Eine persönliche Geschichte, in der sich Millionen Deutsche wiederfindenAls der Vater des Journalisten Matthias Lohre stirbt, stirbt damit auch die Beziehung zu seinen Eltern. Eine Beziehung, die sich oft fremd angefühlt hat. Die Auseinandersetzung mit seinen Eltern wird für Lohre zu einer Reise in die Vergangenheit und zu einer Suche nach Versöhnung. Er zeigt exemplarisch, womit Kinder von Kriegskindern bis heute kä mangelndem Selbstwertgefühl, Schuldgefühlen und diffuser Angst. Geprägt durch eine Katastrophe, die sie nicht erlebt, aber doch zu spüren bekommen haben. Eine ermutigende Geschichte und eine letzte Chance für alle 40- bis 60-Jährigen, die Seelentrümmer ihrer Vergangenheit aufzuspüren.
Sehr spannende Einblicke in die Welt der Eltern und Großeltern, die hilfreich sind, Verhalten und Ansichten zu verstehen. Bei mancher Stelle dachte ich, kenn ich, solche Situationen oder Gesagtes. Das, was bisher manchmal schwer nachvollziehbar war, wurde wieder ein bisschen klarer.
Spannendes Buch, dass aufzeigt, wie viel Einfluss Kriegserlebnisse noch auf die folgenden Generationen haben. In der ersten Hälfte war es schwieriger, den Bezug zur eigenen Familiengeschichte und zu mir selbst genau finden, in der zweiten Hälfte gelang das umso mehr.
Manche Bücher liegen auf diesem einen Stapel. Der Stapel mit Themen, von denen ich weiß, dass sie mich nicht loslassen werden. Oder sowieso schon lange beschäftigen. Seitdem ich „Wir Kinder der Kriegskinder“ von Anne-Ev Ustorf gelesen hatte, ist die Thematik der Kriegskinder und -enkel bei mir sehr präsent – nicht für mich selbst, aber als Augenöffner für das Verhalten mir sehr wichtiger Menschen. „Das Erbe der Kriegsenkel“ von Matthias Lohre wartete nun schon länger geduldig darauf, von diesem Stapel genommen und gelesen zu werden. Und ich hatte Recht – es bestätigte viel von dem, was ich schon wusste und hat durch seinen persönlichen Zugang noch ein paar neue Facetten hinzugefügt. Matthias Lohre geht seiner persönlichen Geschichte auf den Grund, seiner Unfähigkeit, Zugang zu seinen eigenen Emotionen zu finden. Sich selbst genug zu sein, sich selbst wertzuschätzen. Schwäche zuzugeben, oder dass ihm etwas zu viel ist. Erst nachdem seine Eltern beide gestorben sind, erkennt er, dass in dem, was sie ihm als emotionales Erbe mitgegeben haben, der Schlüssel zu seiner Unzufriedenheit liegt. Also begibt er sich auf eine Reise zu den Erlebnissen seiner Eltern und sogar Großeltern, unterstützt durch Traumatologen und Psychologen. Die sehr persönliche Geschichte zu teilen war sicher nicht einfach, wie auch die Reise selbst, so wie er sie beschreibt, nie leicht war. Aber er konnte auf diese Weise Muster erkennen, die lange Zeit sein Leben negativ beeinflusst haben, OBWOHL er genau nicht so sein wollte wie seine Eltern. Und er konnte sie, was noch viel wichtiger ist, durchbrechen. Das gibt mir Hoffnung. Vor allem für diejenigen, die jetzt als neue Generation kriegstraumatisierter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener nach ihrer Flucht Gefahr laufen, eine erneute Folge an Trauma zu vererben. Mit dem, was wir heute wissen, können wir diesen Menschen helfen, nicht in die gleiche Spirale zu geraten. Und wie Matthias Lohre schreibt, ist es tragisch, dass die Generation seiner Großeltern und Eltern diese Hilfe nicht bekommen hat. Aber das darf kein Grund sein, es den Menschen von heute zu verwehren. Denn kein Leid sollte jemals gegen ein anderes aufgewogen werden. Niemals.
Ich hatte bei dem Buch schon nach 20 Seiten das Problem, dass ich mich mit der Beschreibung dieser Generation überhaupt nicht identifizieren kann. Pauschal einer Generation Unsicherheit und Ziellosigkeit, quasi eine kollektive Depression zu diagnostizieren und keine einzige Zahl dazu zu präsentieren, ist ein arg wackeliges Konstrukt.
Das Dilemma des Buchs ist der Aufbau. Da wird am Anfang ein Ballon aufgeblasen - die angeblich an eine ganze Generation vererbten Traumata der NS Zeit - und dann nach und nach die Luft rausgelassen. An mehreren Stellen gibt der Autor mehr oder weniger nebenbei zu, dass bei vielen die Familienverhältnisse unbelastet von Kriegserlebnissen sind.
Einige Themen, etwa die weite Verbreitung verkorkster Erziehungsratgeber im 3. Reich, das Dilemma der aus dem Krieg als Täter, aber auch als Opfer ihrer Zeit, heimkehrenden Väter, sind interessant und machen das Buch allein schon lesenswert.
Am Ende verfolgt man als Leser die Therapie eines Einzelnen, der schließlich da ankommt, wo die meisten schon am Ende des Abnabelungsprozesses als junge Erwachsene sind: bei sich selbst.
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Ich habe mehrere Bücher über das Kriegsenkel-Thema gelesen. Dieses Buch fand ich am hilfreichsten. Matthias Lohre erklärt das Thema anhand seiner eigenen Erfahrungen.
Sehr hilfreiches Buch. Der Autor erklärt exemplarisch welche Auswirkungen die Erziehung traumatisierter Kriegskinder auf die nächste Generation haben kann.
Matthias Lohre betreibt nach dem Tod des Vaters Spurensuche. Warum waren die verstorbenen Eltern so wie sie waren? Was haben die Eltern im Krieg erlebt und warum prägt es ihn so sehr? Darf auch er sich als Kriegsenkel bezeichnen, obwohl der Vater nie an der Front war? Um sich von der Last der Schuld zu befreien , kehrt er zur elterlichen Heimat zurück und versucht zu verstehen, zu verzeihen und die verbuddelten Seelentrümmer zu einem befreiten Leben zusammen zu setzen.
meine Meinung
Als Stichpunkte fallen mir spontan ein: unausgelebte Trauer und Lebensbewältigung. Matthias Lohre gibt hier viel persönliches preis, sowohl sein eigenes unzufriedenes Leben und Unverständnis über seine scheinbar lieblose Kindheit, hinterlassen Fragen in seinem Kopf. Mit viel Gefühl begibt er sich auf Spurensuche, erfährt durch diverse Personen viele Zusammenhänge und versteht die Welt ein bißchen mehr. Er zeigt uns auf, das der Krieg auch Generationen später noch unser Verhalten prägt und wie wir uns davon befreien können. Ich habe mich an vielen Stellen selber wiedererkennen können. Ich fühle mich nun mit meinem 1977ger Jahrgang und einem 1940 geborenen Vater, auch als Kriegsenkel und beginne zu verstehen. Wir können noch so viel erfahren und verstehen lernen - wir müssen nur fragen. Die persönlichen Anekdoten finden, mit psychologischen Analysen, erzählenden Gesprächspartnern und vielsagenden Zitaten, eine Balance die nachwirkt. Ein wichtiges Buch das jeder lesen sollte, dem sein eigenes Leben oder das Verhalten von Familienmitgliedern und Freunden ein Rätsel ist. Wer Antworten finden will, kann sich hier einiges abgucken.
Das Cover ist nicht aufringlich und hat den typischen Kriegskinder/Enkel Charme.
Dafür gibt es von mir eine Extra Empfehlung und 5 ★★★★★