What do you think?
Rate this book


Diese Neugierde steckt an, und man folgt dem Autor gerne, wenn es diesmal heißt, den Blick unter die Meeresoberfläche zu richten und eine Zeitreise bis zu den Anfängen unserer Welt zu machen. Meere bedecken den größten Teil der Erdoberfläche -- unser Wissen darüber ist allerdings noch immer sehr spärlich. So leger die Sprache von Schätzing daherkommt ("Flott vergingen neun Milliarden Jahre."), so sehr hat er sich doch bemüht, alle Behauptungen wissenschaftlich zu fundieren.
Schätzing schlüpft in diesem Buch in die Rolle eines Kapitän Nemo. Bevor es allerdings auf große Tauchfahrt geht, unternehmen wir mal eben noch eine kurzweilige Zeitreise durch die Evolution. Fans von Der Schwarm können mit Nachrichten aus einem unbekannten Universum ihr Wissen vertiefen. Und all die, die noch nichts von Frank Schätzing gelesen haben, lernen einen Autor kennen, bei dem man nicht so genau weiß, was als Nächstes kommt. Vielleicht eine Oper? Schließlich komponiert der Tausendsassa Schätzing ja auch und vertont seine Bücher. Auch hierauf dürfen wir gespannt sein. -- Mathias Voigt, Literaturtest
863 pages, Paperback
First published March 14, 2006
Mensch und Meer. Eine merkwürdige Beziehung, geprägt von Hass, Unkenntnis, Romantisierung, Neugier und Ignoranz. Wie funktioniert dieses gewaltige System, dem wir entstammen und über das wir weniger wissen als über den Outer Space? Wie konnte im Urozean Leben entstehen, woher kam überhaupt das ganze Wasser? Warum ist die Evolution ausgerechnet diesen Weg gegangen und keine alternativen? Denn ebenso gut hätte sie uns in intelligente, flüssigkeitsgefüllte Luftmatratzen verwandeln können. Einmal hat sie es jedenfalls versucht – und beinahe geschafft.
Bringt man zwei Kaninchen auf einen fremden, bis dahin kaninchenfreien Planeten, kann es passieren, dass man sehr schnell sehr viele Kaninchen hat, die ihrerseits Kaninchen fabrizieren. Australiern klingen da die Ohren. Kaninchensex ist ein immens flotter Vorgang. Es heißt, wenn ein männliches Kaninchen eine Kaninchenjungfrau besteigt, flüstert es der Liebsten zu: “Keine Angst, tut nicht weh, na, tat’s weh?” So schnell geht das. Fortpflanzung wird mit äußerster Effizienz betrieben, das kurze Vergnügen steht in lausigem Verhältnis zur Zahl der Nachkommen. Kaninchen halten sich nicht mit Petting auf, sie treiben es nicht länger als erforderlich und pfeifen auf die Zigarette danach. Viel muss rauskommen, denn das Kaninchen als solches stirbt ungern aus, steht auf dem Speiseplan diverser Räuber. Seine Strategie ist darum, sich durch Masse zu behaupten. So haben sich die Nager einen stabilen Platz in der Evolution errammelt, ohne je einen Gedanken an Spiralen, Pillen und Kondome zu verschwenden.
Fortpflanzung ist offensichtlich nicht zum Spaß da. Man könnte Miss Evolution also der Prüderei bezichtigen, aber sie hat sich was dabei gedacht. Wir wären heute nicht so weit, wenn junge Einzeller bei Einzellervätern um die Hand des Tochterklons anhalten müssten. Die ersten stoffwechselnden Lebewesen auf unserem Planeten hatten daher nicht mal Sex. Viel zu kompliziert, allein das Vorgewurschtel: Kann heute nicht, du bist nicht mein Typ, ich hab Migräne, in zehn Minuten kommen die Gäste, doch nicht hier, Schatz … wie, bitte schön, soll man sich da vermehren im wilden Ozean?