Das Debüt von Leonhard Hieronymi. Ein Manifest, zwei Listen, zwei Erzählungen: Vorwort + Ultraromantik I + Ultraromantik II + Ultraromantik III + Der Sexualkristall + Formalin
Was zum Ficke bin ich lesend? Qualvolle Nacht, Augenrollen intensiviert.
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Eine gar greuliche Sammlung aus Ankündigungstexten, Listen und Kurzgeschichten: Ober-Huso Hieronymi will, unter dem strahlenden Leitgedanken Ultraromantik hängend, den langweiligen deutschen Literaturbetrieb aufmischen. Dafür müsste er aber erstmal seine eigene Clique in Form bringen, die sich ängstlich vom SS-Strauß distanzierte (online nachzulesen auf der Seite ihrer erzblöden Postille mit dem schönen Namen Das Wetter). Das war schwach und kläglich, moralinbesoffen. Mit solchen Säuglingen lässt sich keine Metamorphose machen.
Die Texte, die dieses Ultrajenes ausrufen wollen, sind ein völlig beknacktes Potpourri aus unkonventionellem Schwachsinn und überkomplexer Schwurbeley, das trotz des gegenteiligen Willens nicht pathetisch, nicht romantisch, nicht idealistisch, nicht mutig, sondern merkwürdig steril, wohltemperiert und leblos wirkt. Erklärung hierzu: Der H. wollte Eigen-Ejakulat testen. Dass man dafür keine "Manifeste" zusammenwichsen muss, hätte ihm jeder Dachdecker verraten können. Die beiden Kurzgeschichten am Ende habe ich nicht einmal mehr überflogen. Ultraromantik: Ultrabehindert.
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Dann das Buch ohne Genuß zugeschlagen und mit einer ruckartigen Bewegung in Richtung des geöffneten Fensters der Nacht übergeben. (Reiche Kinder des Zwischennetzes verschlagworten das unter #realtalk)
Interessantes Manifest, aber könnte gehaltvoller sein. Damit der neue Begriff Fuß fasst, schreibt ihn der Autor in jeden Satz ungefähr zweimal rein. Die "Ultralist", eine Aufzählung geistiger Künstlerväter und -mütter des Phänomens, zeugt durch ihren Überhang an Ambient-Musik ein bisschen von gedanklicher Flatline. Außerdem wird es hier und da unangenehm heimattrunken. Von den Erzählungen am Ende ist die eine Käse, die andere okay. Die stärksten Stellen sind die, die sich selbst auf die Schippe nehmen. Um es kurz zu machen: Für die Behauptung, man hätte grundsätzlich mehr davon, Hieronymi zu lesen statt eines Buchs von Simon Strauß, gibt es hier keine Beweise.
wow, das war ganz schön viel ego für zwei super plakative und unterdurchschnittliche Erzählungen am ende - was bin ich froh, dass sich das nicht als Konzept durchgesetzt hat lol
"Der Bürger wünscht die Kunst üppig und das Leben asketisch; umgekehrt wäre es besser." -Ästhetische Theorie
Das eine widerspricht natürlich nicht dem anderen, aber jeder, der über Kunst schreibt, täte gut daran, auch das Leben zu meinen. Dem wird sich hier aber, wie dem Denken überhaupt, verweigert. So lebendig die Literatur hier sein soll, so tot sind die Zustände, die sie beschreibt.
Ich lese das und denke an Nick Land und sehe mich gezwungen zu sagen: Deutsche Literatur ist männlich und wild und rechtsextrem.
Es bleibt noch die Frage, wozu ein Manifest für etwas, das sowieso schon Bestand hat. Neben dem Techoptimismus-Manifest wünsch ich mir noch eins für den Kapitalismus und das Patriarchat!