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869 pages, Hardcover
First published January 1, 2008
"lieber herr bernhardDas schreibt Unseld, nachdem Bernhard noch kurz vor seinem Tod dem Residenz Verlag ein neues Manuskript angeboten hat - trotz vertraglicher Bindung an Suhrkamp und zum wiederholten Male trotz gegenteiliger Beteuerungen. Dieses "Fremdgehen" traf Unseld wohl an der empfindlichsten Stelle und Bernhard hat es mutwillig und strategisch eingesetzt, um Suhrkamp unter Druck zu setzen. (Die fünf Bände der Autobiographie erschienen nacheinander im Residenz Verlag).
ich habe gestern ihren brief vom 20. november erhalten. fuer mich ist eine schmerzensgrenze nicht nur erreicht, sie ist ueberschritten. nach all dem, was in jahrzehnten und insbesondere in den beiden letzten jahren an gemeinsamem war, desavouieren sie mich, die ihnen gewogenen und fuer sie wirkenden mitarbeiter, und sie desavouieren den verlag. ich kann nicht mehr.
ihr siegfried unseld"
Und einmal möchte ich wirklich die ganze Obsorge und das ganze charakterliche Gewicht des Verlages auf mein Buch konzentriert sehen, was ich noch nicht erlebt habe, denn ausgezeichnetes, wirklich Gewichtiges im Hinblick auf den Absprung eines meiner „größeren“ Bücher in die gehirnklaffende, scheußliche, mir auf die Nerven, aber nicht in die Nerven hineingehende Welt, habe ich bis jetzt noch nicht erlebt. Tatsächlich hat es keiner meiner sogenannten Romane bis heute auch nur zu einem Einzelinserat in einer der wichtigsten Zeitungen gebracht, beispielsweise, mir ist es zuwider, davon zu sprechen, aber es gibt unerlässliche Gründe, etwas auszusprechen. Nur dürfen Sie nicht vergessen, dass ich, obwohl weit entfernt, doch aufs Äußerste mit der Materie des Verlages, des Geschäftes und des gemachten Erfolges oder Misserfolges vertraut bin, nicht länger gedenke ich, mich einer doch nur liebenswürdigen Beiläufigkeit eines Apparates wie des Verlags in Frankfurt als ein Opfer der Routine zu empfinden. Entweder mein Buch zieht auf sich die größtmögliche Konzentration im nächsten Herbst, oder es kommt ganz einfach nicht heraus. Mir fehlen zahmere Wörter.