Im obersten Stock eines Kaufhauses bereitet sich ein Mann auf den Tag vor. Trinkwasser besorgen, dann Batterien für die Taschenlampe. Der Mann ist Grundschullehrer. Er ist auf der Suche nach seinen letzten Schülern - vielleicht hat einer überlebt.
Er weiß, wenn er das Gebäude verlässt, fallen ihn die Menschen an, denen er begegnet. Die Infizierten. Denn der Großteil der Menschheit ist einer Pandemie zum Opfer gefallen, die alle zu Bestien macht. Bewaffnet mit einer Pistole wagt der Mann sich hinaus auf die Straße ...
Ehrlich? Das ist eines der vielleicht realistischsten Zombie-Bücher, die ich bisher so gelesen habe. Darin liegt seine Stärke - aber auch seine Schwäche.
Unser Protagonist hat, als wir in die Geschichte einsteigen, zumindest eines gefunden: Ein Ziel. Denn wenn die Welt ringsum brennt ist es gut zu wissen, in welche Richtung man laufen möchte. So erwacht er in einem Kaufhaus mit kaum mehr als ein paar Habseligkeiten in seinem Rucksack und einer Menge Angst vor der Welt da draußen im emotionalen Gepäck. Wir erleben einen Mann, der weit gebrochener sein könnte, als es den Anschein macht. Was ihn davon abhält, inmitten gefährlicher Zombies den Verstand zu verlieren ist ein Gegenstand, der ungewöhnlicher kaum sein könnte. Zumindest innerhalb einer Welt, die den Untergang gerade erst hinter sich gebracht hat: Ein Klassenbuch.
Die wichtigste Seite darin ist jene mit den Namen seiner Schüler. Denn unser Protagonist ist - oder vielmehr: war - Lehrer. Kein Soldat. Kein Ex-Sheriff. Ein Pädagoge ohne jede größere Qualifikation in Sachen Mord und Totschlag.
Wir erleben also, wie er sich aus dem Kaufhaus ins Freie und von dort weiter zu seiner nächsten Station kämpft, bei der es sich um nichts weniger als um die ehemalige Heimat eines Schülers handelt. Seine Reise lässt uns einen Blick auf eine Welt werfen, die wir so zwar schon oft gesehen, aber nicht häufig gut erklärt bekommen haben: Eine Welt voller aggressiver Menschen, deren Gehirne auf das bösartige Basis-Programm heruntergefahren wurden. Denn in "Welt der Toten" handelt es sich gar nicht um Untote im klassischen Sinn.
Tom Winter hat sich viel überlegt. Sein Buch gehört sicher nicht zu den epischsten Geschichten, die man rund um die Hirnlosen-Apokalypse lesen kann. Trotzdem gefällt mir vor allem sein Versuch, die schon bekannten Elemente mit ein wenig mehr Realismus auszustatten. So können die Monster zwar auf die althergebrachte, menschliche Weise sterben. Auch haben sie ein Ablaufdatum, gewissermaßen. Und trotzdem ist das Buch kein Spaziergang - im Gegenteil. Es wirkt viel dichter an unseren Alltagserfahrungen als einem das lieb sein kann.
Ich weiß nicht, ob ich gut verständlich machen konnte, was den Unterschied zu "herkömmlicher" Zombie-Lektüre ausmacht. Es ist (in vielerlei Hinsicht) nicht weniger Brutal als die meisten anderen - und doch ... die Motive wirken glaubwürdiger. Ehrlicher. Und das macht es an mancher Stelle vielleicht sogar ein wenig zu Triest. Zu unvorhersagbar.
Der Schreibstil ist recht direkt und wenig ausgeschmückt. Nicht ganz meines, wenn ich ehrlich bin. Trotzdem hatte das Buch genügend Pepp um fertig gelesen zu werden. Beim nächsten Mal würde ich mir zwei Dinge wünschen: Ein etwas ausgefeilterer Stil und ein bisschen mehr Drama - ohne dabei darauf zu verzichten, jedes Element so dicht an der Realität zu halten, wie es mit diesem Buch gelungen ist.