Geheimexpedition des Deutschen Reichs an den Hindukusch: Nach einem Plan des Orientkenners Freiherr Max von Oppenheim ziehen sechzig Mann mit der Bagdadbahn, zu Pferd und auf Kamelen durch Wüsten und Gebirge. Das Ziel: den Emir von Afghanistan und die Stämme der Paschtunen im Namen des Islam zum Angriff auf Britisch-Indien zu bewegen. Der junge Marinefunker Sebastian Stichnote liegt mit seinem Schiff vor der Küste Albaniens. Aus der Enge der Giesinger Gerberei seiner Brüder hat ihn das Fernweh hinaus auf See und zur vielstimmigen Funktechnik gezogen. Diese gibt ihm das Gefühl, mit dem ganzen Kosmos in Kontakt zu stehen. Als der Erste Weltkrieg beginnt, muss die unterlegene deutsche Flotte durchs Mittelmeer nach Konstantinopel fliehen. Stichnote hat es nach den ersten Seegefechten eilig, sein Schiff so schnell wie möglich zu verlassen und schließt sich als Funkoffizier einer geheimen Expedition nach Kabul an. Ihre Reise führt sie nach Syrien, Bagdad, Teheran, Isfahan und schließlich durch die persische Wüste. Am Ende hängt der Erfolg der Expedition von Stichnote ab, der mit allem brechen muss, was ihm einst heilig war.
Der Einsatz des Kreuzers SMS BRESLAU zu Beginn des ersten Weltkriegs im Mittelmeer, die legendäre Niedermayer-Hentig-Expedition nach Afghanistan, die persische Legende vom Vogel Simurgh, das zentralasiatische Buzkashi, ein Sport bei dem sich dutzende Reiter um eine tote Ziege prügeln und unzählige weitere Elemente verbindet Steffen Kopetzky zu einer breit angelegten und wahrlich abenteuerlichen Erzählung. Er verbiegt historische Fakten, verwebt sie mit Fiktion und lässt so einen spannenden aber wenig bekannten Ausschnitt des ersten Weltkriegs in einem changierenden Licht auferstehen.
Namensgebend für den Roman ist das strategische Brettspiel "Risiko", (das aber erst um 1950 erfunden wurde). Im Buch heißt es "das Große Spiel", das die Offiziere immer wieder spielen und das die ganze Handlung begleitet, angeblich geht es auf Clausewitz zurück. Das ist ein kleines aber typisches Beispiel für das spielerische Vermischen von Fakten und Fiktion, wie es sich durch alle Ebenen des Geschehens zieht.
(Der echte Oskar v. Niedermayer, Abbildung aus seinem Buch "Unter der Glutsonne Irans", das dieser tatsächlich über seine Afghanistan-Expedition geschrieben hat - im Gegensatz zu "Die sieben Täler der Weisheit", von dem Kopetzky im Epilog flunkert.)
Man kann das Buch ganz unbedarft lesen. Man wird unterhaltsame Abenteuer erleben und Interessantes über den ersten Weltkrieg erfahren. Richtig spannend wird es, wenn man sich die Mühe macht, selbst nach den geschilderten Ereignissen und Personen zu forschen. Man erfährt wie sich die Dinge wirklich abgespielt haben und erkennt erst, wie kunstvoll Kopetzky sein Patchwork zwischen Fakt und Fiktion aufgespannt hat.
Das Buch lebt eindeutig von seinen zahlreichen liebevoll recherchierten Details und Referenzen. Sehr gut z.B. auch die Hinweise auf die zunehmende Bedeutung des "Steinöls" - ich finde ja, dass das Interesse am Erdöl (auch im Zusammenhang mit der Erbauung der Bagdadbahn) als (Mit-)Auslöser des ersten Weltkriegs in der Geschichtsschreibung unterbelichtet wird. Bei aller Abenteuerlust vergisst er nicht, seine Protagonisten über Ursache und Wirkung von Krieg im Allgemeinen nachdenken zu lassen. Schwächen sehe ich in der etwas zu blassen Hauptfigur und auch die eingeflochtene Liebesgeschichte - offenbar unvermeidlich - wirkt ein wenig gezwungen und aufgesetzt.
Ein Vergleich mit Thomas Pynchons "Gegen den Tag" hat mich veranlasst, das Buch zu kaufen, jedoch der Vergleich ist unfair, das ist eine andere Liga. Unfair ist aber auch der Vergleich mit Karl May, der mir irgendwo im Feuilleton untergekommen ist, das hat Kopetzky nicht verdient.
Albanien, kurz vor dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Der Marinefunker Sebastian Stichnote gehört zu den Truppen, die Wilhelm zu Wied, den damaligen deutschen Fürsten von Albanien, schützen sollen. Stichnote verliebt sich in eine Einheimische, muss jedoch nach einer Auseinandersetzung mit ihrer Familie das Land verlassen und wird zunächst nach Konstantinopel geschickt, von wo aus er als Teil der Niedermayer-Hentig-Expedition nach Afghanistan aufbricht, wo diese für ein Engagement des Landes im 1. Weltkrieg werben soll.
Steffen Kopetzkys Roman verbindet historische Ereignisse und Personen (wie den Expeditionsleiter Oskar Niedermayer) mit einer Abenteuergeschichte rund um den fiktiven Helden Sebastian Stichnote. Die Geschichte setzt mit einem Vorausblick auf das Ende ein (wobei der Ausgang aber unklar bleibt) und springt dann zurück in die Zeit vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs. Gewürzt ist der klassische Abenteuerroman mit einer Liebesgeschichte, viel Lokalkolorit und Einblicken in die politische Situation auf dem Balkan und im Orient. Außerdem sehr interessant: Kopetzky lässt die Offiziere ein Kriegsbrettspiel spielen, in dem sie die Situation und die Entwicklungen im 1. Weltkrieg regelrecht durchspielen. Ein solches Spiel hat es wohl tatsächlich gegeben.
Zu Beginn des Buches geht die Handlung recht langsam voran, bei der Schilderung der nachfolgenden Expedition geht es dann etwas schneller. Ich habe bei der Lektüre öfters an Karl May denken müssen, da ich aber nie selbst Karl May gelesen habe, weiß ich nicht, ob die Assoziation gerechtfertigt ist.
Das Buch haut einen nicht um, aber es ist eine gute, spannende Geschichte, die mich auch sprachlich überzeugt hat. Der Roman steht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis, hat es aber leider nicht auf die Shortlist geschafft. Als Siegertitel hätte ich ihn nicht gesehen, aber er ist allemal lesenswert und interessant.
Zum Hörbuch: Das Buch ist meiner Meinung nach sehr gut für eine Hörversion geeignet, man muss sich allerdings aufgrund der komplexen Sätze relativ stark konzentrieren. Frank Stöckle hat mich als Sprecher voll überzeugt, er lässt die verschiedenen Personen je nach Herkunft auch mit dem entsprechenden Dialekt/Akzent sprechen.
From The Untranslated :: "The broad canvas of the narrative does not only include loads of geographical, historical and cultural data, but also accommodates amusing anachronisms and postmodern games with the reader." https://theuntranslated.wordpress.com...
Sebastian Stichnote waren der väterliche Gerberbetrieb in München und sein Heimatland zu eng geworden. Ein Onkel, der als Baumharzjäger nach Sansibar zieht und schließlich nach Kolumbien auswandert, weckt Sebastians Abenteuerlust. So treffen wir den lernbegierigen jungen Mann zu Beginn des Ersten Weltkriegs im Hafen von Durazzo (Durres)/Albanien als Marinefunker im Rang eines Obermaates an Bord der SMS Breslau. In der Unterkunft von Karl Dönitz lernt Stichnote „Das Große Spiel“ kennen, ein Strategiespiel aus Clausewitz Zeiten, das zur Schulung des Offiziersnachwuchses diente. Stichnote zeigt sich als überraschend eigenständig taktierender Spieler und wird Dönitz begehrter Spielpartner. Aus dem Nachspielen von Gefechtssituationen entsteht während der Handlung in Durazzo das heutige Spiel „Risiko“, bei dem auf dem Weg zur Weltherrschaft vorgegebene Aufträge zu erfüllen sind. Welche Verbindung zwischen Spiel und Wirklichkeit entstehen könnte, wer dieses Spiel leitet und wer es gewinnen wird, sind die spannenden Fragen, die sich Leser oder Zuhörer von nun an stellen.
Im Tross des Berliner Oberleutnants Niedermayer wird Stichnote samt einer Funkanlage - Made in Germany und vom Umfang eines Familienzirkus - schließlich Teilnehmer einer geheimen osmanisch-deutschen Expedition nach Afghanistan. Es geht von Konstantinopel über Bagdad, Teheran und Isfahan – Namen, die bei Lesern von Abenteuerromanen für glänzende Augen sorgen. Gereist wird mit der Bagdad-Bahn, mit Zuggespannen, Laststieren und zu Pferd. Stichnote kann während der Geheimunternehmung sogar seine Qualifikation als Schlagmeister und Nachrichtenübermittler per Brieftaube zeigen. Bis sich der Kreis wieder schließt und man erfährt, wie der Marinefunker in die im Prolog geschilderte abenteuerliche Situation gelangt ist, treten höchst interessante Figuren auf. Der Orientalist Niedermayer, vielsprachiges Multitalent, das Persisch, Türkisch und Arabisch spricht, als Leiter der Operation, der Schweizer Adolph Zickler, wie ein Chamäleon zwischen Journalist, Waffenhändler und Verschwörer changierend, sowie ein britischer Agent, der Niedermayer kaum mit seiner Rolle als indischer Prinz täuschen kann. Anregung zu seinem opulenten Abenteuerroman und Quellen für den historischen Kern der unerhörten Geschichte waren für Kopetzky Kopetzky Peter Hopkirks Buch „On Secret Service East of Constantinople: The Plot to Bring Down the British Empire“ und John Buchans „Greenmantle“ (1917), ein Bericht über die Afghanistan-Expedition der Kaiserzeit.
Kopetzky zeichnet seine Figuren und ihre Dialoge stets liebevoll und mit großartigem Humor. Sebastian Stichnote allein, dem dritten Sohn und Seemann ohne Schiff, wäre ich schon begeistert durch jede Wüste und in entlegenste Winkel des Globus gefolgt. Doch Kopetzkys farbenfrohes Personal aus historischen und fiktiven Figuren, die Turbanträger, Emire, Haremsbesitzer und Verschwörer sorgten dafür, dass ich seiner Geschichte atemlos bis zum letzten Track gelauscht habe.
Als Hörbuch ist die Geschichte ein besonderes Fest, auch wenn man als Zuhörer leider mit der Kürzung des 700-Seiten-Epos leben muss. Frank Stöckle liest zügig, dabei stets exakt, als verschmitzter Sprecher der verschiedensten Dialekte gibt er einigen Figuren mit einem feinen Hauch ihres Heimatdialekts eine unverwechselbare Persönlichkeit.
Bei dem Namen Risiko, dachte ich zuerst an eines meiner liebsten Brettspiele und was soll ich sagen, die blauen und roten Würfel aus meinem Risikospiel hatten auch dort eine mehr oder weniger völkerverbindende Wirkung, denn beim zusammen spielen lernt man sich ja auch kennen.
Aber das Buch erzählt von der Orientexpedition nach einer Idee von Freiherr Max von Oppenheim. Man wandert mit dem mehr oder weniger tragischen Helden Sebastian Stichnote, einem Funker des Kreuzers Breslau die 5000 Kilometer langen Reise. Er ist mit Leib und Seele Funker und ist eigentlich durch sein strategisches Denken bei dem Spiel Risiko zum Decksoffizier geworden.
Stichnote verliebt sich in eine Albanische Schönheit und nimmt auch gerade deswegen die Aufgabe an, da er hofft, dass er, wenn er die Expedition mit zum Erfolg führt, seine Geliebte schneller wieder in London treffen kann.
Man lernt in diesem Buch viel über die Türkei, Persien und Afghanistan. Ich habe mich des Öfteren dabei erwischt, wie ich eine Landkarte nehme und mir das alles einfach mal ansehe. Es sind alles irgendwie Länder, die man nicht so kennt oder die ich zumindest nicht so kenne.
Herr Kopetzky schafft es, einen an die Hand zu nehmen in eine Zeit, die ich irgendwie in meinem Geschichtsunterricht nie so richtig mitbekommen habe. Da doch meistens die Deutsche Geschichte immer wieder im Unterricht auf den 2. Weltkrieg beschränkt wird. Wenn der 1. Weltkrieg behandelt wird, dann auch wieder als Schwerpunkt die Schlachtfelder um Verdun.
Und Herr Kopetzky schafft es immer wieder, mich neugierig zu machen, mag es die Bagdadbahn sein, von der man vielleicht etwas gehört hat aber mehr auch nicht, oder aber immer wieder seine eindringlichen Beschreibungen, wie es für Stichnote war, wenn er Züge voller Soldaten gesehen hat.
Der Roman zeigt immer wieder Dinge auf, wo ich vorher sagen musste „wusste ich nicht“. Auch leidet man immer wieder mit. Kopetzky schafft es, einen durch die Salzwüste mitzunehmen.
Ich könnte immer weiter und weiter erzählen, was mich an dem Roman mitgenommen und interessiert hat.
Für mich ist es einfach ein Roman, welchen man als Deutscher einfach mal lesen sollte. Wobei ich einfach sagen muss, man sollte sich Zeit nehmen. Dieser Roman ist es einfach wert, dass man sich mehr oder weniger einschließt mit einem Nachschlagewerk, Landkarten und allem was man noch braucht; etwas zu essen, zu trinken, denn man bekommt alleine schon Durst beim Durchqueren der Wüsten.
Man lernt einiges über die Denkweisen der Moslems und andere Länder. Ich kann nur sagen, es ist einer der Romane, die einen einfach immer wieder zum Nachdenken anleiten, aber auch fesseln, wenn man es schon fertig gelesen hat.
Ich erwische mich noch immer, dass ich bestimmte Dinge noch einmal nachschlagen will. Für mich ist es einfach ein außergewöhnliches Buch, wovon ich gerne mehr haben möchte. http://www.literaturlounge.eu
Ähnlich, wie auch beim namensgebenden Spiel der Fall, befand ich mich während des Lesens von "Risiko" zwischen zwei Fronten: Während der Historiker, stets die eigenen Kenntnisse im Hinterkopf abrufend und mit den neuen Informationen verzahnend, jubilierte, streifte der Leser auf der Suche nach fesselnder Unterhaltung teils ein wenig ziellos umher. Ein entsprechender Unterhaltungsroman nämlich ist es in meinen Augen nicht, was Kopetzky erschaffen hat, und daher bietet er sich auch nicht an, um - ähnlich, wie bei Dübell oder anderen Autoren der Fall - dem Alltag auf den Spuren einer gut geschriebenen Story zu entfliehen. Dafür ist die Sprache teils schlicht zu blumig und brachte selbst mich, der von sich behauptet, selbst ein Freund der Schachtelsätze zu sein, dazu, einen ganzen Absatz noch einmal überfliegen zu müssen, um den Anknüpfungspunkt wiederzufinden. Allerdings darf die Beherrschung der deutschen Sprache natürlich keineswegs als Manko angesehen werden, sondern sollte eher eben jene Huldigung erfahren, die ich mit diesen Zeilen auszudrücken versuche: Immerhin finden sich wahre Könner derselben heute, in Zeiten des Denglischen und der teils vollkommen sinnlosen Twitterei, immer seltener.
Insofern lege ich zwei Maßstäbe an, die mich letztlich zur Bewertung bewogen haben: Als Historiker und Bewunderer deutscher Sprachkunst könnte ich Kopetzky nicht weniger geben, als fünf von fünf möglichen Sternen. Als Leser jedoch, der von einer rasant erzählten Geschichte in den Bann gezogen werden möchte, tendiere ich eher zu dreien. Zu langatmig waren manche Passagen, in denen zwar interessante, jedoch keinesfalls für den Erzählstrang relevante Einzelheiten erläutert worden sind. Herauskommt die goldene Mitte und eine Lese-Empfehlung für alle, die ein gut recherchiertes Historien-Werk suchen, während jeder, der schlicht auf Unterhaltung und eine spannende Erzählung aus ist, lieber zu anderen Autoren greifen sollte.
Wow, was für ein Abenteuer! Der Roman "Risiko" von Steffen Kopetzky entführt den Leser oder die Leserin in die Zeit des ersten Weltkriegs und zu einer Teilgeschichte dieses großen Gemetzels, die wenig bekannt ist. Es geht um eine Expedition deutscher Soldaten nach Afghanistan, um dort einen heiligen Krieg der Moslems gegen die im benachbarten Indien herrschenden Briten anzuzetteln.
Die Qual, überhaupt dorthin zu gelangen, viel zu viel schweres Material im Gepäck, die hohen Verluste an unersetzlichen Menschenleben, der Unsinn jeden Krieges, das alles wird anhand eines Funkers geschildert. Es ist eine verrückte, dramatische und zugleich erhellende Reise. Denn nicht nur die Expedition, auch die Leser lernen viel über die Kulturen auf dem Weg. Und darüber, dass dort nicht nur faszinierende Landschaften, sondern auch Menschen warten. Mir selbst ist Afghanistan, dass ich bisher nur als kargen Flecken eines kriegszerstörten Landes wahrgenommen habe, noch nie so nah gekommen. Ein tolles Buch!
Super Einstieg für Kleinasienimpressionen. Ganz toll recherchiert, anspruchsvolle Sprache (zumindest für mich, da sich mein Wissen über See- und Militär termini in Grenzen hält). Den Schluss fand ich ein wenig enttäuschend, wirkte auf mich, als hätte es den Autor nicht mehr gefreut. Für die, die an Geschichte (WWI) interessiert sind, ist es sicher spannend zu lesen.
September 1914, der erste Weltkrieg ist ein paar Wochen alt, als im Westen der schnelle deutsche Vormarsch an sein Ende kommt. Die Fronten verhärten sich, die Soldaten graben sich ein, und die Hoffnung des Berliner Generalstabes auf einen schnellen Sieg verdampft. Deutschland steht im befürchteten Zweifrontenkrieg - und zur See beherrschen die Briten das Geschehen. In dieser prekären strategischen Situation entsendet das Kaiserreich Expeditionen, die das Empire erschüttern sollen. So erhält Letunant Oskar Niedermeyer den Auftrag, von Konstantinopel aus mit einem Expeditionstrupp nach Afghanistan zu gehen und mit dem dortigen Emir den Aufstand der muslimischen Paschtunen loszutreten, denen sich hoffentlich bald die restlichen Muslime in Britisch-Indien anschließen sollen.
Klingt verrückt? War aber tatsächlich so. Steffen Kopetzky hat ein bemerkenswertes Händchen dafür, aus den Fußnoten der Geschichtsbücher jene kuriosen Ereignisse herauszupicken, die spannende Geschichten hergeben und von denen noch nie jemand gehört hat, der nicht speziell vom Fach ist.
Der Roman "Risiko" erzählt die Geschichte dieser deutschen Afghanistan-Expedition, aus der Perspektive des (fiktiven) Funkers Sebastian Stichnote aus München-Giesing. Im ersten Teil der Erzählung begegnen wir ihm im Sommer 1914, kurz vor Kriegsausbruch auf einer Flottenmission im Mittelmeer, die den deutschen Fürsten Wied schützen soll, der von Deutschland und Österreich zum Marionettenkönig von Albanien erhoben wurde (auch so eine herrlich absurde Geschichte am Rande jenes Sommers). Der Krieg beginnt, die Deutschen beschießen mit zwei Kriegsschiffen in einem Husarenstück die algerische Hafenstadt Bône und flüchten dann vor der überlegenen britischen Flotte nach Konstantinopel, wo der Kaiser kurzerhand die Schiffe samt Mannschaft an den (zu jener Zeit noch neutralen) osmanischen Sultan verschenkt, damit sie nicht den Engländern in die Hände fallen. (Schon wieder so eine völlig abgedrehte, aber authentische Begebenheit) Dort wird Funker Stichnote der Afghanistan-Expedition zugeteilt, die wir im zweiten Teil auf ihrer gefahrvollen Reise durch die Türkei, Syrien, Mesopotamien und die Wüsten Persiens begleiten. Diese abenteuerliche Reisegeschichte hat dem Buch in ein paar Rezensionen den Ruf eingetragen, so etwas wie Karl May zu sein, dazu muss man allerdings sagen, es ist - wenn überhaupt - auf alle Fälle Karl May für moderne, intelligente Erwachsene! Der letzte Teil behandelt dann die Zeit der Expedition in Afghanistan und dem Versuch, ihre Mission am intrigenreichen Hof des listig taktierenden Emirs zu erfüllen. Hier macht die Story noch eine fundamentale Wende, biegt von der faktischen Historie ab und erzählt in ihren letzten zehn oder zwanzig Seiten eine völlig alternative Geschichtsschreibung.
Es ist also satt was geboten, eine opulente, unterhaltsame und spannende Lektüre für alle, die sich für exotische Länder, abenteuerliche Reisen und die Geschichte jener Zeit interessieren, Kopetzky rührt ein pikantes Gebräu zusammen, mit Zutaten aus allen möglichen Gewürztöpfchen der Schreibekunst. Dass kontrafaktische Ende wurde kritisiet, aber ich finde, es passt zur fantastischen morgenländischen Erzählkultur (die thematisiert wird), gibt dem Buch seinen eigenen Reiz und zwingt den Leser (wenn es ihn interessiert), nachzuhaken, was von Kopetzkys Fabulierungen nun wahr ist und was nicht.
Denn Steffen Kopetzky ist - und das ist es, was mich am ehesten gestört hat an der Lektüre - das, was man in Baiern ein "Gscheidhaferl" nennt. Er zieht dutzendweise Kuriositäten aus dem Ärmel und erschlägt das Publikum mit seinen Funden. Wo das gesamte Thema schon ein riesengroßes "Das hätten Sie jetzt nicht gedacht!" darstellt, wird es in Summe der Detailzuckerln einfach zu viel: Gegen Zahnschmerzen empfiehlt ein Alpinist aus der Reisegruppe dieses sensationelle neue Hustenmittel von Bayer namens "Heroin", der amerikanische Konsul lässt sich extra aus Atlanta eine braune Limonade kommen, die noch keiner kennt - und alle bestaunen den seltsam geschwungenen Schriftzug auf der Flasche: Coca-Cola. In der kaiserlichen Marine dient ein blutjunger schneidiger Leutnant namens Karl Dönitz (der später in unserer realen Welt die U-Boot-Flotte der Nazis befehligen wird und 1945 nach dem Tode Hitlers in Flensburg noch für ein paar Wochen Reichskanzler spielen darf), der beim Beschuss von Bône den Kellermeister Julien Camus verwundet, dessen kleiner Sohn am Kai zusieht (der Kleine heißt Albert und wird 1960 den Literaturnobelpreis bekommen). Alles möglich, alles vielleicht sogar so geschehen, aber beim Lesen wird es einfach zu viel des Guten.
Davon abgesehen eine feine, intelligente Geschichte, die alles hat, was man für eine unterhaltsame Lektüre braucht.
Ein bisschen wie "Karl May trifft Umberto Eco." Eindringliche Beschreibungen einer Reise die einem Selbstmordkommando gleicht. Zum Teil langatmige Beschreibungen, dann wieder ein Zeitraffer. Die Charaktere bleiben irgendwie oberflächlich und ich hatte eigentlich nie wirklich Anteil an ihren Schicksalen.
Die Ausmaße des ersten Weltkrieges waren mir vor diesem Buch schlichtweg nicht bewusst. Wer mit wem, wieso und wie, wusste ich nicht. Auch wie man zu dieser Zeit gelebt hat war mir bisher nicht klar und ich finde, dass das in diesem Buch sehr gut beschrieben wurde.
Mehr ein Abenteuerroman als ein Kriegsroman - zum Glück! Denn die abenteuerliche Reise von Albanien nach Afghanistan ist wunderbar erzählt und macht Lust, die Gegend selber zu erkunden. Gleichzeitig ist es faszinierend, die wahre Geschichte zu begleiten und Neues dazuzulernen.
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2 1/2 Sterne von mir. Die Geschichte hat einen interessanten Hintergrund und auch manch spannenden Charakter. Teilweise wirkt der Autor aber sehr bemüht, den historischen Hintergrund auszumalen. Umso ärgerlicher ist es, wenn sich dabei Fehler einschleichen (z.B. Gegenstände etc. die es zu dieser Zeit nicht gegeben haben kann), die die langatmigen Schilderungen unglaubwürdig machen. Auch die Charakterentwicklung ist nicht immer glaubhaft und zu viele Ereignisse und Verknüpfungen von Figuren und Handlung wirken konstruiert. Mit etwas Straffung und noch besserer Charakterzeichnung hätte es für mich ein richtig gutes Buch werden können, so reicht es immerhin zu einer unterhaltsamen "Abenteuerlektüre". In die Trojanow/ Nadolny/ Kehlman Kategorie schafft es der Autor aber nicht.
Ganz persönliche Entdeckung: Das ist einfach nicht die Art Geschichte, die ich gerne mag. Kopetzky ist mit seiner jahrelangen Recherche, mit seiner Story und den Charakteren nichts Gravierendes vorzuwerfen. Schon andere Autoren (Trojanow und nicht zuletzt May) haben bei mir mit abenteuerlichen Reisen in den Orient nicht punkten können.
Basiert auf einer wahren Begebenheit - ein abenteuerliches Stück Weltgeschichte, das auch noch erklärt wie das Spiel Risiko entsteht. Lesbar, unterhaltsam - in Details manchmal blutleer.
It requires some patience from the reader, as the author tends to meander a bit and takes his time to get things really going, but otherwise a nice adventure novel.