Wie auch schon bei den beiden Vorgängern angemerkt, bin ich hier interessierter Laie und keine kritische Leserin. Und es hat mir wieder großen Spaß gemacht, zu lesen und ein bisschen was zu lernen und zu verstehen.
Gut lesbar und anregend vor allem der vielen Namen aus der vielleicht 2. Reihe wegen, deren Rolle als Vordenker oder Stichwortgeber gewürdigt wird. Gleichzeitig führt die Berücksichtigung der Vielen zu einer "neuen Unübersichtlichkeit" des Schreibens, die gleichwohl der Unübersichtlichkeit gesellschaftlicher und geistiger Prozesse im "langen 19. Jahrhundert" geschuldet ist. Während der Autor in den ersten beiden Bänden einem (überaus gelungenen!) Konzept quasi marxistischen Zuschnitts folgt und geistige aus den materiellen Vorgängen in der Produktions- und Austauschsphäre erklärt (ohne dabei die gegenseitigen Beeinflussungen sowie religiöse bzw. allgemein kulturelle Gegebenheiten zu vernachlässigen), wendet sich das Blatt in der ersten Hälfte des vorliegenden Buches zu einer eher ideen- und politikgeschichtlichen "Grundierung". Dabei sind diese Ideen nicht mehr eng geführt an einem fachspezifischen Begriff von "Philosophie", sondern schließen naturwissenschaftliche (Darwinismus!), ökonomische, kulturwissenschaftliche usw. Denkansätze ein, die in ihren Aus- und Folgewirkungen auf alte philosophische Fragestellungen dargestellt werden. Allerdings verliert sich der "rote Faden" zwischen Saint Simon, Fourier, Owen, Marx usw. und ein bisschen stört, dass Precht mit Klatschgeschichten über Marx ein allzu populäres Bedürfnis bedient, statt sich z.B. mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es nicht doch auch bei Marx eine "Philosophie" gibt. Sei's drum. Breiten Raum nehmen vornehmlich in der zweiten Hälfte des Buches die Auseinandersetzungen um die Vorzüge des Empirismus, einer Psychologisierung oder der Logisierung bei der Untersuchung von Denkprozessen ein. Hier ist der Autor in seinem Element (anders als bei Nietzsche, zu dem man mehr hätte sagen können) und zeichnet kenntnisreich nach, wie sich das Denken an neuen Ergebnissen der physiologisch orientierten Medizin, der modernen Physik usw. reibt. Die mittlerweile verbeamtete Hochschul- "Philosophie", die weiterhin Kant- Exegese oder Philosophiegeschichte treiben, kommt berechtigterweise nur noch am Rande vor. Das ist immerhin ein farbiges Bild vom Wandel der Wissenschaftslandschaft. Mit der im letzten Teil behandelten Entstehung der modernen Soziologie kommen dann auch wieder die realgeschichtlichen Voraussetzungen in den Umwälzungen der Produktions-, Verteilungs- und Lebensbedingungen (vor allem in den USA und in Berlin) in den Blick. Hier erscheint das Buch stringent und es werden einige der vorher "zerfaserten" Darstellungsstränge wieder zusammengeführt. Warum ziehe ich also dieses Mal einen Punkt ab? Erstens wegen der nicht ganz gelungenen Bewältigung der ansonsten beeindruckenden Stoff-Fülle und zweitens, weil der Autor seinen Anspruch auf populäre und doch stimmige Weise die (materiellen) Voraussetzungen allen Philosophierens in den historischen Epochen aufzuzeigen, jetzt nicht mehr ganz überzeugend durchhält. Dennoch sei das Buch vor allem denjenigen zu lesen empfohlen, die sich für philosophische Fragestellungen interessieren, ohne über allzuviel fachspezifisches Wissen zu verfügen. R.D.Precht ist unbestreitbar derjenige Autor, der es wie kein zweiter versteht, Philosophie verständlich vor den interessierten Laien zu bringen und erfolgreich dafür zu werben, die Disziplin im Alltagsleben wieder ernster zu nehmen und von ihr Angebote zur Orientierung in erneut "unübersichtlichen" Umbruchzeiten einzufordern. Ich bin jedenfalls schon gespannt auf den vierten Band!
Ich habe lange nachgedacht, wie ich zu diesem Buch stehe und mir fällt ein Urteil sehr schwer. Nichtsdestotrotz will ich es versuchen, aber es ist natürlich nur eine Momentaufnahme, wie alle Rezensionen von mir es nun mal sind.
Ich war von den ersten beiden Teilen sehr angetan und hatte hohe Erwartungen in "Sei du selbst" projiziert. Allerdings habe ich mich dabei selbst in die falsche Richtung bewegt. Die ersten beiden Teile waren davon geprägt, dass Precht die Ideen der philosophischen Wegbereiter in einen individuellen sowie gesellschaftlich-historischen Kontext gesetzt hat. Und das gleiche gilt für den dritten Teil. Nun habe ich aber schon oft Precht zugehört, wie er über das 19. Jahrhundert IM ALLGEMEINEN spricht. In Interviews redet er oftmals über die sozioökonomischen Umstände, die die damalige industrielle Revolution mit sich brachte und vergleicht die Umbrüche mit unserer Zeit (vgl."Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft"). Somit habe ich in naivem Glauben angenommen, dass er dieses in "Sei du selbst" wiederholen würde und diesmal (entgegen jeder Stringenz, die eine Bücherreihe mit sich bringen sollte) den gesellschaftlich-historischen Zeitgeist in den Kontext der Philosophen stellt!
Eine folgenschwere Annahme, die bezeichnenderweise eine >kognitive Dissonanz< in mir auslöste. Dadurch erschien mir der erste Teil über das 19. Jahrhundert wirr und an jenem Zeitgeist vorbei geschrieben. Daran sind aber meine Erwartungen schuld und weniger das Buch vor mir. Im philosophischen Sinne des 19. Jahrhunderts lag mein Problem in der subjektiven Anschauung. Über das Buch "Sei du selbst" AN SICH fällt damit ein objektives Urteil ungemein schwieriger aus (manche würden gar sagen, es sei unmöglich).
Um einer philosophischen Grundsatzdebatte aus dem Weg zu gehen, auf die ich zwar Lust hätte (Epikur wäre stolz), aber mich noch in keinster Weise intellektuell bereit fühle, orientiere ich mich bei meiner Bewertung an den Vorgängern. Denn der Schreibstil ist derselbe, genau wie der Informationsgehalt. Obwohl aufgrund meiner kognitiven Dissonanz bisweilen anstrengender zu lesen, bleibt auch der dritte Teil der Philosophiegeschichte ein lehrreiches wie unterhaltsames Werk, welches mir viele neue Ideen näherbringt und dabei den Kontext im Auge behält.
THat was a hell of a long read. Still, I had a good idea of what to expect beforehand and am not disappointed. The book is a high-level summary of the Western history of philosophy (this part is about the 18th and 19th century). I like that I learn some superficial fun-facts (I did not fact check) about the lifes of Nietzsche, Marx, and many others from the 18-19th century. If you want to engage deeply with either figure, this is not the book for you. But I did learn a bit about personalities and their context hat makes me appreciate their work differently and makes me want to read a book or two more about them. the four stars are given in relation to the idea I had about the book beforehand. It is probably not a master-piece in narration or entertainment.
Ich habe beinahe 3 Monate gebraucht, um dieses Buch zu beenden. Ich habe vieles gelernt und noch mehr vergessen. Es ist, wie die beiden Vorgänger so voll mit Information, dass man sich bestenfalls einen Überblick verschaffen kann. Da es aber genau das ist, so, glaube ich, was Herr Precht wollte tut es genau das, was es soll. Ich hatte durchaus meine Freude beim Lesen, auch wenn das Buch mich zu manchen Zeiten erdrückt hat.
Wunderbare Geschichten über die Philosophie des 18. Jahrhunderts. Besonders das Leben von Marx, aber auch Nietzsche und das Aufkommen der Psychologie und Soziologie waren sehr spannend.