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Onigiri

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Als Aki erfährt, dass ihre Großmutter gestorben ist, bucht sie zwei Flüge. Ein letztes Mal will sie ihre Mutter zu ihrer Familie in Japan bringen, auch wenn sie weiß, wie riskant es ist, einen dementen Menschen aus der gewohnten Umgebung zu reißen. Und wirklich hat sie Keiko noch nie so verloren erlebt wie in der ersten Nacht im Hotel. Doch dann sitzen sie beim Essen im alten Elternhaus, und plötzlich spricht sie, die so still geworden ist, fröhlich und klar für sich selbst. Erst auf dieser Reise erkennt Aki in ihrer Mutter die mutige und lebenshungrige Frau, die sie einmal war, bevor sich in Deutschland diese große, für Aki so bedrohliche Müdigkeit über sie legte.





Mit sanfter Klarheit lässt Yuko Kuhn die faszinierende Geschichte einer deutsch-japanischen Familie entstehen, die zwischen den Kulturen verloren geht und sich neu findet.

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Published July 22, 2025

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377 people want to read

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Yuko Kuhn

1 book6 followers

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58 (21%)
2 stars
18 (6%)
1 star
4 (1%)
Displaying 1 - 30 of 100 reviews
Profile Image for Ellinor.
759 reviews360 followers
July 29, 2025
Keiko kam vor vielen Jahren aus Japan nach Deutschland. An verschiedenen Goetheinstituten lernte sie die Sprache, zog von Stadt zu Stadt. Sie heiratete reich, was in den Augen ihrer japanischen Familie als großes Glück gilt. Die Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, ist mittlerweile geschieden. Keiko ist inzwischen dement, schafft es bei diversen Terminen mit Therapeuten etc. jedoch immer, völlig normal zu wirken. Als Keikos Mutter stirbt, zögert Keikos Tochter Aki zunächst, ob sie mit ihr nach Japan fliegen soll, um sie nicht aus der gewohnten Umgebung zu reißen. Sie wagt den Schritt schließlich doch und lernt auf der Reise noch einiges über ihre Mutter.
Onigiri ist das Debüt der deutsch-japanischen Autorin Yuko Kuhn. Dieser Hintergrund, das selbst erlebte Aufeinandertreffen der beiden Kulturen, macht den Roman besonders authentisch. Es sind die vielen Details, die deutlich machen, dass die Autorin weiß wovon sie spricht. Daneben sind es aber ihr Erzählstil und vor allem ihre Sprache, die das Buch besonders machen. Immer wieder musste ich beim Lesen innehalten, um mir Sätze auf der Zunge zergehen zu lassen.
Besonders Keiko hat mich fasziniert, wie sie sich in einem fremden Land zurechtfindet, die Schwierigkeiten, mit denen sie in ihrer deutschen Familie zurechtkommen muss, dieses ständige Leben zwischen zwei Kulturen: sie ist noch keine richtige Deutsche, eine richtige Japanerin ist sie aber auch nicht mehr.
Ein sehr lesenswertes Debüt.
Profile Image for GONZA.
7,430 reviews125 followers
July 22, 2025
Ein besonderes Buch, weil es das Leben einer Frau erzählt, die Japan verlässt und in Deutschland einen Deutschen heiratet, mit dem sie auch zwei Kinder hat. Die Tochter ist diejenige, die sowohl über die Herkunftsfamilie ihres Vaters als auch ihrer Mutter erzählt. Manchmal ist der Unterschied zwischen den beiden Familien frappierend, manchmal nicht, aber auf jeden Fall für diejenigen, die, wie ich, Japan lieben und in Deutschland leben, ein äußerst interessantes sowie gut geschriebenes Buch.

Libro particolare, perché racconta la vita di una donna che lascia il Giappone e si sposa in Germania con un tedesco con il quale fa anche due figli. La figlia é colei che racconta sia della famiglia di origine del padre che di quella della madre. A volta la differenza tra le due famiglia é eclatante, altre no, ma sicuramente per chi, come me ama il Giappone e vive in Germania, un libro estremamente interessante oltre che ben scritto.

Ich habe vom Verlag ein kostenloses digitales Vorab-Exemplar des Buches im Austausch für eine ehrliche Rezension erhalten.
Profile Image for Lina.
124 reviews8 followers
July 31, 2025
Ich gebe 3.5 Sterne. Die durcheinander erzählten Erinnerungen haben mich erst verwirrt, um wen geht es zu welcher Zeit? Aber dann habe ich es als Stilmittel verstanden, das das Leben mit Demenz widerspiegelt und ich mochte es. Die Erzählung ist schön und traurig zugleich. Es passiert nicht viel, man mir gefällt wie man die Figuren langsam kennen und wertschätzen lernt und ihr Verhalten kam mir sehr realistisch vor. Ich hätte gerne mehr über die Erzählerin selber erfahren noch. Es gibt kein abschließendes Ende, aber das braucht es auch nicht.
Profile Image for EuleAnnalena.
238 reviews
September 2, 2025
CW:

Das Buch hat mich extrem zwiegespalten zurückgelassen. Aber vielleicht sollte das so? Als eine Geschichte über eine Familie, zerrissen zwischen zwei Kulturen, passt das ja irgendwie.

Der Einstieg war etwas schwierig, ich konnte keine Verbindung zu dem aufbauen, was die Worte übermitteln wollten.
Und dann hat das Buch mich doch immer wieder mitgenommen und zum Nachdenken gebracht.

Es gab so viele kleine Abschnitte oder auch nur einzelne Sätze, die mich wirklich berühren konnten. So viele kleine Sätze, die so pointiert gesetzt waren, dass ich danach erstmal kurz innehalten musste. Aber gleichzeitig dachte ich mir dabei anfangs auch: warum nicht gleich so? Warum nicht immer so? Denn dieses kurze Buch ist auch von so ausschweifenden Beschreibungen gefüllt, die mich eher befremdet haben. Laut Klappentext soll das Buch das Familienleben zwischen zwei Kulturen beleben. Jetzt musste ich mich dabei echt fragen, ob damit denn tatsächlich die Kulturen Japans und Deutschlands gemeint waren oder nicht eher die „Kulturen“ der Superreichen gegenüber dem Durchschnittsmenschen. Quasi das erste Drittel des Buches geht darauf, uns aufzuzählen, auf welche Arten Akis deutsche Großeltern alles reich sind. Seiten vergehen, auf denen nur die beiden Ferienhäuser, die Hausangestellten (ja, sogar im Plural!), die Designermode, die selbst für die kleinen Kinder gekauft wird, das Goldbesteck (Silber wäre ja zu billig?) und vieles, vieles mehr. Vermutlich soll durch diese materielle Fülle automatisch die emotionale Leere klar werden. Das ist auch gelungen, war aber leider auch ziemlich langweilig zu lesen.

Zwar ist diese letzte Reise nach Japan schon irgendwie der Mittelpunkt der Geschichte, aber die Erzählung findet eher in Vignetten statt. Dazu passt, dass die Autorin sich quasi gegen die direkte Rede entschieden hat. Der Stil ist melancholisch, manchmal sehr sachlich für all die Gefühle, die nicht in Worte gefasst werden können.

Die Kapitel sind immer in zwei geteilt: ich habe das so verstanden, dass der erste Teil das Leben in Deutschland schildert und man dann im zweiten dazu parallel die Reise nach Japan betrachten kann. Es hat die Zerrissenheit zwischen den beiden Kulturen gleich sichtbar gemacht. Leider hat man dabei aber auch wieder einmal gemerkt, dass viel mehr Acht auf die Schilderung der deutschen Großeltern als auf etwas anderes gelegt wurde.

Im Grunde ist dies eine Geschichte, über sehr verkorkste Menschen, die dann ihre Kinder verkorksen, bevor Aki es schafft, sich zumindest ein bisschen diesem Kreislauf zu entziehen. Das scheint hier tatsächlich zentraler als die Schwierigkeiten einer Tochter zweier Kulturen, das hätte mit zwei deutschen oder zwei japanischen Eltern wohl genauso ausgesehen. Es fiel mir fast schwer, mit Keiko mitzufühlen, da man sehr nah mitbekommt, wie negativ sich ihr Verhalten auf Aki (und ihren Bruder) auswirkt, auch wenn Aki langsam zu einem Verständnis für ihre Mutter kommt. Jedoch besonders die Momente, in denen Keikos Demenz besonders merklich ist, sind sehr schmerzhaft zu lesen, lassen mitfühlen.

Ein kleiner Lichtpunkt in all der Trübnis: ich liebe, wie schnell mich die Autorin von der Beziehung zwischen Aki und Felix überzeugen konnte. Als jemand der sich immer schwer tut mit Liebesromanen (und mit Belletristik, vielleicht ist das hier auch eines meiner Probleme), brauchte das Buch nur eine Seite, um mich fühlen zu lassen, was manchmal ganze Romane nicht schaffen.

Ein paar Aspekte sind meiner Meinung nach etwas kurz gekommen. Zum Beispiel wird die Sekte, der Akis Großmutter angehört immer mal wieder angesprochen, aber nie vertieft. Das Buch ist ja auch relativ kurz und wieder: leider wird das meiste mit dem übertriebenen Wohlstand der deutschen Großeltern ausgefüllt.

Teilweise deprimierend, teilweise rührend, teilweise zum nachdenken anregend und teilweise langweilig. Irgendwie eine Mischung aus allem. Vielleicht die beste Repräsentation der Materie?

Ich bleibe dabei: ich habe keine Ahnung, wie ich dieses Buch bewerten soll.
Profile Image for Carla.
1,025 reviews134 followers
July 25, 2025
Akis Mutter Keiko ist seit einiger Zeit dement. Sie vergisst, wenn sie am Tag zuvor ihre Tochter besucht hat, und manchmal vergisst sie sogar, dass sie eine Tochter hat. Aki möchte noch einmal mit ihr nach Japan reisen, bevor ihre Mutter auch ihr Heimatland für immer vergisst.
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Onigiri ist ein bedächtiges Buch, für das man sich beinahe unbewusst Zeit nimmt. Es erzählt in zwei Zeitebenen gleichzeitig Akis sowie Keikos Geschichte, komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung inklusive. Keiko kam damals als junge Frau nach Deutschland, und hat sich hier in einen Mann verliebt, der kurz darauf psychisch krank wurde. Alleinerziehend, mit zwei kleinen Kindern, findet sie sich in einem neuen Land zurecht, in einer ganz anderen Kultur.
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Aki hingegen hat gar keine andere Wahl, als die Mischform der japanischen und der deutschen Kultur tagtäglich zu durchwühlen. Sie ärgert sich über ihre Mutter, die (typisch japanisch) Konflikte scheut und sich lieber privat über die Leute aufregt, anstatt auch nur einmal direkt und ehrlich zu sein. Dann musste sich auch noch mit ihren reichen Großeltern Ludwig und Gesine rumschlagen.
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Die Kapitel sind stets zweigeteilt, in der ersten Hälfte reflektiert Aki ihre Kindheit und ihr soziales Umfeld. In der zweiten Hälfte wird die Japan-Reise mit Keiko in der Gegenwart beschreiben. Das hat für mich sehr gut funktioniert, denn obwohl das Buch eher entschleunigend auf mich gewirkt hat, blieb so immer die Spannung erhalten.
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Das Kernstück der Geschichte war für mich die Mutter-Tochter-Beziehung: immer wenn sich die beiden Frauen angenähert haben, haben sie sich gleich darauf voneinander distanziert. Kulturelle Unterschiede, Armut und Reichtum, eine dysfunktionale Familie – Onigiri ist ein feinfühliges Werk, eine wundervolle literarische Erfahrung, die mich auch sprachlich überzeugt hat!
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Japan-große Leseempfehlung!
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4,25/5 ⭐️

Rezensionsexemplar, unbezahlte Werbung I Vielen Dank @hanserberlin 🩵
Profile Image for Sabine.
771 reviews19 followers
August 20, 2025
Ich hatte in eine Leseprobe reingelesen, die mir sehr gut gefallen hatte – leider hat mich das Buch dann nicht mehr so begeistert und im Verlauf auch ein bisschen verloren.

Als Aki erfährt, dass ihre Großmutter gestorben ist, reist sie mit ihrer Mutter Keiko noch einmal in die japanische Heimat. Keiko ist demenzkrank, und sie aus dem gewohnten deutschen Umfeld zu reißen und nach Japan zu bringen, kann auch eine Verschlechterung der Situation nach sich ziehen. Doch Mutter Keiko lebt in Japan zunächst auf eine Weise auf, die Aki überrascht.

Ich hatte gedacht, es drehe sich viel mehr um die Reise von Mutter und Tochter und um das Wiederfinden der Familie. Die Reise ist jedoch nur ein kleiner Teil der Erzählung, die stattdessen zahlreiche Zeitsprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart macht. Leider war mir die Beleuchtung der japanischen Kultur, der Krankheit Demenz und der zwischenmenschlichen Beziehungen zu oberflächlich - ich hatte mir mehr Tiefe versprochen. Vielmehr erinnert die Erzählung an Schilderungen von Alltagsszenen – und nur dadurch kommt die Demenz der Mutter zur Darstellung.

Die Charaktere sind zwar gut gezeichnet, konnten mich aber nicht richtig berühren. Gerade bei Aki konnte ich die Emotionen nicht wirklich nachempfinden – sehr schade, da Demenz eine so wichtige und schwere Krankheit für alle Beteiligten ist. Auch in Mutter Keiko konnte ich mich nicht richtig reinfühlen, sie habe ich – obwohl doch mit der Mittelpunkt der Geschichte – immer nur auf Distanz wahrgenommen. Ich hatte mir versprochen, mitgenommen zu werden in diese komplexe und schwierige Situation, leider aber war für mich das emotionale Erleben Akis weder spür- noch greifbar.

Der Schreibstil der Autorin ist an sich sehr gefühlvoll, atmosphärisch und hat eine poetische Seite. Gleichzeitig waren aber die vielen nicht angekündigten Zeitsprünge sehr herausfordernd. Dabei gibt es keine Überschriften vor Kapiteln oder eine optische Anpassung durch zum Beispiel Änderung der Schriftart. Und so liest sich das Buch sehr episodenhaft, manchmal sogar wie eine Sammlung ungeordneter Gedanken. Das hat meinen Lesefluss immer wieder unterbrochen und mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, in welchem Zeitraum ich mich mit den Figuren gerade befinde, anstatt in die Geschichte selber einzutauchen.

Mein Fazit
Der Plot hat mir sehr gut gefallen, denn das Thema Demenz ist ein interessantes und vor allem aktuelles. Leider fiel es mir schwer, richtig in die Geschichte einzutauchen, da sie sehr sprunghaft erzählt ist und die so wichtige Thematik der Demenz, der Kulturen und der Familie nur oberflächlich behandelt wurden.
Profile Image for Marvin Thiele.
56 reviews
December 29, 2025
Ein berührendes Porträt einer japanisch deutschen Familie. Über Keiko, die nach Deutschland ausgewandert ist, um in der deutschen Kultur verloren zu gehen und nun in Demenz und Depression ihren Lebensabend verbringt und Aki, ihre Tochter, die sich um sie kümmert und zwischen Bürde und Liebe zu ihrer Mutter gefangen ist und den Entschluss fasst mit Keiko nach Japan zu reisen, um wieder die alte Person in ihr aufleben zu lassen.
Der Erzählstil ist assoziativ und webt die Geschichte entsprechend durch kleine Episoden aus Sicht der Protagonistin, die immer wieder in ihre Erinnerungs verfällt. Stream of Conciousness ist nicht ganz mein Lieblingsstil, weil es durch diverse Zeitsprünge schon mal gerne etwas diffus wird und auch die Art der Dialoge ohne Anführungszeichen macht es manchmal nicht leicht. Hier ist das ganze noch ganz gut gelungen. Dennoch bleibt dieser kontemporäre Stil nicht mein Favorit 😅. Noch eine kleine Sache ist, dass nicht alle japanischen Kapitelnamen einen Eintrag im Glossar hatten, das fand ich minimal schade aber nicht schlimm.
Insgesamt hat mir das Buch gefallen, da es sehr gut die Schwierigkeiten von Einwanderungsfamilien darstellt, die sich nirgendwo richtig zugehörig fühlen und auch was Depressionen innerhalb einer Familie anrichten ist glaubwürdig und ungeschönt dargestellt.
Profile Image for Fallendreams.
314 reviews2 followers
July 23, 2025
Ich bin noch total geflasht, weil ich das Buch so überaus Emotional und berührend fand.

Durch den tollen Schreibstil konnte ich das Buch fast komplett in einem Rutsch durchlesen und wollte es nicht wirklich aus der Hand legen. Der Fokus liegt auf Akis Mutter Keiko, die an Demenz erkrankt ist. Aki erzählt Schritt für Schritt die Geschichte ihrer Mutter, wie diese von Japan nach Deutschland kam und wie ihr Leben verlaufen ist.

Man spürt förmlich den Kummer durch das Buch und fühlt mit ihrer Mutter richtig mit. Es machte nicht den Eindruck, als wäre ihre Mutter jemals ganz angekommen. Ich finde, dass man durch das Buch einen guten Einblick in die Demenz-Krankheit bekommt und was es mit den Angehörigen macht. Keiko und Aki fliegen ein letztes mal nach Japan um dort die Familie zu Besuchen. Das stellte beide nochmal vor emotionale Herausforderungen und machte kulturelle Unterschiede nochmal sehr deutlich.

Aki erzählt die Geschichte immer im Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart. Anfangs war es etwas gewöhnungsbedürftig, doch ich kam relativ schnell rein.

Fazit
Ein tolles und emotionales Buch. Es regt zum Nachdenken an und berührte mich sehr.
Profile Image for Isa ◡̈ .
232 reviews41 followers
August 3, 2025
»Wenn ich jammere, unsere Familie sei so verkorkst, sagt meine Mutter entscheiden, alle Familien hätten Probleme.« (85)

In »ONIGIRI« 🍙 reist die ich-Erzählerin Aki ein letztes Mal mit ihrer Demenz-erkrankten Mutter Keiko in deren Heimatland Japan 🇯🇵. In der Hoffnung, dass ihre Mutter sich an ihr Leben vor der Emigration nach Deutschland erinnert und die gemeinsame Reise die Mutter-Tochter-Beziehung neue Erinnerungen schafft. Die Erzählung wechselt zwischen Szenen und Sequenzen aus dem Aufwachsen von Aki mit ihrer japanischen Mutter in Deutschland und der Jetzt-Erzählung. Aus diesen Rückblicken und Erinnerungen wird deutlich, wie sehr die Heimatlosigkeit der eigenen Mutter auch die Tochter beschäftigt und wie sehr sie sich zwischen den Kulturen gefühlt hat. Da sind so viele Differenzen im Leben von Aki und ihrem Bruder Kenta: Zwischen ihren Eltern, zwischen dem Aufwachsen bei ihrer Mutter und den langen Ferien bei ihren deutschen, wohlhabenden Großeltern …

»ONIGIRI« 🍙 von Yuko Kuhn ist ein berührender, feinfühliger und reflektierender Roman über Mutter-Tochter-Beziehung, den Umgang mit Demenz der eigenen Mutter, aber auch die Differenzen mit der eigenen Mutter. Es ist ein ruhiger Roman, dessen Erzählweise gerade durch diese tiefe Ruhe umso mehr trifft, wenn Sätze fallen, die den Schmerz zwischen den Zeilen erkennen lassen. 💔 Es ist dabei auch ein versöhnlicher Roman, der viel Verständnis hat und bringt und zeigt, dass es auf die Perspektive ankommt.

Ich bin sehr gespannt, was wir von dieser Autorin noch lesen werden und kann gar nicht glauben, dass dieser Roman ein Debüt ist. Große Leseempfehlung ❤️
Profile Image for Samara Zahli.
36 reviews
December 21, 2025
Wenn es ein Gericht gibt, dass dich an deine Kindheit erinnert, welches würdest du beschreiben?
Bei Aki sind es Onigiris, die ihre demente Mutter aber nicht mehr zubereiten kann.

Toller Mutter-Tochter Roman der Einsamkeit, Ausgrenzung, Demenz, Verzweiflung und Familiendramen thematisiert.
Profile Image for Buchdoktor.
2,364 reviews187 followers
July 21, 2025
Akis Großmutter Yasuko ist im Alter von 102 Jahren gestorben und Aki wird mit ihrer an Demenz erkrankten Mutter Keiko eine letzte Reise nach Kobe/Japan unternehmen. Weil auch die auf Yasuko folgende Generation bereits hochbetagt ist, hat die Nachricht von ihrem Tod die Enkelin in Berlin erst verspätet erreicht. Für die Icherzählerin Aki wird die Reise Hoffnung und Nervenprobe zugleich sein. Sie muss ihrer Mutter täglich neu deren Welt erklären, wird sich komplizierten Familien-verhältnissen stellen und sich kritisch fragen müssen, ob die Betreuung Keikos zwischen ihr und ihrem Bruder Kenta gerecht verteilt ist.

Die schon immer reiselustige Keiko kam nach ihrem Lehrerstudium allein nach Deutschland, begegnete ihrem späteren Mann Karl und war nach mehreren Umzügen in Berlin gelandet, wo es in den 70er Jahren ein japanisches Restaurant gab, in dem sie jobben konnte. Das Verhältnis zu Karls außergewöhnlich privilegierter Familie war von Beginn der Ehe an kompliziert, weil Schwiegermutter Gesine gewohnt war, den Ton anzugeben und Keiko mit dem japanischen Ideal aufgewachsen war, dass eine Frau sich anpasst und Wünsche nicht direkt ausgesprochen werden, da das Gegenüber sie zu spüren hat. „Niemand fragte sie, wie es ihr ging.“ Als Karl sich dem elterlichen Druck entzieht und zugleich an Depressionen erkrankt, steht Keiko in einer fremden Umgebung allein mit zwei kleinen Kindern – Aki und Kenta.

Während der Reisevorbereitungen werden Akis Kindheitserinnerungen wach, sie erleidet bis heute alte Kränkungen und Ausgrenzung ihrer Mutter mit. In Japan zeigt sich Keiko im Elternhaus und mit ihrer besten Freundin von ihrer lebenslustigen Seite; es ist jedoch nicht zu übersehen, dass ihre Erkrankung fortschreitet und diese Reise ihre letzte sein wird.

„Onigiri“ sind Reisbällchen, die für Aki eine besondere Bedeutung haben und die zeigen, wie stark die in Deutschland sozialisierte Tochter japanische Traditionen ihrer Mutter verinnerlicht hat.

Fazit
Wie auf einem Flickenteppich fügen sich Erinnerungen mehrerer Personen und Keikos Briefe, die sie in den 70er Jahren aus Deutschland schrieb, zum Bild eines zu Tränen rührenden Frauenschicksals zwischen zwei Kulturen. Der Roman vermittelt nicht nur empathisch Keikos Welt, die sie täglich neu verstehen muss, Akis Sorge, die Entwurzelung ihrer Mutter könne Fundament der Demenz sein, sondern auch Akis Versöhnung mit Vater, Mutter und Bruder.
Profile Image for _Le4_.
176 reviews
July 28, 2025
Im Buch geht es um Aki, deren Mutter dement ist. Als sie erfährt, dass ihre Großmutter gestorben ist, nimmt sie ihre Mutter noch ein letztes Mal mit nach Japan, damit sie noch einmal ihre frühere Heimat und ihre Familie sehen kann.

Ich mochte das Buch anfangs gerne. Es hatte so ein präzises, realistisches und trotzdem sachtes Bild von einer Person mit Demenz. Das hat mich berührt, weil eines meiner Familienmitglieder an Demenz erkrankt war und es vor allem für die, die ihr am nächsten standen, manchmal schwierig war, sich diese Sanftheit zu bewahren. Das Buch zeigt auch ganz klar, was für eine schwierige Situation es ist, wenn die eigene Mutter an Demenz erkrankt und wie das Aki und ihren Bruder belastet hat.
Die kulturellen Differenzen zwischen der deutschen und japanischen Kultur waren aus Akis Kindersicht sehr eindrücklich.
Leider war das auch schon der letzte positive Punkt meinerseits. Die Erzählung war insgesamt sehr wirr. Wir sind in der Zeit viel herumgesprungen, sodass oft nicht klar war, ob die letzte Szene in der Gegenwart, vor oder nach der danach spielt.
Ich habe sehr, sehr lange an dieser Novelle gelesen, was bezeichnend ist, wenn man bedenkt, wie kurz sie ist.

Es gab einige sehr gelungene Aspekte, die aber durch das Wirrwarr des Textes unheimlich untergegangen sind. Ich kann das Buch leider nicht empfehlen, werde die Autorin aber auf jeden Fall im Auge behalten.
Profile Image for Andrea Karminrot.
304 reviews6 followers
September 26, 2025
Wenn Aki einen Seelentröster braucht, dann bekommt sie Onigiri von ihrer Mutter Keiko gemacht. Onigiri, das sind dreieckige Reisbällchen "belegt" mit Avocado oder Thunfisch, Lachs oder Schweinefleisch. Es wird angenommen, dass Onigiri seit etwa 2.000 Jahren gegessen werden und während der Sengoku-Zeit (1467-1615) als tragbares Essen für Samurai beliebt wurde, da es leicht zu transportieren und äußerst sättigend war. Aber die Onigiri sind nicht die Hauptdarsteller in dem Roman Onigiri.

Aki möchte mit ihrer Mutter Keiko ein letztes Mal gemeinsam nach Japan reisen. Sie will die japanische Familie und Freunde treffen und mit ihrer Mutter Orte besuchen, die der alten Japanerin einmal wichtig waren. Keiko ist als junge Frau nach Deutschland ausgewandert, hat dort Karl, ihren späteren deutschen Ehemann kennengelernt und zwei Kinder großgezogen. Keiko hat viel erlebt. Sie ist in der deutschen Familie ihres Mannes nie wirklich angekommen. Und als ihr Mann Karl sich das Leben nehmen wollte, blieb sie mit ihren Kindern Kento und Aki allein.

Aki erzählt in dem Roman, wie sie mit ihrer Mutter auf die Reise geht. Sie schwelgt selber in Erinnerungen, die ihre Mutter so langsam immer mehr vergisst. Keiko lebt inzwischen in einem Seniorenstift und verliert immer mehr ihre Erinnerungen. Aki versucht diese zusammenzuhalten. Während sie in Japan unterwegs sind, hat die Mutter manchmal noch Lichtblitze und Aki findet in dem Zimmer der kürzlich verstorbenen Großmutter, Keikos Mutter, Briefe und Erinnerungen, die sie mit nach Berlin nimmt. Briefe, die auch für die Tochter Aki ein Band flechten, dass sie eine besondere Erinnerung an ihre Familie und Lebensgeschichte findet.

Lesbar, traurig, liebevoll

Der Roman ist anfangs ein bisschen verwirrend aufgebaut. Aber die liebevolle Beschreibung der Tochter um ihre Mutter, macht vieles wett. So langsam findet man in den Roman. Aki erzählt, wie man zu einem Gegenstand in einem Raum eine Erinnerung hat. Da ist eine kleine Geschichte aus ihrer eigenen Kindheit, da ein Gegenstand den ihr Vater geschnitzt hat, dort eine Geschichte aus der Beziehung ihrer Eltern. Dann bekommt der Leser wieder aus der Gegenwart einige Sätze zu lesen. Das kann schon ein bisschen durcheinander machen. Aber gradlinig, wäre der Roman nicht so schön. Gradlinig denken wir Menschen auch nicht. Was auch auffällt ist, dass alle Figuren nicht in der Lage sind sich ihre Gefühle einzugestehen oder gar zu äußern. Die Gegensätze der verschiedenen Orte, das wohlhabende Zuhause ihrer Großeltern oder das asketische Leben Akis Vater, machen den Roman zu einer komplexen Geschichte, die zusammengesetzt werden wünscht.

Mir hat dieses Buch sehr gefallen. Während die Mutter immer mehr in ihrer eigenen dementen Welt verschwindet und viele Dinge ihr sehr schwerfallen, sie ermüden, beginnt die Tochter viele Dinge zu verstehen. Einen dementen Menschen um sich zu haben und sich auf die Schlichtheit einzulassen, ist nicht einfach. Zu sehen, wie dieser Mensch immer mehr verschwindet, kostet viel Kraft. In dem Roman wird aber auch deutlich, wie wenig man von dem Leben seiner Eltern weiß. Aki ist manchmal ungeduldig, manchmal sehr sensibel. Als sie selber ihr drittes Kind bekommt, weiß sie, dass ihre Mutter ihr nie wieder Onigiri zum Seelentrösten machen wird.

Die Autorin Yuko Kuhn wuchs selbst zwischen diesen beiden Kulturen auf. Ihre Mutter wurde in Japan geboren und arbeitete in Osaka als Grundschullehrerin, bis sie 1972 nach Deutschland auswanderte.
Profile Image for Sini [on hiatus].
71 reviews3 followers
October 5, 2025
Zwischen zwei Welten

3.5 | In »Onigiri« erzählt Yuko Kuhn die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Deutschland und Japan.

Akis Mutter Keiko beschließt als junge Frau Japan den Rücken zu kehren und nach Deutschland auszuwandern. In ihrer neuen Wahlheimat heiratet sie, bekommt zwei Kinder und lässt sich schließlich wieder scheiden.
Im Alter erkrankt sie an Demenz und aus der einst so selbstbestimmten und lebensfrohen Frau bleibt nicht mehr viel übrig.
Als Akis Großmutter stirbt, nimmt sie dies zum Anlass ein letztes Mal zusammen mit Keiko nach Japan zu reisen.

Erzählt wird die Geschichte zwischen zwei Kulturen aus der Perspektive von Aki in einem ruhigen, beinahe sachlichen Ton auf zwei Zeitebenen. Trotz der Schwere der Themen kommen keine großen Emotionen auf und die Erzählerin bleibt stets auf einer gewissen Distanz zum Geschehen.

Die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung legt einen Schatten auf die sonst so friedlich erscheinende Familiengeschichte.
Während die Lektüre anfangs noch von Leichtigkeit geprägt ist, entfaltet sich nach und nach ein Gefühl der Melancholie und Wehmut.
Die Themen Demenz und Depression sind allgegenwärtig und lassen die Lesenden trotz der distanzierten, teilweise verzweifelten und von Unverständnis geprägten Haltung zu Keiko ein tiefes Mitgefühl für sie entwickeln.
Während Aki zu ergründen versucht, was ihre Mutter zu der gebrochenen Frau gemacht hat, die sie heute ist, setzt sich für die Lesenden nach und nach ein Bild zusammen, welches zeigt, wie schwer die Japanerin es in Deutschland hatte und wie einsam sie sich gefühlt haben muss.

Gerade zu Beginn des Romans wirkt der Text eher wie eine Ansammlung von zusammenhanglosen aneinandergereihten Anekdoten, was den Lesefluss leicht beeinträchtigen kann.
Bei einigen Themen hätte ich mir zudem etwas mehr Reflexion und Tiefgang gewünscht. Der Groll Akis der Mutter gegenüber war für die Leser:innen oft nicht greifbar und hier hätte ich mir ein paar emotionalere Einblicke in die Beziehung der beiden erhofft.

Grundsätzlich kann ich das Buch allen empfehlen, die sich für die japanische Kultur interessieren. Hier bekommt man wirklich spannende Einblicke geboten. Insbesondere im Vergleich zur deutschen Kultur werden ganz deutlich Unterschiede in Mentalität und Lebensweise dargestellt.
Profile Image for miss_mandrake.
826 reviews62 followers
August 8, 2025
Als Aki erfährt, dass ihre japanische Großmutter verstorben ist, bucht sie kurzerhand zwei Flugtickets in das Heimatland ihrer Mutter Keiko, um ihr, zum wahrscheinlich letzten Mal, ein Treffen mit ihrem Bruder Masayuki zu ermöglichen. Doch es ist auch eine Reise mit einer Frau, die sich immer mehr in den Irrwegen ihrer Demenz verliert und durch ihre damalige Auswanderung nach Deutschland, endlich wieder zu Ihren Wurzeln zurückkehren kann.
Vor Jahren schon haben sich Akis Eltern scheiden lassen. Der Vater selbst kämpft schon lange mit seinen eigenen Dämonen und die Mutter konnte in Deutschland nie richtig Fuß fassen. Oft passiv, ist sie mit dem Alltag überfordert und den Schwiegereltern war sie nie gut genug für ihren Sohn.

Dabei erzählt die Autorin eine kunterbunte und doch von Einsamkeit durchzogen Familiengeschichte voller Brüche, Liebe Fremdheit, Alltagsrassismus, Festhalten, Loslassen, Aggression und Zartheit.
Über mehrere Zeitebenen erhält der Leser viele Einblicke in ein deutsch-japanisches Leben und zeigt den Spagat zwischen mehreren parallelen Welten.
Dabei geht es nicht nur um räumliche oder kulturelle Entfernungen, sondern auch um die Diskrepanzen zwischen Familienmitgliedern, die sich eigentlich nahe stehen sollten.
Stück für Stück treten die Familiendynamiken ans Licht und fügen sich die Puzzleteile zusammen.
Auch das Thema Demenz nimmt in diesem Roman einen großen und sorgsam aufbereiteten Raum ein und jeder, der mit Betroffenen bereits zu tun hatte, wird sich hier ein Stück weit wiederfinden.

"Onigiri" ist ein ruhiger Roman, der den Schmerz zwischen den Zeilen deutlich spürbar macht und mich durch die hellen Momente auch oft zum Lächeln gebracht hat.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung!
Profile Image for Sabrina _lesewesen.
277 reviews9 followers
August 9, 2025
Aki, die Protagonistin, wächst bei ihrer japanischen Mutter und ihrem Bruder in einer deutschen Stadt auf, während ihr deutscher Vater Karl von ihnen getrennt in Berlin lebt. Als Aki viel zu spät vom Tod der japanischen Großmutter erfährt, beschließt sie, mit ihrer inzwischen dementen Mutter Keiko ein letztes Mal nach Japan zu fliegen, Keikos Bruder und alte Freundinnen zu besuchen, Kindheitserinnerungen wieder aufleben zu lassen.

Ein melancholischer Roman, der sich mit einem universellen Thema beschäftigt: Familie. Nicht nur die Reise von Mutter und Tochter steht hier im Vordergrund, sondern die Beziehung zu Vater und Mutter, den deutschen, gutbetuchten Großeltern, der Lebensweg des Bruders Kenta und die eigene Familie von Aki und Felix. Warum ist der Vater damals so weit weg von ihnen gegangen, warum haben die Großeltern Keiko nicht mehr Akzeptanz und Respekt gegenüber gezeigt? Wie lebte es sich für die Mutter zwischen zwei Kulturen?

Auch die Krankheit von Keiko wird beleuchtet: Wie sie sich gar nicht daran erinnern kann, dass die eigene Mutter verstorben ist, sich teilweise ohne Zettelchen nicht orientieren kann oder schließlich auch vergisst, wie sie ihren Regenschirm öffnen muss. Man leidet leise mit der Erzählerin mit, die das Verhalten der eigenen Mutter sachlich, nicht mitleidheischend, schildert.

Aki sieht, wie sich der Zustand der Mutter zusehends verschlechtert, versucht ihr Gutes zu tun und auch den Weg der Mutter in Deutschland durch Briefe und Erzählungen nachzuzeichnen. Es gelingt ihr, ganz leise die Geschichte ihrer Familie aufzuschreiben und uns trotz der eher nüchternen Erzählweise an ganz vielen Emotionen teilhaben zu lassen wie Liebe, Unverständnis oder Glück. Durch die Seiten fliegen kann man hier nicht, das Buch regt zur Reflektion an und spricht auch unangenehme Themen an – aber gerade das hat großen Eindruck auf mich gemacht: ⭐️⭐️⭐️⭐️/5.
1 review
August 8, 2025
In ihrem Debütroman erzählt Yuko Kuhn die bewegende Geschichte von Aki und ihrer Mutter Keiko, die als junge Frau aus Japan nach Deutschland auswanderte. Keiko lebt in verschiedenen Städten, lernt voller Motivation die Sprache und knüpft Freundschaften. Schließlich heiratet sie Akis Vater, der aus einer wohlhabenden Familie stammt. Doch die Ehe zerbricht, und so wachsen Aki und ihr Bruder Kenan überwiegend bei ihrer Mutter auf.

Als Aki erwachsen ist, wird sie zunehmend mit der fortschreitenden Demenz ihrer Mutter konfrontiert. Bevor Keiko ihre Heimat gänzlich vergisst, möchte Aki noch einmal gemeinsam mit ihr nach Japan reisen. Onigiri erzählt auf mehreren Zeitebenen die Geschichte von Mutter und Tochter, die sich beide mit ihrer Identität und Herkunft auseinandersetzen müssen.

Man erlebt, wie sich ihre Beziehung im Laufe der Jahre wandelt – und mit welcher Geduld, Zuneigung und Wärme Aki ihrer Mutter begegnet, die oft nicht mehr weiß, wo sie ist oder was gerade geschieht. Dieses Buch entfaltet seine Wirkung leise, fast unmerklich. Man nimmt sich Zeit, um die Geschichten der Figuren in all ihren Facetten zu verstehen – und bleibt am Ende berührt zurück. Ein stilles, tiefgehendes und sehr lesenswertes Werk.
Profile Image for Ex Libris.
92 reviews1 follower
August 28, 2025
Nach dem Tod ihrer Großmutter reist Aki mit ihrer demenzkranken Mutter Keiko nach Japan, zurück zur Familie und an Orte der Vergangenheit; die Reise wird zur behutsamen Annäherung an Herkunft, Erinnerung und die komplexe Mutter-Tochter-Beziehung. Themen wie Zwischen-den-Kulturen-Sein, Demenz und familiäre Verbundenheit strukturieren diese stille Geschichte.

Warum es für mich nicht ganz aufging: Den oft kritisierten „wirren“ Erzählstil mit seinen Zeitsprüngen empfand ich nicht als Problem; im Gegenteil, die Montage wirkt bewusst gesetzt und bleibt nachvollziehbar. Trotzdem stellte sich bei mir kaum Sog ein. Figuren und Szenen blieben auf höflicher Distanz – zu geschmackvoll, zu glatt –, sodass weder Spannung noch echte Rührung entstanden. Auch eine Erkenntnis, die über das Buch hinaus nachhallt, hat sich mir nicht eröffnet.

Positiv verbuche ich die gedämpfte Tonlage und die sorgfältige Sprache: Viele Miniaturen funktionieren als Momentaufnahmen und wer atmosphärische Episoden und leise Zwischentöne schätzt, dürfte deutlich mehr finden als ich. Persönlich aber blieb „Onigiri“ für mich das, was man respektvoll zu Ende liest und dann weglegt: keineswegs schlecht, nur eben nicht mein Buch – ohne dass ich den einen, klaren Grund benennen könnte.
Profile Image for sophie .
74 reviews
August 4, 2025
"Onigiri" von Yuko Kuhn ist eine berührende Geschichte, die sich aufrichtig mit dem Thema Demenz auseinandersetzt. Kuhn gelingt es, die Herausforderungen und emotionalen Belastungen, die mit dieser Krankheit einhergehen, einzufangen.
Ein Kritikpunkt ist jedoch die verwirrende Struktur des Buches. Die zahlreichen Zeitsprünge können es dem Leser schwer machen, der Handlung zu folgen und sich in die Geschichte einzufinden. Dies trübt leider das ansonsten positive Gesamtbild.
Insgesamt ist "Onigiri" ein lesenswertes Buch, das wichtige Themen anspricht, aber aufgrund seiner komplexen Erzählweise einige Abstriche machen muss. Vielleicht wird es euere neues Lieblings Buch, wenn euch das Thema anspricht, dann lest doch einfach mal in die Leseprobe rein, vielleicht gefällt es euch ja doch!! Daher 3 von 5 Sternen.
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August 3, 2025
4,5 ⭐
I didn't finish the book, the book finished me.
Yuko Kuhn erzählt in ihrem Buch von vielerlei Arten von Beziehungen, Konflikten und Kulturen. Im Vordergrund steht die Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Keiko und Aki, die sich im Laufe der Zeit wandelt.
Die Erzählweise fand ich sehr schön, einerseits nüchtern und gleichzeitig voller Emotionen und Gefühle.
Akis Geschichte hat mich selbst zum Nachdenken über meine Familienverhältnisse gebracht. Sie hat mich aber auch an meine Oma erinnert, die selbst Demenz hatte, weswegen manche Passagen etwas schwer für mich zu lesen waren.
Ein herzzereißendes wunderschönes Buch
Profile Image for Kirsten.
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August 30, 2025
Die Nachricht, dass ihre Großmutter gestorben ist, trifft Aki mitten ins Herz. Zu lange hat sie ihre Familie in Japan nicht mehr besucht. Das will sie jetzt ändern und sie will ihre Mutter Keiko mitnehmen. Aki weiß, dass ihr Vorhaben furchtbar schiefgehen kann, denn man kann einen dementen Menschen nicht einfach aus der gewohnten Umgebung herausholen.

Der Anfang der Reise ist holprig. Keiko kommt in der ungewohnten Umgebung nicht zurecht und Aki spürt, wie sie die Situation immer mehr überfordert. Aber sobald die beiden Frauen Keikos Eltern betreten, wird alles anders. Plötzlich gewinnt die Mutter ihre lang verlorene Energie zurück. Sie redet fröhlich mit ihren Verwandten. Aki erlebt ihre Mutter ganz anders: als fröhliche, lustige Frau und nicht die stille Mutter, die sich am liebsten verstecken würde.

Yuko Kuhn erzählt die Geschichte von Mutter und Tochter in vielen kleinen Anekdoten, Die Erinnerungen der Tochter an die gemeinsame Zeit mit ihrer Mutter sind sehr liebevoll. Den Vater sieht sie etwas distanzierter. Sie kann ihm nicht verzeihen, dass er die Familie verlassen hat, aber je älter sie wird, desto mehr kann sie ihn zumindest verstehen.

Als Aki vom Leben bei ihren Großeltern, den Eltern ihres Vaters erzählt, ändert sich der Tonfall, auch wenn sie diesen Teil durch die Augen des Kindes sieht, das sie damals war und das ihre Großeltern durchaus geliebt hat. Aber trotzdem erkennt sie, dass auf ihre Mutter herabgeschaut wird. Vielleicht unbewusst, aber die Mutter spürt diese Herablassung sehr deutlich. Sie ist nicht die Frau, die sich die ihre Schwiegereltern für ihren Sohn vorgestellt haben und das zeigen sie ihr auch. Wie muss sich Keiko in ihrer Ehe gefühlt haben? Darüber hat sie nie gesprochen. Aber Aki erkennt, wie schwer diese Zeit für sie gewesen sein muss, einfach daran, wie glücklich sie jetzt in Japan ist.

Es ist eine Geschichte mit nachdenklichen Untertönen. Aber trotz aller Schwierigkeiten, die Keiko und auch Aki in ihrem Leben hatten und noch haben, ist es keine traurige Geschichte, sondern eine, in der die liebevolle Beziehung zwischen Mutter und Tochter im Vordergrund steht.
Profile Image for Minnie.
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July 25, 2025
2,5

Leider muss ich sagen, dass die Story hätte etwas ganz besonderes sein können - aber die Art und Weise, wie jegliche Zeitstränge durcheinander gewürfelt wurden, machte es mir unmöglich der Story kohärent zu folgen. Ich hätte mir außerdem gewünscht, dass mehr auf die japanisch-deutschen Konflikte eingegangen wird, doch es war eher ein Familiendrama.
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October 1, 2025
Toller autobiografisch inspiriter Roman! Es wird eine Mutter-Tochter Geschichte aus der Tochter Perspektive erzählt, die gleichzeitig auf den Spuren ihrer deutsch-japanischem Herkunft ist, wie auch das Leben mit einer an Demenz erkrankten Mutter beschreibt. Der Roman ist wirklich toll geschrieben und schafft es die Spannung konstant hochzuhalten.
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August 3, 2025
Eine schöne Geschichte über Aki, die mit ihrer dementen Mutter noch ein letztes Mal nach Japan zu ihrer Familie reist. Die Erzählung über die zwischenmenschlichen Probleme zwischen ihrer japanischen Mutter und ihrem deutschen Vater sowie dessen Familie haben mich sehr berührt und nachdenklich gemacht. Auf jeden Fall eine Empfehlung!
Profile Image for Wandaviolett.
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August 17, 2025
Rezensionstitel: Mutterschwund

Kurzmeinung: Wenn sogar ich ein Buch über Demenz gern mag ... !

Präliminarien: Normalerweise sind Romane über Demenz für mich tabu, angstbesetzt? Mag sein. Doch hin und wieder gerät mir doch einer unter und manchmal ist es eine sehr angenehm-positive Überraschung, darüber, was ich zu lesen bekomme. Das vorletzte wertschätzende Werkchen über Demenz stammte von Arnold Geiger und viele Leser kennen es „Der alte König in seinem Exil“. Nun ist „Onigiri“ von Yuko Kuhn wieder ein Roman mit dem Thema Demenz, den ich überaus liebenswert finde.

Der Inhalt: Die Erzählerin Aki ist Halbjapanerin, ihre nun in die Demenz abgleitende Mama kam als junge Frau nach Deutschland, kämpfte sich mit niedrig bezahlten Jobs durchs Leben und studierte nebenbei die Sprache im Goetheinstitut. Sie ist fleißig und hat eine Gabe, wie Aki, ihre Tochter, erzählt. Diese Gabe – und ich finde es wunderschön, dass sie die Fähigkeit ihre Mutter „Gabe“ nennt- das hat was Märchenhaftes, diese Gabe rettet Mutter Keiko. Vor der Isolation, der Bedeutungslosigkeit, vor Sinnlosigkeit und hilft ihr, einige Wurzeln in den deutschen Boden zu versenken: Die Mama kann wunderschön singen und wird nach einer demütigenden Prüfung ihrer Stimme Mitglied in einem angesehenen Chor mit dem sie in der ganzen Welt Auftritte hat, einmal sogar in der Carnegie Hall. Im Chor lernt sie ihren viel jüngeren künftigen Mann Karl kennen. Leider hat Karl eine schwierige Kernfamilie.
„Das Singen ist eine Gabe meiner Mutter, die Schwere in ihr verschwindet dann für kurze Zeit.“

Der Kommentar und das Leseerlebnis:
„Onigiri“ ist wunderschön geschrieben mit vielen liebevollen Kurzepisoden aus Akis Kindheit, der Vergangenheit der Mutter in Japan, und der Großmutter Yasuko, die eine besondere Person gewesen ist und hundert Jahre alt geworden ist. Aki erinnert sich.
Aki sträubt sich gegen das Verlieren von Erinnerungen, gegen das Verlöschen der Mutteridentität. Sie will ihre Mutter „behalten“, so lange wie möglich und sich nicht der Demenz ergeben. Gleichzeitig will sie der Mutter nahe sein und unternimmt mit ihr eine Reise nach Japan zu den Verwandten, die die Mutter schon ewig nicht mehr gesehen hat und Aki auch nicht.
Ich habe Aki als komplizierte Persönlichkeit wahrgenommen. Sie hat selber eine Menge Probleme, die sie nicht unter die Füße bekommt. Aber obwohl sie sich mit Händen und Füßen gegen den „Mutterschwund“ wehrt und sich teilweise an dem Verhalten der dementen Mutter stößt, weil es auslaugend und anstrengend ist, kümmert sie sich auch liebevoll und zeitlastig um Keiko. Der Roman verschweigt nicht, dass man an seinen Eltern auch ein Stück weit leidet, ist aber trotzdem ein bezaubernder Mutter-Tochter-Roman unter besonderen Vorzeichen.

Fazit: Mutter-Tochter-Roman unter besonderen Vorzeichen.

Ein erstes Lesehighlight 2025.

Kategorie: Anspruchsvolle Literatur
Hanser Berlin 2025
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August 7, 2025
Eine berührende Familiengeschichte zwischen Deutschland und Japan
Das Cover hat mich in diesem Falle nicht abgeholt und mir nicht gefallen. Es wäre für das Buch wohl förderlicher gewesen, ein anderes Cover zu haben, um in den Buchhandlungen mehr Menschen anzusprechen. Dafür bin ich von dem interkulturellen Aspekt der Geschichte sehr angezogen worden. Ich bin seit einigen Jahren von Japan und seiner Kultur fasziniert. Das hat auch in diesem Falle dazu geführt, dass ich das Buch gerne zur Hand genommen habe. Und – soviel kann man jetzt schon verraten – nicht enttäuscht worden bin.
Abseits des interkulturellen Aspekts des Romans hält eine Kernkomponente dieses Buch zusammen: der Umgang einer erwachsenen Tochter mit ihrer alten, dementen Mutter in dem Bewusstsein, dass diese nicht mehr allzu lange zu leben hat. Die Tochter beleuchtet aus unterschiedlichen Perspektiven ihr Leben an der Seite ihrer Mutter und geht dabei auch die Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit durch. Das Buch folgt dabei keiner geradlinigen Erzählstruktur, was zur Abwechslung beiträgt. Ich habe im Verlauf des Romans sowohl Tochter als auch Mutter ins Herz geschlossen. Ich kann mich zudem total mit dem Nähe/Distanz-Problem der Tochter identifizieren, dass fundamental für das Thema dieses Buchs ist.
Insgesamt möchte ich dem Buch den Stempel „Gute Literatur“ aufdrücken. Es lässt mich über meine eigenen Erfahrungen aus neuen Perspektiven nachdenken. Ich kann den Finger nicht genau darauf packen, warum es für mich nicht perfekt war, aber ich habe es in jedem Falle sehr gerne gelesen.
Profile Image for Kerstin.
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August 28, 2025
In den 1970er Jahren kommt die junge Japanerin Keiko nach Deutschland, um zu studieren. Sie lernt Karl kennen und auch wenn seine Eltern nicht begeistert sind, heiraten sie und gründen eine Familie. Die Ehe hält nicht, nach der Trennung bleiben die Kinder Kenta und Aki bei der Mutter, aber es gibt auch Kontakt zum Vater und seiner Familie.

Jahre später: Kenta ist überzeugter Single, Aki hat Felix geheiratet und sie haben zwei Kinder. In der letzten Zeit hat Keiko sich verändert, sie ist verwirrt, müde und erschöpft und die einst aktive Frau geht weniger aus dem Haus und hat Schwierigkeiten, sich im Alltag zurechtzufinden.

Es besteht ein enger Kontakt zu Keikos Bruder Masayuki und seiner Frau Akemi sowie zu Freunden. Wissend, dass es nicht mehr viele Möglichkeiten geben wird und Zeit endlich ist, organisiert Aki eine Reise für ihre Mutter und sich nach Japan - es wird nicht nur eine Reise in ein fernes Land.

„Bei uns zu Hause sitzt meine Mutter im Schaukelstuhl und liest in der immer gleichen Ausgabe der japanischen Zeitung, die wir von unserer Reise mitgebracht haben. Natsukashii, sagt sie. Das Wort ist schwer zu übersetzen, es ist ein Ausdruck für eine Wehmut, die gleichzeitig Glück und Trauer bedeutet.“ (S. 191)

Yuko Kuhn erzählt in Rückblenden aus dem Leben von Keiko, wie sie nach Deutschland gekommen ist, vom Hiersein, ohne jemals richtig anzukommen.

„Bis vor wenigen Jahren hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, warum meine Mutter nach Deutschland gekommen war. Sie war einfach da. Und eine mutige Frau war sie für mich nie gewesen.“ (S.130)

Untrennbar damit verbunden ist das Heranwachsen von Kenta und Aki, irgendwo zwischen Schrankwand in Eiche rustikal bei Oma Gesine und Opa Ludwig und Misosuppe zuhause – zwei Welten, die sich berühren, jedoch nicht verbinden lassen.

In der Gegenwart sorgen sich Kenta und Aki um ihre Mutter, sie vergisst immer mehr und die Kinder stehen dem hilflos gegenüber. Aki möchte ihrer Mutter die Gelegenheit geben, noch einmal die Familie und Freunde in Japan zu besuchen. Die erste Nacht im Hotel ist Keiko verwirrt und ängstlich, erst nachdem die beiden in das Elternhaus zu Keikos Bruder umziehen, fühlt sie sich wohl und genießt die Zeit in Japan. Aki erfährt mehr aus ihrem Leben, versteht, warum sie seinerzeit nach Deutschland gegangen ist und wie neugierig auf das Leben ihre Mutter damals war.

„Ihr Anblick lässt mich an die junge Frau denken, die sie einmal war.“ (S.60)

Lebhafte Erinnerungen an zurückliegende Zeiten, Momente unerwartet reduzierter Emotionen, Diskussionen, ob ausreichend getrunken und gegessen wurde, nicht seltene „das hast du mir nie gesagt“ und immer wieder kleine Abschiede. Yuko Kuhn beschreibt Keikos Veränderungen und die damit verbundene Traurigkeit und auch das gelegentliche Leugnen der Situation von Kenta und Aki für mich sehr nachvollziehbar.

„Onigiri“ ist die Geschichte von Keiko, Aki und ihrer Familie, eine deutsch-japanische und persönliche Geschichte, jedoch erzählt die Autorin sie so treffend und nachvollziehbar, dass ich mich, auch wenn meine Geschichte und das Älterwerden meiner Eltern ähnlich und doch anders sind, darin wiederfinde.
Yoko Kuhn beschreibt leise und einfühlsam die Geschichte ihrer Familie und Kindheit – und von dem Leben ihrer Mutter. Sie erzählt davon, wie die Kulturen oftmals schwer vereinbar waren, von Mut, Traurigkeit, Einsamkeit und Liebe.

„Draußen vor dem Haus präge ich mir das Bild meiner Mutter neben ihrem Bruder ein, es wird vermutlich ihre letzte Begegnung sein.“ (S.160)

Mich hat diese Geschichte sehr berührt, ganz große Leseempfehlung!
237 reviews1 follower
August 29, 2025
In der letzten Zeit habe ich vermehrt das Gefühl, dass die japanischen Romane, welche eine deutsche Übersetzung bekommen, grob in zwei Kategorien eingeteilt werden können. Da gibt es die Wohlfühlromane, wie z. B. „Die Magnolienkatzen“, „Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen“ oder „Das kleine Café der zweiten Chancen“. Bücher, die einem zwar zum Nachdenken anregen, aber den Leser oder die Leserin mit einem positiven Gefühl zurücklassen. Und gibt es da die Romane, wie z.B. „Vermissen auf Japanisch“ oder „Kankos Reise“, die meistens ein schwieriges Thema behandeln, einen leicht verwirrenden Aufbau haben und eher ein leicht bedrückendes Gefühl hinterlassen.
„Onigiri“ zählt hierbei für mich ganz klar zur zweiten Kategorie. Wobei diese Einteilung noch nichts über die Qualität des Buches aussagt. Ich finde es nur wichtig dies zu erwähnen, um etwaige Enttäuschungen vorzubeugen. Wer einen japanischen Wohlfühlroman sucht, wird mit diesem Buch wohl eher nicht glücklich werden.
Autorin Yuko Kuhn erzählt hier auf sehr eindrucksvolle und empathische Weise eine deutsch-japanische Familiengeschichte. Die beiden Hauptschwerpunkte der Geschichte, der Tod der in Japan lebenden Großmutter und die Demenzerkrankung der Mutter, welche man bereits dem Klappentext entnehmen kann, geben dabei aber nur einen groben Rahmen vor. Wie bereits zu Beginn meiner Rezension angedeutet, ist der Aufbau des Romans ein wenig verwirrend und gewöhnungsbedürftig. Dies liegt vor allem daran, dass die Erlebnisse nicht chronologisch erzählt werden. Dies ist selbstverständlich in vielen Romanen der Fall, Yuko Kuhn geht aber noch einen Schritt weiter. Indem sie nämlich ohne Kennzeichnung die zeitliche Ebene von einem Absatz zum nächsten wechselt. Für manch einen mag dies befremdlich sein und den Lesefluss stören. Ich bin dies allerdings bereits aus anderen Romanen gewohnt und konnte mich daher schnell darauf einstellen. Gerade in Kombination mit der Demenzerkrankung von Akis Mutter, fand ich dies ein sehr gut gewähltes Stilmittel.
Yuko Kuhn schafft den, meiner Meinung nach äußerst schwierigen, Spagat zwischen Emotionalität und Nüchternheit. Für manche mag ihre Art die Geschichte zu erzählen vielleicht ein wenig zu distanziert und kühl wirken. Dies ist mir bereits in mehreren japanischen Romanen aufgefallen und ich würde es auch hier wieder dem kulturellen Hintergrund der Autorin zuordnen. Dennoch steckt in den Zeilen so viel Gefühl. Man braucht nur eben einen Augenblick, um dies zu merken. Genauso wie man ein wenig braucht, um die Geschichte im Kopf zusammensetzen zu können. Für mich waren die einzelnen Episoden wie kleine Puzzlestücke die verstreut auf einem Tisch liegen. Erst nach und nach haben sie sich in meinem Kopf zusammengesetzt und dann ein Gesamtbild ergeben.
Dies ist kein Roman, den man einfach so mal zwischendurch lesen kann. Dies ist ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte, sowohl während als auch nach dem Lesen. Den das Gelesene berührt einen, gibt einem zu denken und lässt einen so schnell nicht mehr los. Jedenfalls ist es mir so ergangen.
Besonders berührend empfand ich die Beschreibungen und den Umgang mit der Demenzerkrankung von Keiko. Obwohl die Krankheit maßgeblichen Einfluss auf Keikos Verhalten und die gesamte Familiendynamik hat, wird sie nie als Kranke dargestellt. Also nicht in dem Sinne, dass die Krankheit sie definiert und ausmacht.
Zusammengefasst kann man sagen, dass es sich hierbei um ein, auf vielen Ebenen, schwieriges Buch handelt. Meiner Meinung nach ist die Lektüre der Geschichte aber eine lohnende Erfahrung.
61 reviews
August 11, 2025
Konnte mich leider nicht überzeugen

Yuko Kuhn erzählt in ihrem Roman „Onigiri“ die Geschichte der Ich-Erzählerin Aki, deren Mutter vor 50 Jahren aus Japan nach Deutschland kam und mit dieser sie nun noch einmal eine Reise in ihre Heimat antreten möchte. Die Mutter ist an Demenz erkrankt und kann sich kaum merken, dass ihre eigene Mutter vor einem halben Jahr verstorben ist. Aki sieht die letzte Chance, mit ihrer Mutter noch einmal die Familie in Japan zu besuchen.

Inhaltlich dreht sich der Roman viel weniger um die neuntägige Reise nach Kobe in Japan sondern vielmehr um Erinnerungen aus der Kindheit von Aki als auch Erzählungen ihrer Mutter und ihres Vaters, wie die Mutter als junge Frau in Deutschland ankam und sich hier ein Leben aufgebaut hat. Es geht um das Aufwachsen als Halbjapanerin in Deutschland mit Großeltern, die aus der Oberschicht stammen und die japanische Frau ihres Sohnes nie richtig akzeptierten. Die Reise dient hier nur als nebensächliches Vehikel, um Erinnerungen aufleben zu lassen.

Leider war mir der Erzählstil der Autorin zu verworren und wie in einem Zettelkasten zusammengeworfen. Handelt die eine Erinnerungsanekdote noch von diesem Thema über zehn, zwanzig Zeilen hinweg, geht es in der nächsten Anekdote schon wieder um etwas anderes. Auch weiß man häufiger nicht so richtig, ob man sich jetzt in der Gegenwart oder der Vergangenheit befindet. So war mir manchmal auch nicht gleich klar, ob jetzt etwas über die Großmutter von Aki erzählt wird, über ihre Mutter oder sie selbst. Gleichzeitig macht es der Schreibstil der Autorin schwer, inhaltlich zu folgen. Sie verzichtet nicht nur auf Anführungszeichen bei der direkten wörtlichen Rede sondern fädelt diese auch merkwürdig in die Sätze ein. So entstehen unnötige Bandwurmsätze wie diese hier:

„Als wir in Deutschland ankommen, ist es sehr früh am Morgen und noch dunkel, im Taxi versteht meine Mutter nicht, wo sie ist, sie hat keine Vorstellung mehr von dem Ort, an dem sie lebt, darf ich zu dir kommen, Aki, fragt sie, und ich sage, natürlich, Mama, wir fahren erst mal zu mir und du kommst in Ruhe an, später bringt Kenta dich nach Hause.“

oder

„Beim Abendessen sitzt meine Mutter mir gegenüber am Esstisch, Aki, darf ich diesen Tee trinken, fragt sie mich und zeigt auf ihre Tasse, dann verschwindet sie plötzlich unter dem Tisch, um einzelne angetrocknete Reiskörner, die an den Kinderstühlen und auf dem Boden kleben, einzusammeln, sie ist immer aufs Neue entsetzt darüber, wie es bei uns nach dem Essen aussieht, ihr Kopf taucht wieder oberhalb der Tischkante auf, überrascht über meinen Anblick lacht sie mich an und ich freue mich einfach nur darüber, dass sie da ist.

Inhaltlich zeichnet die Autorin sicherlich ein gutes Bild von einer demenzerkrankten Person, die anfängt, sich in der Welt nicht mehr zurechtzufinden. Aber sprachlich konnte mich der Roman einfach gar nicht überzeugen. Ich habe mich durch diese 200seitige Aneinanderreihung von beschreibenden Sätzen gequält und auch ungewöhnlich lang am Buch gelesen. Zehn Seiten kamen mir gefühlt häufiger wie 50 Seiten vor. Immer wieder war ich erschrocken, dass ich wieder „nur“ 20 Seiten geschafft habe, obwohl es sich wie 100 anfühlte.

Eigentlich mit großen Interesse in die Lektüre gestartet, konnte ich keinerlei Verbindung zu den Protagonistinnen aufbauen und habe auch keine Emotionen wahrgenommen, sodass ich insgesamt das Buch einfach nicht gern gelesen habe. Schade.

2,5/5 Sterne
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