Gabrielle ist fast dreizehn Jahre alt. Im Alter von sechs Monaten wurde das aus Somalien stammende Mädchen von einem homosexuellen Paar adoptiert. George und Phil, ihre Väter, sind seit 15 Jahren verheiratet, doch nun wurde ein Gesetz erlassen, das sie zu Ausgestoßenen macht. Sie müssen eine rosa Raute als Kennzeichnung tragen, in einem Ghetto am Stadtrand wohnen und verlieren das Recht, ihren Beruf auszuüben (die beiden sind Künstler) – in der Stadt dürfen sie sich ohne Genehmigung nicht mehr bewegen. Um ein Geschenk zu Gabrielles Geburtstag zu finden, riskieren sie alles und fahren ohne Erlaubnis in die Stadt. Doch nachdem sie einen Autounfall gebaut haben und dadurch die Aufmerksamkeit vermeintlich rechtschaffener Bürger auf sich gelenkt haben, können sie niemandem mehr vertrauen. Wie sollen sie Gabrielle warnen, die Zuhause geblieben ist? Wie können sie ihre Verfolger abschütteln? Und wohin sollen sie flüchten? Mit „Väterland" entwirft Christophe Léon eine Zukunft, die von Intoleranz, Gewalt und Angst bestimmt ist. Eine Zukunft, die uns zurückwirft in eine gar nicht so ferne Vergangenheit.
Tolles Konzept, die Umsetzung hat leider viele Schwächen. Das Thema bekommt keine Tiefe, alles wird nur kurz angerissen und vieles überflogen. Bin nicht der größte Fan von offenen Enden, fand es aber hier gut eingesetzt!
Außerdem gab es eine Kapitel in dem ca. 30 Mal das N-Wort ausgeschrieben wird und die beiden Väter aus vermeintlich antirassistischen Beweggründen Blackfacing betreiben. Davor und danach spielt Antirassismus keine Rolle mehr.
An sich gute Idee - aber etwas lasch umgesetzt. Alles wird nur angerissen, man baut keine wirkliche emotionale Bindung zu den Charakteren auf, auch die politische Situation wird nur sehr vage beschrieben. Die Erzählperspektive mit den vielen Zeit und Ortswechseln hat mich auch eher verwirrt - v.a. dass alles von Gabrielle erzählt war, auch der Teil in dem ihre Väter alleine unterwegs sind, in den Teilen in denen es wieder um Gabrielle geht, weiss sie aber nicht, was mit ihnen passiert, obwohl ja ihre Erzählstimme das erzählt hat. Ausserdem kommt öfter das N-Wort vor und die beiden Väter betreiben Blackfacing um sich gegen Rassismus gegenüber ihrer Tochter zu positionieren? Sehr fragwürdig. Das Ende lief aber schön zusammen, hätte vlt etwas weniger offen sein können. (Woher kennen sie z.b. diese Frau?)
"Heute sehen wir, wie sich die Geschichte wiederholt und keiner rührt einen Finger." Ein sehr wichtiges Buch, das sich super schnell lesen lässt. Einziges Manko ist, dass es ein wenig kurz ist und man sich ein bisschen distanziert von der Geschichte fühlt.
Vor nur wenigen Jahrzehnten stand die Welt auf Kopf: Menschen wurden aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Sexualität und ihrem körperlichen Zustand öffentlich ausgegrenzt und bekämpft. Mehrere Millionen Menschen mussten eine starre Ideologie, die kulturelle Vielfalt missbilligte und eine genaue Vorstellung darüber hatte, wie ein Deutscher zu sein hat und wie nicht, mit ihrem Leben bezahlen. Nur, weil sie dem Ideal nicht entsprachen.
Der algerische Autor Christophe Léon denkt die Ansätze der Nationalsozialisten konsequent weiter: Er entwirft das erschreckende Bild einer Gesellschaft, die sich offen gegenüber Homosexualität ausspricht. Sie müssen in eigenen Vierteln in der Stadt leben und werden öffentlich denunziert. Dieses Szenario packt die Leser*innen ab der ersten Seite hinein in eine Menschheit, in der Hass die Oberhand gewinnt. Ein binäres System, in dem es nur Richtig und Falsch gibt – und Schwule und Lesen sind definitiv falsch.
Es ist ein Lachen jenseits alles Lächerlichen. Meine Eltern freuen sich in genau diesem Augenblick, dass sie leben, und sie lachen über die Farce, in ein Getto eingesperrt zu werden, nur weil sie sich lieben.
Dabei wird das Geschehen mit einem nüchternen Schreibstil geschildert, der auf die wesentlichen Informationen reduziert ist und keine sprachlichen Schnörkel und Verzierungen eingeht. Der Autor wählt geschickt ein junges Mädchen, aus dessen Sicht er in erster Person Singular erzählt: Gabrielle blickt aus Kinderaugen, in Froschperspektive auf die Umgebung und hinterfragt fassungslos die vermittelten Werte. Dies eröffnet eine neue Ebene der bitteren Realität, die umso sinnfreier erscheint. Denn: Selbst ein kleines Kind durchschaut die offensichtliche Ungerechtigkeit.
Die hingebungsvolle Liebe und die Zuneigung zueinander in der Familie sind für die Leser*in förmlich greifbar. George und Phil, die fürsorglichen Väter, treten im vorliegenden Werk als sehr starke Persönlichkeiten auf, die sich unentwegt in ihrem Handeln und der Kunst für die richtigen Werte einsetzen. Sie sind wahre Hoffnungsträger und können mich mit ihrem Tun inspirieren.
"Menschlich ist das einzige Geschlecht, das ich gelten lasse", sagt Phil zwischen zwei Gabeln Kartoffelpüree.
Durch den knappen Umfang von gerade einmal hundertzwanzig Seiten erhält "Väterland" einen novellenartigen Charakter. Die Geschichte endet daher auch in einem sehr offenen Ende, das das Publikum hier jedoch vollkommen unbefriedigt und enttäuscht zurücklässt. Da der Ausgang der Handlung für die Leser*innen so ungewiss ist, erzielt das Buch leider keine nachhaltige Wirkung. Es wirkt eher so, als wäre das Buch nicht zu Ende geschrieben worden.
Die Intoleranz ist bereits zu Beginn fest in die Geisteshaltung der Menschen eingegliedert. Ich persönlich hätte mir aber ein wenig mehr Hintergrundinformationen über den Wandel bzw. die Entwicklung der Gesellschaft hin zu öffentlicher Homophobie und der Denunziation von Minderheiten gewünscht. Das hätte dem Gedankenexperiment zusätzliche Tiefe verschafft.
Dennoch möchte ich jedem zu diesem Werk raten. Es regt eine sehr interessante Debatte an: Kommt das Coming-out, das heutzutage von der Umgebung erwartet wird, nicht rosa Rauten gleich? Ist dieses Label, das man sich selbst auferlegen muss, ob man denn "schwul", "lesbisch", "transsexuell", "bisexuell" etc. ist (weil dazwischen gibt es ja nichts), nicht auch eine Art Denunziation? Dass man nach außen zeigen muss, auf welches Geschlecht man steht?
"Väterland" ist ein anregendes Gedankenexperiment, das noch mehr Tiefe vertragen hätte können.
Wertung: 6 von 10 Punkten ★★★☆☆
Ich vergebe daher drei von fünf möglichen Sternen.
Es ist zwar ein sehr spannendes Buch, aber ich hatte immer einen gewissen Abstand zu der Handlung. Dadurch geht viel verloren, denn ich denke, das Thema hätte auch sehr emotional aufbereitet werden können, was hier aber nicht wirklich gelingt. Ich sage nicht, dass Lèon die Pflicht gehabt hätte, eine größere emotionale Bindung aufzubauen, doch hatte ich stets das Gefühl, dass das eigentlich seine Absicht war, es ihm aber nicht gelungen ist...natürlich habe ich dennoch mitgefiebert, aber wie gesagt, immer mit einer Distanz. Das Thema, das hier behandelt wird, ist sehr wichtig, und Lèon hat die Situation unter dem Nationalsozialismus erfolgreich in eine heutige Welt gepackt. Auch die Idee der Hommots ist sehr interessant und auch passend für die Situation der beiden Künstler und die Zukunftsvision, die sich Gabrielle ausmalt, ist ebenfalls ein schönes, symbolträchtiges Bild. Leider fühlte sich das Ganze etwas zu hastig an, besonders Gabrielles Teil der Geschichte.
Väterland zeigt uns das wir auch in der heutigen Zeit das selbe erleben können wie früher. Phil und George adoptieren ein Kind namens Gabrielle und versuchen alles um Ihr ein tolles Geburtstags Geschenk zu ihrem 13 Geburtstag zu finden. Es ist eine rührende, herzerwärmende Geschichte die uns die Augen öffnen sollte.
Großartige Idee, spannender Ansatz und auch die Charaktere sind gut gezeichnet, trotzdem fehlt Hintergrund und Tiefe, was mich leider etwas enttäuscht zurücklässt.
Die Geschichte und das Konzept des Buches finde ich an sich super. Allerdings fehlten mir häufig die Hintergründe zu der Situation und es ist eher oberflächlich gehalten worden.
Gabrielle a deux papas. Jusque-là, rien de bien compliqué. Sauf que Gabrielle vit dans une France homophobe où la loi oblige les homosexuels à vivre dans un ghetto et à porter un losange rose sur leurs vêtements. Alors, lorsque George et Phil ont un accident de voiture dans Paris, ils fuient la milice pour ne pas être arrêté. S’appuyant sur un récit dystopique, l’auteur aborde le sujet de l’homophobie en France. Une histoire convenue où les homosexuels sont traités comme l’étaient les Juifs pendant la Seconde guerre mondiale.
Roman court mais percutant, ce dernier-né de Christophe Léon aux éditions La joie de lire ne laisse pas indifférent. C'est un constat rassurant, je sais que lorsque j'aborde un nouveau roman de l'auteur, je vais y retrouver son originalité dans l'écriture et la manière de penser, et que je vais aimer ce que je vais lire. Embardée ne fait pas exception à la règle, malgré son format très court il marque le lecteur. L'idée de départ est celle d'une société pas si lointaine dans le temps où les homosexuels sont devenus des parias. La loi a changé, le mariage pour tous n'est plus qu'une belle utopie et désormais les couples homosexuels doivent arborer un losange rose et vivre dans un ghetto à la périphérie de la ville. Gabrielle, jeune adolescente d'origine somalienne a été adoptée par George et Phil, ses papas, à l'âge de six mois. L'histoire démarre quand ces deux pères décident de braver les interdits et de se rendre dans la capitale pour chercher un cadeau d'anniversaire pour leur fille. Christophe Léon donne à réfléchir avec ce roman qui revient sur le débat houleux qui a ébranlé la France au moment de l'adoption de la loi du mariage pour tous. Il nous donne à voir une société finalement pas si éloignée de la nôtre (et c'est ce qui fait froid dans le dos), dans laquelle l'intolérance, la peur et la violence ont pris le pas sur le reste. Son écriture se révèle toujours aussi efficace, en quelques mots il plante un décor qui happe le lecteur et maintient son attention. Un excellent roman. (Et la couverture est très réussie.)