Ein großartiger Roman über die Frage, woraus Erinnerung nach dem Verschwinden gemacht ist. Sültzrather handelt von einem Zimmermann aus Aibeln in Südtirol. Nach dem Sturz vom Baugerüst und der folgenden Querschnittslähmung beginnt der Protagonist Vitus Sültzrather zu schreiben. Es ist ein Schreiben gegen das Vergessen: Wie besessen, akribisch genau, vertraut er die Details, die nur er wissen kann, dem Papier an. Doch dann beginnt er das, was er aufgeschrieben hat, wieder zu vernichten, Seite für Seite abkratzend, abschabend, ein Vernichtungsfeldzug, der von seiner Umgebung, seiner Schwester, der Zugehfrau und deren Tochter nicht gestoppt werden kann. Mit hoher Kunstfertigkeit passt Oberhollenzer seinem Protagonisten eine Erinnerung auf den Leib.
Abgebrochen, da mir das Buch v. a. angesichts der vielen Herbstnovitäten zu mühsam war mit seiner artifiziellen Machart. Zum Glück hat es den Sprung von der Long- auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2018 nicht geschafft, sonst hätte ich damit vielleicht noch mehr Zeit verloren. So hake ich es nun definitiv ab.
Josef Oberhollenzer schreibt in seinem Roman Sülzrather in Form des Romanprotagonisten über seine Zeit nach einem schweren Unfall, nachdem der Protagonist Querschnittsgelähmt ist, gegen das Vergessen aus seiner Zeit als Zimmermann seine Gedanken, Gefühle, Sorgen und Ängste auf die ihn in seinem Alltag beschäftigen. Das Buch liest sich wie eine Aufzählung seiner Gedanken, die ohne Punkt und Komma unsortiert aufs Papier fließen. Der niedergeschriebene Text regt den Leser auf jeden Fall zum Nachdenken an. Sülzrather ist für mich trotz übersichtlicher Seitenzahl kein Roman gewesen den man einfach innerhalb kürzester Zeit dahinliest, sondern für den man sich Zeit lässt und die Gedankeneindrücke auf sich wirken lassen muss.