Wie sähe Deutschland aus, wenn die AfD an der Macht wäre?Es gibt kaum einen Journalisten, der die AfD und ihr Umfeld so gut kennt wie Justus Bender. Der für die Partei zuständige Politikredakteur der FAZ begleitet sie seit 2013 mit investigativen Recherchen zu innerparteilichen Querelen und radikalen Tendenzen. Er beschreibt das Spitzenpersonal der Partei und damit zugleich die wichtigsten Repräsentanten der verschiedenen Flügel und Strömungen – ihre Positionen, ihre Machtkämpfe. Vor allem aber untersucht er, wie diese Partei unser Land verändert.Der Aufstieg der AfD verändert nicht nur die politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland – er droht das Land zu spalten, und die traditionellen Parteien suchen verzweifelt nach einer Antwort, um den Siegeszug zu stoppen. Justus Bender, politischer Redakteur der FAZ, begleitet die AfD seit ihrer Gründung 2013 mit investigativen Recherchen, er führte Hunderte Interviews mit ranghohen Funktionären der Partei, er kennt alle relevanten Akteure aus zahllosen persönlichen Begegnungen. In diesem Buch zeichnet er ein Porträt der Partei aus nächster Nä Was will die AfD eigentlich und wie sähe Deutschland aus, wenn sie an der Macht wäre? Zudem analysiert Bender, warum bisher alle Strategien zur Bekämpfung der AfD gescheitert sind und wie man vorgehen muss, um sich in der Konfrontation mit dieser Partei und ihrem Gedankengut zu behaupten.
Platon sagt, ein übersteigertes Verlangen nach Freiheit zerstöre ein demokratisches Gemeinwesen und führe zu autokratischen Strukturen. Die ruppige völkische Einforderung von Freiheit kennzeichnet die AfD-Burschen-und-Mädelschaften.
Justus Bender behauptet, ein extrem ausgeprägtes Streben nach Ordnung sei per se nicht pathologisch. Das Einrichten eines antidemokratischen Ordnungssystems kennzeichnet die AfD-Burschen-und-Mädelschaften.
Die psychologische Forschung weiß, dass Angst eine der bedeutendsten Triebfedern menschlichen Handelns ist. Das Verbreiten von Angst ist das Geschäftsmodell der AfD-Burschen-und-Mädelschaften.
Justus Bender kritisiert, der bundesrepublikanische Politikbetrieb sei gekennzeichnet durch einen eklatanten Mangel an emotionaler Teilhabe. Das Rausblasen von Bauchgefühlen bei gleichzeitiger Resthirnausschaltung kennzeichnet die intellektuelle Grundschwingung der AfD-Burschen-und-Mädelschaften.
Justus Bender bemängelt, der bundesrepublikanische Politikbetrieb weise einen eklatanten Mangel an Authentizität auf. Das Vorführen authentischer rassistischer Emotionen gehört zum Wesenskern der AfD-Burschen-und-Mädelschaften.
Es tut gut, daß sich eine ganze Riege von Journalisten und Wissenschaftlern dem Phänomen der ‚Neuen Rechten‘ widmet, deren öffentlich deutlich sichtbarstes Zeichen die „Alternative für Deutschland“, kurz die AfD, ist, die erste rechtspopulistische (um zumindest das geringste zu sagen) Partei, der es in der Bundesrepublik gelungen ist, wirklich Fuß zu fassen und bisher immerhin in mehrere Landesparlamente im Westen wie im Osten des Landes gewählt wurde. Sie hat – noch – vergleichsweise gute Aussichten, im September 2017 in den Bundestag einzuziehen, auch wenn ihre Strahlkraft momentan (Anfang April 2017) zu verblassen scheint, was vor allem auf innerparteiliche Querelen zurückzuführen ist.
Daß sich in Deutschland mehr als nur ein paar versprengte Rechtsradikale wieder an der „Volksgemeinschaft“ wärmen wollen, womit man es an der Basis grundlegend zu tun hat – mit diesen Fragen beschäftigen sich Wissenschaftler wie Volker Weiß oder Michael Wildt, wenn sie in ihren Werken der NEUEN RECHTEN (Weiß) oder VOLK, VOLKSGEMEINSCHAFT, AfD (Wildt) nachspüren. Beides sind lesenswerte Grundlagenwerke, die ihre Berechtigung auch über tagespolitische Aktualität behalten werden. Es bleibt Journalisten wie Melanie Amann (SPIEGEL) und Justus Bender (FAZ) vorbehalten, sich mit der AfD, ihrem Personal und ihrer ganz spezifischen Eigenart, ihrem spezifischen Auftreten und ihrer Programmatik zu beschäftigen. Naturgemäß sind Bücher wie das vorliegende von Bender, WAS WILL DIE AfD? EINE PARTEI VERÄNDERT DEUTSCHLAND, meist nach kurzer Zeit in weiten Teilen überholt. Während diese Zeilen geschrieben werden, bestätigen neueste Umfragewerte, daß die Partei sich wohl weiterhin in einem Sinkflug befindet.
Dennoch, Benders Werk ist durchaus wichtig und wirft nicht nur interessante Fragen auf, sondern gibt teils auch bedenkenswerte Antworten. Während die Kollegin Amann sich eher der Entwicklung der Partei widmet und anhand des herausstechenden Personals – Frauke Petry und Marcus Pretzell, Björn Höcke, Alexander Gauland und André Poggenburg oder aber Alice Weidel, Jörg Meuthen oder Beatrix von Storch – einzelne Abschnitte in der noch kurzen aber bewegten Parteigeschichte beleuchtet, betrachtet Bender die Partei eher als gesamtes Gebilde, als Sammelbecken für Ideologen, Unzufriedene und Karrieristen. Weniger sind ihm einzelne Personen wichtig, sondern eher Stimmung und Art der Argumentation, die in der Partei herrschen. Und ganz sicher ist es ihm darum zu tun, herauszufinden, wie diese Partei das Land reell verändert und schon verändert hat. Das ist interessant, allerdings hat es zwei entscheidende Nachteile: Teils wirkt das, was er beschreibt, nahezu redundant, weil es entweder schon Dutzendfach beschrieben wurde, oder aber es ist zu offensichtlich in den Schlußfolgerungen. Zum andern bekommt das Ganze eine arg selbstreferenzielle Note, wenn Bender wieder und wieder eigene Erlebnisse und Auseinandersetzungen mit AfD-Politikern und -anhängern thematisiert.
Dieser zweite Punkt sollte nicht überbewertet werden, da die AfD sich als Partei, als Organisation, ebenfalls nicht scheut, persönlich gegen einzelne ihnen mißliebige Journalisten vorzugehen und diese öffentlich bspw. auf Parteitagen anzugehen, gar anzuprangern. Auch Amann kann ein Lied davon singen. Doch wo sie sich, womöglich aus einem Kalkül journalistischer Genauigkeit und Zurückhaltung heraus, was eigene Erfahrungen betrifft eher zurückhält, werden diese bei Bender zu einem immanenten Teil seiner Auseinandersetzung. Und ein paar Mal zu häufig auch zu Belegen gewisser Strömungen oder Haltungen in der Partei. Dies sei bitte nicht falsch verstanden – auch Erfahrungsberichte und subjektive Eindrücke gehören zu gutem Journalismus, ebenso wie Einordnung und Meinung. Es stellt sich die Frage, ob es im Umgang mit einer Partei, oder, wollte man es ausweiten auf die Frage, was diese Partei trägt, im Umgang mit einer Strömung, vielleicht gar einer gesellschaftlichen Strömung, die sich wesentlich auch aus einem tiefen Mißtrauen gegen die seriösen, sogenannten „Systemmedien“ speist, die richtige Methodik ist, das eigene Befinden und Erleben zum Referenzpunkt zu machen. Es bleibt vielleicht eine Geschmackssache des jeweiligen Lesers. Allzu oft aber rückt diese Art der Beschreibung in die Nähe der Kolportage, des Anekdotenhaften und erschwert damit die Analyse, läßt die notwendige Distanz missen. Allerdings kann man ebenso argumentieren, daß gerade dies die richtige Methodik sei, indem man sein eigenes Spiel spielt und sich nicht auf die Regeln einläßt, die die Partei so gern vorgibt und die Bender nicht nur durchschaut, sondern in diesem Text auch kenntlich macht und bloßstellt.
Ebenfalls positiv an dieser sich selbst reflektierenden Methode ist dann allerdings auch, daß Bender selbstkritisch immer wieder eigene Fehleinschätzungen hinsichtlich der AfD thematisiert, was seinen Text glaubwürdig macht. Doch bei allem Bemühen um Differenz und um differenzierte Betrachtungsweise, ist es der oben erst genannte Punkt, der die Analyse manchmal eindimensional, ja sogar einfach, zu einfach wirken läßt. Wenn Bender ebenso ausführlich wie umständlich erklärt, wie ein AfD-Anhänger auf eine bestimmte von ihm vorgeschlagene Argumentation reagieren müsste, um sich nicht in heillose Widersprüche zu verheddern, aus der dann real kommenden Reaktion aber ableitet, daß AfD-Wähler eben gar nicht argumentieren wollen, dann entspricht das im Erkenntniswert etwa den immerhin schon anderthalb Jahre alten Videos, die ein Team des NDR als O-Ton auf ‚Pegida‘-Spaziergängen und AfD-Kundgebungen gesammelt hatte. Daß, wie Bender noch einmal in aller Deutlichkeit sagt, die meisten dieser Menschen vor allem strafen wollen – mit Liebesentzug, mit Abkehr und Häme gegenüber dem, was sie als das „Establishment“ ausgemacht zu haben meinen – ist natürlich eine wesentliche Erkenntnis und es ist das Verdienst dieses Textes, noch einmal das Basiswissen darzulegen, welches der Umgang mit einer Partei wie der AfD in diesen Zeiten bringt. So verdeutlicht Bender an einigen Beispielen, wie es bspw. AfD-Politikern wie Björn Höcke gelingt, den politischen Diskurs immer weiter zu verschieben, den Rahmen dessen, was sagbar ist, stetig auszuweiten. Bender berichtet sogar davon, wie der privat wohl eher stille Höcke diese Strategie ihm gegenüber explizit benannt hat. Daß die eigentlich eklatanten Aussagen dieses extremen Rechtsaußen der Partei meist gar nicht jene sind, die in den Medien skandalisiert werden, sondern oft eher in dahin geschluderten Nebensätzen anzutreffen sind – es sind dies ein weiterer wesentlicher und wichtiger Hinweis dieses Buches.
Dazu trägt auch das Schlußkapitel bei, in welchem er Strategien der Befragung und Auseinandersetzung aufzeigt, die durchaus wirkungsvoll sein können. Davon ausgegangen, es mit einem Gegenüber zu tun zu haben, daß eigene Verfehlungen und die anderer Parteimitglieder immer gern vernachlässigt, herunterspielt oder als „Geburtsfehler einer noch jungen Partei“ abtut, die Verfehlungen anderer Parteien und politischer Gegner aber immer laut und möglichst schrill anprangert, ist es durchaus vernünftig, sich gar nicht erst auf Diskussionen einzulassen. Zumindest nicht zu den Bedingungen der Parteimitglieder. Einfach nachfragen hilft. So wie es die Journalisten des ‚Mannheimer Morgen‘ taten, als sie sich auf Petrys Forderung, den Flüchtlingen der Balkanroute die Grenze zu versperren, nicht in moralische Empörung hineinsteigerten, sondern ruhig und besonnen einfach weiter fragten: Wie stelle sie sich das denn vor, rein technisch usw. Petry beschwerte sich später, sie sei „reingelegt“ worden, was nicht nur beweist, daß die AfD-Chefin keine Ahnung von journalistischer Arbeit hat, die sie aber immer gern und laut kritisiert, zuletzt noch auf einer Podiumsdiskussion zu einem ARD-Film (DIE NERVÖSE REPUBLIK), sondern auch, daß diesen Politikern und ihren meist unausgegorenen Ideen am besten zu begegnen ist, indem man eben diese Ideen und „Lösungsvorschläge“ auf ihre Realitätstauglichkeit prüft. Bender zeigt sogar auf, wie man durchaus noch hätte weiter gehen und Petry zu noch viel schlimmeren Ungeheuerlichkeiten animieren können. Ganz ohne sie „reinzulegen“.
Bender stellt die Mischung aus Ideologen, Idealisten und opportunistischen Karrieristen deutlich aus, er rekurriert auf die wirklichen Überzeugungstäter, widmet sich aber mehr noch den Unzufriedenen, dieser diffusen Wut und angeblichen Angst und Sorge um das Land, die eine schwer fassbare Unzufriedenheit bestimmt. Diese Unzufriedenheit ist mittlerweile auch dort spürbar, wo man weit von der AfD und ihren teils kruden Ideen und „Lösungsvorschlägen“ entfernt ist. Daß eine solche Unzufriedenheit für ein Gemeinwesen gefährlich werden kann, steht außer Frage, Benders Verdienst ist es, diese Gefahren und wie eine Partei wie die AfD sie noch schürt und anfacht, deutlich zu benennen.
Ob es dazu ein fast schon dystopisches, an Science-Fiction gemahnendes „Szenario 2026“ braucht, in welchem die AfD in einer bürgerkriegsähnlichen Situation fast handstreichartig einen Kanzler namens Poggenburg stellt, um dann in einer Doppelstrategie aus Kanzlerweisungen und Volksentscheiden, die die AfD quasi gegen den eigenen Juniorpartner in der Koalition, die CDU, anstrengt, das Land mindestens in eine Autokratie zu wandeln, sei einmal dahin gestellt. Einmal abgesehen davon, daß das Szenario stark an den Grundplot des französischen Bestsellers LE BLOC erinnert, sind solche Zukunftspanoramen immer gewagt, wirken sie doch entweder zu alarmistisch oder aber zu verharmlosend. Hier haben wir es mit der alarmistischen Variante zu tun. Vielleicht tut es ja auch ganz gut, wenn einmal überdeutlich aufgezeigt wird, wie eine solche Entwicklung, eine solche Regierung und deren Handeln reell aussehen könnten. Doch entfernt sich der Autor hiermit schon sehr weit von dem, was man gemeinhin „Journalismus“ nennt.
Ein aktuelles Buch, Bender ist es sogar noch gelungen, Höckes im Januar gehaltene und seither viel diskutierte „Dresdner Rede“ einzubeziehen. Die Aktualität ist zugleich, es wurde bereits darauf hingewiesen, auch die Gefahr eines solchen Buches, denn es kann schnell überholt sein. Gerade, wenn man es mit einem Sujet wie der AfD zu tun hat, einer Partei, die Ruhe, gar Stillstand nicht erträgt, in der entweder immer der äußere Feind bekriegt, sonst aber gern der innere Gegner bekämpft werden muß. So hat es im Parteivorstand seit Erscheinen des Buches bereits etliche neue Volten und Verwerfungen gegeben und man kann gespannt sein, ob dies hier bald eine neue, erweiterte, Auflage oder demnächst sogar einen zweiten Teil bekommt. Oder auf den Grabbeltischen verödet, weil das ganze Thema im September erledigt ist…
Sehr gute Analyse der möglichen Treiber von AfD Anhängern für Ihre Politik. Die Basis bildet der Dialog zwischen Sokrates und Glaukon in "Der Staat", der ungemein erhellend für die deutsche Situation heute ist. Im Grunde sagt Bender, dass viele Wutbürger "snowflakes" sind, und ich denke er hat einen Punkt. (ob Ulf P. es gelesen hat?) Sein Szenario einer Konstellation von politischer Blockade und Bereitschaft der Union, es doch mit der AfD zu versuchen, ist gruselig nah an der heutigen Lage. Seine Beschreibung des DOGE artigen Abbaus der staatlichen Strukturen ist prophetisch. Auch wenn es ohne Datenanalyse (wie Umfragen oder anderen Erhebungen) auskommt ist es eine lohnenswerte Auseinandersetzung mit den unterliegenden ideologischen Strömungen, die den Erfolg der AfD antreiben. Zum einen sollte es jeder lesen, der es ernst meint mit der Auseinandersetzung mit der AfD, zum anderen hätte ich es gerne schon 2017 gelesen. Vertane Jahre und Mühe für mich.
8 Jahre nach erscheinen zeigt sich, wie falsch der Autor an so vielen Stellen gelegen hat. Dazu kommt, dass das Buch eigentlich kein richtiges Ende hat, sondern gefühlt nur 5 Seiten Manuskript mit ein bisschen Kritik an Höcke zusammenhanglos hinten drangetackert wurde.