Max Webers These von der protestantischen Arbeitsethik, die dem Kapitalismus erst zu seinem Siegeszug verhalf, ist Allgemeingut. Entsprechend gilt Webers Abhandlung "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" seit ihrem Erscheinen vor uber 100 Jahren als eine der massgebenden soziologischen Untersuchungen. Heinz Steinert unterzieht Webers Aufsatzreihe der schon lange falligen kritischen wissenschaftlichen Analyse und Historisierung. Sein Befund: Es gibt keinen grundsatzlichen Zusammenhang zwischen Protestantismus und kapitalistischem Wirtschaften. Webers Schrift ist vielmehr in ihrem historischen Kontext, als Teil der preussischen Religionskampfe, zu sehen. Es wird darin die Krisenerfahrung der preussischen Burger-Mannlichkeit um die Jahrhundertwende in einer "asketischen" Haltung verarbeitet. Der Autor weist uberdies nach, dass Begriffe wie "Idealtypus" oder "Wahlverwandtschaft" nur noch historisch interessant sind und dass eine neuerliche Befragung der weberschen Quellen zu neuen, anderslautenden Schlussen fuhren muss."