Wir leben oft so, als hätten wir unbegrenzt Zeit. Doch so ungern wir uns die Endlichkeit unserer Existenz vor Augen führen, so gut könnte uns der Mut zum Hinschauen tun. Dann würden wir uns nämlich die wichtigen Fragen des Lebens stellen. Was ist der Sinn meines Lebens? Was ist richtig, was falsch? Bin ich glücklich? Was soll ich tun? Für wen soll ich es tun? Seit über zehn Jahren schreibt der promovierte Philosoph Gregor Eisenhauer Nachrufe, nicht auf berühmte Männer und Frauen der Zeitgeschichte, sondern auf ganz normale Menschen. Eine Aufgabe, die sein Leben veränderte und ihn zu diesem Buch inspirierte. Denn seine Stippvisiten in den Schicksalen der anderen zeigten ihm, was am Ende wirklich zählt im Leben.
Also das wird nichts. Dieses Buch ist nichts für mich! Das Konzept klang vielversprechend, aber der oft herablassende und extrem umschreibende Schreibstil ist gar nicht mein Ding. Mir fehlt eine Aussage. Ich hatte das Gefühl, ein Kapitel könnte gut auf eine halbe Seite gekürzt werden und selbst dann wäre die Aussage noch gering. Aber der Autor betont immer wieder, dass er den Leser zum eigenständigen Denken anregen will, also kann das Wischiwaschi auch beabsichtigt sein.
Nach den ersten 50 Seiten kommt im Grunde nichts Neues mehr. Im Gegenteil, das Geschriebene kommt einem ein wenig zu selbstgefällig und bräsig daher. Ab ungefähr der Hälfte habe ich eher quer gelesen und es dann auch bald gut sein lassen.
Hat mir gut gefallen, weil es mich auf mehreren Ebenen angesprochen hat. Zunächst fand ich es grundsätzlich sehr gefällig zu lesen: kurzweilig, flott, humorvoll. Der Autor, der unter anderem auch Nachrufe auf nicht-prominente Personen schreibt, hat diese teilweise zum jeweiligen Kapitelthema integriert - allein diese Texte (und damit verbundenen Schicksale) haben mich schon sehr faszniert.
Dann das "eigentliche" Thema, die zehn Fragen (ob das nun wirklich die zehn wichtigsten sind, sei dahin gestellt, auf jeden Fall eine gelungene, vielschichtige Auswahl): Ja, ich habe über jede einzelne nachgedacht. Und nicht nur darüber, sondern auch viel über die Texte, die zu der jeweiligen Frage führten. Über die aufgeführten Beispiele, sei es anhand der Nachrufe oder aus eigenen Beobachtungen des Autors. Für mich haben sich hier viele interessante Denkansätze ergeben, von denen ich eins, zwei auch schon "außerhalb" des Buches in Gespräche eingebracht habe - sehr bereichernd! Alles in allen also gute Unterhaltung, die mich zum Nach-, aber auch mal Neu denken animiert hat.
Lesetipp: Von diesem Buch habe ich größere Teile in einem Rutsch gelesen, vielleicht wäre es besser gewesen, jeweils nur ein Kapitel zu lesen und dieses dann in Ruhe zu "verdauen".