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Spannteppichjunge

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Als ich Spannteppichjunge zum ersten Mal gelesen habe, war ich sofort fasziniert von der brutalen Ehrlichkeit dieses Romans. Hier wird nichts geschönt, gefiltert oder dekorativ verhüllt. Trotzdem entsteht ein Bild von zerbrechlicher, ungeschliffener Schönheit, das sich nie wieder ganz aus dem Kopf verdrängen lässt. Als ich das Buch vor kurzem nach über zwanzig Jahren noch einmal las, stellte ich erstaunt fest, dass ich ganze Passagen noch auswendig kannte. Der Ich-Erzähler Romano ist sicher kein vorbildhafter Sympathieträger, kein Held, mit dem der Leser sich sofort uneingeschränkt identifizieren möchte. Aber er ist von schonungsloser Offenheit, und mit seinem nüchternen Blick analysiert er sich selbst und seine Schwächen ebenso gründlich wie die Menschen, die ihn umgeben. Romano ist jung, kaum gebildet und nicht der Fleißigste, aber frei von Vorurteilen und aufnahmefähig wie ein Schwamm. Er saugt die vielfältigen Eindrücke, die das Leben an der Seite des wohlhabenden Galeristen Roland ihm bietet, in sich auf und seziert sie sorgfältig. Mit Bewertungen hält er sich dabei zurü er reflektiert und passt sich an, denn das ist seine Überlebensstrategie. Sehr schnell wird ihm klar, wie vergänglich die Qualitäten sind, die ihn für Roland begehrenswert machen, aber anstatt darüber in Selbstmitleid zu versinken, nutzt er seine Chance, solange es geht. Romanos Sprache ist roh, ungeschult und oft naiv, aber immer präzise. Das macht dieses Buch sehr authentisch und ist vielleicht auch der Grund dafür, dass es sich so ins Gedächtnis einbrennt. Es ist, als hörte man den Erzähler reden; nur selten fühlt man sich als Leser, meist als Zuhörer. Für den deutschen Markt gewöhnungsbedürftig mögen die vielen Helvetismen sein – ich persönlich fand den Text dadurch noch unmittelbarer.Es gibt in diesem Buch nur wenige reine Glücksmomente, und das offene Ende verheißt eine eher traurige Entwicklung, aber dennoch hat es nichts Deprimierendes. Alles folgt einer natürlichen Gesetzmäßigkeit, die Romano sehr wohl erkennt und als gegeben hinnimmt, ohne dagegen ankämpfen zu wollen. Und darin liegt etwas beinahe Tröstliches. Ich weiß, dass Spannteppichjunge eins der ganz wenigen Bücher ist, die ich auch zwanzig weitere Jahre später noch gerne lesen werde. Tanya A. Wegberg, Berlin

173 pages, Kindle Edition

First published January 1, 1980

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Martin Frank

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