert oder eher fokussiert und erreichen damit bei mir eine besondere Aufmerksamkeit. Das Bild entsteht, auch von bestimmten Protagonisten, obwohl diese nicht beschrieben werden. Die reduzierte Sprache bietet mir den Raum mitzuwirken. Ich lese Peter StammsGesammelte Erzählungen. In den Buchauslagen sah ich seinen Roman Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt ausliegen. Der Titel weckte mein Interesse, denn er erinnerte mich an Milan Kunderas Roman Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins . Jedoch, im Moment wollte ich keinen Roman zur Hand nehmen. Das werde ich aber nun doch recht bald, nach der Lektüre der Gesammelten Erzählungen, tun.
Die Gesamtausgabe der Erzählungen Peter Stamms enthält alle Texte der Bände Blitzeis (Erstausgabe: Arche Verlag 1999) In fremden Gärten (Erstausgabe: Arche Verlag 2003) Wir fliegen (Erstausgabe: S. Fischer 2008) Seerücken (Erstausgabe: S. Fischer 2011), zusätzlich elf bisher unbekannte oder unveröffentlichte Texte aus den Jahren 1994-2012.
Peter Stamm hat sich als Erzähler mit einer kühlen, analytischen Sprache auch international einen Namen gemacht. Seine frühen Erzählungen in "Blitzeis" folgen hauptsächlich jungen Männern bei ihren Bewährungsproben in Cliquen junger Erwachsener (Feuer, Am Eisweiher), auf dem Weg ins Berufsleben und verzeichnen deren Entfremdung von Heimatort und Jugendfreunden. Charakteristisch sind in diesen frühen Geschichten Icherzähler, die in Metropolen wie London oder New York Fuß zu fassen versuchen (Treibgut, In den Außenbezirken). Der Auslandsaufenthalt junger Akademiker bleibt dabei berufliche Übergangsphase, in der die Hoffnung auf privates Glück sich noch nicht erfüllt. Stamms Protagonisten stehen noch außerhalb der beleuchteten Fenster jener, die sich bereits beruflich und privat etabliert haben. Peter Stamm lässt auch Menschen in Ausnahmesituationen unerwartete Seiten zeigen (Jedermannrecht). Für mich herausragend war in "Blitzeis" die Erzählung über eine junge Frau aus Kasachstan, der aufgrund ihrer unheilbaren Tuberkuloseerkrankung für ihre restliche Lebensspanne die Isolierung in einer Lungenklinik bevorsteht und deren Mann sich bereits von der Todgeweihten abgewandt hat. Das Blitzeis betrifft Larissa nicht mehr, es befindet sich außerhalb der Klinik, die sie nicht mehr verlassen wird.
„In fremden Gärten“ wartet Stamm mit älteren Protagonisten und ihren Lebenskrisen auf (Der Besuch, In fremden Gärten, Eric, Der Kuss), in deren Leben Rituale ihren Sinn verloren haben. Ein männlicher Protagonist erlebt in New York eine plötzliche Schneekatastrophe, die die Metropole zur Langlaufloipe macht. Stamm zeigt auch in diesem Erzählband wieder die private Leere im Leben beruflich mobiler Großstädter (Alles, was fehlt). In „Deep Furrows“ wird der Icherzähler als gewünschter Ehemann für eine der drei unverheirateten Töchtern von deren Vater praktisch gefangen, eine Grenzsituation, die beklemmend einer psychischen Erkrankung ähnelt.
„Wir fliegen“ befasst sich mit ungelebten Träumen (Drei Schwestern), dem Ausharren im Alltag der Provinz und der Erkenntnis, dass man trotz des erreichten Berufsabschlusses noch immer nicht im Leben angekommen sein kann (Die Verletzung). In „VideoCity“ beobachtet der Erzähler wie ein Kameramann eine psychische Ausnahmesituation aus Wahnvorstellungen und Kommunikation mit fremden Mächten, die auf eine konkrete geschäftliche Krise zurückzuführen ist. Auch hier sind Krisen im Übergang zwischen Lebensphasen Thema (Im Alter, Der Brief).
Im Band "Seerücken" (Sommergäste) sucht ein Autor als Icherzähler einen Platz zum ungestörten Schreiben und gerät außerhalb der Saison in ein leer stehendes Hotel. Die Abläufe dort werden zunehmend sonderbarer, so dass man an der Wahrnehmung des Mannes zweifeln könnte. Während das bewusst kinderlose Paar in „Der Lauf der Dinge“ noch dem realistischen Thema Midlife-Krise zugeordnet werden könnte, treten der Pastor in „Das Mahl des Herrn“ und eine junge Schwangere deutlich aus der Realität heraus in der Annahme einer jungfräulichen Zeugung. Anja (Im Wald) tritt als unangepasste Protagonistin auf, die schon als Schülerin ganzjährig im Wald lebt und sich mit Ladendiebstählen durchschlägt. Inzwischen lebt die Frau, die ihre Empfindsamkeit aus der Zeit im Wald behalten hat, ein bürgerliches Leben und wird von Außenstehenden für depressiv gehalten. Mit „Sweet Dreams“ kehrt Stamm in diesem Band wieder zu Protagonisten zurück, die am Beginn ihres Berufslebens und ihrer Partnerschaft stehen und setzt Bezüge zu sehr aktuellen Ereignissen.
Als Gesamtausgabe der vier Erzählbände bietet „Der Lauf der Dinge“ die willkommene Gelegenheit Peter Stamms Entwicklung als Erzähler nachzuvollziehen.
#15 Sie bewarb sich bei einer Modellagentur. Sie sagte ihm nichts davon. Sie bekam einen Auftrag, musste ein Joghurt essen und wurde dabei fotografiert. Der Fotograf war nett. Er feuerte sie an, rief, »gut so, lächeln, super, du machst das«. Er nannte sie nur Frau. »Super, Frau, leck den Löffel ab. Lasziv. Genauso.«
#18 Er hatte nicht gedacht, dass Manuela mitkommen würde. Das Plakat von der Erotikmesse war ihm peinlich. Aber sie schien es nicht zu stören. »Männerhaushalt«, sagte sie nur und setzte sich auf das ungemachte Bett.
#24 »Einer Tante von mir hat es geholfen«, sagte der Barmann. »Gürtelrose. Und als sie aus Lourdes zurückkam, war es weg. Aber anerkannt wurde es nicht. Die hat sich geärgert, das kannst du mir glauben.«
#28 Du bist zugleich drinnen und draußen, im Haus und vor dem Haus. Die Vögel machen einen furchtbaren Lärm. Die schwarzen mit den gelben Schnäbeln. Man müsste sie alle erschießen. Aber sie sind so schnell. Sie entwischen einem.
#31 In Innsbruck war Heidi oft gewesen in den vergangenen Jahren, nach Wien hatte sie es nie geschafft. Rainer mochte die Stadt nicht und noch weniger ihre Bewohner. Außerdem wolle er nicht, dass Heide auf dumme Gedanken komme, sagte er, sonst bewerbe sie sich noch an der Akademie.
#34 Kriege ich ein Bier?, fragte Benno, und dann fragte er Dominic, willst du auch ein Bier? Nein, sagte Dominic gedehnt, Bier ist nur was für die Großen.
#43 Der Wecker klingelte um sieben, Brigitte musste vergessen haben, ihn für Sonntag zu stellen. Als Reinhold sich über sie beugte, um ihn auszuschalten, erwachte sie. Sie fragte, ob es ihm etwas ausmache, wenn sie heute nicht zum Gottesdienst kommen würde? Sie fühle sich nicht wohl.
#44 Schnee fällt von einem Ast, es ist das Gegenteil eines Geräusches, dieses Herunterfallen ohne Beschleunigung und dann eine Veränderung der Stille, des Raumes. Durch die Entlastung schwingt der Ast nach oben wie in Zeitlupe, und Schneekristalle rieseln zu Boden.
#53 Der Raum war fast leer. Neben dem eisernen Kochherd gab es eine Matratze, die auf alten Paletten lag. Daneben stand auf einer Holzkiste ein Kerzenständer. Der Tisch und die drei Stühle schienen vom Sperrmüll zu stammen. An der Decke brannte eine Petroleumlampe.
I finally finished reading this book! It was nice to have a bunch of short stories in German that I could pick up when I was in the mood, without having to commit myself to an actual novel, but I grew tired of having it on my currently-reading shelf. I enjoyed Stamm's writing style, which was crisp and clear. I especially enjoyed the last ten or so stories, because they were more infused with meaning and feeling.
A young couple struggles with infertility and watches it slowly eat away at their marriage. The two take a much needed trip to escape their troubles only to be confronted with them head on.