Seit Harry Rowohlt 1997 seine für lange Zeit letzte Kolumne in der Zeit veröffentlichte, nahm das jammervolle Gezeter kein Ende: Warum SCHREIBT er nicht mehr? ER. Tat er aber doch, unaufhörlich, bereits seit Jahrzehnten und zwar Briefe, Briefe, Briefe. Der Gang ins Archiv des einstmals als »Wenigschreiber« apostrophierten Rowohlt hat es ans Licht gebracht: 80 Ordner mit durchschnittlich 400 Seiten, macht 32 000 Seiten.
Womit haben wir es zu tun? Mit Dokumenten von historischer Bedeutung? Mit intimen Bekenntnissen? Mit politischen Manifesten? Mal sehen. Harry Rowohlt schreibt an sein »Brüderchen« und an seine Freunde, an die Autoren, die er übersetzt hat und an seine Verleger; er schreibt an Buchhändler und Journalisten, er antwortet Leserbriefschreibern und Bittstellern. Er schreibt zärtlich und entzückt – oder erbost und (selten) unversöhnlich. Einerlei, wer die Adressaten sind: ob Ledig-Rowohlt oder Siegfried Unseld, ob Roger Boylan oder Frank McCourt, ob der anonyme Lindenstraße-Fan oder der berühmte Kollege U. – der freie Geist und herausragende Stilist Rowohlt unterscheidet nicht zwischen Big Name und No-name, er schert sich nicht um Konvention und Contenance; brillantgeschliffen erhält jeder die ihm gebührende Antwort.
Born Harry Rupp in Hamburg, Rowohlt was the son of publisher Ernst Rowohlt and actress Maria Rowohlt; his parents married in 1957. Rowohlt is known for his insightful and humorous translation of Milne's Winnie-the-Pooh. He also published German translations of works by Philip Ardagh, Donald Barthelme, Hilaire Belloc, Roger Boylan, Edgar Rice Burroughs, Leonard Cohen, Robert Crumb, David Sedaris, Kenneth Grahame, Ernest Hemingway, Flann O'Brien, Gilbert Shelton, Shel Silverstein, James Joyce, and Kurt Vonnegut. In 1999 he was awarded the Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung. And in 2005, he received the Deutscher Jugendliteraturpreis for his translation work.
Harry Rowohlt kannte ich vor diesem Buch ausschließlich als brillanten Übersetzer und wusste, dass er in der Lindenstraße unregelmäßig einen Penner spielte. Und dass er irgendwie mit den Verlags-Rowohlts verwandt war.
Diese Sammlung von Briefen aus 50 Jahren ist ein kunterbuntes Sammelsurium von Korrespondenz, beginnend mit witzigen Zeichnungen des zehn- oder elfjährigen Harry, die schon von erstaunlich viel politischem Verständnis zeugen und auf eine frühe linke Prägung schließen lassen, die ihn zeitlebens nie verlassen hat. Es finden sich Antworten auf Fanbriefe genauso wie Ablehnungsbriefe an TV-Sender, die ihn in Talkshows einladen wollten, launiges privates Geplänkel wie kratzbürstige Reaktionen auf Ärgernisse (oder Dinge, die HR als solche empfand).
Wie auch in seinen Übersetzungen zeigt er sich als Meister des Wortschatzes, und er legt häufig treffend den Finger in gesellschaftliche Wunden, klingt aber hin und wieder auch ein bisschen arg selbstverliebt oder überheblich. Bei manchen Briefen ging wohl auch die Pointe an mir vorbei, weil ich Anspielungen nicht verstanden habe oder die Personen nicht einordnen konnte.
Am meisten Spaß gemacht haben mir seine englischsprachigen Briefwechsel mit Autoren, die er übersetzt hat (und zu denen er gleich noch die deutsche Übertragung mitliefert), denn hier erscheint er nie aufgeblasen, sondern angenehm selbstironisch.
Genau mein Humor. Habe mich weggeschmissen und war manchmal büschen gerührt. Besonders nett, wenn man sich mit den Verlagen, Verlegern und der Journaille auskennt!