Fräulein Nette ist eine Nervensäge! Dreiundzwanzig Jahre alt, heftig, störrisch und vorlaut, ist sie das schwarze Schaf, das nicht in die Herde ihrer adligen Verwandten passen will. Während ihre Tanten und Cousinen brav am Kamin sitzen und sticken, zieht sie mit einem Berghammer bewaffnet in die Mergelgruben, um nach Mineralien zu stöbern. Die Säume ihrer Kleider sind im Grunde immer verschmutzt! Das Schlimmste aber ist ihre scharfe Zunge. Wenn die Künstlerfreunde ihres Onkels August nach Bökerhof kommen, über Kunst und Politik sprechen, mischt sie sich ungefragt ein. Wilhelm Grimm bekommt bereits Panik, wenn er sie nur sieht. Ein Enfant terrible ist sie, wohl aber nicht für alle. Heinrich Straube, genialischer Mittelpunkt der Göttinger Poetengilde, fühlt sich jedenfalls sehr hingezogen zu der Nichte seines besten Freundes. Seine Annäherungsversuche im Treibhaus der Familie bleiben durchaus nicht unerwidert. Allerdings ist er nicht der einzige. Was folgt ist eine Liebeskatastrophe mit familiärem Flächenbrand.
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane »Regenroman« (1999), »Dies ist kein Liebeslied« (2005), »Die entführte Prinzessin« (2005), »Taxi« (2008) und »Macht« (2016) waren Bestseller und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch »Anständig essen«, 2014 die Streitschrift »Warum die Sache schiefgeht«. Die Verfilmung ihres Romans »Taxi« kam im Sommer 2015 ins Kino.
So mag ich historische Romane am liebsten! Karen Duve erzählt uns von Annette von Droste-Hülshoffs frühen Zwanzigern, ihr Leben zwischen der Burg Hülshoff und dem Bökershof, wo ihre Verwandten, die Haxhausens, hausen, und ihrer Beinahe-Romanze mit dem verhinderten Dichter Heinrich Straube. Ein übersichtlicher Stammbaum hilft dabei, die ganzen Onkel, Cousins und Cousinen auseinanderzuhalten. Auch erfahren wir viel über den Bökendorfer Kreis, dem neben Annettes Onkeln August und Werner von Haxthausen unter anderem auch Clemens Brentano und die Brüder Grimm angehörten. Karen Duve schafft ein Panorama der damaligen Gesellschaft in Kreisen der Dichter und Studenten, so werden auch der Antisemitismus der Gesellschaft und die Ermordung August von Kotzebues thematisiert, die die Karlsbader Beschlüsse zur Folge hatte. Karen Duves Schreibstil fand ich sehr ansprechend und ihren Humor genial, es hat wirklich Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen, und macht mich neugierig auf mehr von Karen Duve.
Ich habe es sehr gern gelesen. Nun hab ich Lust, ganz viel von Anette zu lesen und auch mehr über die anderen Figuren zu erfahren. Ich fand die Struktur des Romans toll, man hat viel über die gesellschaftlichen Umstände und das alltägliche Leben erfahren. Hätte für mich noch länger weitergehen dürfen <3
Ich ging eigentlich davon aus, dass im Zentrum des Romans die sabotierte Romanze zwischen Annette von Droste-Hülshoff und Heinrich Straube steht. Davon hatte ich bereits gelesen und war bereit mehr darüber zu erfahren – gerade auch weil ich im Urlaub das Grab der „Droste“ besuchen werde und etwas mehr über ihr Leben wissen wollte.
Bekommen habe ich aber viel mehr: Die Geschichte einer selbstbewussten, jungen Frau, die bei anderen als zu laut, witzig, selbstbewusst, kommunikativ, begabt, meinungsstark – schlicht als unweiblich – gilt. Die Geschichte spielt in den 1810er Jahren und bei der Charakterisierung Nettes fallen mir die Frauengestalten Jane Austens ein, die auch durch Bildung und Witz auffallen. Ob die Autorin Austen kannte? Deren Romane erschienen etwa in der gleichen Zeit in der Nette selbst zu schreiben begann. Aber da Austen damals noch nicht übersetzt war und Nette sicher kein Englisch sprach, ist das unwahrscheinlich – schade, denn ihr hätten diese Charaktere sicher Freude und Mut gemacht.
Manchmal machte es mich ungeduldig, dass von der Romanze so oft abgewichen, sie so elend lange vorbereitet wird. Aber schließlich waren diese „Abschweifungen“ doch wichtig – für die Geschichte an sich, aber auch um diese Zeit besser kennen zu lernen. So kommt man den nationalen Bestrebungen der Künstler sehr nahe. Die meisten von uns werden wissen, dass die Brüder Grimm Märchen vor allem sammelten, weil sie darin deutsches Kulturgut sahen, das bewahrt werden musste. Dumm dann natürlich, dass eine der bekanntesten Zuträgerinnen der Märchen von französischen Hugenotten abstammte; überhaupt eine aus heutiger Sicht verrückte Idee. Man staunt über die Lust an Bildung und Kultur, den literarischen Zirkeln, die Adelige wie Bürger erlauben – und trifft dann aber in ebendiesen Kreisen ebenso auf Franzosenhass, Antisemitismus und Deutschtümelei. Spätestens als selbstgerechte, betrunkene nationalgestimmte Studenten den Laden eines unschuldigen Metzgers auseinandernehmen, erkennt man, dass jede revolutionäre Bewegung leicht aus dem Ruder laufen kann (es ist vom „schwarzen Block der Altdeutschen“ die Rede). Und sobald es um eheliche Verbindungen geht, ist mit der Toleranz eh Schluss: Bürgertum und Adel gehen hier genauso wenig zusammen wie Protestantismus und Katholizismus.
Auch das Umfeld, in dem Annette lebt, wird mir lebendig. Die absolut kräftezehrenden Besuche bei der zahlreichen Verwandtschaft, die Reisen dorthin auf ungepflasterten Straße, oft durch Morast, in dem man auch mal bis zur Hüfte steht, weil man aus der versinkenden Kutsche fliehen muss; die Armut, die ihr auf den Reisen begegnet…
Das klingt alles schrecklich ernst, ist aber gleichzeitig sehr lebendig, humorvoll und anspielungsreich geschrieben. Man langweilt sich nie und schmunzelt über Sätze wie „Eine Gleichmacherei, die irgendwann noch darauf hinauslaufen wird, dass ganz Europa in Sitten und Moden zu einer einzigen Nation verschmilzt.“ (Gott, behüte ;-)) oder der Ausspruch „Hätte, hätte, Epaulette“ (den kenne ich etwas anders). Und dann kann man sich wunderbar entrüsten über den Satz eines Arztes: „Im wahren Ideal der Frau findet kein Monatsfluss statt“ (sie sollte also durchgehend schwanger sein).
Mit anderen Worten: Man sollte den Roman unbedingt nicht nur dann lesen, wenn man sich für Annette von Droste-Hülshoff interessiert, auch nicht nur, weil man die Begegnungen mit den Grimms und Heinrich Heine schätzt, sondern überhaupt wenn man sich für die Politik, die Literatur, die Gesellschaft oder die Frauenbilder dieser Zeit interessiert!
"Fräulein Nettes kurzer Sommer" Die "Heldin" in Karen Duves Roman ist sehr bekannt: Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Wir begegnen der westfälische Adeligen hier in ihren frühen Zwanzigern und werden gleich sehr direkt mit ihr konfrontiert.
"Annette von Droste-Hülshoff war eine Nervensäge."
Annette "Nette" ist von der zu frühen Geburt an gesundheitlich anfällig und extrem kurzsichtig. Mit ihrer vorlauten, kecken Art entspricht sie nicht dem damaligen Ideal einer sittsamen jungen Frau, schon gar nicht einer Freifrau aus altwestfälischem, katholischen Adel. Anstatt sich still und fleißig feinen Handarbeiten zu widmen, kehrt sie verdreckt nach der Mineraliensuche im Steinbruch mit dem Geologenhammer heim. Das Erziehungsziel sah anders aus.
"So kamen die jungen Damen gar nicht erst auf dumme Ideen und entwickelten jene vollkommene Gefügigkeit und allduldende Schicksalsergebenheit, die sie ein Leben lang benötigen würden."
Wir machen nicht nur die Bekanntschaft mit Annette von Droste-Hülshoff, sondern erleben hautnah, wie es sich so lebte in dem damals recht rückständigen Westfalen. Die Reisewege dort waren berüchtigt und oft halsbrecherisch, nicht selten blieben die Kutschen im Schlamm stecken. Während Annette ein häusliches Leben zu pflegen hat, werden wir durch ihre Onkel und deren Freundeskreis in das gesellschaftliche, politische und studentische Leben eingeführt.
Den Sommer 1820, auf den der Buchtitel anspricht, verbringt Nette bei der Stiefmutter ihrer Mutter und den zahlreichen Onkeln und Tanten der Familie von Haxthausen, die teilweise gleichaltrig oder gar jünger als sie selber sind. Auch auf dem Familiensitz in Bökendorf eckt sie an, indem sie sich in Angelegenheiten der Männer einmischt, sich eine Meinung und Interesse für Literatur und Politik erlaubt. In diesem Haus gehen auch die Gebrüder Grimm ein und aus, doch Wilhelm Grimm graut es vor Nettes spitzer Zunge.
Annette ist vielseitig begabt, sie musiziert, komponiert, singt und schreibt Gedichte. Je wichtiger für Annette das Schreiben wird, je mehr sie fortschreitet, desto unleidlicher werden die Onkel. - Die Nichte wächst ihnen über den Kopf... Sie wenden sich von ihrem "Geschreibsel" und ihrer Person angewidert ab. Der Ton ihr gegenüber wird schärfer und höhnischer. Ja, die Onkel empfehlen männlichen Gästen Annette gegenüber eine demütigende und kränkende Haltung : "Abstrafen, ein Beschämen und Ausschließen" Auch die weibliche Verwandtschaft stört sich an fehlender Sittsamkeit, mangelndem Fleiß bei der Hand- und Hausarbeit und an der Aufmerksamkeit, die mancher Bekannte Annette schenkt. Dabei ist sie keine Schönheit, hat eine grelle Stimme und Glubschaugen! Annette leidet unter dieser Behandlung, hadert mit ihrer Rolle als Frau und sehnt sich nach den Freiheiten, die das männliche Geschlecht genießt.
In jenem Sommer vertieft sich Annettes Freundschaft zu dem mittellosen, bürgerlichen und auch noch protestantischen Studenten Heinrich Straube Ausgerechnet Straube, den ihr Onkel August von Haxthausen für ein Dichtergenie hält und komplett finanziert. August tobt!
"Deine Gedichte? Deine Gedichte!!? Du willst dem größten zeitgenössischen Talent die Zeit stehlen, damit er sich dein Geschreibsel anschaut und sich ein paar Komplimente darüber abquält? Ich verbiete es dir!"
Nicht nur der Onkel wirft sich ins Zeug, auch ein weiterer Adliger aus dem Freundeskreis, von Arnswaldt. Ich möchte nicht zuviel verraten, aber in jedem Sommer entspinnen sich große Gefühle und bösartige Intrigen, die zu einer Lebenskatastrophe der Dichterin führen. Die Autorin legt Straube die Wahrheit in den Mund, die niemand zu Lebzeiten Annettes ahnen konnte.
"Der Name eurer Nichte wird auch dann noch landauf, landab gerühmt werden, wenn wir längst tot und vergessen sind und allenfalls als Fußnoten in Abhandlungen über ihr Werk auftauchen."
Fazit: Die Autorin hat sehr gut recherchiert und schafft es, ein sehr lebendiges, buntes Bild jener Zeit und dem Kreis um Annette von Droste Hülshoff zu vermitteln. Ehe man sich versieht, bekommt man einen Rundumblick über eine ganze Epoche, die literarischen, politischen und gesellschaftlichen Bewegungen. Mit der engagiert dargestellten Protagonistin "Nette" kann man sich sehr gut identifizieren. Mein Bild der Droste hat sich gewandelt und ist ein gänzlich anderes geworden. Mir gefällt der trockene Humor und der lakonische Stil der Autorin. Man lernt nicht nur viel über die Dichterin und ihre Zeit, sondern hat auch noch ungeheuer viel Spaß beim Lesen. Ach ja, auch der Scherenschnitt auf dem Cover ist ein Genuss...
ich war ganz tief drin in der zeit des biedermeiers (tolle rechercheleistung) und habe mit annette ob dieser furchtbaren männlichen witzfiguren gelitten. apropos witz: davon gibt es in diesem roman sehr viel. bin traurig dass es vorbei ist
An und für sich ein sehr spannendes Buch mit tollen historischen Hintergründen und Detailreuchtum. Insbesondere, da Ostwestfalen seit einigen Jahren meine Wahlheimat ist und ich ursprünglich aus der Region Hannover komme, habe ich mich immer sehr an all den besuchten Orte und Reisen durch Deutschland erfreut. Auch die Figur der Annette Droste Hülshoff war sehr interessant und hat mich mit ihren für ihre Zeit unkonventionellen Ansichten immer wieder überrascht und neugierig gemacht.
Leider hatte für mich dann aber nach etwa der Hälfte das Buch seinen Reiz verloren. Das Erzähltempo war mir zu langsam, es wurden zu viele Nebenfiguren eingeführt und die sehr überschaubare Handlung war durch die historische Grundlage doch eher unspektakülär.
Wer sich gerne mit historischen Figuren oder dem 19. Jahrhundert beschäftigt, hat hier bestimmt seinen Spaß, als Romanerzählung war es dann doch eher ernüchternd.
Sehr unterhaltsamer Historienschmöker, der vor allem dadurch besticht, dass er weder in die Falle des Ich-Erzählens tappt, noch eine historisierte Sprache wählt. Gerade durch die Erzählperspektive erlebe ich die Vielstimmigkeit der Epoche Romantik mit all ihren verschwurbelten Charakteren (oh, diese Brüder-Grimm-Darstellung!! Herrlich) und ihrer verschwurbelten Ansichten (zum Beispiel über die Natur von Frauen). Die Sprache ist wunderbar lakonisch und dadurch sehr lustig! Und das Beste: ich habe Anette Droste-Hülshoff neu kennengelernt, als eine, welche die Grenzen der Gesellschaft weitete, um als Frau darin atmen zu können. Definitiv eine Mutter des modernen Feminismus! Einen Punkt ziehe ich ab, weil mir das Buch zwischendurch etwas zu sehr mäandert und dafür dann aber zu früh abbricht, sodass der Schwerpunkt bei Anette auf ihrem Gefühls- statt ihrem Schriftstellerinleben bleibt.
Fräulein Nette ist ein wunderbarer Roman, in dem seitenlang und eigentlich immer fast nichts passiert. Das Leben und die Sommer plätschern so dahin - im 19. Jahrhundert war eben einfach nicht so viel im Alltag los. Dies hat einen unfassbar entschleunigenden Effekt auf den Leser, denn obwohl nichts passiert, liest man immer weiter. Die ganzen Eigenheiten und Attitüden, vor allem der Männerwelt, werden von Karen Duve herrlich ironisch eingefangen. überhaupt ist der ganze Text vor allem auch sprachlich und stilistisch vom frühen 19. Jahrhundert inspiriert. Sehr fein!
Ein ambitionierter Roman, der besser gelungen wäre, wenn sich die Autorin mehr für das Leben ihrer Protagonistin und weniger für die infantilen Eskapaden der Göttinger Studenten interessiert hätte...
Wie viele andere wurde auch ich mit den Werken von Anette von Droste-Hülshoff in der Schule "geqäult", viel über ihr Leben blieb nicht mehr in meiner Erinnerung. Umso dankbarer bin ich Karen Duve für dieses großartige Buch. Was für eine interessante Frau, die es in der adligen, von Männer dominierten Literatenwelt so schwer hatte. Wir treffen bekannte Gesichter: die Gebrüder Grimm, Hoffmann von Fallersleben, Heinrich Heine, ... sind nur einige der vielen Persönlichkeiten, die dieser Roman zum Leben erweckt. Zudem gibt er einen guten Einblick in das "Deutschland " des beginnenden 19. Jahrhunderts , die euphorische Stimmung nach dem Sieg über Napoleon , die Besinnung auf alte "Traditionen", aufkommender Nationalismus, beginnende Industrialisierung und die schönen Ideen der Romantik werden so interessant und oft humorvoll präsentiert, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann . Die Liebesintrige, der die arme Nette zum Opfer fällt , gibt noch zusätzliche Spannung - ich möchte nun auf jeden Fall mehr über diese, leider zu Lebzeiten oft belächelte und gedemütigte, Dichterin erfahren und werde mich wieder ihrer Gedichte widmen .
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Ein tolles Buch. Hat mir wirklich sehr gut gefallen. Karen Duve schafft es, den Geist der Zeit sehr gut einzufangen. Ich habe sehr mit Annette mitgefühlt, die nach heutigen Maßstäben eine intelligente junge Frau war, die versucht hat, sich den Konventionen der Zeit zu beugen, ohne sich selbst zu verleugnen. Dabei kann ich unterm Strich nur feststellen wie grausam die Menschen sein können, gegen ihre Nächsten. Wenn ein Mensch solche Freunde und Familie hat, braucht er keine Feinde mehr. Natürlich handelt es sich um einen Roman, der vmtl relativ weit weg von den realen Geschehnissen ist. Trotzdem fand ich es sehr eindrücklich geschrieben. Hat mir gut gefallen.
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Annette fällt dauernd unangenehm auf - schwierig zu einer Zeit, in der Frauen tendenziell nur hübsch in ihrer Rolle bleiben sollen. Kein Wunder, dass ihre ersten literarischen Gehversuche nicht ernst genommen werden. Umso ernster wird, als es einer dann doch tut. Ein nettes kleines Sittenbild - und man kann sich selber überlegen, wie viel romanhafte Freiheit sich die Autorin gestattet hat.
Zerrissenheit zwischen traditionellem Frauenbild und intelligenter, hoch begabter Künstlerin, Ohnmacht einer eigenständig denkenden Frau in einer schrecklich wohlmeinenden Familie. Treffend, ironisch kommentierend, einfühlsam charakterisierend, sprachlich wunderbar.
Gibt interessante Einsichten in das damalige Leben und zeichnet den spannenden Charakter Annettes nach - hab es voller Interesse gelesen und wurde nicht enttäuscht.
Ja, gut, allerdings schon sehr literarisch und nicht ganz einfach zu lesen. Es wäre gut, wenn man von Annette von Droste-Hülshoff schon einiges gelesen hätte, um es besser zu verstehen.
«Ich persönlich halte den Walzer ja für einen verderblichen Ausdruck der neuen Zeit, in der alles schneller gehen muss. Und warum tanzen wir nicht mehr alle zusammen? Was soll diese isolierte Zweisamkeit? Bei der Reitkunst ist es übrigens das Gleiche? Wann hat einer von euch zum Beispiel zuletzt von einem Pferdeballett gehört? Stattdessen treten die Rösser nun in Geschwindigkeitsrennen an. Rennen, nichts als Pferderennen. Der Wettbewerb als Ersatz für die Kunst - das ist doch nichts.»
Karen Duve ist ein vielschichtiger und leichtfüßiger, mitunter aber auch langatmiger Roman gelungen.
Vielschichtig, weil er sowohl über das Gerade-So-Erwachsensein der Annette von Droste-Hülshoff ebenso erzählt wie von den Zwängen und Marotten der damaligen Zeit, Megaumbruch dank Manchesterkapitalismus, aufstrebendem Bürgertum und Deutschtümelei-Renaissance inklusive. Dabei schildert Duve nicht nur den verbreiteten Antisemitimus, der zunehmend in Repressalien und Ausgrenzung mündet, oder auch das Changieren zwischen Gewalt und Gefühl bei den restromantischen Studenten in Göttingen. Vielmehr gelingt ihr ein witzig-beklemmender Kommentar über den Zustand der heutigen Zeit und zeigt, dass es das alles schon mal gab, inklusive «Fake News», verblendetem Patrioten, zu hassendem Starsinn aufgeladene Fortschrittsangst und und und.
Leichtfüßig ist er, weil Duve im Hülshoff-Orbit eine Palette an spannenden Charakteren der Zeit hereinspazieren lässt. Heinrich Heine tritt als einzig hellsichtige Figur in politischen wie privaten Dingen auf, Hoffmann von Fallersleben ist da und die Brüder Grimm plus Maler-Bruder Ludwig. Dazu gelingt es Duve, der jungen Dichterin Droste-Hülshoff mit ihrem Roman Licht&Gesicht zu geben. Man bekommt ein Gefühl von der kränklichen, in der Familie stets aneckenden und eigensinnig-klugen Nette, die lieber im Steinbruch Steine klopft als Tücher bestickt und der Standesunterschiede wurscht sind, der das Echo auf ihre Eigenwilligkeit aber auch nicht egal ist.
Langatmig ist der Roman, wenn er uns kapitellang mit Nettes Onkel August von Haxthausen zu den deutschtümelnden, lamentierenden und schwadronierenden Göttinger Studenten mitnimmt. Jaja, die Burschenschafter, die illustren Kreise, die gute Quellenlage und die Bedeutung von Männern im Vergleich zu Frauen im Jahr 1820 macht es logisch, dass auch in Duves Roman über eine DichterIN Männerüberhang besteht. Aber es zieht sich und strengt an, wenn Nette allzulang zugunsten von Studenteneskapaden aus den Augen verloren wird.
Fräulein Nettes Kurzer Sommer ist ein historischer Roman über die Göttinger Studentenszene zu Zeiten Grimms und ihre Verstrickungen mit dem Leben der Dichterin Anette von Droste-Hülshoff. Der Roman versteht sich entsprechend des Klappentextes als Liebesgeschichte, tatsächlich bestimmt diese aber nur auf einem kleinen Teil der über 500 Seiten die Handlung. Das ist schade. Nicht, weil man gerne mehr historische Schnulzgeschichten lesen würde, sondern weil sich alles, was sich abseits der Liebesgeschichte zwischen Anette und Straube abspielt, leider recht zäh liest. Die Handlung verliert sich gerade zu Beginn des Buches über mehrere Kapitel in reichlich irrelevantem Geplänkel rund um eine Gruppe Göttinger Studenten. Da ich selbst Verbindungen zur Uni Göttingen habe, habe ich mich zumindest über die Ortsangaben freuen können. Ansonsten hätte ich das Buch in diesem Abschnitt vermutlich zur Seite gelegt. Auch so habe ich über ein halbes Jahr lang an den ersten 150 Seiten geknabbert. Als danach die Liebesgeschichte aber in Gang kommt, habe ich das Buch streckenweise mit Vergnügen gelesen. Die Erzählweise, die immer wieder zwischen der Sichtweise der Charaktere hin- und herspringt ist spannend und gibt trotzdem Einblick in die turbulenten Gefühle des Fräulein Nette. Da kam dann doch endlich ein wenig Downton-Abbey-Gefühl auf, auch wenn das nun nicht unbedingt war, was ich von dem Buch erwartet hatte.
Ich hatte ursprünglich mit einem Roman gerechnet, der mich Anette von Droste-Hülshoff näher bringt, vielleicht ein Grund, sich mehr mit ihrem Schaffen auseinanderzusetzen oder der Anreiz, eine Bildungslücke zu schließen. Stattdessen kenne ich nun den Stammbaum dieser riesigen Familie auswendig, der dankenswerter- und notwendigerweise vorne mit abgedruckt ist. Ansonsten geht es häufiger als um Nette um die ganzen Männer in diesem Stammbaum und zusätzlich um die Grimms und einen gewissen Straube. Heinreich Heine taucht auch kurz auf, ohne für die Handlung in irgendeiner Weise relevant zu sein. Dass sich diese Männer in der Erzählung immer wieder penetrant in den Vordergrund drängen obwohl man lieber mehr von Fräulein Nette erfahren würde passt wiederum zur Thematik des Buches.
Insgesamt kann ich das Buch an interessierte (!) Leser empfehlen, obwohl es nicht unbedingt puren Lesegenuss bereithält.
Ich tue mich wirklich schwer Bücher abzubrechen, aber heute ist es dann passiert. Hier kommt mein erster Flop! Zumindest der Erste, den ich hier auf Gooreads veröffentliche.
Das Buch, über eine Episode im Leben von Annette von Droste Hülshoff, hat mich verloren. Das Fräulein „Nette“ gilt als Irrwisch, der sich versucht, in der Männerwelt des Biedermeier zu behaupten, sich ungefragt überall einmischt und mit ihrem Talent gesetzte Nomen bricht. Für mich hört sich das nach einem guten Plot an. Doch nach 113 Seiten habe ich aufgegeben. Zu viel Gerede und Insiderwissen über männliches Studentenleben und Burschenschaften. Die Herren kamen mir am Anfang viel zu häufig vor, und die Ausführlichkeit mit der die „Möchtegern-Poetenkreise“, deren Mitglieder und wiederum deren Beziehungen untereinander beschrieben werden, ist mir zu langatmig und, meinem Empfinden nach, kein bisschen unterhaltsam geschrieben. Ab und an kamen Kapitel, in denen das tägliche Leben im Biedermeier eine größere Rolle spielte, beschrieben an den Verwandtschaftsverhältnis derer von Droste Hülshoff und die Widrigkeiten, die das schlechte Wetter (eine Folge des großen Vulkanausbruchs des Tambora) mit sich brachte. Hätte es sich nur mit den Personen rund um „Nette“ gedreht, wäre ich dem Buch wahrscheinlich erhalten geblieben. Ich habe mit mir gerungen und es auch mit einem Hörbuch versucht. Ich glaube aber das wird nix! Ich beende das Buch und widme mich für mich geeigneterer Literatur. Schade!
Habe auch überlegt, ob ich das überhaupt hier erzählen soll, aber mich dann dafür entschieden, weil ich hier ja meine „Lese-Lebensrealität“ wiederspiegeln möchte. Rezensiert ihr abgebrochene Bücher? Oder postet ihr die noch nicht mal? Wie präsentiert ihr die hier? Bin gespannt auf eure Kommentare.
Fräulein Nettes kurzer Sonmer erzählt als Roman von dem Leben der Annette von Droste Hülshoff und stellt die damalige Zeit (Anfang des 19. Jh.) und ihren Bezug zur Dichtkunst dar. Vorangestellt möchte ich sagen, dass das Buch eigentlich nicht zu der Sorte Bücher gehört, die ich normalerweise lese. Dennoch - oder vielleicht auch gerade deshalb - war ich überrascht, wie gut ich es im Endeffekt fand. Ich muss das Buch nicht unbedingt nochmal lesen, und werde es wohl nicht begeistert weiterempfehlen, aber wenn man auf der Suche nach einem solchen Roman sucht, welcher etwas ernster, etwas „abgedroschen“, etwas historisch und dabei trotzdem flüssig ist, kann man ihn hier finden. Zum Teil war das Buch eher langatmig. Andererseits wurde ich aber positiv überrascht, wie gut es die Autorin geschafft hat, das Leben der Anette von Drosde Hülshoff, die Gesellschaft und Belleristik in einen Roman zu verpacken, der flüssig zu lesen ist, eine Prise Humor enthält, Beziehungen und Charaktere erschafft und eine gewisse Begeisterung für das Buch aufbaut. Für mich war es nicht schwer danach zu greifen und ein paar Kapitel zu lesen, ich hatte Freude dabei. Auch wenn das Buch einen eher ernsten Stil hat und ich es daher nicht jedem empfehlen kann, ist es also für das was ich erwartet hatte, wirklich gut geschrieben ✨.
Vrijeme radnje 1817-1821, glavni lik je njemačka pjesnikinja Anette von Droste-Hülshoff, a radnja se zapliće oko njenih udvarača i spačke koju joj slože tetke i time unište Nettine bračne izglede. Zvuči kao dosada i limunadica, ali ovo je napisala Karen Duve. A Karen Duve je sjajna, njeni su likovi nezaboravni, u tančine iznijansirani. Zapletaji krivice, napadne pobožnosti i zločestoće kod Arnswaldta, jednog od udvarača, još će mi dugo stajati u glavi. Ima tu bogatih i siromašnih, plemenitaša i građanstva, talentiranih i onih drugih. Industrijska revolucija je pobijedila, društveni odnosi se mijenjaju. Napoleon je poražen, altdeutch je trend. Katolici i protestanti u zamršenim odnosima. Antisemitizam jača. Popis literature dug je deset stranica najsitnijim fontom i zato bezuvjetno vjerujem nevjerojatno detaljnim opisima od studentskig života, žetvenih običaja, putovanja kočijom, odmora u toplicama, izleta u Kassel do cvjetnih lijeha i ručnih radova. Tu su i braća Grimm i H. Heine. .
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Karen Duve schafft es einfach meisterhaft, in ihren historischen Romanen ein Portrait der Zeit abzubilden. Wer hier einen rasanten Spannungsbogen sucht, wird wohl enttäuscht sein. Es war eher, als hätte man sich in ein originales Tagebuch hineingelesen und bekäme nun die Jahre 1817-1820 im Leben von Annette von Droste-Hülshoff in Romanform erzählt. Man erfährt unheimlich viel über die Lebensumstände und gesellschaftlichen Konventionen des frühen 19. Jahrhunderts. Gerade die gesellschaftliche Vorstellung davon, wie eine Frau sich zu verhalten hätte, wird immer wieder wunderbar sarkastisch und spitzzüngig dargestellt. Gleichzeitig hat man aufgrund der umfassenden Recherche der Autorin das Gefühl, Einblicke in die realen historischen Geschehnisse rund um Annette und ihr großes familiäres Drumherum zu bekommen. Mir persönlich hat diese Mischung sehr gut gefallen!
Het lijkt nog het meest op een geromantiseerde biografie, maar dan van een hele generatie uit de adellijke stand in Duitsland rond 1820. Er wordt niet gewerkt voor de kost en veel gelogeerd bij familie in enorm grote huizen buiten de bebouwde kom. In het begin dacht ik: wat moet ik daarmee? Maar lezendeweg kreeg ik steeds meer bewondering voor de ambachtelijkheid waarmee dit boek is geschreven, gebaseerd op bronnen uit die tijd en rijkelijk voorzien van details uit het leven en denken van de hogere kringen van destijds. Dat het voor een groot deel over een ongelukkige liefde gaat neem ik op de koop toe.
ich schummel, denn ich hab nur 30% gelesen und zu mehr hat es einfach nicht gereicht. es fing so toll und so witzig an und dann wurde mir schnell langweilig und ich wußte nicht mehr wieso mich das alles interessieren sollte. zum zu ende lesen zwingen mag ich mich nicht mehr. tschüß frau duve, wir werden in diesem leben keine besonders guten freunde mehr.
Ein interessanter Einblick in die damalige Zeit. Man erfährt einiges über das Denken, Tun und die gesellschaftlichen Gepflogenheiten während der deutschen späteren Romantik. Der Roman zieht sich bisweilen etwas, aber hat mich insgesamt doch recht unterhalten und lässt mich „die Droste“ nun durchaus mit anderen Augen sehen.
Ich dachte, dass "die Freundin meines Kumpels auf die Probe stellen" eine Lieblingsbeschäftigung von sovietischen Kleinkriminellen war. Interessant zu wissen, dass deutsche Adlige sich auch nicht davon ekelten