Jump to ratings and reviews
Rate this book

Anna: Oder: Was von einem Leben bleibt

Rate this book
Tief im Sauerland, 1887. Eine junge Frau kommt den Weg hinauf ins Dorf Cobbenrode. Dort soll Anna Kalthoff die neue Lehrerin werden. Doch sie wird es nicht bleiben. Denn Anna widersetzt sich bald den Erwartungen des Ortes und den Regeln ihrer Zeit. Sie entscheidet selbst, was sie zu tun und zu lassen hat, wie sie leben und wen sie lieben will. Und es wird ihr nicht schaden.

Zwei Jahrhunderte später ist diese inspirierende Frau schon fast gänzlich in der Vergangenheit versunken. Einige Fotos, Poesiealben, Postkarten, ein Kaffeeservice, ein Viel mehr stand Henning Sußebach nicht zur Verfügung, als er sich auf die Spuren seiner Urgroßmutter Anna begab. Nach einem Jahr der Suche verfestigte sich das Da hat eine scheinbar gewöhnliche Frau ein außergewöhnliches Leben geführt, gegen allerlei Widerstände. Anna nahm sich, was sie vom Leben wollte. Männer, Arbeit, Freiheit! Diesem Willen hat der Autor seine Existenz zu verdanken. Sein Maßstäbe setzendes Buch ist der Versuch, eine schon fast gänzlich verblasste Erinnerung zu retten. Es ist eine zauberhafte Annäherung an die Vorfahren, ohne deren Entscheidungen und Mut es uns nicht gäbe. Und es ermuntert, nach den Annas zu suchen, die es in jeder Familiengeschichte gibt.

201 pages, Kindle Edition

Published July 10, 2025

9 people are currently reading
323 people want to read

About the author

Ratings & Reviews

What do you think?
Rate this book

Friends & Following

Create a free account to discover what your friends think of this book!

Community Reviews

5 stars
85 (48%)
4 stars
65 (36%)
3 stars
20 (11%)
2 stars
6 (3%)
1 star
1 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 40 reviews
Profile Image for Nadine Schrott.
681 reviews65 followers
October 17, 2025
Die meisten von uns haben in irgendwelchen Kisten oder Alben vergilbte, sephiabraune Fotografien von Vorfahren, über die kaum etwas im Familienkreis bekannt ist...!

Autor Sußebach begibt sich auf solch eine Spurensuche und fördert die Lebensgeschichte seiner Urgroßmutter zu Tage, die trotz ihrer dörflichen Alltäglichkeit ein bewegtes Leben vorzuweisen hat.

Sußebach füllt die Unwissenheit über Details mit geschichtlichem Kontext...und konnte mich dadurch wirklich von seiner Story überzeugen.

Absolut lesenswert!
Profile Image for Maja.
20 reviews
June 7, 2025
"Anna oder: Was von einem Leben bleibt" von Henning Sulzbach ist ein interessanter, überraschend lebendiger Bericht über das Leben einer Frau im späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert.
Der Schreibstil ist so atmosphärisch, leicht und fließend, dass man beim Lesen kaum bemerkt, wie die Zeit vergeht.
Besonders interessant fand ich, dass ich ein Buch im Präteritum erwartet habe, aber eins vorfand, dass in weiten Teilen im Futur II geschrieben ist. Immer wieder erhält der Autor auf intelligente Weise die Erinnerung an und das Bewusstsein für die Vergänglichkeit, nicht nur die der Vergangenheit, sondern auch die unserer eigenen Gegenwart in Aspekten, die normalerweise unbedacht bleiben "Möglich, dass die Abwesenheit von Kondensstreifen [in 100 Jahren] nicht mehr erwähnenswert ist, weil Flugzeuge dann anders angetrieben werden." Ich habe das Gefühl, dass auf gerade mal 200 Seiten mein Horizont bedeutend erweitert wurde.
Ein bittersüßes Werk, das zumindest rudimentär an ein Leben erinnert, das wie die meisten anderen sonst längst vergessen wäre.
Profile Image for Sini [on hiatus].
71 reviews2 followers
October 9, 2025
Rekonstruktion eines Lebens

In seinem Buch „Anna oder: Was von einem Leben bleibt“ rekonstruiert der Journalist Henning Sussebach das vergessene Leben seiner Urgroßmutter Anna Kalthoff.

Mit Hilfe weniger verbliebener Gegenstände aus Annas Besitz begibt sich der Autor auf Spurensuche und setzt nach und nach ein stimmiges Gesamtbild zusammen. Die Lesenden werden mitgenommen auf eine Reise von 1887 und 1932 zwischen Horn und Cobbenrode, im
Sauerland.

Anna wird als viertes Mädchen in die Familie Kalthoff geboren. Ihr Vater verstarb als Anna gerade einmal 12 Jahre alt war. Als unverheiratete Frau mit nur wenigen Alternativen geht Anna im Alter von gerade einmal 21 Jahren mach Cobbenrode und wird Lehrerin. Trotz der Steine, die ihr in dieser frauenfeindlichen Zeit in den Weg gelegt werden, führt sie ein scheinbar selbstbestimmtes und außergewöhnliches Leben.

Untermalt wird die persönliche Biografie der Urgroßmutter immer wieder mit zeitgeschichtlichen Fakten, die es den Lesenden einfacher machen, sich die Geschehnisse im geschichtlichen Kontext vorzustellen.

Henning Sussebach hat mit seiner gründlichen und fundierten Recherche ganze Arbeit geleistet und seiner Urgroßmutter ein Denkmal gesetzt.
Profile Image for Holzannerl.
128 reviews
June 5, 2025
Was für ein interessantes Leben, das Anna, die Urgroßmutter von Henning Sußebach, geführt hat. Und verrückt, was nach so einem bewegten Leben am Ende übrig bleibt... Ihr Leben und der Kontext ihrer Zeit wurden vom Autor anschaulich aufgearbeitet und in den passenden Kontext gesetzt. Spannend, was parallel zu solch einem "normalen" Leben alles passiert ist. Allerdings war Annas Leben sicher alles andere als normal, wenn man die Konventionen der Zeit betrachtet und wie viele davon Anna Reasfeld, geborene Kalthoff, verwitwete Vogelheim im Laufe ihres Lebens gebrochen hat. Auch die Gedanken, Gefühle und Ansichten, die der Autor seiner Vorfahrin zuschreibt, passen sehr gut, es ist aber auch immer mit einem "vielleicht" versehen, weil sie dazu niemand mehr befragen kann.
Das Cover gefällt mir gut und lässt ein wenig die Landschaft erahnen, in der Henning Sußebachs Urgroßmutter gelebt hat.
Wer sich für Geschichte und wahre Lebensläufe interessiert, findet hier eine passende Lektüre!
16 reviews1 follower
September 24, 2025
Was aussieht wie ein Roman ist in Wirklichkeit eine ehrliche und respektvolle Recherchearbeit. Ich habe mir so viele Sätze und Passagen aus diesem Buch rausgeschrieben. Es lässt eine Sehnsucht zu unseren Ahnen aufkommen, die gemessen an der Größe des Unterfangens, sie in unsere Erinnerung und auch in unser Leben zurückzurufen, unerreichbar erscheint. Dies ist ein Buch, welches sich wunderbar für den Geschichtsunterricht eignet, wenn man den Versuch unternehmen möchte seinen SchülerInnen Geschichtsbewusstsein näher zu bringen. Es fordert geradezu auf sich selber an die eigene Ahnenforschung zu setzen und sich als kleines Blatt eines riesigen Baumes zu sehen.
Profile Image for Arbnora.
64 reviews
June 16, 2025
Henning Sussebachs Buch „Anna oder: Was von einem Leben bleibt“ hat mich gleich zu Beginn mit seinem einfühlsamen Einstieg berührt. Der Autor versucht, das Leben seiner Urgroßmutter Anna nachzuzeichnen – anhand von Erzählungen innerhalb der Familie, alten Gegenständen und den historischen Ereignissen ihrer Zeit. Besonders eindrucksvoll fand ich, wie es ihm gelingt, persönliche Geschichte mit Zeitgeschichte zu verknüpfen: Zu jeder erwähnten Jahreszahl werden prägnante Schlagzeilen oder historische Geschehnisse genannt, die den zeitlichen Kontext greifbar machen.
Der Schreibstil hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Die Sprache ist klar und poetisch zugleich, das Buch lässt sich flüssig lesen und bietet dabei immer wieder Zitate, die nachhallen. Sätze, die ich so schnell nicht vergessen werde. Durch die teils spärliche Informationslage bleibt viel Raum für eigene Gedanken und Interpretationen, was das Lesen zu einem sehr persönlichen Erlebnis macht.
Profile Image for KaLie.
21 reviews
October 3, 2025
Der Autor zeichnet aus wenigen Bruchstücken das Leben einer Frau, die im Kaiserreich aufwuchs, den 1. Weltkrieg erlebte und Zeugin des Anfangs und des Niedergangs der Weimarer Republik war, auf dem Land in einem kleinen Ort im Sauerland. Vor dem Hintergrund der bewegenden Lebensgeschichte seiner Urgroßmutter erzählt der Autor die Geschichte bewegter Zeiten und der sich (viel zu) langsam wandelnden Stellung der Frauen. Eine lohnende Lektüre, vor allem, weil die Perspektive einmal ihr die der Menschen in Berlin oder anderen Metropolen ist.
Profile Image for Anna.
115 reviews9 followers
August 29, 2025
Manchmal liegen die besten Geschichten ganz nah und wirken auf den ersten Blick so unspektakulär. Mit journalistischer Präzision erweckt Henning Sußebach seine Urgroßmutter aus dem ‚zweiten Tod‘, getragen von sorgfältiger Recherche und durchzogen von (klar gekennzeichneten) Momenten seiner Vorstellungskraft. So verweben sich Realität und Fiktion so kunstvoll, dass man meint, Anna persönlich durch ihr Leben begleitet zu haben.
Profile Image for Rosetheline.
133 reviews13 followers
July 27, 2025
Unsere Vorfahren sind interessanter als wir denken

Henning Sussebach ist einigen als Redakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT bekannt und hat nun ein Buch über seine Urgroßmutter Anna Kalthoff geschrieben.

Anna, geboren im Jahr 1866 in Horn, im Sauerland, wuchs in einer eher armen als reichen Familie auf. Geboren als vierte Tochter, nachdem die Mutter zuvor einen Sohn gebar, der kurze Zeit später starb, war die Enttäuschung umso größer. Und nachdem Annas Vater starb, als sie gerade einmal 12 Jahre alt war, musste ihre Mutter Wege finden, die Töchter "abzusichern". Annas Schwestern heirateten, doch Anna kam auf ein Internat, auf dem sie zur Lehrerin ausgebildet werden sollte. So landete sie nach ihrer Ausbildung letztendlich in Cobbenrode, wo ihre eigentliche Lebensgeschichte spielte. Zwanzig Jahre alt, alleine und dazu noch im damals herrschenden Lehrerinnenzölibat. Ein hartes Urteil.
Und doch kamen Kinder, Enkel und Urenkel. Und einer dieser Urenkel hat diese Lebensgeschichte aufgeschrieben und nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit.

Wüsste man zu Beginn des Buches, mit welch geringer Anzahl an Dokumenten und Erbstücken Sussebach arbeiten musste, würde man sich wundern, wie trotzdem ein ganzes Buch zustande kommen konnte.
Allerdings ist dies ein wichtiger Schlüsselpunkt, der der ganzen Geschichte ihren Reiz gibt. Tiefgreifende Recherche, geschichtliche Einordnung, Empathie, (sinnhafte) Vermutungen. Mit diesen Werkzeugen hat Sussebach eine Geschichte geschaffen, eine Art literarische Biografie, die nicht einfach nur stumpf mit Fakten befüllt ist, sondern sich tief mit einem Menschen auseinandersetzt, den man nie kennengelernt hat und der zu einer Zeit lebte, die einem historischen Film gleicht.

Es ist ein Werk auf das man sich einlassen muss, aber auch akzeptieren muss, dass man womöglich trotzdem Fragen haben wird. Eine tragische und interessante Geschichte mit feministischen Zügen, die vom Autor inhaltlich und sprachlich grandios geschrieben wurde.

Ich kann wärmstens empfehlen das Buch zu lesen oder auf eine der Lesungen zu gehen, da beide meiner Meinung nach fantastisch waren.
Profile Image for Buch & Brett.
12 reviews
August 21, 2025
Buchvorstellung:
„Anna oder: Was von einem Leben bleibt“ ist die Geschichte einer Frau, die sich nicht mit den Einschränkungen ihrer Zeit zufrieden gibt. 1887 kommt die 20-jährige Anna Kalthoff ins kleine Sauerländer Dorf Cobbenrode, um Lehrerin zu werden, doch sie weigert sich, die Erwartungen ihres Umfelds einfach zu erfüllen. Stattdessen entscheidet sie selbst über ihr Leben, ihre Arbeit und ihre Liebe. Über zwei Jahrhunderte hinweg rekonstruiert ihr Urenkel, Henning Sußebach, anhand von Fotos, Postkarten, Poesiealben und persönlichen Gegenständen das Leben dieser außergewöhnlichen Frau. Das Buch zeigt, wie Anna, trotz scheinbar gewöhnlicher Umstände, ihren eigenen Weg ging und welche Freiheit und Selbstbestimmung sie sich erkämpfte. Es ist eine Hommage an die eigenen Vorfahren und ein Impuls, die mutigen Persönlichkeiten der eigenen Familie wieder zu entdecken.

Rezension
Was mich sofort gepackt hat, ist die Nähe. Anna kommt aus Horn, nur wenige Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Ausserdem lebben Teile meiner eigenen Familie noch im Sauerland. Ich kenne die bekittelten Groß- und Urgroßmütter sehr gut. Außerdem ist mir die Landschaft vertraut, die kleinen Dörfer, die Sprache, die Gewohnheiten. Das macht das Lesen extrem nahbar. Es war fast eine kleine Zeitreise, auch wenn ich Jahre später, nämlich in den 1970er Jahren, geboren wurde. Als ich las, dass Anna mit zwanzig Jahren als Dorfschullehrerin in Cobbenrode arbeiten sollte, dachte ich sofort: „So jung, und schon allein in einem kleinen Dorf, weit weg von allem, auf sich gestellt.“ Man spürt förmlich die Enge, aber auch die Freiheit, die dieser Lebensabschnitt mit sich brachte.

Anna ist eine Frau, die sich nicht einfach fügt. Sie widersetzt sich den starren Regeln ihrer Zeit, sie liebt, sie verliert, sie tanzt, sie träumt und lebt ein Leben, das weit über die Erwartungen hinausgeht. Sußebach gibt ihr nachträglich Emotionen, Gedanken und innere Konflikte. Er macht sie aus seiner Sicht greifbar. Die Beschreibung ihrer ersten Ehe mit Clemens, die nur neunzig Tage dauerte, weil er starb, zeigt die Zerbrechlichkeit des Lebens damals, aber auch Annas Resilienz. Ihre zweite Ehe mit viel jüngeren Lehrer Bernhard ist ein Spiegel der sozialen und gesellschaftlichen Schranken, die Frauen damals erfahren mussten, selbst wenn sie gebildet und selbstständig waren.

Das Buch ist sehr detailreich. Es beschreibt nicht nur Annas Alltag, sondern auch den gesellschaftlichen, politischen und technologischen Wandel, der ihre Lebenswelt beeinflusste: Industrialisierung, Radio, medizinische Fortschritte, die politischen Umbrüche des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. All das fließt ein, ohne Annas Leben zu überlagern. Wann kommt Maggi Würze auf den Markt, wann werden Hitler, Stalin und Mussolini geboren? Man merkt, dass Sußebach viel recherchiert hat, aber gleichzeitig spürt man, dass das Buch aus Liebe und Respekt geschrieben ist. Es geht nicht darum, Fakten abzuhaken, sondern um das Wiederentdecken eines Menschen, der sonst fast vergessen wäre. Man stirbt ja schließlich zweimal: einmal biologisch, einmal sozial.

Besonders berührt hat mich, wie das Buch den Blick auf die kleinen Momente lenkt: ein Spaziergang, ein Brief, ein Tanz, ein Gespräch. All das wird zu Bausteinen eines Lebens, das mehr erzählt als nur Daten und Jahreszahlen. Anna wird dadurch nicht nur historisch interessant, sondern lebendig, greifbar, nah. Man denkt beim Lesen unweigerlich an die eigenen Großmütter, Urgroßm��tter, an die Menschen, deren Leben Spuren hinterlassen haben, auch wenn sie nicht in Geschichtsbüchern stehen.

Fazit
Das Buch ist ein tiefes Eintauchen in ein Leben, das sich zwischen Anpassung und Widerstand bewegt. Es zeigt, wie eine Frau im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert versucht, selbstbestimmt zu leben, Liebe zu finden, Verluste zu verkraften und Spuren zu hinterlassen. Für mich ist es nicht nur die Biografie einer Urgroßmutter, sondern ein Spiegel auf unsere eigene Familiengeschichte. Es macht Mut, die Geschichten unserer Vorfahren zu suchen und sie ernst zu nehmen, denn jedes Leben hinterlässt Spuren, sichtbar oder unsichtbar. Henning Sußebach hat ein Buch geschrieben, das informativ, emotional und erzählerisch dicht ist, ein Buch, das man nicht einfach ausliest, sondern in dem man lebt, während man liest.
142 reviews3 followers
July 10, 2025
Ein Landschaftsbild auf dem Cover möchte uns ins Sauerland führen. Das passt: land- und forstwirtschaftlich geprägt bis heute, weit und naturnah. Die Leserschaft ist gleich verortet.
„Die Geschichte meiner Urgroßmutter.“ Hört sich der Untertitel etwas verstaubt und langweilig an? Eigentlich macht er eher ein bisschen neugierig, denn er verspricht persönliche Bindung und Informationen sowie das Eintauchen in eine politisch und sozial bewegte Zeit. Man überlegt kurz, was man eigentlich selber von seinen Urgroßmüttern weiß. War die eigene Familie ortsfest, bestehen noch Chancen, dass man über Kenntnisse oder Informationsquellen verfügt. Wirbelten Krieg, Verfolgung, Flucht und Vertreibung die Familiengeschichte durcheinander, wird es schwieriger.

Der Journalist und Autor dieses Buches Henning Sußebach sammelte Informationen in der eigenen Großfamilie, durchforstete mit Hilfe von Fachleuten Kirchenbücher, Katastereinträge und unzählige Archive. Was er aus dieser Suche gewann, ist „was von einem Leben bleibt“ – dem Leben seiner Urgroßmutter Anna.

„Jeder Mensch stirbt zweimal.“ S. 7
Mit dem ersten Satz des Erzählers konfrontiert uns Sußebach gleich mit seiner ungewöhnlichen Erzählform. Denn wir finden uns hier weder in einem Roman oder einer üblichen Frauenbiografie wieder, aber auch nicht in einer einfachen zeitgeschichtlichen Darstellung.

Der Autor führt mit uns Leser*innen ein Zwiegespräch, mal philosophisch, mal unterhaltsam und immer möglichst nah am Leben seiner Hauptperson.
Hochgradig geschickt, spannend und sehr informativ gelingt es ihm, das Leben von Anna mit den Daten und Fakten der Zeitgeschichte zu verflechten. Immer ist man auf Höhe der damaligen Zeit, wenn man Annas Spuren folgt. Doch im Zentrum des Geschehens steht immer die Gegenwart Annas.

Anna hat keine bekannte oder außergewöhnliche Biographie, aber ihr Werdegang als Frau aus einfachen Verhältnissen ist für die Zeit der Jahrhundertwende bis 1933 schon relativ modern. Als blutjunge Lehrerin kommt sie ins sauerländische Cobbenrode. Als Zugewanderte („Neigschmeckte“ sagt man hier im Badischen, „Expat“ überzeichnet der Autor mal bewusst auf Neudeutsch) muss sie sich in einen schwierigen Dialekt, eine festgefügte Dorfgemeinschaft, berufliche Hierarchien und die neue Lehrerinnenrolle einarbeiten. Das Leben hält eine Vielzahl von knallharten Herausforderungen, furchtbaren Verlusten, schwerwiegenden Entscheidungen, großen Verantwortungen, einigen Freuden und vor allem sehr viel Arbeit für sie bereit. Anna entwickelt sich zu einer starken Persönlichkeit, die sich auch gegen die Konventionen ihrer Zeit vehement hinwegzusetzen weiß.

Mit einigen Fotos seiner Urgroßmutter gelingt es dem Autor, seine Schilderungen zu verdeutlichen.
Sußebach lässt seine Leser*innen sehr intensiv daran teilnehmen, wie er sich dem Menschen Anna nähert: sehr behutsam, sorgfältig ihre Gebundenheit an ihre Zeit betrachtend, Möglichkeiten und Unwägbarkeiten einbeziehend. Er lässt uns ganz intensiv in den Erzählprozess mit all seinen Problemen eintauchen. Dabei wird unser Bewerten der Vergangenheit als Nachgeborene ganz bewusst hinterfragt.
Immer wieder gibt uns Sußebach am Rande Sätze mit auf dem Weg, die eine große philosophische Tiefe aufweisen, wenn man weiter über sie nachsinnt. Das Buch umfasst nur 203 Seiten, aber was es uns mitgibt an Wahrheiten und Einsichten lässt sich in Seitenzahlen gar nicht messen. Das Frauenschicksal und die vielen philosophischen und zeitgeschichtlichen Gedanken haben mich sehr berührt und gehen noch länger nach.
133 reviews
July 21, 2025
"Jeder Mensch stirbt zweimal": so eröffnet Henning Sußebach sein Buch. Er meint damit einerseits das körperliche Dahinscheiden, andererseits aber auch das soziale Sterben: das Vergessen einer Person. Während in der Menschheitsgeschichte nur sehr wenige Personen - dabei handelt es sich nach wie vor größtenteils um Männer - in Erinnerung bleiben, werden all die "kleinen Leute", die den Alltag ausmachen und die Geschichte vorantreiben, ohne viele Spuren zu hinterlassen, spätestens nach zwei Generationen vergessen. Dagegen kämpft Sußebach in "Anna oder: was von einem Leben bleibt" an.

Seine Urgroßmutter Anna war einst Lehrerin, musste sich dem Lehrerinnenzölibat unterwerfen, konnte anfangs ihre große Liebe Clemens nicht heiraten, weil sie laut Familienverband nicht den richtigen Stand hatte. Als ihr Glück doch noch in Erfüllung geht, verliert sie es umgehend wieder, denn nach nur wenigen Wochen Ehe verunglückt Clemens. Doch Anna gibt nicht auf, übernimmt die vererbten Familiengeschäfte und heiratet zu späterer Zeit erneut. Soviel ist nachzuvollziehen, anhand von einigen noch vorhandenen Quellen, vieles ist aber Spekulation und kann nur im Rahmen des Zeitgeschehens rekonstruiert werden.

Immer wieder spannt Sußebach den großen Bogen zum Weltgeschehen, lässt die Leser*innen wissen, was zur Zeit, in der Anna wirkte, an Weltgeschichtlichem vonstatten ging, setzt ihr Leben so immer wieder in den großen Kontext. Er phantasiert, wie es Anna wohl mit den verschiedenen Schicksalsschlägen ergangen sein mag, weißt aber explizit darauf hin, dass manches nur erdacht ist, da konkrete Spuren darüber fehlen. Immer wieder lässt er Quellen sprechen, zeigt und interpretiert die wenigen Fotos, die von Anna und ihrer Familie übrig geblieben sind, gibt Auszüge von Schulmaterial zum Besten, um den Leser*innen einen Eindruck vom Zeitgeist des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu geben. Kritisch anzumerken ist, dass besonders letzterwähnte leider nicht groß kommentiert werden, obwohl sie an vielen Stellen rassistische Aussagen enthalten. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Leser*innenschaft historienkundig ist, wäre es angebracht gewesen, diese Zitate in einen Kontext zu setzen.

Dem Autor gelingt es hervorragend aufzuzeigen, wie schwierig es ist, ein längst vergangenes Frauenleben zu halten, da mit jedem Tag, an dem die Geschichte voranschreitet, Erinnerungen und Spuren verblassen. Anna kann als Charakter so nicht mehr greifbar gemacht werden, trotzdem schafft er es, sie vorm endgültigen, nachhaltigen Vergessen zu bewahren, indem er ihr mit diesem Buch ein Denkmal setzt.

Mein Fazit: "Anna oder: was von einem Leben bleibt" ist ein berührender Versuch, ein Leben einer Vorfahrin für die Nachwelt zu konservieren, mit nur spärlich vorhandenen Quellen und wenigen familiären Erzählungen einen Charakter, der um die Jahrhundertwende in Deutschland lebte und wirkte, nachzubilden. Er zeigt die Schwierigkeit eine historische Persönlichkeit ohne jeglichen Bekanntheitsgrad, vor allem wenn es sich um eine Frau handelt, einzuordnen und nachzuvollziehen, was sie bewegte. Trotz kleinerer Unterlassungen an Erklärungen kann ich das Buch nur wärmstens an alle empfehlen, die sich nicht nur für die Großen in der Geschichte interessieren, sondern offen sind für Menschen wie du und ich.
Profile Image for mellidiezahnfee.
1,021 reviews6 followers
July 13, 2025
In seinem Buch „Anna, oder was vom Leben bleibt” beschreibt Henning Sußebach das Leben einer Frau. Genauer gesagt das Leben seiner Urgroßmutter. Wie anders war doch diese Zeit! Selbst für mich, die ich altersmäßig mit dem Autor gleichauf liege, ist sie unvorstellbar.

Anna strandet in Cobbenrode und beginnt dort als Lehrerin zu arbeiten. Aus jener Zeit ist nicht viel erhalten: ein Ring, einige Postkarten, ein Kaffeeservice und einige Anekdoten.
Die Lücken dazwischen sind gefüllt mit Mutmaßungen, Emotionen und leisen, emotionalen Fragen: Was könnte geschehen sein? Die Antworten darauf sind ebenso leise wie manchmal laut, denn niemand kennt Anna noch. War sie wirklich die beherrschende Herrscherin über Schüler, Ehemänner und den Gutshof? Oder war sie eher die stille, leidende Kämpferin? Fest steht: Sie hat ein Leben gelebt. Der Autor hat es auf eine Weise beschrieben, die zeigt, dass auch ein unbedeutendes Leben bedeutsam sein kann.
Mich hat die Liebesgeschichte mit Clemens immens beeindruckt. 12 Jahre aufeinander zu warten und dann nach 90 Tagen Witwe zu werden, ist ein herber Schicksalsschlag. Natürlich fehlen dem Buch ein wenig die Emotionen. Wie sollte der Autor sie auch ohne Nachweis hineininterpretieren? Trotzdem ist das gesamte Buch sehr berührend geschrieben. Auch wenn es indirekte Emotionen sind. Das Buch hat mich tatsächlich sehr berührt. Anna lebte in einer Zeit, in der die Glühbirne gerade erst erfunden wurde. Auf dem Dorf war man auf sich allein gestellt und der Umwelt ausgesetzt. Es war mutig von Anna, trotzdem ihren Weg zu gehen.
Phänomenal finde ich auch die Einschübe, die das jeweilige Jahr aus globaler Sicht beleuchten. Es ist erschreckend, wie viel ich davon schon vergessen hatte.

Bleibt die Frage: „Früher war alles besser?”
Könnten wir in einer Welt ohne Internet noch bestehen? Ohne Globalisierung? Fraglich ...
Jedenfalls ist dieses Buch eine berührende, zauberhafte Zeitreise in ein ganz normales, unkonventionell gelebtes Leben, das durch dieses Buch wieder in Erinnerung gerufen wird.
Hut ab vor dieser sprachlichen Meisterleistung! Es ist grandios, so viele Zwischentöne und Emotionen aus einigen wenigen Zeitzeugnissen hervorzuzaubern.
Profile Image for Galladan.
385 reviews3 followers
July 29, 2025
Anschaulich erzählt

Anna oder: Was von einem Leben bleibt: Die Geschichte meiner Urgroßmutter von Henning Sußebach, gelesen von Nina Petri, erschienen als ungekürztes Hörbuch im Aragon Verlag am 10. Juli 2025.

Cobbenrode im Jahr 1887. Anna Kalthoff kommt als Lehrerin ins Dorf und passt dort nicht wirklich hin. Unverheiratete Frauen können nicht am aktiven Dorfleben teilnehmen und wer nicht auf Feste gehen darf, sitzt daheim und wird im Dorf nicht ankommen. Trotzdem bandelt sie mit dem Sohn des Postargenturchefs an, dessen Vater erlaubt eine Verbindung jedoch nicht. Erst nach dessen Tod können sie und der Dorfprinz eine Verbindung eingehen. Ihren Beruf als Lehrerin muss sie aber dafür aufgeben. Inklusive ihrer Pensionsansprüche.

Henning Sußebach erzählt von einer Frau, die schon hinter dem Vorhang des Vergessens verschwunden ist. Er versucht sie etwas zu einer der Frauen hochzustilisieren, denen wir unsere Frauenrechte verdanken, rudert dann aber auch selbst zurück. In seiner Familie ist nur wenig von Anna geblieben. Einige Gegenstände, einige Aussagen von ihr als Lehrerin und einige Eckdaten, die mit ihrem Beruf als Postargenturchefin und amtlichen Registern nachzuvollziehen sind.

Annas Vater stirbt als sie 12 ist, und so schickt sie ihre Mutter in ein Kloster wo sie zur Lehrerin ausgebildet wird. Sie wird niemals so bezahlt wie die männlichen Lehrer, und damals gab es noch den Lehrerinnenzöllibat, weil eine Frau sich ja nicht um Mann und Kinder kümmern muss und so auch Rentenansprüche verfallen, so man denn nicht ledig bleiben möchte.

Angereichert wird das Sachbuch durch die Weltereignisse, die sich in diesen Jahren ereignen. Das schlägt einen Bogen zu Büchern, die man über diese Menschen und Ereignisse gelesen hat, und veranschaulicht wie normale Menschen, und im speziellen Frauen, vom Leben ausgeschlossen wurden und im schlimmsten Fall, Maschinen nicht an die Menschen angepasst wurden, sondern Frauen eine bestimmte Körpergröße haben mussten, um als Telefonistin arbeiten zu können.

Es ist schwierig sich über Anna ein Urteil zu bilden. Da sind einfach zu wenig Fakten übrig geblieben. Dorfleben und Beamtentum sind aber anschaulich erklärt und der Muff der Zeit weht durch dieses sehr schön vorgetragene Hörbuch, gelesen von Nina Petri.
625 reviews
August 7, 2025
Ein stilles Leben, behutsam rekonstruiert
Dieses Buch hat mich von Anfang an auf eine besondere Art eingefangen. Ohne große Gesten, ohne Dramatik – aber mit stiller Intensität entfaltet sich beim Lesen eine bemerkenswerte Tiefe.
Im Mittelpunkt steht Anna Kalthoff, eine Frau, die Ende des 19. Jahrhunderts in einem kleinen Ort im Sauerland lebt. Ihre Geschichte ist nicht in großen historischen Ereignissen verankert – und doch erzählt sie so viel über Mut, Selbstbestimmung und das stille Ringen um ein selbstgewähltes Leben. Anna widersetzt sich dem Lehrerinnenzölibat, heiratet trotz Verbots, wird zur Witwe, übernimmt Post und Gasthof, zieht ein Kind groß, heiratet später erneut – einen deutlich jüngeren Mann.
Henning Sußebach rekonstruiert Annas Leben anhand weniger überlieferter Spuren: Fotos, Briefe, ein Poesiealbum, mündliche Überlieferungen. Wo Dokumente fehlen, tastet er sich vorsichtig mit Mutmaßungen heran, ohne je etwas zu überhöhen oder zu dramatisieren. Gerade diese respektvolle Annäherung hat mich sehr berührt. Es ist kein Versuch, eine Heldin zu erschaffen, sondern das Bemühen, einen Menschen zu erkennen; mit Licht und Schatten, in einem bestimmten sozialen und historischen Kontext.
Die Sprache ist klar, schnörkellos, oft sachlich. Doch zwischen den Zeilen liegt eine spürbare Wärme. Immer wieder begegnet man feinen Beobachtungen und kleinen Gedanken über das Erinnern, über familiäre Weitergabe, über das Vergessen. Man liest nicht nur eine Lebensgeschichte, sondern spürt, wie sehr uns die Vergangenheit prägt, auch wenn sie nur in Bruchstücken überliefert ist.
Mich hat das Buch auf eine stille, aber eindringliche Weise berührt. Ohne Pathos, aber mit einem feinen Gespür für das Wesentliche erzählt es von einem Frauenleben, das so nie im Geschichtsbuch stehen würde – aber trotzdem nicht vergessen werden sollte.
Was bleibt von einem Leben, wenn irgendwann niemand mehr davon spricht? Diese Frage zieht sich wie ein leiser Nachhall durch das Buch. Ich habe es nicht nur gelesen, sondern durchlebt – manchmal mit einem Kloß im Hals, manchmal mit einem Lächeln.
Ein ruhiges, unaufgeregtes, sehr menschliches Buch. Und ein Plädoyer dafür, auch die leisen Geschichten ernst zu nehmen, denn gerade sie machen uns aus. 4 Sterne und eine Leseempfehlung.
Profile Image for Magnolia .
569 reviews2 followers
June 2, 2025
Auf Annas Spuren

Henning Sußebach begibt sich auf die Spuren von Anna, seiner Urgroßmutter. Er hat sie nicht persönlich gekannt, auch in seiner Familie gibt es keinen mehr, der ihr begegnet ist. Und doch erzählt er ihre Geschichte, soweit ihm dies möglich ist. Denn so oder so ähnlich könnte es gewesen sein, wie Annas Leben war - einige Fotos und wenige Dinge aus ihrem Nachlass sind immerhin noch vorhanden, auch spricht die Zeit, in der sie gelebt hat, ihre eigene Sprache. Und so ergibt sich ein Bild von ihr, eine Familiengeschichte, eingebettet in die damalige Zeit. Denn so wird ihr Leben greif- und begreifbar.

Dabei wählt er eine sehr ungewöhnliche Form des Erzählens, er blickt zurück auf eine Zeit, die uns heute fremd ist. Anna war gerade mal zwanzig Jahre alt, als sie die Stelle als Dorfschullehrerin antritt, wir sind im Jahre 1887. Mit ihr steigen wir den Berg hinauf zur Schule, wir sind im tiefsten Sauerland, im Dorf Cobbenrode. Nun, Anna war da noch nicht mal großjährig, als Lehrerin war sie bis zur Volljährigkeit eine rechtlose Instanz, wie der Autor bemerkt. In diesem Jahr erfolgt die Grundsteinlegung für den Nord-Ostsee-Kanal durch Kaiser Wilhelm I., die Arbeiten zum Eiffelturm beginnen, das Grammophon wird erfunden und noch vieles anderes mehr.

Der Erzählstil ist eher distanziert, Sußebach dichtet ihr kein fiktives Leben an, er bleibt bei den Fakten, dabei spiegelt er das Politische, das Kulturelle, das Wirtschaftliche ihrer Zeit wider. Es ist das Zeitalter der Erfindungen, egal ob Fahrrad, Automobil, Radio, Telefon, um nur einiges zu nennen, er flicht dies alles sehr gekonnt mit ein. So entsteht neben Annas bewegtem Leben ein gutes Gesamtbild. Und selbstredend ist es ihr familiärer Weg, der im Vordergrund steht. Ihre große Liebe, die lange nicht öffentlich gelebt werden konnte, ihre Ehemänner, ihre Kinder – all dies ist gut lesbar aufbereitet, es ist ein kurzweiliges Porträt einer bemerkenswerten Frau entstanden.

Anfangs sinniert Annas Urenkel von dem Menschen an sich, der zweimal stirbt. Einmal biologisch und dann endgültig, wenn er vergessen ist. Diesem Gedanken kann ich gut folgen – es ist der Lauf der Zeit.
17 reviews
September 3, 2025
Henning Sußebach rekonstruiert mit viel Empathie und Hingabe das Leben seiner Urgroßmutter. Er nutzt Fotos, Poesiealben, Postkarten und andere Erinnerungsstücke, um ein lebendiges Bild von Anna zu zeichnen - auch wenn ich es schade finde, dass nicht mehr der beschriebenen Fotos abgebildet wurden. Dabei gelingt es ihm, Annas Leben als Geschichte von Mut, Selbstbestimmung und Widerstand gegen gesellschaftliche Normen zu zeigen.

Das Buch ist nicht nur eine Familiengeschichte, sondern auch ein Spiegelbild der Herausforderungen und Möglichkeiten von Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Besonders schön und heilsam finde ich, wie der Autor eine klare Lanze für die Frauen bricht und ihre Leistungen, Herausforderungen und Lebenswege würdigt.

Mit dem Buch zeichnet er ein Kaleidoskop des Lebens: immer wieder wechselt er zwischen dem kleinen, alltäglichen Leben seiner Urgroßmutter und dem großen historischen Kontext, der ihre Zeit prägte. Beeindruckend ist auch, dass man nicht nur viel über Schule und Bildung erfährt, sondern weitere interessante Details aus dieser Zeit – wirklich gründlich recherchiert.

Als jemand, der selbst Ahnenforschung betreibt, kenne ich das Dilemma: Man hat ein paar Fakten, kennt aber die Menschen nicht. Sußebachs Annäherungsversuche an Annas Leben konnte ich daher sehr gut nachvollziehen. Es bleibt ein Annäherungsversuch, denn wie sie wirklich gedacht und gefühlt hat, können wir heute nicht wissen. So nimmt uns das Buch mit auf den Weg des Autors, der seine Urgroßmutter davor bewahrt, ins Dunkel der Ahnen zu verschwinden.

Das Buch hat mir geholfen, ein noch besseres Gespür für diese Zeit zu bekommen, und es inspiriert mich, mich vertiefter mit den Zeitgenossinnen Annas in meiner eigenen Familie zu befassen. Als Leser stellt man sich selbst Fragen: Was ist von meinen Vorfahren geblieben? Was wird von mir bleiben? Es regt zum Nachdenken an und lädt dazu ein, sich mit der eigenen Familiengeschichte zu verbinden.

Ein informatives, gründlich recherchiertes und fesselndes Werk, das historisch wie biografisch überzeugt.
Profile Image for Buchdoktor.
2,363 reviews188 followers
July 4, 2025
Mit der Geschichte seiner Urgroßmutter verbindet Henning Sußebach die Frage, was wir eigentlich über unsere Urgroßmütter wissen. In vielen Fällen werden das wenige Sätze sein, die uns unsere Eltern berichteten, die ihre Großeltern evtl. nicht mehr selbst gekannt haben.

Anna Kalthoff tritt mit 21 Jahren in Cobbenrode eine Stelle als zweite Lehrerin an, sie hat einen männlichen „ersten“ Lehrer als Vorgesetzten. Von ihr existieren vier ausdrucksvolle Fotos aus verschiedenen Lebensphasen, die ein Fotograf angefertigt hat, ein Poesiealbum und weitere Dokumente. Das ist mehr als Zeitgenossinnen hinterlassen konnten, die flüchten mussten oder ausgebombt wurden. Anna unterscheidet von ihrer Frauen-Generation, dass sie (*1866, vierte Tochter ihrer Eltern) nach dem Tod ihres Vaters nicht als 12-Jährige aus der Schule genommen wird, um in einem fremden Haushalt als Hausmädchen zu lernen und zu arbeiten. Obwohl sie noch sieben Geschwister hat, ist ihr Besuch einer Klosterschule offenbar gesichert. Diese Daten bilden den Rahmen, den Henning Sußebach um den sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund ergänzt im Stil von „währenddessen geschah an anderen Orten in Deutschland und in der Welt dies und das“.

Ohne über die verblüffenden Wendungen in Annas Leben zu spoilern, sei gesagt, dass sie erstaunlich von der wirtschaftlichen Entwicklung ihres Wohnortes profitierte und von klugen Entscheidungen, die von anderen Menschen zur Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert getroffen wurden. Es ist die Zeit, in der Fahrrad und Telefon entwickelt werden, die besonders die Berufstätigkeit von Frauen verändern. Es ist auch die Epoche, in der Frauen abgesprochen wurde, ohne die Beaufsichtigung durch Männer überhaupt zuverlässige Mitarbeiterinnen zu sein. Sußebach ist von dieser Sicht nicht frei, wenn er einer 21-jährigen nicht zutraut, große, altersübergreifende Klassen zu unterrichten.

Die lange Liste der Danksagungen für Unterstützung bei der Recherche zeigt mir, dass man nicht zu lange damit warten soll, handschriftliche Dokumente der eigenen Vorfahren zu transkribieren.

Fazit
Wie Sußebach die Lücken in AnnaKalthoffs Leben episodenhaft ausfüllt, bedient sicher nicht alle Lesererwartungen an einen biografischen Text, regt jedoch an, die eigene Bewertung von Frauenbiografien im Deutschen Kaiserreich (1871-1919) zu überdenken.

Profile Image for Verena.
380 reviews
July 18, 2025
Vermutungen

Was bleibt von einem Leben? Dieser Frage geht Autor Henning Sußebach nach, indem er über das Leben seiner Urgroßmutter Anna recherchiert – eine, so scheint es, interessante Persönlichkeit, die in einer Zeit voller Umbrüche lebte.

Die Grundidee hat mich wirklich überzeugt. Vor allem am Anfang des Textes, als der Autor seine Beweggründe, seine Reflektionen erörterte, wurde auch ich stark zum Nachdenken angeregt. Was weiß ich über meine Urgroßeltern (kaum etwas), was wird von meiner Generation bleiben – wir, die wir alle so viel besitzen und selbst unser Frühstück an einem ganz normalen Dienstag dokumentieren, während von Anna außer einem Poesiealbum, ein paar Postkarten, einem Ring und einem Kaffeeservice kaum etwas geblieben ist. Die Thematik bietet viel Raum, zu philosophieren: Wird das Leben eines Menschen weniger bedeutend, weil es Alltag war? Oder ist gerade das Alltägliche, das vermeintlich „langweilige“, wertvoller, weil es die Basis für ein echtes Leben bildet? (Und wer bestimmt überhaupt, was interessant und was langweilig ist?)

Allerdings fällt die Umsetzung der Idee etwas schwächer aus. Zu sehr verliert sich der Autor an manchen Stellen in Vermutungen oder zieht Parallelen zur Gegenwart. An anderen Stellen, wo es meines Erachtens nötig gewesen wäre, fehlt hingegen jegliche Einordung oder Informationen aus Annas Leben werden einfach so hingenommen, ohne diese ausreichend zu hinterfragen. Ein sehr krasses Beispiel hierfür ist der Auszug aus Schulbüchern. Grundsätzlich nicht unrelevant, immerhin war Anna Lehrerin. Aber muss dafür eine Stelle gewählt werden, die abscheulichste Rassentheorie wiedergibt, in der mehrfach rassistische Bezeichnungen reproduziert werden? Klar - das hat historisch so stattgefunden, aber es wird einfach so stehen gelassen, ausgerechnet dafür gibt es keine richtige Kontextualisierung; nur ein Halbsatz sehr viel später im Buch. Unüberlegt und schade.

Trotz der Schwächen in der Umsetzung bleibt die Grundidee stark und bietet viele Denkanstöße, über die eigenen Vorfahren, aber auch ganz konkret über die Bedeutung eines Lebens nachzudenken.

Das Hörbuch ist hochwertig produziert und gut gelesen von der Schauspielerin Nina Petri.

3,5 Sterne
Profile Image for Kathrin Schröder.
Author 11 books3 followers
July 11, 2025
Anna – oder was von einem Leben bleibt von Henning Sußebach gehört dank Netgalley.
Anna, geboren im vorletzten Jahrhundert, die Urgroßmutter des Autoren, war eine Frau mit einem bewegten Leben. Ihr Urenkel recherchiert auf der Basis der wenigen erhaltenen Erinnerungsstücke und Informationen und erzählt ihre Lebensgeschichte. Ich bin auf dieses Buch durch eine Besprechung im Radio aufmerksam geworden und habe mich sehr gefreut, dass ich es über Netgalley hören konnte.
Das Besondere ist, dass dieses Buch einerseits streng bei den Fakten bleibt. (Was ist sicher bekannt) Anekdoten aus der Familie und Schlüsse des Autoren (ihre Ausstrahlung auf Fotos – wie könnte die Beziehung mit ihren Männern gewesen sein) zwar vorkommen, aber streng als vermutet und nicht gesichert genannt werden. Lücken werden nicht durch Fantasie geschlossen, sondern mit historischen Anmerkungen versehen. Diese sind zum Teil zur zeitgeschichtlichen Einordnung einfach Geschehnisse aus dem jeweiligen Jahr, weltpolitisch oder lokal, zum Anderen aber auch Fakten, die helfen Annas Leben einzuordnen (Rechte und Pflichten einer Lehrerin/alleinstehenden Frau auf dem Dorf etc.)
Damit schafft es der Autor einzigartig eine historische Einordnung eines Lebens mit einer realen Person zu verbinden ohne diese zu verfälschen oder nach Stimmung „einzufärben“ Für mich ein herausragendes Hörerlebnis. Für historisch Interessierte genauso zu empfehlen wie für die, die sich für Schicksale starker Frauen erwärmen. Ein Highlight in diesem Jahr!
#AnnaoderwasvoneinemLebenbleibt #HenningSußebach #NetGalleyChallenge #KathrinliebtLesen #Bookstagram #Rezension #Audiobook
Profile Image for Fruggielicious .
627 reviews4 followers
September 22, 2025
Anna oder: Was von einem Leben bleibt von Henning Sussebach

„Dieses Buch ist der Versuch, eine Erinnerung zu retten.“

Das Buch hat mich berührt und ich finde es sehr lesenswert! Habe gar nicht damit gerechnet, dass es mich so mitreißen würde.

Der Autor macht sich auf die Spuren seiner Urgroßmutter Anna. Er hat nicht sehr viele Quellen zur Verfügung, einiges überlegt er sich, wie es gewesen sein könnte, anhand der gesellschaftlichen und politischen Situation in Deutschland rund um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert.

„Anna war dabei, als die Welt sich weitete, die Räume für eine Frau wie sie aber eng blieben.“

Aber nicht mit Anna, sie ist ihren Weg gegangen und hat sich nicht unterkriegen lassen. Zweimal heiratete sie aus Liebe (jeweils einen jüngeren Mann, damals undenkbar 🤭), leitete die örtliche Poststelle und lebte ein volles Leben.

Ich habe das große Glück, meine Urgroßeltern mütterlicherseits gut gekannt zu haben 🫶🏻, vielleicht hat das Buch deshalb so mit mir räsoniert. Früher oder später werden wir alle eine Generation sein, die viele Generationen zurückliegt. Der Autor kämpft mit seinem Werk gegen die Zweidimensionalität, die länger verstorbenen Menschen oft anhaftet. Was hat sie angetrieben? Was haben sie gefühlt? Wer waren sie außerhalb von politischen Umbrüchen? Es geht nicht immer um die großen geschichtlichen Ereignisse, sondern um die kleinen Dinge des Alltags.

Sehr tolles, berührendes und emphatisches Buch!

Macht Euch gern ein eigenes Bild!

5/5⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️
Profile Image for WildesKopfkino .
699 reviews7 followers
November 20, 2025
Was für ein Fund: Henning Sußebach gräbt in einer Schachtel mit Fotos, Poesiealbum-Einträgen und einem alten Verlobungsring und zaubert daraus das Porträt einer Frau, die mehr war als ihre Zeit erlaubte. Anna Kalthoff ist keine historische Ikone, sondern eine lebendige Widergängerin — jemand, der man gern einen Kaffee hinstellt, um anschließend stundenlang zuzuhören. Der Autor bleibt nah an den kleinen Dingen: ein Kaffeeservice, eine Postkarte, ein Satz in einem Heft — und plötzlich erzählt das Alltägliche von Mut, Trotz und einem feinen, fast frechen Selbstbestimmungswillen.

Das Buch lebt von dieser Zärtlichkeit für Details und von Sußebachs klarer Stimme. Statt in verstaubten Archivbegriffen zu versinken, erzählt er mit einem Augenzwinkern und mit dem Ehrgeiz, eine Frau wieder sichtbar zu machen, die sonst im Familiengedächtnis verschwunden wäre. Die Sprache ist warm, manchmal direkt, immer persönlich — so als würde einem ein Bruder oder ein guter Freund die Familiengeschichte beichten. Emotional wird es dort, wo eigene Lebenslinien auftauchen: die Erkenntnis, dass Entscheidungen von Vorfahren sich wie verschlungene Straßen in das eigene Leben legen.

Manche Stellen könnten noch tiefer graben, ein paar Zusammenhänge bleiben absichtlich offen — das ist aber eher künstlerische Zurückhaltung als Mangel. Insgesamt ein berührendes, kluges Buch über Selbstbestimmung, Liebe und die Kunst, die eigene Vergangenheit zu retten. Empfehlenswert für alle, die Familiengeschichten nicht als trockene Archivalien sehen, sondern als lebendige Erzählungen, die Mut machen.
7 reviews
July 25, 2025
Wider des Vergessens
Henning Sussebach geht in seinem Buch auf eine Frage ein, die sicher viele Menschen bewegt: Was bleibt von uns nach unserem Tod? Der Anfang seines Buches mit der These, dass jeder Mensch zweimal stirbt, hat mir gut gefallen. Der erste Tod ist der biologische, der zweite, wenn die Erinnerung an einen Menschen vollständig erlischt. Das führt zur Frage, was von uns bleibt und was wir über unsere Vorfahren wissen.

Der Autor beschreibt das Leben seiner Urgroßmutter Anna, über die er kaum etwas weiß und die keiner von den noch lebenden Familienmitgliedern persönlich kennengelernt hat. Es gibt lediglich einen winzigen Nachlass von ihr.

Interessant fand ich, wie sie sich in einer von Männern dominierten Welt behauptet hat und ihren Mut, einen 19 Jahre jüngeren Mann zu heiraten.

Allerdings stellt mir der Autor zu viele Mutmaßungen und Theorien an, z.B. alleine drei Theorien, warum sie den jüngeren Mann heiratete. Hier wäre in meinen Augen die Romanform eine geeignetere Wahl gewesen.

Henning Sussebach vermischt die Schilderungen zu Annas Leben mit vielen geschichtlichen Informationen, die zwar interessant, aber für die Geschichte nur teilweise relevant sind und den Lesefluss stören. Diese Informationen hätte man auch im Anhang geben können.
Ein gut recherchiertes Buch über eine beeindruckende Frau, auch wenn mir die Umsetzung nicht zu 100 % gefallen hat.
Profile Image for Ellysetta_Rain.
140 reviews
October 10, 2025
Spurensuche in der Familiengeschichte

Inhalt siehe Klappentext.

Meinung:
Der Schreibstil liest sich nach kurzer Eingewöhnung leicht und flüssig. Das Buch ist aus der Ich-Perspektive des Autors geschrieben. Dieser versucht sich über die wenigen verbliebenen Erinnerungsstücke und über Recherchen dem Leben seiner Urgroßmutter Anna anzunähern. Er verbindet die Familiengeschichte mit den gesellschaftlichen und geschichtlichen Hintergründen.

Insgesamt eine gute Mischung aus Spurensuche in der Familiengeschichte und dem geschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext, leider bleibt aber vieles im spekulativen Bereich, da nur wenige Erinnerungsstücke von Anna erhalten geblieben sind, so dass es wunderbare 4 von 5 Sternen gibt. Leseempfehlung, wenn man Einblick in das Leben einer Frau zur Jahrhundertwende haben möchte, welches mit den damaligen geschichtlichen Hintergründen verknüpft wird.

Fazit:
Insgesamt eine gute Mischung aus Spurensuche in der Familiengeschichte und dem geschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext, leider bleibt aber vieles im spekulativen Bereich, da nur wenige Erinnerungsstücke von Anna erhalten geblieben sind. Leseempfehlung, wenn man Einblick in das Leben einer Frau zur Jahrhundertwende haben möchte, welches mit den damaligen geschichtlichen Hintergründen verknüpft wird.
77 reviews1 follower
September 11, 2025
Henning Sußebach gelingt es in Anna oder: Was von einem Leben bleibt, das Leben seiner Urgroßmutter auf eindrucksvolle Weise nachzuzeichnen. Beim Lesen bin ich gerne in Annas Welt eingetaucht und habe die facettenreiche Darstellung ihres Lebens sehr geschätzt. Besonders bemerkenswert finde ich, wie klar und reflektiert Sußebachs Sprache ist. Sie macht das Buch zugleich zugänglich und tiefgründig.
Hervorzuheben ist in meinen Augen auch die selbstkritische Reflexion des Autors: Er zeigt nicht nur, was er in Anna sehen möchte, sondern macht auch transparent, dass seine Deutung immer auch von eigenen Vorstellungen und Interpretationen geprägt ist. Dadurch entsteht eine Nähe, die die Geschichte lebendig und authentisch wirken lässt.
Ein weiterer großer Pluspunkt für mich ist die eingeflochtene geschichtliche Einordnung. Sie gibt dem Buch zusätzliche Tiefe und verortet Annas Lebensgeschichte in ihrem historischen Kontext. Dadurch entsteht ein rundes Gesamtbild, das nicht nur ein individuelles Leben erzählt, sondern auch einen Blick auf die Zeitgeschichte eröffnet.
Für mich ist „Anna oder: Was von einem Leben bleibt“ eine sehr bereichernde Lektüre – eindringlich, reflektiert und bewegend.
142 reviews
October 9, 2025
Henning Sußebach erinnert sich mithilfe von Fotos, Poesiealben, Postkarten eines Kaffeeservices und eines Verlobungsrings an seine Urgroßmutter Anna und setzt ihre Lebensgeschichte aus den verbliebenen Fragmenten zusammen. Anna ist im Jahr 1887 ins Sauerland gekommen und hat zunächst als Lehrerin gearbeitet. Doch als Frau in Cobbenrode war Selbstbestimmung für Frauen nicht der Standard und brachte daher einige Hürden für Anna mit - denn sie widersetzte sich immer wieder den Erwartungen des Dorfs.
Henning Sußebach ist beeindruckt von seiner Urgroßmutter und ihrem damaligen, sehr progressiven Lebensstil. Auf literarisch berührende Weise macht er sich auf die Spurensuche nach der Vergangenheit seiner Urgroßmutter und somit auch auf die Spuren seiner Eltern und Großeltern. Denn ohne Anna hätte es ihn gar nicht gegeben.
Die geschilderten Umstände und Entwicklungen in Annas Leben sind hart, dennoch gab es wohl auch schöne und liebevolle Erinnerungen. Alle sind jedenfalls eingeordnet in die historischen und politischen Geschehnisse der damaligen Zeit.
Eine interessante und persönliche Zeitreise.
Profile Image for Andrea.
296 reviews9 followers
October 27, 2025
Was bleibt von einem Menschen nach dessen Tod? Was hinterlässt man? Und wie viel wissen wir über die Generationen die vor uns kamen?
Henning Sußebach versucht das Leben seiner Urgroßmutter Anna zu rekonstruieren. Doch leider bleiben ihm nur wenige Anhaltspunkte. Ein paar Bilder, Postkarten und Familiengeschichten. Aber vieles muss er vermuten, einige Annahmen treffen. Dazu recherchiert er in Stadtarchiven, spricht mit Ärzten und Historikern. Er setzt Annas Leben für uns in den Kontext der Zeit, erwähnt immer wieder was sonst noch auf der Welt passiert und spekuliert inwiefern sie wohl davon betroffen war.

Ich liebe alles an diesem Buch!
Nicht nur die historische Perspektive, die nochmal verdeutlicht, dass noch vor wenigen Generationen die Welt noch eine völlig andere war als wir es heute für selbstverständlich ansehen.
Sondern vor allem die große Liebe und Zuneigung mit der Henning Sußebach seiner Urgroßmutter begegnet. Das hat mich sehr berührt und ich habe am Ende definitiv ein paar Tränen verdrückt.

Ich hatte das Hörbuch gehört, möchte mir aber nun doch die gedruckte Version mit Fotos kaufen und es dann nochmal lesen.
Profile Image for Anna.
27 reviews
June 9, 2025
In "Anna oder: was von einem Leben bleibt versucht der Autor Henning Sussebach sich seiner Urgroßmutter anzunähern. In der Familie sind ein paar Fotos und einige Anekdoten vorhanden. Er versucht sich dieser Frau und ihrer Zeit zu nähern, versucht, nicht mit dem Blick des heute Lebenden zu urteilen und frägt sich oft- was würde sie wohl zu unserer Zeit, zu uns heute Lebenden sagen.
Was bleibt, wenn man stirbt? Was lebt in den Nachfahren fort?
Eingebettet hat er das ganze immer in kurze Episoden der wichtigsten Ereignisse der damaligen Zeit (Frauenwahlrecht, das erste Auto, dann der große Bruch durch den 1. Weltkrieg) und auch hier immer wieder das Nachdenken, überlegen- wie hat Anna das wohl erlebt.
Diese Annäherung ist im sehr gut gelungen und ich habe das Buch sehr gerne gelesen.
Neugierig hat mich zu allererst das wunderschöne Cover gemacht- auch wenn im Dorf nicht alles so idyllisch ist, wie es auf dem Cover scheint.
2,263 reviews12 followers
July 10, 2025
Zum Inhalt:
Über seine Urgroßmutter weiß der Autor nicht viel. Es gab einige Fotos, Poesiealbum, Postkarten, eine Kaffeeservice, einen Verlobungsring. Doch wie soll man daraus eine ein Geschichte erzählen? Aber nach einer gewissen Zeit ergibt sich immer mehr ein Bild einer eigentlich gewöhnlichen Frau, die ein doch ungewöhnliches Leben geführt hat, weil sie sich gegen alle Widerstände nahm was sie wollte.
Meine Meinung:
Anna ist eine Frau, die ich persönlich gerne kennengelernt hätte, so ungewöhnlich wie sie für ihre Zeit war, so sympathisch wirkte sie auf mich. Natürlich hat der Autor sich die Freiheit genommen, Dinge zu ergänzen, da ihm nur wenig Informationen vorlagen. Nebenher bekommt man eine Geschichtsreise dazu und das hat mich auch noch fasziniert. Schön finde ich den Gedanken, ein Buch zu schreiben, damit eine Person nicht in Vergessenheit gerät. Ich hatte die Hörbuchversion und fand diese auch gut gelesen.
Fazit:
Ungewöhnliche Geschichte
178 reviews2 followers
November 14, 2025
ich finde das cover wunderschön und auch der titel hat mich sehr angesprochen. immer wieder interessant über reelle leben zu lesen, sehr informativ, was der autor zu seiner urgrossmutter recherchiert hat und über sie geschrieben hat. auch die einschübe zu den zeitgeschehen fand ich total bereichernd. eine geschichte über das leben damals, wie es teilweise war und teilweise vielleicht war, da alles kann man einfach nicht herausfinden. super umgesetzt in meinen augen und toll beschrieben wie es wahrscheinlich stattgefunden hat und auch und vor allem die hintergründe dazu, beschreibungen die vieles erklären und ausführen. auch die gedanken und gefühle der damaligen zeit angemessen sind total gut dargestellt. ein paar fotos die abgebildet sind bereichern die erzählung ebenfalls und machen alles noch anschaulicher und deutlicher. für mich ein sehr gutes buch, schön zu lesen und auf jeden fall empfehlenswert.
Displaying 1 - 30 of 40 reviews

Can't find what you're looking for?

Get help and learn more about the design.