15 Jahre vor Coco Chanel befreite Emilie Flöge die Frauen von Korsett und Mieder. Gemeinsam mit ihren zwei Schwestern betrieb sie den "Salon Flöge“ in Wien: Wer gesellschaftlich etwas auf sich hielt, ließ sich ein Haus von Josef Hoffmann bauen und einrichten, die Dame des Hauses von Klimt malen und von Emilie Flöge einkleiden. Adele Bloch-Bauer, Margarete Wittgenstein-Stonborough, Berta Zuckerkandl und Clarisse Rothschild liebten ihren bahnbrechenden neuen Stil. In Form eines spannenden Romans erzählt Margret Greiner das Leben der Emilie Flöge, die Gustav Klimt als junges Mädchen kennenlernte und die dem schwierigen und extravaganten Künstler bis zu seinem Tod eine verlässliche Gefährtin jenseits einer konventionellen Liebesbeziehung war. Die Biografie zeichnet vor allem das Bild einer Frau, die unbeirrt ihren Weg ging und, beruflich äußerst erfolgreich, einen völlig neuen, "secessionistischen“ Mode-Stil kreierte. Ihre für die damalige Zeit ungewöhnliche finanzielle Unabhängigkeit ermöglichte ihr auch eine selbstbestimmte Gestaltung ihres Privatlebens. Sie heiratete nie, blieb in freier Entscheidung kinderlos, verweigerte sich allen Rollenklischees. Das Buch basiert auf den Erkenntnissen der gegenwärtigen Forschung, geht aber über das rein Faktische hinaus und zeichnet in einer Mischform aus Roman und Dokumentarbericht das Lebensbild dieser außergewöhnlichen Frau.
Ich habe dieses Buch mit großem Interesse und steigender Begeisterung gelesen, Begeisterung für die Art der Lebensbeschreibung sowie für die Person Emilie Flöges selbst. Aufmerksam auf sie geworden bin ich beim Besuch eine Klimt-Ausstellung im Leopold Museum im Herbst dieses Jahres. Dort wurden neben Klimts Gemälden und Zeichnungen auch Objekte und Fotographien aus dem Modesalon Flöge gezeigt, was mich anfangs wunderte. Erst die Erläuterungen verdeutlichten, welch großen Einfluss Emilie Flöge anfangs als Geliebte und später als lebenslängliche enge Freundin auf Gustav Klimt hatte. Die beiden verband „die Innigkeit eines Paares, das die körperliche Intimität hinter sich gelassen hatte.“
Zweimal malte Klimt Emilie Flöge, einmal als 17jährige im klassischen Stil, später als erwachsene Frau in einem der für Klimt typischen Phantasiekleider, die mit dem Hintergrund verschwimmen. Diese Bilder sind in dem Buch als farbige Reproduktionen beigegeben zusammen mit einem Bild einer Sonnenblume, die von Kunstexperten als symbolische Darstellung Emiliens interpretiert wird.
Der zwischen wissenschaftlicher und literarischer Biographie schwankende Text – die Autorin stellt detailliertes und umfangreiches Wissen zur Schau, vergönnt uns aber kein Quellenverzeichnis – ließ mich anfangs im Unklaren, was ich vor mir habe. Bald aber versetzte mich der Faktenreichtum und die lebhafte Schilderung einzelner Szenen in das Wien der Jahrhundertwende und ließ mich als unsichtbarer Beobachter am Leben des Flöges und Klimts teilhaben. Auf diese Weise habe ich nicht nur ein tieferes Verständnis des Künstlers Klimt und seiner Werke erlangt, sondern auch die Achtung vor dem Lebenswerk von Emilie Flöge und ihren Schwestern, sowie anderer Damen (wie Berta Zuckerkandl-Szeps) der Wiener Gesellschaft, die den Frauen ihrer Zeit in der Kleidung und darüber hinaus größere Freiheit eroberten.
Ich habe das Buch mit großem Gewinn gelesen und wünsche ihm viele weitere Leser, so dass die eindrucksvollen männlichen und weiblichen Gestalten dieser Zeit dem Vergessen entrissen werden.
Dieses Buch hat mich gepackt, ich konnte es kaum weglegen. Die Geschichte der Emilie Flöge und ihre Beziehung zu Gustav Klimt wird hier in kurzen biografischen Anekdoten erzählt. Es geht um Liebe und Kunst aber mich hat vor allem die so persönlich geschilderte Geschichte Emilies berührt, die als moderne Frau im konservativen Wien lebt und ihre Bestimmung als emanzipierte Modeschöpferin lebt.