Ein großer Roman voll schräger Vögel in einer schrägen Welt. Wer könnte böser und zugleich lustiger und liebevoller darüber schreiben als »Herr Lehmann«-Erfinder Sven Regener?
Kreuzberg, Anfang der 80er Jahre – das war ein kreativer Urknall, eine surreale Welt aus Künstlern, Hausbesetzern, Freaks, Punks und Alles-frisch-Berlinern. Jeder reibt sich an jedem. Jeder kann ein Held sein. Alles kann das nächste große Ding werden. Kunst ist das Gebot der Stunde und Kunst kann alles sein. Ein Schmelztiegel der selbsterklärten Widerspenstigen, die es auch gerne mal gemütlich haben, ein deutsches Kakanien in Feindesland.
»Wiener Straße« beginnt im November 1980 an dem Tag, an dem Frank Lehmann mit der rebellischen Berufsnichte Chrissie sowie den beiden Extremkünstlern Karl Schmidt und H. R. Ledigt in eine Wohnung über dem Café Einfall verpflanzt wird, um Erwin Kächeles Familienplanung nicht länger im Weg zu stehen. Österreichische Aktionskünstler, ein Fernsehteam, ein ehemaliger Intimfriseurladen, eine Kettensäge, ein Kontaktbereichsbeamter, eine Kreuzberger Kunstaustellung, der Kampf um die Einkommensoptionen Putzjob und Kuchenverkauf, der Besuch einer Mutter und ein Schwangerschaftssimulator setzen eine Kette von Ereignissen in Gang, die alle ins Verderben reißen.
Sven Regener is a German musician and writer living in Berlin. In 1982 he recorded his first LP with the band Zatopek and in 1984 he joined Neue Liebe. In 1985 he founded the Berlin band Element of Crime together with Jakob Friderichs. He writes almost all their lyrics as well as playing trumpet. In 2001 he published his first novel, Berlin Blues (original title Herr Lehmann), which achieved sales of around one million copies. The book takes place in autumn 1989 in Berlin. In 2004, Regener was awarded the Deutscher Filmpreis for the screenplay to the film of the same name (best screenplay that has been turned into a film). His second novel, Neue Vahr Süd, was released in 2004 and follows the life of Frank Lehmann while serving in the Bundeswehr in 1980 in Bremen. In 2008 this was followed by a third novel, Der kleine Bruder (The Little Brother) which dealt with the time between 1980 and 1989.
Ich habe die ersten drei Bände der Frank Lehmann-Serie von Sven Regener wirklich sehr gemocht, Herr Lehmann und Neue Vahr Süd sind sogar 5 Sterne-Bücher für mich. Diese Begeisterung kam in Band 4 bei mir nicht mehr auf. Leider. Das Zusammentreffen der Mischpoke in der Wiener Straße in West-Berlin rund um die ArschArt Galerie ist temporeich, mit schlagfertigen Dialogen durchsetzt, wie man es aus den anderen Bänden gewohnt ist. Doch diesmal dreht sich alles um die Kunst, alle machen auf Kunst, alles ist Kunst und wenn etwas mal misslingt im Alltag, dann wird es als Kunst verkauft, z.B. ein verbrannter Apfelkuchen. Keiner hat irgendwelche Talente, aber alle wollen ein Scheibchen von der wilden Punk- und Kunstszene im Berlin des Jahres 1980 für sich abschneiden.
Frank Lehmann spielt in diesem Buch nur eine sehr kleine Nebenrolle, ein Sidekick quasi als Putze. In den vorherigen Bänden war er die zentrale Person, der sich stets einen unverbrauchten Blick mit gesunden Menschenverstand auf die Gegebenheiten seiner Umwelt warf, ob die Szene in Berlin oder Bremen, das Elternhaus oder die Zeit bei der Bundeswehr. Die Komik ergab sich aus der Heterogenität der auftretenden Personen. Das ist in der Wiener Straße nicht so. Hier sind alle gleichermaßen durchgeknallt, was an manchen Stellen mir zu bemüht oder auch zu albern vorkam. Egal, war trotzdem schön, die ganzen „Typies“ mal wieder verfolgt zu haben.
Sven Regener ist zurück im Kreuzberg der frühen 80er Jahre, und seine Helden Frank Lehmann, Erwin Kächele und Karl Schmidt sind auch wieder mit dabei. Zusammen mit Hausbesetzern, (Möchtegern-)Künstlern und Mediennasen bevölkern sie die Wiener Straße, insbesondere das mittlerweile legendäre (und natürlich absolut fiktive) Café Einfall - Sven Regener ist einfach ein genialer Chronist von Mikrokosmen.
Ist das alles super-aufregend und neu? Nein, aber es ist eine brillante Milieustudie, unterhaltsam und charmant, und es fühlt sich ein bisschen an wie ein Treffen mit alten Bekannten. "Wiener Straße" ist ein historischer Roman und ein Heimatroman, aber eben nicht so, wie man sich diese Gattungen klassischerweise vorstellt - hier liegt die Innovation in Regeners Büchern.
Mit diesem Text war Regener nun erstmals für den Deutschen Buchpreis nominiert. Nachdem ich dieses Jahr die gesamte Booker-Longlist und Teile der Goldsmiths-, National Book Award-, Costa- und National Book Critics Circle Award-Listen gelesen habe muss ich leider festhalten, dass der Großteil der Titel auf der Liste zum Deutschen Buchpreis im Vergleich recht bemüht daherkommt (ich habe vier komplett und Auszüge aus allen gelesen). Wie poetisch ist Die Kieferninseln, wenn man es mit Lincoln in the Bardo, Autumn oder Montpelier Parade vergleicht? Wie wagemutig ist Schreckliche Gewalten, wenn man Solar Bones oder H(A)PPY gegenüber stellt? Ich habe nur ein Buch entdeckt, das beim Booker oder Goldsmiths mithalten könnte: Das Floß der Medusa.
Ganz ehrlich: Da schätze ich Regener - er gibt nie vor zu sein, was er nicht ist. Er ist ein Meister der Figurenzeichnung, er hat die Beschreibung eines Milieus perfektioniert, seine Texte fließen natürlich und sind in ihrer Ruhe und geringen Ereignisdichte perfekt komponiert. Die forcierte Pseudo-Kunst, über die sich Regener in "Wiener Straße" lustig macht, war bei seiner Konkurrenz um den Deutschen Buchpreis leider ausführlich zu besichtigen. Die einzigen deutschsprachigen Gegenwartsschriftsteller, die soziale Milieus derzeit auf Regeners Niveau beschreiben können, sind Clemens Meyer und Heinz Strunk.
Eine skurrile Welt, die mir zu schnell langweilig wurde.
Ich habe damals Herr Lehmann als Film gesehen und weiß, dass es die Lehmann-Trilogie gibt. Das war's. Dazu kommt, dass ich zu jung und zu weit weg von der Wiener Straße in den 1980ern bin. Für mich ist das ein Straßenname ohne weitere Konnotation. Mit diesem Vorwissen bin ich an den Roman gegangen.
Zuerst funktioniert es super. Regener zieht mich in seine Welt, in die Gedanken, Gefühle und Dialoge seiner Figuren und schafft eine Atmosphäre, der ich gerne zusehe. Es ist absurd und skurril und trotzdem in so vielen kleinen Momenten so nah an meinen Gefühlen, dass ich das erste Drittel des Romanes oft grinsend dabei bin. Aber dabei bleibt es dann. Weil ich dann ahne, was sich am Ende bewahrheitet: Es gibt keine nennenswerte Story. Es gibt diese Atmosphäre, es gibt Dialoge, die mich immer wieder zum lachen bringen, aber nicht ändert sich. Nicht wird weitergeführt, sondern alles verharrt. Anfang und Ende sind lose gewählt und ich erhalte diesen kleinen Einblick in die Welt. Der ist am Anfang ganz witzig, aber dieser Witz trägt nicht bis zum Ende und vor allem nicht darüber hinaus.
Die Leute, die Regener besser kennen, sagen, dass es bei den anderen Romanen nicht anders ist. Das heißt für mich, Wiener Straße war ganz nett, aber ich muss keinen weiteren Ausflug in diese Welt machen.
Wie hätte es bei einem neuen Buch von Sven Regener auch anders sein können, man taucht mit "Wiener Strasse" wieder in die Welt des Herr Lehmann und seinen bunten Freunden ein. Erneut als Vorgeschichte angelegt, erzählt der Roman eine zeitlich kurze Episode rund um die Bar "Das Einfall" und die darum lauernde Kunstszene. Und dass dies natürlich Sprengstoff für einige Konfrontationen bietet, dafür sorgen die skurrilen Figuren und Regener-typischen Szenen.
Alles beim Alten also, doch irgendwie auch etwas ausgelutscht - hier wollte für mich keine Fahrt aufkommen. Denn obwohl man sich schnell in der Umgebung und Sprache zurecht findet, kann der Autor mit diesem Buch leider nicht an seine vorangegangen Werke anschliessen. Viel eher wirkt alles etwas unrund, zu leer und auf Autopilot geschaltet. So rauschte das Buch leider an mir vorbei, ohne das sich die, arg konstruierte Geschichte aus Nichts, ohne Spannung und Höhepunkt darbot. Da habe ich von Regener schon viel besseres gelesen.
Auf das Buch aufmerksam wurde ich durch eine Lesung, die ich gemeinsam mit einer Freundin besucht habe. Bei passender Gelegenheit hat sie mir dieses Buch geschenkt. Während ich es zu lesen begann, merkte ich schnell, dass ich es hören wollte. Das tat ich dann auch, denn die besondere Atmosphäre kommt beim Hören weitaus besser zur Geltung, als wenn ich es selbst NUR lesen würde. Besonders schön, dass der Autor es selbst liest. Dadurch kommt das Besondere dieses Buch nochmals mehr zum Ausdruck. Und das Buch ist definitiv besonders: Besonders hinsichtlich der Sprache, der Abfolge der Ereignisse und nicht zuletzt besonders aufgrund der Charakteren, die Seven Regener in seiner Geschichte einfängt, auftreten und agieren lässt. Auf mich wirkte das Buch wie aus der heutigen Zeit gefallen - gefallen zurück in de Zeit der Hausbesetzer, selbsternannten Künstler, Sponti - Sprücheklopfer und dies alles dargestellt in einer Männerwelt. Besonders ist das Buch auch hinsichtlich der Ironie, Übertreibung und detailgetreuen Sprach- und Denkmusterdarstellung.
Warum dann nur 4 Sterne? Ein wenig nervte es mich dann irgendwann und ich empfand es auch ein wenig als Kulturschock, da ich es direkt im Anschluss an ein leises und sprachlich gänzlich anderes Buch gelesen hatte. Aber das war ein kleiner Entscheidungsfehler meinerseits.
Ich kann gut verstehen, das nicht jeder mit dem Stil von Sven Regener zurechtkommt, ich finde aber seine Bücher gerade wegen dieser Kettensätze, dieser lustigen Banalitäten, Szenenkomik und der neurotischen Charaktere himmlisch! Das gilt natürlich auch für „Wiener Straße“. Im Vergleich zu den anderen Regener-Büchern passiert fast gar nix, der Roman ist eher eine fast schon theaterstückhafte Momentaufnahme aus den Achtzigern, glücklicherweise ganz ohne Klischeefolklore und Popkulturreferenzen. Das mit der im Hintergrund stehenden Story ist egal, denn Wiener Straße ist trotzdem schön. Ich musste so oft lachen, ob es um Erwins Mitfühlbauch ging, Chrissies Schroffheiten gegenüber jedem, die zahlreichen inkonsistent Berlinernden (die sich wie ein roter Faden durchs Buch ziehen!) oder Kackis Zweifel an P.Immels immer stärker zum Absolutismus tendierende Herrschaft über die ArschArt-Gruppe und seine Identitätskrise, H.R., die Grabgabel und die Kettensäge. Sehr, sehr lustig einfach das alles, auch wenn Frank Lehmann nur eine Nebenrolle spielt.
Über dem Café Einfall ist eine Wohnung frei. Frank Lehmann zieht mit Chrissie, der Nichte des Café-Besitzers, und den beiden Künstlern Karl Schmidt und H. R. Ledigt in diese WG-Wohnung. Man schreibt das Jahr 1980 zur Zeit der Aktionskünstler und Hausbesetzungen in Westberlin. Im Café übernimmt Frank das Putzen. Und Chrissie quengelt solange nach einen Job, bis sie die Frühschicht übernehmen darf. Derweil übernimmt ein neugieriger Nachbar das Renovieren der Wohnung. Und die Künstler erstellen Kunstwerke.
Vielleicht muss man die 1980er inklusive einer Fahrt nach Westberlin erlebt haben, um sich in dieser schrägen Romankomödie wohl zu fühlen. Beim Lesen der Dialoge fühlt man sich in die alten Zeiten zurückversetzt. Mit großen Augen bestaunte man die große Stadt mit ihrer Subkultur, die wie eine Insel in einem ganz fremden Land lag. Keine Wehrpflicht, Berlinförderung und tosendes Leben in urigen Biergärten und auf den Straßen. Mit jedem „Ist schon offen?“ schmunzelt man erneut, mit jedem frech-aggressiven Spruch von Chrissie grinst man über die Berliner Schnauze, die nicht nur von Berlinern gesprochen wird. Auch die urigen Kunstwerke oder Kunstaktionen vermögen zu überzeugen. Würde da nicht immer mal der neue Kontaktbeamte des Kiez dazwischenfunken.
Wie eine Momentaufnahme wirkt die Erzählung. Für ein paar Handlungstage kann man ins Westberlin des Jahres 1980 eintauchen und den Witz des Autors genießen. Wenn man die Welt des Frank Lehmann mag und aus den früheren Romanen kennt, wird man sich über die Wiederbegegnung mit den bekannten komischen Helden freuen und an diesem Ausschnitt aus ihrem Leben gerne teilhaben. Fast wie eine Milieustudie in nicht ganz so ferne Zeiten schlägt Sven Regener eine Brücke in die Erinnerung. Im Geiste hört man den Tonfall, sieht man sie agieren und amüsiert sich über die skurrilen Ideen. Es lebe der Punk, es lebe Berlin und es lebe Frank Lehmann.
Although I enjoyed this a lot I find it hard to say why exactly. I think it was a mixture of being back with the characters, the narrative voice and the 1980s. It was a silly progression of events circling around a bar and an art exhibition. If you liked Sven REgener's other books about Frank Lehmann and Karl Schmidt, you'll enjoy this one as well.
Anders als die beiden anderen chronologisch vor „Herr Lehmann“ angesiedelten Romane Sven Regeners folgt „Wiener Straße“ nicht mehr ausschließlich dem Titelhelden Frank Lehmann. Und das ist schlecht. Denn so vermisst man hier den Rausch, in dem Leser:innen und Lehmann in „Der kleine Bruder“ durch die Kreuzberger Nacht zogen ebenso wie die Leichtigkeit und den Witz der Dialoge in „Neue Vahr Süd“, in denen sich der Titelheld immer wieder in seiner eigenen Argumentation verzettelte. Das üppige Personal in „Wiener Straße“ lässt dafür leider keinen Raum, zu oft springt der Ort der Handlung, zu blass bleiben manche Figuren, die noch nicht aus früheren Romanen Regeners bekannt sind. Spaß kommt jedoch trotzdem stellenweise auf und dafür sorgt wiederum die veränderte Anlage des Textes: Wenn in den personal erzählten Kapiteln nun die Perspektiven verschiedener Figuren gezeigt werden, dann offenbaren diese in ihrem Aufeinanderprallen wunderbar ironisch die vielen Widersprüchlichkeiten der Berliner Künstler- und Hausbesetzerszene der 80er Jahre.
Das ist Kunst! Sven Regeners "Wiener Straße" spielt zwischen "Der kleine Bruder" und "Herr Lehmann" im Westberlin der 80er Jahre. Und wenn man, wie ich, diese Geschichten liebt, kann man sich in diesen tollen, tollen Roman einwickeln wie in eine Decke, erfährt mehr über seine Lieblingscharaktere und das, was Kunst kann, was Kunst sollte und Kunst tut. Dazu gibt es Bier, Kuchen, Kakao, Punks und Punker, KOBs, Albernheiten wie das ArschArt-Kollektiv mit P. Immel und Kacki, Schwangerschaftssimulatoren, Kettensägen, Grabgabeln und - Hach, man wünschte man wäre dort mit ihnen. Und ich weiß nicht, ob man irgendwann einmal genug von diesem großartigen Mikrokosmos haben könnte. Aber bei mir ist das noch lange nicht so weit. Danke dafür!
Setzt die Geschichte unmittelbar da fort, wo "Der kleine Bruder" endet. Ein starkes Stück, denn zwischen der Veröffentlichung beider Bücher liegen fast 10 Jahre.
"Neue Vahr Süd", "Der kleine Bruder" und "Wiener Strasse" hängen chronologisch zusammen. Während Frank Lehmann in Ersterem flügge wird, seine Wehrdienstzeit in Bremen absolviert und schließlich in Richtung Berlin aufbricht, schildert der zweite Roman sein Ankommen in der zweigeteilten Hauptstadt. "Wiener Straße" dreht sich nicht mehr komplett um "Herr Lehmann", sondern erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Die Eckpfeiler der Geschichte sind dabei: die Renovierung einer gemeinsamen Wohnung, eine kaputte Kaffeemaschine und eine Kunstausstellung. Das ist nicht unbedingt weniger Handlung als sonst. Bei "Herr Lehmann" kann ich mich beispielsweise nur an einen Freibadbesuch und etliche Kneipendiskussionen erinnern. Die wahre Qualität lag eigentlich immer woanders, nämlich bei der Inszenierung witziger Situationen mit schrulligen Normalos, schönen Beobachtungen und großartig geschriebener Umgangssprache. Und weil die Charaktere irgendwie den Eindruck machten, ihr Leben zu verschwenden und es auch mit der Liebe nie ganz so klappte, schwang immer eine gewisse Melancholie mit.
Ich bin froh, dass Sven Regener sein "Opus magnum" fortgesetzt hat, aber in meinen persönlichen Olymp lustiger Bücher wird die "Wiener Strasse" trotz einiger komischer und sehr komischer Stellen nicht aufsteigen. Bei mir hat das Buch in erster Linie die Lust geweckt, die ersten Teile der Kneipenromanserie noch einmal zu lesen. Und wenn ich diese in einem der dutzenden Umzugskartons irgendwann wiederfinden sollte, werd ich das auch machen...
Ein großer Roman ist Wiener Straße sicher nicht. Er spielt an ungefähr drei Orten im Berlin der frühen Achtziger Jahre und irgendwie reden die Leute hier immer dasselbe. Nur ein Regener hat es drauf, sowas zu einem Pageturner zu machen. Obwohl zeitlich so weit entfernt, wirkt alles nah und frisch, dass man glaubt, oder sich vielmehr wünscht, dass dies auch das Berlin von heute sei. Ist es aber nicht. Und Frank Lehmann, der hier eher eine Statistenrolle spielt, wird im chronologisch später folgenden Buch “Herr Lehmann” noch weitere Kapitel über den Kiez aufmachen, um den es hier geht. Scheinbar rechnet Regener hier mit der sehr schrägen Berliner Kunstgruppe ab, die er hier der Einfachheit halber Arsch-Art nennt und die ziemlich sicher auf die Gruppe Endart anspielen soll, die noch heute in Berlin eine Galerie betreibt (bzw. das einzig verbliebene Mitglied Klaus Theuerkauf). Eigene Recherche führt hier zum Ziel. Regeners Romane sind alle lesenswert, wenn einem die totale Unfähigkeit und die verbalen Endlosschleifen nicht zu viel werden. Ich habe mich amüsiert und werde demnächst den Herrn Lehmann nochmal lesen. Vor allem freue ich mich auf eine Verfilmung des Stoffes, an den natürlich nur Detlev Buck oder Leander Hausmann Hand anlegen dürfen. Wir brauchen unsere verlässlichen Konstanten im deutschen Literatur- und Filmbusiness. Leute, die Dinge anders machen. Sonst ist hier alles nur noch Till Schweiger und Frank Schätzing.
I don't care if Sven Regener, basically writes the same books, with the same style, same characters, over and over again, because he does it so good. I normally don't really like 'funny' books, but this book was really funny. With characters one just has to like. The book is a fast read, it's story isn't that important, it is more Sven Regener's style which makes this book so enjoyable. If you liked one of his predecesors like 'Herr Lehmann' or 'Neue Vahr Süd' you will love this book.
Die beste Passage des ganzen Romans involviert under cover operierende österreichiche Performancekünstler mit absurden Künstlernamen, einen ebenso heimlichen österreichischen ZDF-Journalisten, das Dach eines besetzten Hauses, eine wilde Abseilaktion und einen Haufen Berliner Punks mit Fernsehaspirationen.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Anfang der 80er Jahre in Kreuzberg: Wohin man schaut, besetzte Häuser; es herrscht ein Hauch von Anarchie. Man träumt von einem anderen Land: Weg vom Kommerz und einem unterdrückendem Staat; Freiheit für Alle und Alles, insbesondere die Kunst. In dieser Atmosphäre spielt 'Wiener Strasse' und erzählt vom Leben und den BewohnerInnen dort während einer kurzen Zeitspanne im November 1980. Über dem Café Einfall werden vier neue BewohnerInnen einquartiert, die der Inhaber des Cafés, Erwin Kächele, aus seiner eigenen Wohnung raus haben möchte. Immerhin wird er überraschenderweise Vater und braucht für sich und die Mutter seines Kindes Platz und Ruhe. So finden sich die Extremkünstler Karl Schmidt und H.R. Ledigt, der lethargische Frank Lehmann und Kächeles Nichte Chrissie in einer Vierer-WG wieder. Was für ein Panoptikum an schrägen Gestalten, neben denen Frank Lehmann und die auf Krawall gebürstete 18jährige Chrissie völlig normal wirken. Österreichische Aktionskünstler, die auf Befehl ihres Anführers P. Immel lebende Bilder darstellen, Punks oder als Band Dr. Votz playback spielen. Fernsehteams des ZDF (oder doch SFB?), die erst Versicherungsrechtliches klären wollen, bevor sie besetzte Häuser betreten. Erwin Kächele, der mit Schwangerembauch seinen Geschäften nachgeht. Dazu Situationen, die durch stete Wiederholungen zum Running Gag werden ('Ist schon offen? Ich dachte, ...') oder durch die genaue Beobachtung ihre Absurdität offenbaren (beispielsweise wie Chrissies Mutter durch die DDR reist). Doch den Schwerpunkt bilden die Künstler (Künstlerinnen scheint es damals nicht gegeben zu haben) und ihre Werke, frei nach dem Motto: 'Das ist dann wohl Kunst, weil nämlich Kunst ist, wenn es einer sagt, dass es Kunst ist!' Auch wenn alles recht überzogen dargestellt ist, fand ich das Lebensgefühl des damaligen Kreuzbergs gut getroffen und habe das Buch mit einem steten Grinsen im Gesicht gelesen. Manchmal war es mir zwar etwas zuviel des Guten, aber dennoch: eine amüsante Lektüre.
Was für eine Enttäuschung! Der neueste Roman von Sven Regener, der mit seinem Roman Herr Lehmann einen Riesenerfolg gefeiert hatte, enttäuscht auf ganzer Linie. Nicht nur, dass es auf etwa hunderten von Seiten keine wirkliche Handlung gibt, auch die Witze, die noch für herzhafte Lachanfälle in den Vorgängerromanen - Neue Vahr Süd (übrigens einer meiner Lieblingsromane) oder Der kleine Bruder - gesorgt hatten, sucht man in diesem Werk vergebens. Schade - ich bin mit großen Erwartungen an diesen Roman herangetreten, voller Vorfreude. Diese wurde herb enttäuscht. Meine Empfehlung an alle, die so sehr mit Frank Lehmann mitgefühlt und mitgelitten haben: Lest diesen Roman nicht - ihr werdet nur enttäuscht werden. Erstens kommt der ehemalige Protagonist nur äußerst selten vor, und zweitens ist es einfach nur langweilig, sich die vielen Unterhaltungen durchzulesen, ohne dass es so etwas wie eine Handlung gäbe. Ich hoffe, das nächste Werk von Sven Regener wird wieder besser - zumal er durchaus eindrucksvoll bewiesen hat, dass er einen herzhaft-witzigen, unterhaltsamen Schreibstil zu Papier bringen kann und Charaktere schaffen kann, die einem wirklich ans Herz wachsen. Hier aber ist das allenfalls sporadisch der Fall. Schade!
Der Meister der absurden Kneipendiskussionen ist zurück. Und mit Zitaten wie "Eine Kneipe ist nicht David Bowie." und "Als besetzes Haus hat man Verpflichtungen." stellt sich bei Freunde des "Herr Lehmann"-Universums schnell ein wohliges Gefühl ein. Obwohl ich mich als Fan unterhalten fühlte, ist dieser Band sicherlich der Schwächste der Reihe. V.a. der Wechsel zwischen den Erzählsträngen funktioniert nicht wirklich, da die Stärken von Regeners besten Büchern die langsame Charakterentfaltung eines einzigen Protagonisten ist, der sich dann hier und da an interessanten Nebenfiguren reibt. Das klingt in "Wiener Straße" leider zu selten an. Die Szenen und Personen hängen etwas zu lose zusammen. Es wirkt fast wie eine Skizzensammlung.
Fazit: Dies wäre ein fast überflüssiges Buch, würde es einen nicht immer wieder an die schönen Momente mit seinen Vorgängern erinnern und das großartige Potential von Sven Regener.
4,5 Sterne Dieser Roman schließt handlungstechnisch nahtlos an Der kleine Bruder an. Zur Abwechslung erweitert sich jedoch der Figurenkreis bei denen man die inneren Monologe mitbekommt. Dadurch spielt Frank Lehmann eine deutlich kleinere Rolle als bisher.
Recht viel Handlung gibt es per se nicht, aber das macht gar nichts, denn es gibt weiter viel zu schmunzeln bei der äusserst detailliert ausgearbeiteten Stimmung in den Kneipen und Kunstgruppen. Das wirkt weiterhin wunderbar lebensecht und authentisch. Dazu gibt es viele Highlights wie H.R. der die Berliner auf die korrekte Verwendung ihres Dialekts einweist, schwäbischen Apfelkuchen, eine Weinprobe im Großmarkt und wiedermal genial fand ich natürlich Karl Schmidt mit seinen Kunstwerken in selbstzerstörenden Kisten!
Ein Frank-Lehmann-Buch ohne Frank Lehmann, oder zumindest fast. Frank ist hier nur eine Nebennebennebenfigur, die im Hintergrund putzen darf. Dadurch überwiegen die Dialoge und Aktionen von "absurderen" Charakteren, was mich zumindest am Anfang sehr abgeschreckt hat und weswegen ich das gesamte Plenum der ArschArt übersprungen hab... Danach wird's aber besser, wenn auch irgendwie unkoordiniert, als wenn sich Regener gedacht hatte, er schreibt ein Buch über das Gelaber im Cafe, dann aber umentschieden hätte auf ein Buch rund um seltsame Kunstaktionen. Ich sag ganz ehrlich, die Handlung ist kaum vorhanden, es geht hauptsächlich um Gelaber und Gekebbel in Endlosschleife, ABER dadurch war es das perfekte Buch um es beim Kranksein zu lesen, wenn das Hirn eh nicht für viel zu gebrauchen ist. Insofern: Danke Regener für dieses Buch! Es war zur rechten Zeit am rechten Ort!
Wieder eine Freude, den chaotischen Wortgefechten und nicht erwachsen werden wollenden zuzuhören! Zwar leider der bisher schwächste Band, was für mich an den zu vielen POVs liegt, aber definitiv ein schönes, kurzes Porträt der knallbunten 80er Jahre Berlins. Alle Charaktere (bis auf Manni, wo war der denn schon wieder?) die Regener so fabelhaft ersonnen hat, haben einen Auftritt bekommen, auch einige neue waren dabei. Beste Szene: die komplett mattschwarze Wohnung mit wackelnder, neon farbener Türklinke (und H.R.s GRABGABEL Baumarkt Seance). Schwächste: die Kunstaustellung war sogar für meinen Geschmack zu überzogen (und wieder H.R. am Start). Vielleicht liegt es auch am überraschend spärlichen Auftritt Lehmans. Naja, hoffentlich überrascht uns Regener mit weiteren skurrilen Werken!
Es macht Spaß, sich wieder in der Berliner Szene rundum Frank Lehmann zu befinden, auch wenn nicht viel passiert -- äußerlich zumindest. Die wahre Geschichte entwickelt sich, während der unendlichen Dialoge und Gedankenstränge der Charaktere (kann man hier schon von Stream of Consciousness sprechen?) eher langsam, das Umdenken, die entschleunigte Entwicklung, die dann (zum Teil erst im nächsten Band) zu Erkenntnissen führt, ist es wert, gelesen zu werden. Die Charaktere scheinen ziellos, haltlos, Entscheidungen werden von Minute zu Minute gefällt, ohne Weitblick, auch wenn endlos philosophiert wird. Frank Lehmann findet seinen Platz, nicht nur Erwins Kneipe, und somit, ein bisschen, auch im Leben. Vorerst. Unbedingt als nächstes "Glitterschnitter" lesen.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Das Buch fügt sich nahtlos in die Serie ein, die das Leben und Erwachsenwerden von Frank Lehmann in Berlin beschreibt. Das ganze Leben spielt sich weiterhin zwischen Kneipe, Großmarkt und Kunstgalerie ab. Der(ie) Leser(in) bekommt einen Eindruck in das Westberlin vor dem Mauerfall und man merkt, dass sich der Autor in der Materie auskennt. Es fehlen immer eins oder mehrere Bücher, die die Lücke zum ersten veröffentlichen Lehmannband schließen. Ich freue mich darauf.
A classic revival of some of Regener's best characters (first and foremost Frank Lehmann, but also Karl Schmitt and Erwin Kächele), but also somehow more of the same. Some of the stilistic elements (irgendetwas hin, irgendetwas anderes her) are precariously close to self-parody. If it weren't for the humane touch Regener has, this probably wouldn't be worth reading, but as it stands, it is.
Echt nicht gut. Ohne Anfang, Mitte und Ende. Wenig Struktur aber auch kein alternatives Konzept. Hab nach der letzten Seite echt noch nachgeblättert ob da was fehlte oder ich was übersehen hätte leider eben nicht. Ein paar Dialoge sind ganz lustig, sonst aber gibt das Buch nichts her, kann man auch als Fan seelenruhig stehen lassen. Bringt ja nichts.
Gemeinsam mit Magical Mystery ist das jetzt wohl mein liebster "Herr Lehmann" (bzw. mein liebster Sven Regener ausserhalb von Element of Crime). Die deutsch-österreichische "Performance" von ArschArt auf dem Dach des pseudobesetzten Hauses ist übrigens urwitzig.