Liebesperlen, das sind jene klitzekleinen, bunten Zuckerkugeln, die nach Farbstoff und Fruchtaroma schmecken und die sich in Puppensäuglingsflaschen mit rosarotem Gummi-Sauger zu Hunderten tummeln. Würde man nun den Sauger vom Flaschenhals lösen -- die Kügelchen würden herausrollen und der Boden wäre im Nu übersät von farbigen Punkten. Mariana Leky ist eine fleißige Sensibel klaubt sie die Besonderen unter ihnen auf. Ihre (Liebes-)Geschichten reihen sich wie die Perlen einer Kette aneinander und werden verbunden durch einen festen, roten Faden -- den Faden des langen Weges von der Pubertät zum Erwachsenwerden. Dabei ist die Konstruktion denkbar Eine Ich-Erzählerin erzählt -- vermutlich mit stark autobiografischen Färbungen -- von Nacktschnecken, vor denen sie sich als Grundschülerin fürchtete, von der Angst einer jungen Gymnasiastin über den oberen Holm des Stufenbarrens zu springen, von ersten Liebesgefühlen für einen Animateur oder Schauspieler, schließlich von der Ausbildung zur Buchhändlerin. Der Ton der Erzählerin ist dabei ein melancholischer, der auf der harten Gratwanderung zum Weinerlichern nicht immer besteht. Auch wenn dabei die Nebenfiguren scheinbar unbestimmt, ja variabel erscheinen ("Der Vater", "Die Mutter", "Der Bruder", "Der Bräutigam", "Der Hauptdarsteller"), gelingt es der Erzählerin dennoch, Menschen zu erschaffen, deren Transparenz während der unmittelbaren Lektüre unangetastet bleibt. Werden zusätzlich noch einige Erzählstrategien über alle Geschichten hinweg konsequent beherzigt -- beispielsweise die (an Bernhard erinnernde) Repetition oder die (von Stamm) so geliebte Parataxe -- entsteht ein starker Eindruck eines ganz eigenen Tons der Verlusterfahrung von Unbeschwertheit -- und die bunte Perlenkette wird rasch eine autonome Konstruktion. Kein (trauriges) Geheimnis ist, dass Verleger noch immer auf Alterseffekte abzielen und junge Debütanten und ( vor allem) Debütantinnen mit größerem Interesse wahrgenommen werden als längst renommierte Schreiber. Wenigstens scheint es so, dass die junge deutsche Literatur -- nach Annette Pehnt ( Ich muß los ) und Jenny Erpenbeck ( Tand ) -- wieder aus etwas schwereren Perlen webt. Dass die Zeit des Smalltalks einem ansatzweise existenzialistischeren Ton weicht. Aber Liebesperlen sind eine Spezialität aus Sie erfordern keine besonderen Ingredienzen und sind leicht verdaulich. Schnell löst sich der Zucker auf und -- konsumiert man in Maßen -- wird sicher schnell vergessen werden, wohingegen man im Osten des Landes noch lange sammeln muss, um Perlen für eine hübsche Kette zusammenzuklauben, die die Brüchigkeit der Biografien ziert. --Kristina Nenninger
Mariana Leky studierte nach einer Buchhandelslehre Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. 2004 erschien ihr erster Roman Erste Hilfe. 2017 erschien ihr Roman Was man von hier aus sehen kann, der wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste stand und in über vierzehn Sprachen übersetzt wird.
„Liebesperlen“ ist eine Geschichtensammlung ganz à la Leky. Heißt: ganz nach meinem Geschmack. Wer einen repetitiven, niedlichen Schreibstil, bestückt mit liebevollen, die deutsche Sprache bereichernden Wortneuschöpfungen, versteckten Metaphern und herzzerreißenden Sinnbildern mag und gleichzeitig gerne interpretiert was das Zeug hält, liegt mit dieser Lektürewahl goldrichtig. Denn Lekys Geschichten können beides sein: eine flache, „ganz nette“ Geschichte mit dem ein oder anderen Gag und dem ein oder anderen Schreib-Tic (puh, diese Wiederholungen) — oder eine eine große wuchtige Metapher über das Erwachsenwerden, Alleinsein, Alleingelassenwerden und Alleinseinlernen (ah, deshalb die Wiederholungen!). Eine Metapher, die sich um das Innenleben einer Frau spinnt, der - Zitat Klappentext - „das Leben auf die Füße tritt“. Und tut es das nicht uns allen mal?
Es kommt auf dich als Leser*in an, auf dich als Rezipient*in: ob du die Worte aufsaugst wie ein Schwamm und sie fühlst, oder eben nicht. Ich, für meinen Teil, habe das ganze Buch aufgesaugt wie ein Schwamm. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass viele mit Lekys Stil nichts anfangen können. In „Liebesperlen“ ist er manchmal noch leer und rau - ich musste mir eingestehen: an Lekys spätere Romane kommen ihre kurzen Geschichten nicht heran. Man erkennt die Autorin wieder in ihrem unverkennbaren Talent, Worte zu verbinden und ihnen Strahlkraft zu verleihen; hier noch zaghaft, versteckt und voller Potential. Denn schließlich entspringt rund 14 Jahre nach „Liebesperlen“ das Meisterwerk „Was man von hier aus sehen kann“ aus ihrer Schreibfeder. Ein Hoch auf Mariana Leky und — 4.5/5 Eselsohren — mich würde sie auch mit einem Kochrezept abholen 😂
Sweeter than caramel which is not always great. Still, this shows her great potential and as I‘ve read later stuff by her I can say they are just about the perfect amount of sweetness. Still pretty cute though.
Nicht mein erstes Buch von Mariana Leky und sicherlich auch nicht mein letztes. Liebe ihre Erzählweise einfach sehr. Daher kamen mir die Kurzgeschichten leider manchmal ein bisschen zu kurz - bis man sich einmal in die Welt der Hauptfigur eingefühlt hat, war das Kapitel auch schon zu Ende (so wie das gesamte „Buch“ mit seinen 120 Seiten auch). Daher nur 4/5 (im Herzen aber eine 10/10).
I absolutely loved Leky's novels Die Herrenausstatterin and Was man von hier aus sehen kann. This book is a slim collection of nine short stories, published some years before her later novels. The stories are written in Leky's signature style: repetiton of nouns rather than use of pronouns; somewhat stilted, old-fashioned language; very tight focus on odd objects; an objective description of feelings; the avoidance of names in favour of job titles (the romantic interest is variously called 'der Hauptdarsteller' / the main actor; 'der Animateur' / the holiday entertainer; 'der Bräutigam' / the fiancé). But we also have 'Elsa' who turns out to be the narrator's grandmother. All of this contributes to a Brechtian Verfremdungseffekt (estrangement or distanciation) that I like very much.
However, what was missing for me here was the heart at the core of the stylistic wryness and dryness. This heart beats warm and fragile in Leky's later novels but in these short stories, the style has a tendency to foreground itself for its own sake, and for me this didn't quite work. The emotional dramas have something forced and, in the case of the last story which deals with a mentally disabled brother, something downright disgusting which rang a wrong note.
Still, some of the tales are truly lovely. I particularly liked 'Mit Vergnügen' ('You're welcome') which features the aforementioned Hauptdarsteller and numerous Nacktschnecken (slugs but literally 'nakes snails') and 'Aus der Apotheke' ('From the Pharmacy') about Elsa's death. Also good: 'Hochzeitstage' ('Wedding Days') that is subtle about a complicated and doomed love.
First published in 2001.
Format: Nice 2018 German Dumont edition; smooth thick paper; clear large font set in Dante (I always appreciate a publisher telling me their chosen typeface); smooth paper cover with adequate goldfish design.
Ich weiss, dass ich zwei Abende auf der Couch mit diesen Kurzgeschichten verbracht habe und sie nicht ungerne gelesen habe. Das ist zwei bzw. drei Tage her. Ich kann mich an keine einzige der Geschichten mehr im Detail erinnern.
"ich trank nur ein Schnapsglas voll, weil ich ein Kind war und im Grundschulalter." "Ich trinke keinen Nußlikör, nicht mal ein Glas, denn jetzt bin ich kein Kind mehr im Grundschulalter, sondern muß noch fahren."
"Liebesperlen” ist Mariana Lekys Romandebüt und eine Sammlung von neun Erzählungen. In kurzen Kapiteln werden aus Sicht der namenlosen Protagonistin Anekdoten ihres Lebens behandelt. Das Bild, das sich nach und nach zusammensetzt, bleibt ob der Kürze der Kapitel dennoch lückenhaft. Doch auch Lekys charakteristischer Schreibstil schafft hier zusätzliche Distanz. Leky schreibt immer etwas vage, immer etwas tragisch-komisch, immer etwas skurril - diesen Stil schätze ich vor allem in ihren späteren Werken, insbesondere in “Was man von hier aus sehen kann”, sehr. Einige Motive aus “Liebesperlen” werden in späteren Büchern wieder auftauchen, was auf mich den Eindruck verstärkt, “Liebesperlen” wäre eine Art Fingerübung. Es ist ein Anfang, ein Ausprobieren, ein Vortasten für spätere Bücher. Ich persönlich finde, Lekys Schreibstil entfaltet erst mit längeren Texten seine ganz eigene Wirkung, die in den Kurzgeschichten etwas verloren geht.
Das Buch „Liebesperlen" , von der Autorin Mariana Leky, enthält neun Erzählungen und ist das Debüt von Mariana Leyk in gedruckter Form. Jeder dieser Erzählungen steht für sich und sie bilden untereinander keinen Sinnzusammenhang. In allen neun Geschichten geht es der Ich-Erzählerin auf die eine oder andere weise schlecht. In einer Geschichte zerbricht ihr Herz an einer gescheiterten Liebe, in einer anderen muss sie den Tod der Großmutter bewältigen, oder sie erzählt von einer Reise nach Marokko, den Eheproblemen ihrer Eltern und einem verhungernden Kätzchen.
Die Erzählungen können durch einen einfachen und durchaus schönen Still punkten, hingen wirken alle erählungen erstaunlich zeitlos, ortlos und weltlols. Eine Melancholische Stimmung ist bei allen Erzählungen stark vertreten, was die Autorin mit eine poetischen Sprache untermauert.
Insgesamt war „Liebesperlen" , unter Berücksichtigung das die Autoren noch sehr Jung war, so um die 28 Jahre, eine nette und angenehme Lektüre. Die Frage die bleibt, wird etwas von diesen Erzählungen hängen bleiben? Eher nicht, durch den zeitlosen, ortlosen und weltlolsen Charakter der Erzählungen laufen die Erzählungen Gefahr in Vergessenheit zu geraten.
Ein Buch das man lesen kann, jedoch nicht unbedingt muss.
Kleine Kurzgeschichten aus dem Leben einer Protagonistin. Immer geht es um Zustände, Verlieben, Entlieben oder Trauer. Der Titel passt zwar zum Buch, ist aber irreführend. Mit Liebesperlen sind diese Zuckerperlen gemeint, die man als Kind in kleinen Plastik-Schnullerflaschen geschenkt bekam.
Interessant ist die Anordnung der Episoden, wir lesen uns von der Zeit als Junge Erwachsene zurück in die Kindheit der Protagonistin. Erst mit der Zeit schleicht sich der Gedanke ein, es könnte die gleiche Protagonistin sein, sie bleibt namenlos.
Wie auch bei anderen Leky-Geschichten ist nicht alles rosig, es passieren auch schlimme Dinge, aber der Fokus liegt wieder auf dem Umgang der Protagonistin, nicht auf dem Schrecken. Das macht alles erträglich und auch schön, wenn auch manchmal tragisch schön.
Im Vergleich zu anderen Romanen von Leky leider enttäuschend. Es wirkte teilweise eher wie zusammenhangslose Notizen, wurde kein rundes Ende bzw. nicht einmal eine runde Geschichte. An manchen Stellen wurde zu aufdringlich versucht, etwas Störendes/ Überraschendes zu erzeugen. Die Sprache gefiel mir gut und der Charakter der Hauptperson war ebenfalls sehr gut gelungen.
Im a bit like ??? After Sowoozoo and finishing Revenge this wasn’t it, sorry. The stories were sometimes interesting, mostly though, because they didn‘t connect they were just the discombobulated happenings of random people so I didn‘t really relate or connect with any of them.
Easy to read selection of short pieces, mostly melancholic in tone. Nothing too deep, but the stories are told from the vantage point of various charcters of differing age, quite a few by children/teenagers, giving the collection good variation.