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Das Methusalem-Komplott

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Frank Schirrmacher ist der Panikmache unverdächtig. Was er aber für sein Buch Das Methusalem-Komplott an erschütternden Fakten über das Altwerden zusammengetragen hat, könnte zarte Gemüter, wenn sie völlig unvorbereitet damit konfrontiert werden, durchaus in Panik versetzen. Dies zumal, wenn sie gerade einmal wieder eine der kritischen Wegmarken (wie den 40. oder 50. Geburtstag) vor oder hinter sich haben. Und das Schlimmste: Die Panik ist berechtigt!

Die demografische Katastrophe, auf die wir unweigerlich zusteuern, ist nicht nur das versicherungsmathematische Problem, dessen man gegenwärtig verzweifelt Herr zu werden versucht. Alter ist von jeher mit vielen weiteren, nicht minder existenziellen Nöten und Sorgen behaftet als nur mit denen um die so genannte "Alterssicherung". Das Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte, Krankheit, Angst und Tod werden mit zunehmendem Alter immer bestimmendere Lebensthemen. Als sei dies für das Individuum nicht schon schlimm genug, kommt eben diese Lebensproblematik mit vielfacher Wucht nun zusätzlich noch auf die Gesellschaft als ganze zu. Die nämlich hat längst begonnen, in einem in jeder Hinsicht beängstigenden Maße zu "überaltern".

"Am Horizont der Zukunft", schreibt Schirrmacher zu Beginn, "baut sich eine der erbittertsten Streitmächte gegen die Alten auf, die es je gegeben hat. Sie marschiert auf uns zu, die wir heute 20, 30 oder 60 Jahre sind, denn wenn der Krieg beginnt, werden wir die Älteren sein. Und die Gesellschaft, die wir geschaffen haben, nimmt den Alternden alles: das Selbstbewusstsein, den Arbeitsplatz, die Biographie. Unsere Lebensentscheidungen basieren auf Grundrissen und Daten eines vergangenen Jahrhunderts. Gingen wir mit dem Raum so um wie mit unserer Lebenszeit, würden wir in Postkutschen reisen."

Das alles klingt gewiss alles andere als ermutigend. Trotzdem ist Schirrmachers Buch letztendlich genau dies: eine ganz entschiedene Ermutigung. Woraus nämlich allein Rettung erwachsen kann, ist eine grundstürzende und grundlegende Revolution des Bildes, das wir uns von unserem Leben und unserem Alter machen. Die Aufgabe ist keine geringe. "Die Frage ist, wie wir den Steinzeitmenschen in uns an eine fast verfünffachte Lebenserwartung gewöhnen können." Wenn wir diese Aufgabe ernst nehmen, können wir das Blatt zum Guten wenden, so könnte man das Fazit des Buches auf einen kurzen Nenner bringen. "Wir müssen verlernen, was unsere Kultur und unsere Biologie uns über das Alter eingaben. Sie haben, um es trivial auszudrücken, nicht mehr Recht. Es ist vorbei mit der unbestrittenen Herrschaft der Jugend über das Alter." Daraus gilt es, Konsequenzen zu ziehen. Und genau dafür bietet Schirrmacher viele interessante Anknüpfungspunkte. -- Ein Buch, das man lesen muss! --Andreas Vierecke

Paperback

First published January 1, 2004

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About the author

Frank Schirrmacher

24 books10 followers

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June 21, 2020
Er beginnt mit der Demographie. Das Erschreckende an ihr ist, dass, wenn nicht gerade ein Krieg oder eine wirklich schlimme Seuche ausbricht, die Zahlen, die die Demographie über die nächsten 40 Jahre aussagt, auf jeden Fall stimmen werden - sie sind nicht mehr abzuändern. Die Statistik lügt nicht, wenn sie sagt, dass wir schon bald in einer Altersgesellschaft leben werden.

Fast ironischerweise spricht Schirrmacher dann davon, dass man pro Jahr nicht weniger als 200.000 Migrant*innen in Deutschland brauchen würde, um das jetzige Generationensystem mit Renten halten zu können. Diese Untergrenze widerspricht also schön Seehofers 2016 geprägte Obergrenze von 200.000 für Flüchtlinge.

Überhaupt erschrickt der Abgleich dieses Buches mit der heutigen Politik: 2020 (!) würde ein (allerdings metaphorisch verstandener) Krieg in Deutschland ausbrechen würde, wenn dort die deutschen "Boomer-Jahrgänge" in Rente gehen würden. Wenn man sich solch anachronistische politischen Geschehnisse wie die neue Popularität vom alten Politiker der 90er Jahre, Friedrich Merz, anschaut und diese abgleicht mit den demographischen Zahlen, auch bezogen auf die Wahlberechtigten, dann verwundert dies im Jahr 2020 kaum.

Die Gesellschaft wird also immer älter und dies ist tatsächlich ein für diese Gesellschaft dramatischer Befund, und dies ist der Grund, warum Schirrmacher auf seine sowieso immer schon alarmierende Art dies immer und immer wieder betont. So kann er manchmal sagen, dass es das allerwichtigste Thema überhaupt sei, sogar wichtiger als der Klimawandel. Hier hilft es aber, wenn man andere Bücher (wie z.B. Ego: Das Spiel des Lebens) und Debattenanstöße von Schirrmacher kennt (hier von Thierry Chervel zusammengefasst: https://www.perlentaucher.de/blog/201...). Es ist die Art von Schirrmacher, zu schreiben. Man kann dies kritisieren - das wurde auch zuhauf getan (z.B: in diesem Buch, das aber dann leider gar nicht inhaltlich auf Schirrmachers alarmistische Thesen eingeht, sondern nur auf die journalistischen Kontexte des FAZ-Feuilletonchefs: Schirrmacher: Ein Portrait).

Am wenigsten überzeugt sein pauschaler Befund, dass ältere Menschen in einer neuen Art des Rassismus diskriminiert werden würden. Er behauptet, dass der (wie man heut sagen würde) ageism die gefährlichste Form von Rassismus werden könnte. Da kann man ihn beruhigen: Auch 2020 ist die gefährlichste Form von Rassismus immer noch der Rassismus selbst. Aus meiner Erfahrung kann ich nicht bestätigen, dass ältere Menschen signifikant diskriminiert würden. Ein großer Teil der älteren Menschen lebt sehr gut. Im Gesundheits- und Sozialsystem wird sehr viel Geld und Arbeit in die Unterstützung älterer Menschen gesteckt. Andere aus meinem näheren Umfeld aber behaupten das Gegenteil, komischerweise aber nur selten aus Lebenssituationen heraus, in denen sie abgesehen von eigenen Großeltern viel mit älteren Menschen zu tun hätten. Oder sie äußern diese von mir unterschiedene Alltagsevidenz aufgrund von Alltagssituationen, die ich selbst nicht als Diskriminierung bezeichnen würde. Dies ging neulich bei einem musikalischen Event so weit, dass ich scharf zurückgewiesen wurde, als ich mich darüber lustig machte, wie ein älterer Mann die Aufmerksamkeit stahl und durch seine gediegenere Art, Musik zu machen, nicht so recht in die Runde passte: Es wäre doch schön, wenn wir hier ein wenig Diversität hätten! Ich halte es für gefährlich, das Generationenproblem zusammenzulesen mit den Problemen von gesellschaftlichen Gruppen, die diskriminiert werden, denn die Probleme, die es in intergenerationalen Konflikten geben kann, entstehen eben nicht aus ideologisch begründeten Kennzeichnungen von anderen als fremd oder anders, sondern aus tatsächlichen politischen Konflikten, die aus verschiedenen Realitätswahrnehmungen entstehen (siehe jemand wie Friedrich Merz). Oder eben tatsächlich aus einem Problem der menschlichen Entwicklungsgeschichte, die eben verschiedene Generationen in verschiedene Situationen im Leben setzt / platziert.
In dem Kontext ist es allerdings interessant, dass Schirrmacher darauf pocht, dass die biologischen Probleme, die das Altern mit sich bringt, kulturelle Fragen hervorbringen: Für ihn ist es eine kulturelle Frage, wie wir mit Alterskrankheiten umgehen, aber auch wie wir dazu eingestellt sind - das Erwarten, dass man im Alter krank wird, führe zum Krankwerden im Alter. Würde man die Einstellung zum Alter ändern, würde man die Gefahr der Alterskrankheiten mindern. Skeptisch könnte man aber bleiben: Was ist denn dann mit den Zivilisationskrankheiten Demenz und Alzheimer?

Angst kann man davor haben, vor den Bildern übervölkerte Pflegeheime in der Zukunft. Schon jetzt braucht es Arbeitsmigranten z.B. in Sachsen, um dem Pflegebedarf überalterter Landstriche nachkommen zu können. Diese Angst will einem Schleiermacher mit der Idee eines "Komplotts", also einer politischen Zusammenkunft zugunsten einer kulturellen Revolution entgegenwirken, doch so recht leuchten seine Ideen dazu nicht ein.

Schirrmacher schreibt assoziativ. Wirklich Ahnung hat er - wie alle aus dem Feuilleton - nur von Literatur. Aber er ist eben an der Wissenschaft und dem Fortbestand der ganzen Welt interessiert, also schreibt er darüber. Man kann es mögen oder nicht mögen. Ich mag es.

Auf der einen Seite kann stehen: "Die Kleidung, die ein Großteil der älteren Menschen auch dann wählt, wenn er noch zehn Jahre zuvor modische Risiken eingegangen ist, hat für diese womöglich das Ziel, in die unauffällige Menge einzutreten, um von den Raubtieren nicht gesehen zu werden." (90)
Auf der nächsten Seite steht dann ein Satz wie: Das Jahrzehnt zwischen 50 und 60 ist jener Zeitraum, in dem, ähnlich wie zwischen 20 und 30, Lebenszeit und Lebenserfahrung in unvorstellbarem Ausmaß verschwendet werden." (91)

Und nur eine Seite später kommt Schirrmacher dann auf einmal zu dem Schluss: "Herr der Ringe, ein[] Buch über vieles, vor allem das Altern [...]" (92). (???)
Profile Image for Mehtap exotiquetv.
487 reviews259 followers
August 16, 2021
Frank Schirrmacher taucht tief ein in die Materie des Alterns und führt sehr viele Monologe darüber, warum wir Menschen panisch werden sollten, wenn wir ans Altern denken & wie uns die Gesellschaft ab einem bestimmten Alter nicht mehr wertschätzt.
Ich empfand das Buch für meinen Geschmack zu "panisch" und mir hat ein wenig der Lösungsansatz gefehlt. Er macht sich Sorgen darüber, dass die demografischen Gegebenheiten sich verändern. Weniger Kinder werden geboren und Menschen werden älter und dadurch kann der Generationenvertrag (Arbeitnehmer zahlen Rente) nicht aufrecht erhalten werden. Genau hier hätte mich interessiert, was denn sein Vorschlag zur Besserung ist.
Mich hätte es nicht gewundert, wenn er vorgeschlagen hätte, dass wir alle ab einem bestimmten Alter einen kollektiven Selbstmord begehen, nur weil wir evolutionär älter werden. Gelernt habe ich tatsächlich nichts durch das Buch.
Profile Image for Thomas Schreier.
6 reviews
June 4, 2012

What starts with an intended loud and polemic description of our society, changes into a fascinating and thrilling tale about how the baby boomers and following generations will change the image and function of the retirees in the coming decades. Very interesting for who is anywhere between 40 and 60 I guess - and, none the less still feeling young, deals with symptoms of a midlife crisis.

Great book, especially in the second half of it. I found it inspiring, when Schirrmacher looks at the bigger picture, pointing out that the aging society is a very recent phenomenon. The generations born after 1950 experienced security, were fed and nurtured like no other generation before. These post war generations are distinguished from older generations like zoo animals from their counterparts in the wilderness. The phenomenon of the aging society runs against the biological and cultural imprint of hundreds of thousands of years of evolution. Before 1950, aging always was an individual triumph over an early death, the privilege of survival. The natural aging process, as a unnatural collective experience, grows into one of the biggest challenges for the contemporary society.

Profile Image for Liedzeit Liedzeit.
Author 1 book106 followers
July 28, 2019
Eigentlich nur Gefasel. Schon flott geschrieben, aber ohne Struktur, feuiltonistisch im schlechtesten Sinn. Was nun seine These ist, ist so ganz klar auch nicht. Dass wir älter werden, ist wohl offensichtlich. Die Behauptung, dass die Welt ohne die Leistungen von über 40jährigen nicht viel ärmer wäre nennt er absurd. Das hingegen finde ich absurd. Ein Blick in die Geschichte der Naturwissenschaft zeigt das in aller Schärfe. Und kulturgeschichtlich sieht das nicht viel anders aus. Wir Übervierzigjährigen sind überflüssig wie ein Kropf.
Profile Image for Leer es Pensar.
81 reviews5 followers
April 6, 2021
Ensayo en defensa de la vejez, además de todo lo bueno y lo malo impuesto o estigmatizado para la vejez, las ideas erróneas que perjudican a los mayores (y todos vamos para allá)
Estudio exaustivo de detalles que hacen ver los errores ocasionados por un prejuicio.
Es grato saber que hay muchas cosas que deberíamos saber para Llegar preparados para una edad avanzada y por supuesto mejor, y libre de prejuicios...
El libro está escrito a principios del 2000 y en especial la población de Alemania, pero eso no quita mucho que se pueda aplicar o rescatar cosas valiosas para esta época y a nuestro país.
Profile Image for Wilhelm Weber.
169 reviews
September 14, 2014
Food for thought - especially that he, who was so aware of the challenge of aging would die so young. I'm sure this book is going to be looked at more diligently the next years. Very good final chapter and don't fall for the conspiracy against ageing with dignity and gratitude.
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