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225 pages, Kindle Edition
Published December 1, 2016

Mutter sorgte mit Hingabe für uns Kinder. Mich als Erstgeborenen hätschelte sie ganz besonders, denn sie wollte mich schnell erwachsen werden sehen. All ihr Hoffen und Streben richtete sich darauf, eine große, weitverzweigte Familie entstehen zu sehen, um sich dereinst in Israel an ihren Enkeln zu erfreuen.
‒ S. 49, „Der Junge, der nicht hassen wollte“
Aber Mutter hielt mich immer noch fest umarmt, küsste mich hastig auf die Stirn und sagte: »Sei stark und lass keinen Hass in dein Herz … Liebe ist stärker als Hass, mein Sohn … vergiss das nie!«
‒ S. 115, „Der Junge, der nicht hassen wollte“
Dass meine Mutter, meine Geschwister, meine Großmutter und meine Cousins kaum eine Stunde später tot sein würden ‒ nein, dass kann ich bis heute noch nicht glauben und fassen.
‒ S. 128, „Der Junge, der nicht hassen wollte“
Das Volk der »Dichter und Denker«, dessen Literatur bis ins Mittelalter zurückreicht […], dieses Volk der Hochkultur […], die der Welt wahre Wunderwerke an geschriebenen Texten hinterlassen haben, dieselbe Nation, die einige der einflussreichsten Philosophen […] hervorbrachte, dieses großartige Land, das unter vielem mehr auch einige der größten Komponisten […] sich zugehörig nennen durfte ‒ dasselbe Volk, dieselbe Nation, wurde von einem Bazillus des Bösen angesteckt. […] Und als hätte es eine »Kulturnation Deutschland« nie gegeben, tauschte man die Feder mit dem Gewehr, verbrannte Bücher, anstatt diese zu lesen, und intonierte anstelle wundervoller Sonette und Symphonien die Kriegstrommeln. […] Wenn ich ganz ehrlich bin, so kann ich diesen Umstand, dass Menschen sich dermaßen verändern können, bis heute nicht verstehen.
‒ S. 81-82, „Der Junge, der nicht hassen wollte“
»Wisst ihr was? Wenn ich diesem Kind kein Brot gebe, bin ich nicht besser als Hitler, […]. Ich fühle mich verpflichtet, das zu tun. Auch ihr wisst doch alle, was Hunger ist. Wollt ihr denn Rache nehmen an dieser unschuldigen Frau und dem armen Kind? Wollt ihr diese Frau und ihr Kind hassen, nur weil sie Deutsche sind? Wollt ihr sein wie er?«
‒ S. 220, „Der Junge, der nicht hassen wollte“