Jump to ratings and reviews
Rate this book

Die Unglückseligen

Rate this book
Der große Roman über die Sehnsucht nach Unsterblichkeit

Johanna Mawet ist Molekularbiologin und forscht an Zebrafischen zur Unsterblichkeit von Zellen. Während eines Forschungsaufenthalts in den USA gabelt sie einen merkwürdigen, alterslosen Herrn auf. Je näher sie ihn kennenlernt, desto abstrusere Erfahrungen macht sie mit ihm. Schließlich gibt er sein Geheimnis preis. Er sei der Physiker Johann Wilhelm Ritter, geboren 1776. Starker Tobak für eine Naturwissenschaftlerin von heute. Um seiner vermeintlichen Unsterblichkeit auf die Spur zu kommen, lässt sie seine DNA sequenzieren. Als Johannas Kollegen misstrauisch werden, bleibt dem sonderbaren Paar nur eines: die Flucht, dorthin, wo das Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis und schwarze Romantik sich schon immer gerne ein Stelldichein geben - nach Deutschland.

In ihrem ersten Roman seit "Die deutsche Seele" nimmt Thea Dorn uns mit in die Extreme moderner Biomedizin und zieht uns zugleich in die Untiefen einer romantischen Seele. „Die Unglückseligen“ ist ein großes Lese- und Erkenntnisvergnügen, in dem sich die lange Tradition des Fauststoffes zeitgemäß spiegelt.

560 pages, Hardcover

First published February 26, 2016

19 people are currently reading
202 people want to read

About the author

Thea Dorn

23 books18 followers

Ratings & Reviews

What do you think?
Rate this book

Friends & Following

Create a free account to discover what your friends think of this book!

Community Reviews

5 stars
31 (17%)
4 stars
52 (29%)
3 stars
54 (30%)
2 stars
27 (15%)
1 star
13 (7%)
Displaying 1 - 29 of 32 reviews
Profile Image for nettebuecherkiste.
685 reviews178 followers
May 31, 2016
Während eines Forschungsaufenthalts an der US-amerikanischen Ostküste begegnet die Molekularbiologin Johanna Mawet einem offenbar verwirrten Mann, der in ihr den Leibhaftigen zu erkennen scheint. Der Zufall sorgt dafür, dass sie ihm wieder begegnet – da behauptet der Kerl doch, Johann Wilhelm Ritter zu heißen, Physiker und 1766 geboren zu sein. Zunächst glaubt Johanna ihm natürlich nicht, doch immer mehr spricht dafür, dass der Mann die Wahrheit sagt und somit für Johanna das ideale Forschungsobjekt darstellt. Johanna möchte nämlich nichts Geringeres erreichen als die Unsterblichkeit des Menschen.

Thea Dorns Roman hat mich von Beginn an mit seiner Originalität und seinem Humor überrascht, den ich aus irgendwelchen Gründen nicht erwartet hatte. Die moderne Variante des Faust-Themas ist vor allem sprachlich ein Genuss. Es gibt drei Erzählperspektiven, einmal Johannas, die in moderner Sprache gehalten ist, dann Ritters, dessen Sprache blumig-altertümlich ist, und schließlich die des Teufels, der in ebenfalls altertümlicher Sprache mit viel Schalk das Geschehen rund um Johanna und Ritter kommentiert. Dies macht das Buch einzigartig und sorgt dafür, dass das Lesen richtig Spaß macht. Dazu kommen Einsprengsel anderer Natur, die überraschen und für weiteren Humor sorgen.

Gelegentlich stößt der Leser auf Verweise auf Goethes Faust, für mich am deutlichsten in Johannas Aussage:

„Wenn es so bleiben muss wie bisher“, fügte sie leise hinzu, „wäre es vielleicht besser, wenn gar kein Leben entstanden wäre.“ (Seite 210)

Auch ein Pudel kommt gelegentlich vor… Ich habe mir bei der Lektüre immer wieder gewünscht, ich hätte den Faust noch einmal gelesen, denn ich befürchte, einige weitere solcher Stellen könnten mir entgangen sein.

Während Johann Ritter sich trotz seiner Unsterblichkeit durch Demut vor Gott und der Natur auszeichnet, ist Johannas Charakter von der Hybris geprägt:

„Trotzdem zeigen wir der Schöpfung zum ersten Mal ernsthaft, dass wir es besser können als sie.“

Man ahnt, dass Johanna von ihrem Sockel gestoßen werden wird, ihre Hybris zu Wahn werden wird. Die Geschichte um Johanna und Ritter liest sich flüssig und spannend, durchsetzt mit ein paar Längen, bis zum für mich nicht vorhersehbaren Ende.

Ein Roman, der mir sowohl inhaltlich als auch formal und sprachlich viel Vergnügen bereitet hat und zum Nachdenken über die Natur des Menschen und der Grenzen der Wissenschaft anregt.
Profile Image for Hendrik.
440 reviews111 followers
December 31, 2018
Thea Dorn hatte seinerzeit eine Enzyklopädie der deutschen Seele vorgelegt, in der sie anhand typisch deutscher Begriffe, wie "Waldeinsamkeit" oder "Fahrvergnügen", dem auf die Spur kommen wollte, was diese so seltsame Nation im Innersten zusammenhält. "Die Unglückseligen" erscheint fast als logische Fortsetzung dieser Auseinandersetzung mit dem deutschen Wesenskern. Man nehme einen heute weitgehend vergessenen Physiker aus dem Kreis der Frühromantik, Johann Wilhelm Ritter, eine Genforscherin unserer Tage, einen kräftigen Schuss Goethes Faust und mixe das Ganze munter durcheinander. Heraus kommt ein bunter Cocktail aus Wissenschafts- und Literaturgeschichte, Gesellschaftskritik und als Kirsche obendrauf, eine skurril-phantastische Handlung, die durchweg zu unterhalten weiß. Grundsätzliches Interesse an Naturwissenschaften sollte allerdings beim Leser vorhanden sein, sowie ein wenig Kenntnis der Romantiker und des Fauststoffs, da der Roman nur so mit Anspielungen in dieser Hinsicht gespickt ist. Wer in der Schule Deutsch und Biologie zu seinen Lieblingsfächern zählte, wird an diesem Buch sicher seine Freude haben.
44 reviews1 follower
June 14, 2024
Kurz: Dieses Buch war eine fast 600 Seiten lange Tortur und ich würde es nicht weiterempfehlen.

Das Positive zuerst: Das Buch hatte enormes Potenzial. Die Idee, eine Wissenschaftlerin, die die Sterblichkeit abschaffen will, auf einen lebensmüden Unsterblichen treffen zu lassen, ist grossartig und das möchte ich auch gar nicht schmälern. Es gibt eine fabelhafte Debatte im Auto mit den zwei Protagonisten und dort werden wirklich interessante philosophische Themen aufgegriffen. Aber der Rest ist einfach unnötig. Wie gesagt, die Idee an sich grossartig und sehr aktuell, die Umsetzung jedoch war im besten Fall zweifelhaft.

Hier sind fünf Gründe, weshalb ich das Buch nicht mochte:

1.
Die Protagonistin war widersprüchlich, unsympathisch und nervig.
- Johanna wirkt auf mich von Anfang bis Ende unsympathisch. Sie hat nicht wirklich Freunde, fehlende Sozialkompetenz und ist Wissenschaftlerin, weiss aber nicht einmal, weshalb Stickstoff bei niedriger Temperatur flüssig ist.
- Es ist ihr ein grosses Anliegen, sich gesund und nährstoffdicht zu ernähren, lässt aber eines der nährstoffdichtesten Lebensmittel (das Eigelb) weg und isst nur das Eiweiss. Begründung: Cholesterinbomben und schlecht. Sie als Wissenschaftlerin sollte doch wenigstens wissen, dass Nahrungscholesterin kaum bis gar keinen Einfluss auf den Gesamtcholesterinspiegel hat.
- Zusätzlich will sie so lange wie möglich leben, trinkt aber täglich Wein. Wenn man jeden Tag Wein trinken muss, ist man Alkoholiker. I hate to break it to you.
- Auch sonst wirkt sie super gefühlskalt und der Charakter selbst hat keine Tiefe.

2.
Aber auch den zweite Protagonisten mochte ich nicht und sein Charakter machte von vorne bis hinten keinen Sinn.
- Johan, der Unsterbliche, spricht immer noch so, als wäre er im 17. Jahrhundert, obwohl er in der Zwischenzeit nicht tot war. Dass er nicht einmal weiss, was Apple ist, obwohl er über 100 Jahre lang in einer amerikanischen Großstadt gelebt hat, macht absolut keinen Sinn. Ein geheimer Apfelbund? Really?

Zu den gesamten Referenzen zu Goethe kann ich nichts sagen, da ich Faust nicht gelesen habe. Daher kann ich das nicht beurteilen.

3. Der Schreibstil fand ich ebenfalls misslungen.
Der Teufel spricht in Versen und das soll poetisch klingen, aber ich finde es klang einfach lächerlich.

Hier ist jedoch ein Zitat zur Verdeutlichung:

Kontext: Johanna hatte Oralverkehr mit einem ihrer Arbeitskollegen, der später mit dem Motorrad nach Hause fährt, mit einem Hirsch kollidiert und stirbt. Johanna ist dann in der Kirche und der Teufel sagt:

"Hast du ein schlechtes Gewissen, dass du übermütig den Kelch geleckt, bevor der Hirsch die Lampe ausgeblasen hat?"

Lasse ich unkommentiert.

4.
Dann gibt es noch diese Einschübe – ein Brief aus dem 19. Jahrhundert, Comic-Sprechblasen, DNA-Code-Reihen und eine Geschichte über eine Fledermaus, die den Winterschlaf boykottiert. Was hat die scheiss Fledermaus damit zu tun? Es war wie bei Berlin-Alexanderplatz, aber hier schienen die so unsinnig und unpassend, dass ich nicht wusste, was ich mit ihnen anfangen soll. Irgendwie hat es sich so angefühlt, als hätte die Autorin dem Verlag einfach noch ein unvollständiges Skript gesendet.

5.
Zusätzlich ist das Buch viel zu lang und hätte stark gekürzt werden können. Es hätte nicht so viele Seiten gebraucht, um die Geschichte zu erzählen.

Fazit
Wenn euch das Thema Unsterblichkeit interessiert, dann lest ein anderes Buch. Und wenn ihr ein Buch von der Autorin lesen wollt, dann lest auch ein anderes Buch. Ich bin mir sicher Thea Dorn hat einige andere Bücher geschrieben, die um einiges besser sind.
Insgesamt hatte das Buch mit der Idee grosses Potenzial, aber die Umsetzung war enttäuschend.
Profile Image for Sonja.
111 reviews16 followers
March 25, 2017
A novel that kept behind my expectations..... the first 60 pages it felt really hard to get into the story because I felt that the author was trying to show off her knowledge and also the change in perspectives and characters felt rushed. After that the story's flow got better and got more interesting.
But I absolutely couldn't stand the characters. Especially Johanna was an arrogant, emotionally cold, two dimensional, aggressive character, who also felt totally distant. But also the two other main characters/ perspectives felt distant and I couldn't connect with them in any way.
The story then also flowed into less interesting directions and got somewhat lengthy.
Towards the end, I had a feeling that the story got into a more interesting direction and I hoped it would end a specific way I expected, but unfortunately it ended with a more boring solution than I've hoped for. The author experimented with different writing styles to give the characters unique voices and to, sort of, transform Goethe's Faust into the story, but it felt a little rugged and too constructed and thus absolutely didn't help to connect with the characters or the story overall.
So all in all it was an okayish read with some good moments but a little rugged story and uninspired, dislikable characters.
Profile Image for Katharina.
510 reviews103 followers
September 21, 2016
Mal wieder ein Fall von Lieben oder Hassen, glaub ich. Ich für meinen Teil war von der ersten Seite an verliebt in dieses Buch - nein, eigentlich schon vorher, vom Blick auf das wunderschöne Cover an. Aber die erste Seite hat den Zauber des Covers sofort bestätigt. Ein so besonderer, düster-humoriger, poetischer und verrückter Stil ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Ich habe lange gebraucht für diese Geschichte, aber nicht, weil sie mir zu irgendeinem Zeitpunkt nicht gefallen hat. Es war keine einfache Lektüre, aber immer aufregend und toll. Was ich vom Ende halten soll, weiß ich nicht... nur, das ich noch lange darüber nachdenken werde. Aber eins ist sicher - jemand so spannendes wie Thea Dorn habe ich schon lange nicht entdeckt.
Profile Image for Amina.
7 reviews1 follower
February 4, 2021
"Die Unglückseligen" sieht eine Molekularbiologin mit dem Wunsch, die Unsterblichkeit auf molekularer Ebene zu erforschen, einem 200-Jahre alten Physiker, Johann Ritter, gegenübergestellt.
Das Thema hat mich anfangs interessiert, da ich persönlich gerne über den zeitlichen Tellerrand schaue und auch das Thema der Unsterblichkeit zusammen mit einer wissenschaftlichen Forschung spannend klingt, sowohl auf ethischer als auch literarischer Ebene.
Die Geschichte wird von drei Stimmen erzählt. Die aktuelle Stimme Johanna's, die altmodische Stimme von Ritter und die ironisch-sarkastische Stimme des Teufels. Manchmal klingt der Wechsel zwar etwas erzwungen, aber naja, so weit alles gut.
Aber leider bekommt das Buch nur wegen der Themenwahl 2 Sterne.

Alles andere ist schlicht und einfach unpassend.

Erstens. Johanna, die Molekularbiologin, ist die womöglich unsympathischste Hauptcharakterin, die ich jemals in einem Buch kennengelernt habe. Mir ist bewusst, dass "unsympathisch" oft ein Wort ist, was Frauen zugewiesen wird, wenn sie eine prominente Position (oder auch nicht) in der Gesellschaft haben und besagte Gesellschaft dies nicht akzeptieren kann. Hier ist dies nicht der Fall. Im Gegenteil. Johanna verhält sich alles andere als Frauenfreundlich. Ich denke an die unnötige Szene mit ihrem Kollegen, wo sie sich ihm sexuell hinwirft, um ihn davon abzuhalten, Fragen zu stellen über das 200-Jahre alte Genom von Ritter. Um es nett zu formulieren, wird damit das leider noch aktuelle Thema des Frauenmissbrauchs im Arbeitsumfeld deutlich missachtet.
Auch Ihre Art und Weise alles um sich rum zu vereinfachen und verallgemeinern, ganz zu schweigen von ihren rassistischen Äußerungen - z.B. "wie der letzte Mexikaner". - Die Schriftstellerin selbst lässt mehrere solcher rassistischen Aussagen ihren Charakteren Aussprechen, ich denke auch bsw. an "klang wie eine Asiatin".

Aber auch die Figur von Ritter hinterlässt mir ein bitteres Gefühl. Wieso kennt ein Physiker, der 200 Jahre die westliche Geschichte mitgemacht hat keine Apple-Computer oder wie allgemein die Welt funktioniert? Es wird von der Schriftstellerin nicht erklärt, wie es dazu kommt, dass Ritter so unwissend um sich rum lebt. Das wirkt meist irritierend. Es wirkt wie ein verlorener Welpe in einer Welt, die er besser kennen sollte, als jede* andere.

Auch das anfängliche und verständliche Misstrauen von Johanna gegenüber Ritter und seiner angeblichen Unsterblichkeit ist gegensätzlich zu ihrer späteren Entscheidung ohne Zögern sich elektrischen, "galvanischen" Experimenten zu untersetzten. Noch dazu weil sie Ritter bis zuletzt mehrmals als "Verrückten" etikettiert.

Ich konnte das Buch beim besten Willen nicht bis zum Ende lesen. Die 2/3 haben mir gereicht. Ich habe lange darauf gewartet dass sich die Schriftstellerin als kritisch gegenüber ihren Charakteren entpuppt, dies ist aber nicht geschehen.
Ich denke nicht, dass dies ein Buch ist, welches sich lohnt zu lesen. Da gibt es weit bessere Bücher die den ethischen Diskurs besser (oder überhaupt) antreiben.

Aus all diesen Gründen, aber vor allem, weil ich unterschwelligen (nicht literarischen) Rassismus oder Frauenfeindlichkeiten, in einem gegenwärtigen Roman einfach nicht akzeptieren kann, werde ich auch weiterhin nichts von Thea Dorn lesen. Erstmal.
Profile Image for Nika.
49 reviews23 followers
May 23, 2016
„Die Unglückseligen“ war für mich ein Roman der Extreme und Gegensätze. Auf meine persönliche Meinung bezogen daher, da ich es am Anfang interessant, dann etwas langweilig und dann wieder sehr spannend fand. Besonders der Mittelteil zog sich in meinem Empfinden sehr, bis die Handlung dann wieder an Fahrt aufnahm. „Die Unglückseligen“ ist gewiss kein Roman, den man schnell mal „weglesen“ kann, wie es von vielen bei anderen Büchern oftmals positiv bemerkt wird. Vielmehr besticht die Geschichte dadurch, dass sie immer wieder die Erzählstruktur und Sprache ändert, als Beispiel sei hier nur kurz der Teufel zu nennen, der sich ähnlich Fausts Mephistopheles immer wieder einbringt und das Geschehene kommentiert.

Erzählt wird der Roman im Wechsel der beiden Hauptprotagonisten Johanna und Wilhelm Ritter (den es wirklich gegeben hat). Raffiniert verknüpft Thea Dorn die verschiedenen Sprachstile, denn immerhin lebte Ritter im 18. Jahrhundert und hat damit einen ganz anderen Sprachhintergrund als die moderne Wissenschaftlerin Johanna. Auch vom Inhalt her darf sich der Leser auf verschiedene Ebenen freuen – so gibt es beispielsweise Auszüge aus der Arbeit von Molekularbiologen, die mit ihrer Wissenschaftlichkeit beispielsweise im klaren Gegensatz zu einer durchgeführten Teufelsanbetung stehen. Die Autorin zeigt eine starke Sprachsicherheit und zu Recht darf der Knaus Verlag mit dem Slogan „Ein Fest der deutschen Sprache“ werben. Thea Dorn kombiniert die Stile und Perspektiven so kunstvoll, dass man plötzlich Spaß daran empfindet, die anspruchsvollen Zwischenpassagen des Teufels zu studieren und davon absieht, es merkwürdig zu finden, wenn ein kurzer Teil der Handlung plötzlich aus der einfachen Sicht einer Fledermaus erzählt wird. Thea Dorn traut sich, ihrem eigenen Stil zu vertrauen und schafft damit eine kunst- und anspruchsvolle Mischung der Sprache.

Habe ich die Sprache und die Perspektive bisher nur hervorgehoben, möchte ich noch ein paar Sätze zum Inhalt schreiben. Danke für diesen Roman, der kein Thriller, kein Krimi und kein Fantasyepos ist, in dem keine aggressiven Agenten Johanna und Ritter jagen und in dem kein brutaler Kampf geboten wird! „Die Unglückseligen“ lässt sich Zeit, die Handlung auszubreiten und gibt den Protagonisten die Möglichkeit, sich innerhalb des Erzählspielraums zu entwickeln. Die Spannung entsteht durch die Frage, was möglich ist, was Johanna und Ritter erreichen könne und ob Thea Dorn das Geheimnis des ewigen Lebens lüften wird. Wer dies herausfinden möchte, dem sei der Roman wärmstens empfohlen!

Fazit: „Die Unglückseligen“ fordert den Leser einiges an Konzentration und Begeisterung für die deutsche Sprache ab. Hat man sich erst einmal durch das anfänglich komplizierte Dickicht der Erzählung gekämpft, zeigt sich eine faszinierende Handlung, die den Leser in den Bann zieht und mit den jeweiligen Erwartungen rund um die Fragen der Möglichkeit des ewigen Lebens spielt.
Profile Image for Dr. Eva-Maria Obermann.
Author 12 books23 followers
June 8, 2016
Die Biologin Johanna arbeitet in Amerika an der Unsterblichkeit und fährt dabei immer wieder Rückschläge ein. Da begegnet sie Johann, geboren vor zweihundert Jahren, immer noch lebendig. Schnell macht sie ihn zum Studienobjekt und reist mit ihm zurück nach Deutschland, wo alles angefangen hat. Doch auf der Suche nach den Gründen für seine Unsterblichkeit manifestiert sich der Tod. Johanna und Johan nähern sich an, ihre Beziehung wird intim und das Paar voller Sehnsüchte ist zu allem bereit.
Thea Dorn hat es auf atemberaubende Weise geschafft, den Fauststoff gleichzeitig zu modernisieren und doch seinen literarischen Ursprung beizubehalten. Das Vorwort erinnert an Goethes Figur des Dichters, die Faust I voranstand. Johanna als suchender Faust, als Gelehrte ohne Antwort ist schnell bereit, für ihr Ziel alle Mittel zu heiligen. Die Suche nach der Unsterblichkeit wird zur Suche nach dem Teufel, der ebenfalls eine Stimme erhält. Eine großartige Leistung.
Nicht immer ganz einfach, aber dennoch grandios im Buch als Werk ist der zweihundert Jahre alte Stil von Johann, seine Berichte und Erinnerungen. Erzählt wird der Roman aus zwei personalen Sichtweisen, einmal zu Johanna, einmal zu Johann. Auffallend dabei ist die dritte Sicht eines Ich-Erzählers, der immer wieder mahnend und klagend einfährt, hofft und plant, aber nicht lenken kann, und sich schließlich als in der Tiefe eingeschlossener Teufel enttarnt. Als für die Protagonisten hoffend wird er dabei vermenschlicht, während Johanna stetig versucht der Endlichkeit zu entkommen.
Mit dem Verlauf der Geschichte verschwimmen dann die Konturen. Je mehr Religiosität aufkommt, umso losgelöster von der Realität ist Johanna, umso realer wird der stetig zurückblickende Johann. Hinter der Unsterblichkeit wartet Leid und immer wieder gleiche Schicksale. Der Roman zielt so ellipsenförmig auf das im Grunde unausweichliche Ende zu. Ein gut durchdachter Aufbau und klare Figuren, deren Wandlung wahnsinnig und glaubhaft zugleich ist.
Mit Die Unglückseligen schafft die Autorin die Frage nach der Wissenschaft und ihren Vorzügen erneut zu stellen und auf mehreren Ebenen zu behandeln. Die Sterblichkeit als letzte Grenze des Menschen vor dem Göttlichen wird festgezogen und das Glück geradezu banal in der Liebe gesehen. Das einzige Manko vielleicht in diesem großartigen Roman. Am Ende ist es die Zweisamkeit, die Ausschlaggebend ist. Die größte Angst wird im Angesicht nicht etwa der Tod, sondern die Einsamkeit. Kein immer leichtes Buch, aber eines, das sich lohnt, gerade deshalb.
Profile Image for Mariele.
515 reviews8 followers
April 9, 2022
Stilistisch fand ich das Buch wunderbar. Anders als die meisten Rezensenten hier fand ich die Vielfalt der sprachlichen Ebenen eindrucksvoll: drei grundsätzlich unterschiedliche Erzählstimmen, alle überzeugend. Weitere gelungene Beispiele für Stilakrobatik finden sich in den integrierten Briefen, Dokumenten, den Monologen verschiedener Nebenfiguren in diversen Fachsprachen und (mitunter historischen) Dialekten - sowie dem Selbstgespräch einer Fledermaus. Auch die vielen intertextuellen Bezüge auf Goethe und die Romantiker waren höchst unterhaltsam zu lesen.

Somit fand ich den Roman auf der sprachlichen Ebene originell, schwungvoll und abwechslungsreich, wenn auch manchmal zu verspielt und langatmig. Und ohne Denglisch kommt auch Frau Dorn nicht aus.

Die Handlungsebene blieb allerdings enttäuschend. Mit 500+ Seiten ist der Roman viel zu lang geraten. Das Lektorat hat sich wohl nicht getraut, weitschweifige Passagen (der „Todesfeinde“-Kongress!) oder die ausufernden Monologe der zahlreichen Figuren wegzukürzen, was den Roman jedoch von seiner Langatmigkeit hätte befreien können.


Leider passiert nicht allzu viel. Deutsche Molekular-genetikerin



begegnet bei ihrem Forschungsaufenthalt in den USA (wo sonst?) einem spinnerten Herrn, der sich als altersloser Alchemist aus der Goethezeit entpuppt.



Nun möchte sie mit dessen Hilfe das Geheimnis der Unsterblichkeit knacken. So weit so gut.

Diesen exzentrischen Herrn mit der eigentümlichen schlesischen Diktion zurück nach Deutschland zu befördern dauert jedoch bereits ca. 250 Seiten. Nach zahlreichen absurden Versuchen, zunächst laborgestützt, dann zunehmend okkult, endet das Ganze buchstäblich im Wahnsinn (als Hommage an Adrian Leverkühn? Heinrich von Kleist?).

Die Handlung dümpelt lange ziellos, die Hauptfiguren bleiben eindimensional und wirken damit unsympathisch. Leider wird das Rätsel von Ritters Unsterblichkeit nicht gelöst (oder habe ich da was verpasst?); das Romanende wirkt einfallslos.

Mein Gesamteindruck des Romans ist so wirr wie der Verstand des Herrn Ritter.
Profile Image for Beate.
161 reviews24 followers
February 13, 2020
Johanna Mawet ist Molekularbiologin und forscht an Zebrafischen und Mäusen zur Unsterblichkeit von Zellen. Während eines Forschungsaufenthalts in den USA gabelt sie einen merkwürdig alterslosen Herrn auf. Je näher sie ihn kennenlernt, desto abstrusere Erfahrungen macht sie mit ihm. Schließlich gibt er, den Johanna schlicht für einen Verrückten hält, sein Geheimnis preis. Er sei der Physiker Johann Wilhelm Ritter, geboren 1776. Starker Tobak für eine Naturwissenschaftlerin von heute. Um seiner vermeintlichen Unsterblichkeit auf die Spur zu kommen, lässt sie seine DNA sequenzieren. Als Johannas Kollegen misstrauisch werden, bleibt dem sonderbaren Paar nur eines: die Flucht, dorthin, wo das Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis und schwarze Romantik sich schon immer gerne ein Stelldichein geben – nach Deutschland. (Quelle: Amazon)

Die Bewertung dieses Hörbuchs liegt wie mir schon seit geraumer Zeit wie ein Stein im Magen. Ständig schiebe ich sie vor mir her, weil ich absolut nicht weiß, was ich schreiben soll. Es ist das erste Mal, dass mich eine Geschichte so gar nicht erreichen konnte, ja noch schlimmer: Ich kann noch nicht mal sagen um was es dabei geht.

Ich habe mir das Hörbuch angehört und musste immer wieder von vorne anfangen, weil ich ständig den Faden verlor, mich oft fragte, ob es überhaupt einen roten Faden gibt. Die Geschichte kam mir sehr konfus und verwirrend vor. Ich konnte mir die Namen nicht merken und die Personen dem Geschehen nicht zuordnen. So etwas ist mir wirklich noch nie passiert. Und dabei höre ich gerne und oft Hörbücher.

Ich weiß nicht ob es an mir oder dem Hörbuch liegt, an der Sprecherin lag es jedenfalls nicht, denn die machte ihre Sache gut und hat eine angenehme Stimme. Ich finde es schrecklich, diese Geschichte bewerten zu müssen, aber ich kann nicht anders als nur 1 von 5 Punkten zu vergeben. Vielleicht ist die Geschichte ja zu komplex um als Hörbuch zu funktionieren, aber ich habe auch keine Lust, das Buch zu lesen um herauszufinden, ob das besser funktioniert. Ich kann die Geschichte leider nicht empfehlen.

© Beate Senft
Profile Image for Regina.
94 reviews11 followers
January 9, 2021
„Die Unglückseligen“ ist das faszinierendste Buch, das ich in den letzten 10 Jahren gelesen habe. Die Sprache ist umwerfend, besonders in den historisierenden Passagen, wiewohl es auch Abschnitte gibt, die Fremdkörper sind und bei denen der Leser sich nach dem Sinn derselben fragt (etwa Teile des „Unsterblichkeit-Kongresses“ oder die etwas merkwürdige zeitweise Hirsch-Obsession).
Außer der Sprache sind das stärkste Moment die Gespräche und Auseinandersetzungen zwischen Johanna und Ritter über Leben und Tod, Menschen und Kultur, Wissen und Wissenschaft – kurz, all die Themen, über die man gerne mit Menschen spricht oder sprechen würde, die andere Perspektiven haben und daher die Welt oder das jeweilige Thema neu erscheinen lassen.
36 reviews3 followers
October 12, 2016
Auch wenn ich das Ende etwas seltsam fand, volle Punktzahl für ein Lese- und v.a. Hör-Highlight (gelesen von Bibiana Beglau) 2016.
18 reviews1 follower
November 12, 2021
Nach Seite 160 war Schluss. Es war nicht zum Aushalten!
Schade ums Papier. Habe das Buch um ein vielfaches seines inhaltlichen Wertes weiterverkauft - für € 2,00!
Profile Image for Lorenz Adlung.
152 reviews8 followers
August 14, 2016


In Thea Dorns neuem Roman "Die Unglückseligen" geht es um die Wissenschaftlerin Dr. Johanna Mawet, die in der Gegenwart an den genetischen Grundlagen der Unsterblichkeit forscht und auf den scheinbar unsterblichen Johann Wilhelm Ritter trifft, der bereits am 16. Dezember 1776 geboren wurde.



Seit dem Druckfrisch-Interview hatte ich mich außerordentlich auf "Die Unglückseligen" gefreut; und das zurecht. Denn meine durchaus hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Allerdings empfand ich die Lektüre nicht in erster Linie als anregend zum Nachdenken über Wahrheit und Vergänglichkeit, sondern schlichtweg als unterhaltsam.
Dorn entwickelt den Plot linear, erzählt aus der Perspektive von Mawet und Ritter, wobei letzterem einige Sprünge in die (i.e. seine) Vergangenheit gewährt werden. Hinzu kommt ein auktorialer Erzähler, der das Geschehen immer wieder pointiert kommentiert und sich zuletzt als zu erkennen gibt.



Die beiden Hauptfiguren sind durch ihre Perspektive klar voneinander zu unterscheiden. Mawets Sichtweise wird zunächst in klaren, bedingt etwas schnodderigen Sätzen beschrieben, in denen einige Anglizismen verwoben sind, was am Forschungsaufenthalt der Molekularbiologin in Amerika liegen mag ("Genomische DNA zu gewinnen, gehörte zum gewöhnlichsten Laboralltag, trotzdem war Johanna aufgeregt wie ein freshman, als sie das kleine Knäuel verdrillter weißer Fäden mit einem winzigen Glashaken aus dem Ethanol fischte"). Hingegen mutet die Sprache Ritters tatsächlich eher aus der Epoche der Aufklärung an ("Wo nehmen Sie die Gewissheit her, dass es kein Trugbild nicht ist, das wir betrachten?"), was die Bemerkungen des Naturforschers, der treffender Weise etwas aus der Zeit gefallen wirkt, sehr amüsant erscheinen lässt.
Nebenfiguren sprechen mitunter in schwäbischer oder bayrischer Mundart, was authentisch wirkt, aber meinen Lesefluss deutlich verlangsamt hat; genauso wie die Typographie an einigen Stellen. Ein 20-seitiger Brief von Justinus Kerner vom 25. Februar 1845 ist beispielsweise in einer etwas verspielteren Schriftart gesetzt, die wohl altertümlich anmuten soll aber mich beim Lesen zuvorderst angestrengt hat. Ähnlich verhielt es sich mit den geäußerten Gedanken einer Fledermaus gegen Ende des Buches, die zudem unpassender Weise illustriert waren. Gedanken- und Zeitsprünge sind nur inkohärent gekennzeichnet, etwa durch "...", "-" oder einen Absatz.



Den größten Reiz des Buches stellte für mich im Vorhinein jedoch die Schilderung der Molekularbiologie dar, weil ich in ebendiesem Gebiet selbst tätig bin.
Anekdotenreich, klischeehaft und kritisch wird der Wissenschaftsbetrieb beschrieben:


Keiner der versammelten Molekularbiologen, Genetiker und Physiologen hier glaubte, dass die Erde eine Scheibe war, und dennoch kam es Johanna so vor, als ob sie alle auf großen flachen Tellern lebten, über deren Ränder sie nur hinausschauten, um sich des nächsten Tellerrandes zu vergewissern.

Über Tellerränder und deren Überwindung hatte ich seinerzeit auch mal bei der Studienstiftung gesprochen und die Folien auf Figshare zur Verfügung gestellt.
Als großer Skeptiker gegenüber den modernen Lebenswissenschaften mit all ihren technischen Neuerungen weist sich gleichwohl Ritter selbst aus:

Immer unverständlicher ward Ritter, wie sie [Mawet] so arbeiten konnte. Mit all den Apparaturen, die sie selbst nicht zu durchdringen schien. Gewiss, auch er [Ritter] hatte damals nicht jede seiner Elektrisiermaschinen eigenhändig gebaut. Doch hätte er's gekonnt!... Als elende Professionistin hatte sie [Mawet] sich erwiesen, vernagelter denn alle, gegen die er [Ritter] vormals zu Felde gezogen. Wie hatte er einen Augenblick bloß hoffen können, durch jene engsichtige Wissenschaft werde Aufschluss oder gar Erlösung ihm zuteil?

Schlussendlich resigniert auch Mawet etwas:

"Ich dachte immer, wir Genetiker wären die Allertollsten", sagte sie so leise, wie wenn sie einzig zu sich selbst spräche. "Diejenigen, die der Menschheit den entscheidenden Befreiungsschlag bringen würden. Vielleicht habe ich mich geirrt. Vielleicht sind wir in Wahrheit nichts weiter als die Erbsenzähler der Evolution."

Das Motiv der Genetiker als Erbsenzähler hatte ich auch in meinem Modellansatz-Shoutout-Rap einstmals aufgegriffen.


Diese betrübliche Lage, in der sich die Protagonisten befinden, verleiht dem Buch auch seinen Titel.
"Infausti sumus", sagt Ritter: "Unglückselige sind wir".
Er versucht damit, eine der zahlreichen philosophischen/theologischen Debatten zu beenden, die sich immer wieder zwischen den beiden Hauptfiguren entwickeln. Doch während Ritter an dieser Stelle noch auf die Gnade Gottes hofft, fühlt er sich gegen Ende des Buches noch verzweifelter:

Wo sollte er [Ritter] Trost hernehmen? Sollte er ihr [Mawet] anvertrauen, dass er - im Angesicht der Erkenntnis, dass nicht allein Gott sich von ihm abgewandt, sondern auch der Teufel kein Interesse, ihm zu antworten - einst den nämlichen Zorn, den nämlichen Schmerz verspürt? Bis zu jenem Tage, da er begriffen, dass einzig der Unglückseligen Unglückseligster dahin sich verirrte, des Menschen Teufelsverlassenheit zu beklagen?



Und so eint den Naturforscher Ritter, dessen Wikipedia-Eintrag im Buch von Mawet studiert wird, und die Lebenswissenschaftlerin Mawet, die auf Medienvertreter und Mediziner gleichwohl schimpft, eine generelle Tristesse und Enttäuschung.
Ansonsten wird die Handlungen von den zahlreichen Konflikten getragen, die sich im Spannungsfeld der anfangs so gegensätzlichen Hauptfiguren zwangsläufig ergeben.
Trotz einiger Längen in den Rückschauen und etwas zu kleinteiliger Cliffhanger sind die ausgetragenen Scharmützel sehr unterhaltsam und deshalb lesenswert.
Zumal das Thema der Unsterblichkeit - oder zumindest Langlebigkeit - auch auf dem aktuellen Cover des Science Magazine Ausdruck findet und in zwei Übersichtsarbeiten im Journal Cell zu metabolischen und epigenetischen Ursachen besprochen wird.



Was bleibt ist ein empfehlenswertes Buch, das ein Bild von Wissenschaftlern als Getriebene zeichnet, die wir wohl sind; wenn auch nicht allzu unglückselig...



Profile Image for Nisnis Bücherliebe.
192 reviews8 followers
May 3, 2016
Molekularbiologen Johanna Mawet erforscht die Unsterblichkeit von Zellen. Während eines Forschungsaufenthaltes in den USA trifft sie auf einen urigen, scheinbar alterslosen Herrn. Er sei Physiker Johann Wilhelm Ritter, geboren im Jahre 1776. Johanna hält ihn zunächst für verwirrt und doch nimmt sie eine Probe seines Blutes, um anhand der DNA sein wahres Alter bestimmen zu können. Die Laborergebnisse stimmen sie fassungslos und als Johannas Kollegen misstrauisch werden, reist sie mit Ritter nach Deutschland, um wissenschaftliche Erkenntnis in dieser Paradoxie zu erlangen.

Die Autorin:

Thea Dorn, geboren 1970, studierte Philosophie und Theaterwissenschaften in Frankfurt, Wien und Berlin und arbeitete als Dozentin und Dramaturgin. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane und Bestseller (u.a. "Die Hirnkönigin"), Theaterstücke, Drehbücher und Essays (u.a. "Die neue F-Klasse – Wie die Zukunft von Frauen gemacht wird") und zuletzt mit Richard Wagner den Sachbuch-Bestseller „Die deutsche Seele“. Sie moderierte die Sendung "Literatur im Foyer" im SWR-Fernsehen und kuratierte unter dem Motto "Hinaus ins Ungewisse!" das "forum:autoren" beim Literaturfest München 2012. Der Film "Männertreu", zu dem sie das Drehbuch geschrieben hat, wurde 2014 mit dem "Deutschen Fernsehpreis" als bester Fernsehfilm des Jahres und 2015 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Thea Dorn lebt in Berlin.

Reflektionen:

Thea Dorn hat mit diesem Roman ein literarisches Feuerwerk gezündet, dessen schriftstellerische Flammen in ihrer Höhe vermutlich so schnell nicht eingedämmt werden. Sie nutz den Fauststoff als Werkzeug für die Geburt ihres gewagten Stils, die die Handlung dieses Wissenschaftsromans unterstreicht und diese bis zur letzten Seite auszeichnet.

Thea Dorn setzt jedoch auch voraus, dass der Leser Dialekt, altertümliche Sprache sowie den Fauststoff und einige Dialoge in der englischen Sprache versteht. Mit dieser Einschätzung liegt sie jedoch sicher falsch und wird so Unmut bei manch einem Leser hervorrufen.

Die Handlung, ein Mix aus Fantasie, Philosophie, moderner Wissenschaft und historischem Stoff, erfordert vom Leser höchste Konzentration, um dieses Kunstwerk der Sprache voll umfänglich erfassen und genießen zu können.

Die beiden Hauptfiguren Joahanna und Ritter sind in ihren Charaktereigenschaften äußerst tiefgründig und feingliedrig gezeichnet. Während Johanna in ihrer Ezählstimme modern klingt und in ihren Gedanken erfrischend wirkt, ist Ritter mit seiner außergewöhnlichen Erzählstimme tief versunken in seiner altmodischen Welt, die ihn immer wieder in der Gegenwart anecken lässt. Beide Figuren ergänzen sich in diesem Roman, doch sie bleiben auch streitbar und lassen so die Spannung auf gleichmäßig anregender Höhe agieren.

Dennoch:

Mich hat die Sprache Thea Dorns erreicht. Ich habe diese meisterliche Glanzleistung genossen und schätze sie. Auch der Sinn dieser Geschichte ist mir interessant vorgetragen worden, doch immer wieder zwischendurch wurde ich diesem Stil müde. Ich empfand Längen, aus denen mich die Autorin zwar immer wieder empor zog, doch ich büßte dabei meine Motivation weiterzulesen ein wenig ein.

Ich finde es sehr wichtig, dass Leser dieses Buch vor dem Kauf selbstkritisch betrachte. Eine Leseprobe vor dem Buchkauf ist sicher sinnvoll, denn es ist einfach nicht jedermanns Sache, diesen Schreibstil und diese wenn auch sehr hochwertige Sprache zu mögen. Aus diesem Grund liefere ich am Ende dieser Rezension ein paar Zitate, damit ein Leser Hilfestellung erhält, sich auf dieses Buch einzulassen oder nicht.

Mein Fazit:

Dieser Roman ist literarisch kunstvoll, anspruchsvoll und außergewöhnlich. Die Handlung springt von der Gegenwart in die Vergangenheit von der Moderne in die Romantik und von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit. Es ist kein federleichter Roman den der Leser "zwischendurch" lesen könnte, denn so bliebe sonst dieses wertvolle Werk weit auf der Strecke.

Die Unglückseligen von Autorin Thea Dorn ist ausschließlich für Liebhaber schriftstellerischer Kunst ein sprachlich besonderes Ereignis.

Meine Bewertung:

4 Sterne

Zitate
1. Zitat: "War dies nicht das Erste in der langen Kette seiner Verbrechen gewesen? Seine Unsünde? Dass er den Himmel angefleht, er möge ihn kurze Zeit noch auf dieser Erde lassen? Ein paar Monate, Jahre noch - nur so viel Frist als nötig zu vollenden, was er begonnen?

Wer immer es gewesen - er hatte ihn erhört. Ihm die irdische Hülle zum Spott gelassen und alles andere genommen. Glaube, liebe, Wissenschaft: dahin. Von seinem einstmals so üppig wuchernden Geist nicht mehr geblieben als das tote Geäst, in dem die Gedankenkrähen einander zausten."

2. Zitat: "Blicken Sie sich um auf der Welt! Wie mögen Sie da ernstlich noch behaupten, der Mensch sei fortgeschritten auf dem Wege der Natur- und Selbsterlösung? Botschaften jagt ihr von einem Erdteil zum anderen; ihr durchfliegt die Lüfte, durchmesst das Weltall, lässt die Nacht heller leuchten als den Tag - allein zu welchem Zwecke? Herrscht eine neue Harmonie, ein neues Glück? Nicht minder elend seh ich die Menschen denn zu meinen frühen Tagen. Nie zuvor nicht lag Natur so stumm, so leblos, so zergliedert da, und deine wachere Menschheit - gleich einer Horde Büffel trampelt sie dumpfwütig über alles hinweg. Dein Fortschritt: Hat einen einzigen Grashalm er zum Sprechen gebracht? Wisst ihr dem Tautropfen zu lauschen, wenn er des Morgens sich vom Blatte löst? Darf eine einzige Naide sich freuen, weil der Mensch sie mit wissender Hand zu sich hat emporgehoben, und beide nun versöhnt in neuer Eintracht einander forterkennen?"

3. Zitat: "Das ewige muss eine Sehnsucht bleiben! Der Mensch braucht den unendlichen Horizont! Aber wehe, er berührt ihn! Wie sollen die Säulen länger das Himmelsdach trage, wenn alle Polarität ausgelöscht, alles in eins geschmolzen? So wie der Tag die Nacht braucht, das Positive das Negative, der Mann das Weib, so braucht die Unendlichkeit die Endlichkeit. Vernichte den einen Pool - und du hast das ganze vernichtet. Lasst endlich davon ab."

4. Zitat: "Ritter, Ritter, Ritter, was soll dies nun wieder werden? Zerfließt in Selbstmitleid und willst gar noch der Lappen sein, der sich aufwischt mit eigner Hand? Wie angstverblödet kann ein Mann den werden! Erinnerst dich nicht mehr, wie lustig du auf Kerners Turm gebrannt, nachdem der Blitz dich dort getroffen? Wie dir der Schädel wollte Plätzen, nachdem auf Sonnenstein den Hals so zierlich durch die Schlinge du gesteckt? Wie's krachte im Geripp', da du zu Nürnberg hast den Fenstersturz erprobt? Doch wenn ein Tor aus Schaden nicht will lernen, so muss er weiter wohl ins eigne Tor sich schießen. In diesem Sinne, Ritter, wünsch ich: Waidmannsheil!"
47 reviews2 followers
September 3, 2016
Erster Eindruck:

Dieses Cover war der Grund, warum ich überhaupt auf das Buch aufmerksam geworden bin. Ist es nicht wunderbar verrückt und toll?

Inhalt:

Johannas Ziel ist es Menschen unsterblich zu machen. Also für den Moment versucht sie erst einmal das Leben von Mäusen signifikant zu verlängern.
John hat das Ziel „Unsterblichkeit“ bereits erreicht. Aber glücklich ist er deswegen nicht.
Als Johanna davon erfährt setzt sie alles dran um zu erfahren, wie es möglich ist Unsterblichkeit zu erlangen. Und der Teufel schaut zu…


Meine Meinung:

Thea Dorn erzählt aus drei verschiedenen Perspektiven und je nach Perspektive ändern sich auch die Ausdrucksweise und der Schreibstil. Das ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig und verwirrend. Grade die altertümliche Sprache von John/Johann war sehr schwierig zu lesen, manchmal hätte ich mir gewünscht, dass für eine bessere Lesbarkeit einige Abstriche beim historischen Detail der Sprache gemacht worden wären. Der zunächst nicht identifizierte dritte Erzähler war was das angeht teilweise noch schlimmer als Johann.
Insgesamt habe ich das Gefühl, dass viele Sachen stark vereinfacht wurden. Zwar bin ich keine Mikrobiologin, aber einige der Arbeitstechniken lernen wir im Pharmazie-Studium auch und meiner Erfahrung nach ist es nun mal nie einfach. Mal abgesehen davon, dass Johann scheinbar in ihr Labor darf. Die meisten Mikrobiologen, die ich kenne, arbeiten in Reinräumen: Da kann man nicht einfach mal so rein.
Die Idee an sich ist wirklich, wirklich toll. Aber irgendwie scheint sie etwas außer Kontrolle zu geraten, ich hätte mir mehr Diskussion über die Grenzen der Wissenschaft gewünscht. Mehr Ethik-Diskussionen. Und weniger „Wir machen jetzt einfach mal“. Und eine etwas befriedigendere Auflösung, ein richtiges Ende eben. Denn es wirkt für mich irgendwie wie ein Ausweg aus einem Plot, der nur mit dem Buchende zu retten ist. Ja irgendwie passt das zum Geisteszustand der Protagonisten, aber für mich als Leserin ist es trotzdem unbefriedigend.
Zusammenfassen kann man alle meine Kritikpunkte denke ich mit einem Satz: Ich habe etwas anderes erwartet. Nach den Rezensionen, die ich gelesen hatte und nach dem Klappentext dachte ich, dass in „Die Unglückseligen“ wesentlich mehr Fokus auf die ethische Diskussion hinter dem Thema “Unsterblichkeit“ gelegt wird.

Fazit:

Leider nicht ganz was ich erwartet habe. Die Idee und die Geschichte ist aber trotzdem spannend und mal etwas anderes. Wer über die kleineren Probleme hinweg sehen kann und vielleicht auch einfach eine andere Erwartungshaltung hat, wird in „Die Unglückseligen“ sicher ein wunderbares Buch finden.
Profile Image for Lizzy.
540 reviews
November 16, 2016
I could imagine this book on my German syllabus in college (shout out to Prof. Shahan!) I think I would've gotten a lot more out of it, had I read it for a class...and looked up all the words I didn't understand. Na ja. I think the underlying theme of medicine v. religion is interesting and relevant today, especially as shown by Johanna's work with genetics. I was disappointed by the way she treats Ritter (the evidence that a human can live forever and recover from near-mortal injury); even for a scientist, she is quite cold-hearted. And, considering she IS a scientist, she should go about studying him in a more, well, scientific, manner.
Ritter's internal monologues were the most difficult for me to understand, because he speaks and thinks in an older version of German, and I found them the least interesting pieces, because he either sadly reminisces about his past, or he sadly thinks about how the major theories in science have changed since the 1800s, when everything made much more sense.
The "devil" was also difficult to understand, because he speaks in an older and more formal German. I did like the contrast between the "active" characters (J/R) and the "viewer/commentator" (D).
I am not convinced that Johanna would have acted as she did, especially at the end of the book.
Apart from all my qualms, the overall ideas bear thinking about. For example: should humans manipulate genes to extend life expectancy? (It probably depends on who is President.)
Profile Image for Ute.
326 reviews8 followers
October 9, 2018
Tja, was solls, so richtig bin ich mit dem Roman nicht warm geworden, bzw. nach dem der ganze Zirkus mit Teufelsbeschwörungen u.ä. in der 2. Hälfte losging ist mein anfängliches Interesse doch stark gesunken.
"Alle drei Harze hatte sie, wie die Handbücher es vorschrieben, 'des Sonntags Schlag Zwölfe' gekauft, im Internet - und hatte sich gefragt, wie die Teufelsbeschwörer früherer Zeiten es angestellt haben mochten, diese Forderung zu erfüllen." Seite 515

Gelungen ist vorallem der Wechsel der Sprache zwischen der Zeit von Ritter, dem Teufel und Goethe auf der einen Seite und der Gegenwartssprache auf der anderen. Interessant auch die vielen Anspielungen auf Goethe und Co. und die Kombination Internet und Magie.

1. Satz - Dein verzweifeltes Herz hat dir's verscherzt.
letzter - Mein Reich, das alles übertrifft, was je zu träumen DU gewagt; mein Reich, das alles übersteigt, was je zuvor der Mensch vollbracht - in Schönheit, Glanz und Kälte bricht es an.
Profile Image for Ronja.
61 reviews13 followers
Read
July 27, 2016
Ein ambitioniertes Buch, das viel erzählt aus Spaß und Liebe am Erzählen. Nach 100 Seiten jedoch hat es mich immer noch nicht erreichen können, vielleicht gerade durch seinen Reichtum an Stilen und Zeitsprüngen, welcher die Stimmung in der Haupthandlung nicht aufkommen lässt. Es hat auf keinen Fall eine schlechte Bewertung verdient, dennoch kann ich ihm (noch) keine besonders gute geben.
Mein Büchereiexemplar musste ich unausgelesen zurückgeben und ich weiß noch nicht, ob ich es wieder ausleihen werde.
23 reviews
August 19, 2022
Obwohl das Buch gut geschrieben ist und die Idee sehr interessant, muss ich sagen dass ich die Motivation der Hauptfiguren zeitweise nicht nachvollziehen konnte. Man hat das Gefühl, dass sich die Charaktere unnatürlich oder unrealistisch verhalten, nur um den Plot voranzutreiben. Dass die beiden Hauptfiguren auch noch sehr unsympathisch sind, mag Absicht sein, hat aber für mich den Lesegenuss geschmälert. Schade eigentlich, ich hatte zu Beginn ziemliche Hoffnung in dieses Buch gesteckt.
Profile Image for Luca.
5 reviews2 followers
September 15, 2022
Eine gewagte Neuinterpretation von Faust, ungewöhnlich und erstaunend. Den Charakteren mangelt es leider an Intention und Ausarbeitung, sehr konfuse, wirre Konversationen sind die Folge. Man ist sehr lange Fremder in dieser Geschichte, kann nicht wirklich ganz in die Materie eindringen. Es liegt ein hoher intellektueller literarischer Standard in Sprache und Form vor, mangelt aber an grundlegenden Basics wie Characterdesign und Authentizität.
Profile Image for YvonneN.
182 reviews3 followers
September 3, 2016
Für mich ein durch und durch besonderes Buch, das sich nicht so nebenher lesen lässt, da es dem Leser doch einiges an Konzentration, Flexibilität und Sprachvermögen abverlangt. Etwas Vergleichbares habe ich bislang nicht gelesen und so wird es mir sicherlich noch lange in guter Erinnerung bleiben.
Profile Image for Vuk Trifkovic.
529 reviews55 followers
February 25, 2017
It's oookay. Interestig topic, a few twists, writes OK. On the other hand, this is *not* a 550-page story.
Profile Image for happy_strawberries .
25 reviews
Read
August 21, 2025
Also das Buch war gar nicht meins aber ich hab mich irgendwie durchgekämpft, auch wenn ich einige Abschnitte überflogen hab. Die Sprache war einfach auch sehr mühsam zu lesen und die Handlung hat nach dem 1. Drittel eig auch gar keinen Spaß mehr gemacht…
Zumindest war es mal was ganz anderes als die Bücher, die ich sonst so lese.
Profile Image for Małgorzata Siek.
76 reviews
March 22, 2024
Nie umiem jednoznacznie powiedzieć czy i jak mi się podobało. Historia ok, rozumiem zamysł różnych czasów, narratorów, ale dla mnie trochę chaotycznie. Gubiłam się nieco.
Profile Image for Susanne.
70 reviews1 follower
January 10, 2025
Das Ende war der beste Teil des ganzen Buches. Wahnsinnig coole und spannende Prämisse, doch es zieht sich quälend langsam dahin....
Profile Image for Novall.
118 reviews75 followers
September 3, 2025
The science here is thoroughly researched, the 19th century historical context is apparently well-documented.

The science, in both contemporary and 19th century rendering, is of a noteworthy quality.

There are bizarre conversations between bats.
These distractions degrade the book to teen-level disruptions.

At 500+ pages, the book is a meandering and diluted version of the Faustian legend.
Altogether, the book is a difficult read.

The narrative is therefore a quite demanding investment of time.

The entire tome is a dissection of too many themes and reads like a prototype for an uncompleted, upcoming novel or perhaps two(!) novels.

The publisher here would have done well to request of the author a further editing and re-writing of major portions of the account and purpose of the book.
Profile Image for Tim Nowotny.
1,287 reviews24 followers
June 30, 2016
What a utterly strange book. It checks so many of my boxes (Immortality and Thea Dorn, what's not to like?) but it never got me.
I think this has two reasons. On the one hand, it is hard to read. Not in a very prosaic/poetic sense but in the sense that speech patterns change (sometimes without reason). Adding to that is the commentary of the author, which seems very artificial. On the other hand I found the characters very hard to relate to. They are doing so many strange things and sometimes you have the feeling they only do it to give this book the little plot it has.
Maybe I cannot see the "show, don't tell" and it simply needs more reflection. The questions is if I want to invest this time...
Displaying 1 - 29 of 32 reviews

Can't find what you're looking for?

Get help and learn more about the design.