Geschrieben in einer verbotenen Sprache – jetzt kehrt die feinfühlige, intelligente Prosa von Lesja Ukrajinka in den europäischen Kanon zurück.
Frauen, die mehr verdienen als ihre Partner, häusliche Gewalt, späte Mutterschaft und soziale Schon um 1900 wagte es die ukrainische Schriftstellerin Lesja Ukrajinka Themen aufzugreifen, die teils heute noch tabuisiert werden. Dafür wurde sie von ihren männlichen Kollegen als »der einzige Mann in der ukrainischen Literatur« bezeichnet – ein Ausdruck, der auf die männliche Dominanz im Literaturbetrieb ihrer Zeit und die thematischen Schwerpunkte in den von Männern und Frauen verfassten Werken anspielte. Lesja Ukrajinka, die zeitlebens mit ihrer Tuberkulose-Erkrankung kämpfte, durchbrach diese Ihre Kurzprosa spiegelt die europäischen Strömungen des Fin de Siècle und greift zentrale Diskurse der Zeit auf wie überkommene Rollenbilder, die Frage nach der Grenze zwischen Vernunft und Wahnsinn, Orientalismus und die Nietzsche-Rezeption. Ihre Sprache moduliert detailgenaue und atmosphärisch dichte Szenen. »Am Meer« richtet sich an alle, die sich für die europäische Moderne, feministische Literatur und postkoloniale Perspektiven interessieren.
Der zweite Band der »Ukrainischen Bibliothek« enthält eine repräsentative Auswahl aus dem Prosawerk Ukrajinkas und wird durch eine kulturhistorische Kontextualisierung von Tamara Hundorova ergänzt.
Seit 2022 warte ich sehnsüchtig auf eine Reihe wie die "Ukrainische Bibliothek" von Tanja Maljartschuk und Claudia Dathe. Endlich habe ich sie bekommen 🥰
In diesem Buch sind folgende Novellen enthalten: - Der Nachtfalter - Das Glück - Stadt der Trauer - Am Meer - Freundschaft - Die ungewöhnliche Mutter - Iqbal-Gahnem
Ich mag die eloquente Sprache Lesjas, ebenso ihre tolle ausführliche Erzählweise. Sie konnte mir das Bauern- und Adelswesen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert sehr bildgewaltig vorstellen. Die gesellschaftlichen und persönlichen Umbrüche, mit dem Fokus auf den Lebenswege von Frauen. Von den 7 Prosa-Stücken sind 2 relativ lange, diese haben mir auch am besten gefallen, den Inhalt der anderen habe ich leider nicht ganz verstanden 😅 Das Vorwort von Tanja beschreibt auch ausführlich das Leben der Autorin, in einer Art Kurzbiografie. Ich würde gerne eine richtige, ausführliche lesen... Ich freue mich auf hoffentlich weitere übersetzte Werke von Lesja.
"Oft, wenn ich direkt am Meer lag, unter einem überhängenden Fels, und die wogenden Wellen und den hellen Horizont beobachtete, schien es mir, als wäre ich in ein Land geraten, in dem es nie Menschen gab oder keine mehr gibt. Ich muss zugeben, dass mir dieser Traum lieb war. Misanthropie liegt nicht in meiner Natur, aber manchmal kommt es vor, dass ich einige Zeit vor den Menschen flüchten will, eben damit ich sie nicht zu hassen beginne. Irgendwann habe ich gehört, dass die Natur allein, die Landschaft, ohne Menschen, einem Rahmen ohne Bild gleiche; aber gelegentlich denke ich, sie gleiche einem Bild ohne Flecken."