Sie weiß alles, sie kriegt alles, sie durchschaut jeden. Nur sich selbst durchschaut sie nicht: Eine Geistesgestörte, wie es sie noch nicht gegeben hat: hochkomisch und zutiefst manipulativ. Die Polizei hat sie hergebracht, in die psychiatrische Abteilung des alten Wiener Spitals. Nun erzählt sie dem Chefpsychiater Doktor Korb, warum es so kommen musste. Sie spricht vom Aufwachsen in der erzkatholischen Kärntner Dorfidylle. Vom Zusammenleben mit den Eltern und ihrem jüngeren Bruder Bernhard, den sie unbedingt retten will. Auf den Vater allerdings ist sie nicht gut zu sprechen. Töten will sie ihn am liebsten. Das behauptet sie zumindest. Denn manchmal ist die Frage nach Wahrheit oder Lüge selbst für den Leser nicht zu unterscheiden. In ihrem fulminanten Debüt lässt Angela Lehner eine Geistesgestörte auftreten, wie es sie noch nicht gegeben hat: hochkomisch, besserwisserisch und zutiefst manipulativ.
Gewinner des Debütpreises des Österreichischen Buchpreises 2019 Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2019 Ich gestehe: Ich liebe diesen leicht morbiden, typisch österreichischen Humor, der Tragödien und Traumata beschreiben kann, ohne dabei geschmacklos zu sein - und Angela Lehners erzählerischer Ton ist ganz klar der eigentliche Star dieses Debütromans. Die Protagonistin Eva Gruber ist Mitte 20 und in der psychiatrischen Abteilung eines Wiener Spitals untergebracht; die Polizei hat sie eingeliefert, nachdem sie behauptet hatte, eine Kindergartenklasse erschossen zu haben. Im Spital führt sie nicht nur traurig-komische Therapiegespräche mit dem sarkastischen, abgeklärten Chefpsychiater Korb, sondern trifft auch auf ihren magersüchtigen und depressiven jüngeren Bruder Bernhard, ebenfalls Patient. Beide Geschwister sind durch ihre Familiengeschichte traumatisiert, doch während Eva aggressiv reagiert, leidet Bernhard still. Eva ist sich sicher: Egal, was der Psychiater sagt, der Schlüssel zur Heilung ist nicht Vergebung - sie muss den Vater töten, damit sie frei sein können.
Lehner erzählt die Geschichte aus Evas Perspektive, und diese als unzuverlässige Erzählerin zu beschreiben wäre noch stark untertrieben: Eva ist nicht nur narzisstisch und manipulativ, sondern sie weiß aufgrund ihrer Erkrankung oft selbst nicht genau weiß, was denn nun die Wahrheit ist. Das führt dazu, dass der Leser alle Aspekte der Story hinterfragen muss; als Hinweise können häufig die Reaktionen der anderen Charaktere herhalten, aber wer weiß schon, ob Eva die korrekt wiedergibt.
Gegliedert ist das Buch in drei Teile: Der Vater, der Sohn und der heilige Geist - immerhin stammen die Grubers aus dem katholischen Kärnten. Dass ein Buch über Geisteskranke in Österreich mit verschiedenen Hinweisen auf die noch immer existente Jörg Haider-Verehrung in eben jenem Bundesland aufwartet, ist irgendwie auch nicht überraschend. Muss etwa ganz Österreich zu Korb auf die Couch, um der Vergangenheit, um der Wahrheit ins Auge zu sehen?
Eva erzählt ihre Geschichte mit viel schwarzem Humor und streut schreiend komische Dialoge ein, und trotzdem bleibt jederzeit klar, dass dies auch eine tragische Geschichte über zwei Menschen ist, deren Leben aus dem Ruder gelaufen ist und die verzweifelt einen Ausweg suchen. Besonders zum Ende hin weicht die Komik mehr und mehr der Beklemmung - die Auflösung am Schluss scheint mir jedoch nicht ganz gelungen.
Ich weiß, dies ist jene Art von Bemerkung, die Denis Scheck die Tränen in die Augen treibt, aber von mir gibts zudem einen Extra-Applaus für die Autoreninszenierung: In bester Christian Kracht-Manier hat sich auch Lehner auf ihrem Autorenfoto als ihre Hauptfigur verkleidet und in eine schäbige Ballonseiden-Traningsjacke geworfen - sehr schön doppelbödig.
Ein sehr lesenswertes Debüt, dem die Jurys des Deutschen und des Österreichischen Buchpreises hier zu Recht zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen.
Der analytische, neugierige Teil in mir ist am Ende dieses Buch enttäuscht, denn nach den letzten Seiten wird klar, dass man Eva Grubers Ausführungen von Anfang an misstrauen muss. Aber ist es denn wirklich so wichtig zu wissen, was wahr war und was falsch? Being Eva Gruber bedeutet, einen komplett anderen Film im Kopf zu haben, als der Rest der Welt. Ich musste erst mal diesen Wunsch nach den gewohnten Erzählweisen bei Seite schieben und das Buch als das betrachten, was es wohl in erster Linie ist: Keine ernsthafte Auseinandersetzung mit einer psychischen Erkrankung oder den tatsächlichen Abläufen in einer Psychiatrie, sondern ein sehr pointierter, verdichteter Text. So häppchenweise in kleine Kapitel unterteilt, wie bei einem Poetry Slam. Der Text steht über der Geschichte. Und der Text wirkt, vor allem am Anfang, wenn Eva in die Psychiatrie eingewiesen wird und dort sich süffisant über Schwesteriche (männliches Pflegepersonal), andere Irre oder Therapeuten und Ärzte auslässt. Das ist sehr humorvoll und spitz geschrieben. Da hat Frau Lehner mich sofort bei der Stange gehabt.
Die Autorin sagt selbst, dass sie sich das Thema Psychiatrie nicht ausgesucht hat. Das merkt man auch. Wie eine Praktikantin hat sie erst im Verlauf des Buchs recherchiert, um eine gewissen Authentizität zu erzielen. Ihre Herangehensweise erfolgt nicht über die Geschichte, sondern über die Figur. Sie wollte über eine unzuverlässige, wütende, lügende Erzählerin schreiben. Und darum entstand dann das übrige Figurenensemble. Die Prozedere fand ich ungewöhnlich. Auch wenn es nicht die Art des Buchs ist, die ich bevorzuge (lass mich nicht gerne von Autoren hinters Licht führen), muss ich doch zugeben, dass dieses Leseerlebnis über weite Teile einfach erfrischend anders war. Daher trotz vieler Vorbehalte und Triggerpunkte verdiente vier Sterne für dieses außergewöhnliche Buch.
Eine junge Frau wird in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, weil sie behauptet eine ganze Kindergartengruppe ermordet zu haben. In Wirklichkeit ging es ihr wohl darum, ihrem essgestörten jüngeren Bruder nahe zu sein, der ebenfalls in dieser Anstalt lebt.
Aber stimmt das so? Alles was uns Eva Gruber vermittelt, in Gesprächen mit einem Psychiater und in ihren Gedanken, ist höchst widersprüchlich. Eva lügt gern und viel, das lernen wir schnell. Und daraus bezieht das Buch seine Spannung. Was ist wirklich geschehen in der Kindheit? Wer hat wen verraten? Gab es Missbrauch? Wie krank ist Eva selbst?
Die Geschichte lebt zudem von diesem wunderbar abgründig-bösen österreichischen Humor und von guten Beobachtungen. Zum Beispiel beschreibt sie an einer Stelle, wie mühsam wir als Kinder in den uns aufgezwungen Moonboots liefen. Ich könnte mich sofort wieder an dieses Gefühl erinnern.
Zum Ende hin wurde es mir manchmal etwas zu langatmig und die Auflösung hat mich nicht so ganz überzeugt. Aber schreiben kann die Lehner.
Eva Gruber behauptet, eine Gruppe von Kindergartenkindern erschossen zu haben - und erhält damit ihr Ticket in die psychiatrische Abteilung des alten Wiener Spitals. Schnell wird klar, warum sie eigentlich hier ist: Sie möchte ihren Bruder Bernhard retten. Und den Vater töten - denn dann wird alles wieder gut, oder?
Lange, lange hatte ich keine so dermaßen unzuverlässige Protagonistin wie Eva Gruber mehr in meinen gelesenen Büchern. Angela Lehner lässt ihre Ich-Erzählerin in "Vater Unser" von ganz vielen Menschen und Ereignissen erzählen, Episoden ihrer Kindheit Revue passieren und Zwischenfälle der Gegenwart zum Besten geben. Dabei weiß man als Leser*in nie, was davon nun gerade tatsächlich wahr ist und was sich Eva nur ausdenkt - und genau das macht den besonderen Reiz dieses Buchs aus.
Die Grenzen zwischen Realität und Lüge verschwimmen in diesem Roman, was aber bleibt ist die Gewissheit, dass Eva Grubers Vergangenheit düster und tragisch ist, an der Grenze zum Ertragbaren, weshalb man eben so manches hin- und wegdichtet. Angela Lehner legt damit in ihrem Buch den Fokus auf psychische Erkrankungen, sie setzt sie in den Mittelpunkt, schweigt nicht - und doch haben die Lesenden auch Einiges zu Schmunzeln und zu Ärgern bei Figuren wie Eva, Bernhard, Korb und der Mutter. Allein das Ende hat mir dann nicht mehr ganz so gut gefallen, ich hätte keinen Roadtrip gebraucht.
Von mir gibt es eine Empfehlung für dieses skurrile Debüt!
Sapperlot! Da hams ma wieder so ei komisches Bucherl, wos net ganz klar is, ob i jez ein anna Waffel hab oder die Eva. Wir schaun ma rein. Eva Gruber ist neuste Insassin der Nervenheilklinik OWS im malerischen Wien aus noch ungeklärten Gründen. Ihrem Naturell entsprechend erzählt sie dem Psychiater Korb, sie habe eine Kindergartengruppe mit einer Pistole erschossen, was gerade in Anbetracht extrem lockerer Sicherheitsvorkehrungen ziemlicher Schmarrn ist...das merkt sogar der Korb. Ihre wahren Gründe sind familiärer Herkunft, denn auch ihr Bruder befindet sich zur Kur im OWS, mit dem sie noch so einiges vor hat. Und wo eine Eva, da ein Wille! So versucht sie ihren Magersüchtigen Bruder Bernhard aus dem Pantoffelpalast zu exhumieren, ganz uneigennützig natürlich (zwinkersmiley).
In lakonisch, verspielt Manier erzählt Angela Lehner in ihrem fulminanten Debüt von einer notorischen Lügnerin und ihren oftmals humorvollen, aber extrem perfiden Methoden Mitmenschen zu beeinflussen. Getragen wird dieses tragikomische Schauspiel durch die luziden, narzisstischen Gedanken Evas, die mal flamboyant einzelne Details der Umgebung einfangen, mal die idiotischen Details menschliche Natur beleuchten, mal sämtlichen Anwesenden kognitive Watschen verpassen. Vereint wird das ganze zu einem bitterbösen Schattenspiel im Dickicht persönlicher Ängste, traumatischer Vergangenheiten und den im Unwissen liegenden Dämonen die damit einhergehen. Zudem entwickelt sich eine steile, fast fühlbare Abwärtskurve geistiger Gesundheit, die mehr als nur einmal die Frage nach den wirklichen „Verrückten“ der Gesellschaft stellt. Gekonnt spielt Lehner mit den Erwartungen des Lesers, um dann doch immer wieder zu überraschen.
Einmalig präsent und bitter ironisch verpackt Angela Lehner ein tragische Familiendrama und dessen eklatanten Folgen in einer verspielten Leichtigkeit, die an Genialität kaum zu überbieten ist. Die rebellische Ader der Protagonistin fördert den brennenden Wunsch zu Tage genug eigenes Selbstbewusstsein zu entwickeln, um die Fratze der gesellschaftlichen Nettigkeitshehlerei herunter zu reißen. Für mich persönlich jetzt schon ein Highlight des Jahres und eine absolute Empfehlung!
Ein starker Text mit einer alles überragenden Hauptfigur, aus deren Sicht das Geschehen erzählt wird. Eva Gruber wird in einem Polizeiauto von Kärnten nach Wien in die Psychiatrie (Steinhof) überstellt. Sie will eine Kindergartengruppe erschossen haben (hat sie nicht) und ihr eigentliches Ziel dürfte der in der Klinik wegen Magersucht behandelte Bruder sein. Diesen vereinnahmt sie auf unbarmherzig obessesive Weise. Die kurzen Kapitel, in einer schroffen, irgendwie schludrig aber trotzdem genauen Sprache erzählt, üben auf den Leser einen ungeheuren Erzählsog aus. In kurzen Sätzen, oftmals witzig, das Geschehen scheinbar völlig überblickend, erzählt die "Verrückte" (welcher Art ihre Störung - vielleicht narzisstisch? - wird nicht erklärt, und das ist gut so) von den Geschehnissen in der Klinik, und in Rückblenden, aus der Kindheit mit einem problematischen Vater und einer überforderten Mutter. Das Buch ist sehr viel und sehr gut besprochen worden (u.a. Exlibris auf Ö1 am 24.2.2019) und darum bin ich auf die Autorin aufmerksam geworden. Mir hat das Buch großes Vergnügen bereitet und ich werde die Angela Lehner ab jetzt lesemäßig stalken. Ein Nachtrag fällt mir ein: In der Ö1 Vorstellung wird die Protagonistin als abgrundtief unsymphatisch beschrieben. Da stimme ich nicht zu. Irgendwie habe ich Gefallen an der Eva Gruber gefunden. Ich mag die.
Ein Roman, der sehr stark beginnt, und ihm ersten Drittel oft zum Schreien komisch ist, dieses Niveau an Unterhaltsamkeit aber leider nicht halten kann.
Bei der Protagonistin Eva kristallisert sich immer mehr heraus, dass sie tatsächlich schwere psychische Beeinträchtigungen hat, und dadurch rutscht die Komik der Situation ab den zweiten Drittel unaufhaltsam in die Tragik. Auch die Absurdität vieler Situationen kann da nichts retten.
Im Prinzip ist es eine Geschichte um eine Familie, bei der alle bis auf die Mutter auf eine dramatische Weise psychisch krank sind. Die Autorin hat die Familie in ein traditionelles Kärtner Umfeld gesetzt und nutzt die Gelegenheit für deutliche soziale Kommentare zur Situation in und für die Bevölkerung.
Im ersten Drittel des Buches hatten sich bei mir hohe Erwartungen aufgebaut, die aber im Rest des Romans leider nicht erfüllt wurden. Daher gibt es von meiner Seite 2,5 Sterne, die ich aufrunde.
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A novel that starts very strongly and is often hilarious in the first third, but unfortunately cannot maintain this level of entertainment.
It becomes increasingly clear that the protagonist Eva does indeed have severe psychological impairments, and as a result the comedy of the situation slips inexorably into tragedy from the second third onwards. Even the absurdity of many situations can't save it.
Basically, it's a story about a family in which everyone except the mother is mentally ill in a dramatic way. The author has set the family in a traditional Carinthian setting and uses the opportunity to make clear social commentary on the situation in and for the population.
I had high expectations in the first third of the book, but unfortunately these were not fulfilled in the rest of the novel. I therefore give it 2.5 stars, which I round up.
Österreichische Lektüre ist immer ein "hit or miss" bei mir.
Bei diesem hier war ich zuerst sehr guter Dinge, das Setting in einer psychiatrischen Anstalt war sehr ansprechend und toll geschrieben. Das war's dann aber irgendwie auch, das Buch hat irgendwie nirgends hingeführt und wurde von Seite zu Seite immer skurriler, im Endeffekt nichts für mich.
Hier tue ich mich schwer mit der Bewertung. Ich fand die Geschichte spannend zu lesen, da man nie weiß, was wahr ist und was gelogen. Eva ist eine unzuverlässige Erzählerin, die lügt, aber vielleicht auch Wahnvorstellungen hat - man weiß es nicht so genau. Doch dadurch bleibt es auch etwas unbefriedigend. Ich hätte mir an manchen Stellen etwas mehr Kontext oder Auflösung gewünscht, auch wenn ich den Grundgedanken dieser extremen Unsicherheit mit viel Raum für eigene Interpretation nachvollziehen kann. Am Ende lässt es mich ein bisschen lauwarm zurück.
Buch hat mir besser gefallen, als zu Beginn erwartet. Es liest sich schnell, ich war richtig überrascht, wie schnell die ersten 100 Seiten vorbei waren. Die Figuren waren sehr interessant, auch wie sie in ihrem Leben und ihrem Sein feststecken und es nicht wirklisch schaffen, sich zu befreien, über Dinge zu sprechen und im Grunde an sich selbst zerbrechen.
Edit: Ein paar Tage später geistert das Buch immer noch durch meinen Kopf. Es ist ein Musterbeispiel für einen Unreliable Narrator. Ein wenig Heimatkritik, eine manipulative Hauptfigur, die eine psychische Erkranung hat, was ist wahr/was ist unwahr, welche Wahrheit versteckt sich hinter den erzählten Episoden, welche Charaktereigenschaften sind tatsächlich Teil der Nebenfiguren und welche werden von der Hauptfigur Eva nur auf diese projiziert.
Puh, was ist es mir schwer gefallen, dieses Buch zu beenden. Destruktiv, zerstörerisch, verwirrend. Keine symphatischen Charaktere und eine völlig verwirrende Protagonistin. Oder völlig verwirrte Protagonistin. So richtig weiß man es als Leser nie, was bei Eva nun Lüge oder Wahrheit ist, Realität oder Phantasien. Dadurch hat sie mir den Zugang zum Buch sehr schwer gemacht, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Vielleicht habe ich das Buch auch einfach nicht verstanden. Schreibtalent hat die Autorin, malt teilweise schöne Sätze, hat tolle Wortfindungen. Manchmal blitzt sogar so etwas wie Humor auf. Das Ende lässt mich genauso ratlos zurück wie der Rest des Buches. Tatsächlich erinnert mich das Buch an "Die Infantin trägt den Scheitel links", auch dort geht es um toxische Familienbeziehung, um den Verlust der Realität und auch das Buch habe ich einfach gar nicht verstanden. Es war schon fast schade um die Lesezeit
Hat mir sehr gut gefallen. Es hat viel zum Nachdenken angeregt und immer wieder hat es mich überrascht. Und ich muss sagen, ich finde das Ende passt zum Buch. Es war letztendlich wirklich kohärent erzählt, flüssig und "leicht" zu Lesen, trotz des eigentlich schweren Stoffes. Kann ich vor allem empfehlen, wenn man plant es in einer Gruppe zu lesen! Zum Beispiel als klassischen Buddy-Read mit regelmäßigem Austausch.
Ich bin wirklich begeistert von Vater Unser. Selten habe ich eine unzuverlässige Erzählerin erlebt, die mir so viel Spaß gemacht hat. Es liest sich leicht, ist mitreißend und ich war von Seite 1 weg gefesselt.
Das Buch stand schon lange auf meiner Wunschliste und nun habe ich es endlich gelesen. Und es hat mir auch echt gut gefallen. Das Buch hat ziemlich einzigartige Charaktere, die nicht immer sympathisch oder nahbar sind. Aber das macht sie sehr interessant. Die Geschichte hat auch immer wieder überraschende Wendungen genommen und mich sehr fasziniert und gefesselt. Es werden spannende Themen behandelt. Es geht vor allem um Beziehungen zu Familienmitgliedern. Aber auch Psychiatrie und Therapie spielt eine große Rolle. Das alles ist gut umgesetzt und erfrischend, mit einem klugen Humor und ohne Klischees erzählt.
Eva Gruber wird in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, weil sie behauptet eine ganze Kindergartengruppe ermordet zu haben. Zu Beginn wissen wir nicht genau ob das so stimmt. Nach und nach bekommen wir mit, dass es ihr wohl in Wirklichkeit darum ihrem essgestörten jüngeren Bruder nahe zu sein, der ebenfalls in dieser Anstalt lebt. Allein diese Tatsache scheint etwas seltsam zu sein.
Jedoch sind wir uns als Leser nicht sicher, was wirklich wahr ist und was nicht. Die Gespräche mit ihrem behandelten Psychiater und ihren Gedanken scheinen sehr widersprüchlich zu sein. Wir merken schnell, dass Eva gerne und viel lügt. Was ist wirklich passiert? Gab es Missbrauch? Wie krank ist Eva? Wie krank ist ihr Bruder? Existiert ihr Bruder überhaupt?
Die Prämisse ist super spannend aber irgendwie hat es mich nicht gepackt. Ich fand die Charaktere ätzend. Und es war mir egal was wirklich passiert ist und was nicht. Sehr schade, da zu Beginn der Geschichte die Story noch sehr spannend erzählt wurde, aber je weiter wir den Personen folgen, desto uninteressanter wurde es und desto egozentrischer nahm ich Eva wahr und wollte ihr gar nicht mehr weiter folgen. Schade.
Eva Gruber sitzt auf der Rückbank des Polizeiwagens. Nächster Halt: Psychiatrie. Warum? Sie behauptet, sie habe eine Kindergartengruppe getötet, lacht auch noch dabei. Ihr nächstes Opfer soll ihr Vater sein und ihr Bruder soll ihr diesmal dabei helfen. Was für eine Erzählerin! Eva ist frech, unzuverlässig, immer auf dem schmalen Grat zwischen Lüge und Wahrheit und wohl die einzige, die wirklich weiß, was passiert ist. Man begleitet ihre Gedanken, Gespräche und Erlebnisse im Klinikalltag und ist dabei ganz gespannt auf den Ausgang der Handlung. Dementsprechend ließt sich das Buch wie im Flug und die Autorin sorgt mit ihrem ehrlichen und teilweise sehr rasanten Schreibstil dafür, dass ich regelrecht in der Handlung gefangen war. Teilweise gab mir das Buch ein paar Coming of Age Vibes und hat vor allem das Portrait einer jungen Frau gezeichnet, die in ihrem Leben bisher viel Leid erfahren hat. Das Motiv der Kirche spielt auch unterschwellig immer mal wieder eine Rolle und zeigt, warum Eva so ist, wie sie ist. Von mir gibt es eine klare Empfehlung, da mich die Erzählweise sehr beeindruckt hat! Vergleichbares hab ich lange nicht gelesen.
Ako volite psihološke romane, ova bi vam se knjiga mogla svidjeti. Ne volim prepričavati radnju sa poleđina knjiga jer je ista svakome dostupna na netu pa o radnji neću. Usto, nisam ni sama sigurna da sam razumjela kraj, kao da mi je negdje promaknula neka riječ, rečenica, nešto bitno vezano za radnju u cjelini. A opet, kad još satima nakon završetka čitanja razmišljate o pročitanome i prevrćete radnju ne biste li je dokučili, mora da se zbilja radi o dobroj psihološkoj knjizi, zar ne?
Eva Gruber soll eine Kindergartengruppe erschossen haben. Deshalb wird sie unter polizeilicher Aufsicht ins Otto-Wagner-Spital in Wien eingeliefert. Dort beginnt sie eine Therapie mit Dr. Korb, den sie nur Korb nennt. Überraschenderweise ist auch ihr Bruder Bernhard Patient in der psychiatrischen Klinik. Oder ist das ganze vielleicht doch nicht so ein großer Zufall, wie Eva uns Leserinnen und Leser glauben macht?
Angela Lehner beschreibt das Leben der Familie Gruber aus Sicht der Tochter Eva. In einer Mischung aus Rückblicken und therapeutischen Gesprächen erfahren wir, dass Eva und ihr Bruder Bernard nicht nur eine schwere Kindheit hatten, sondern auch heute noch unter der Beziehung zu ihren Eltern und zu sich gegenseitig leiden. Eva wirkt aber auch bemüht, die Beziehung zu ihrem Bruder in Ordnung zu bringen. Dr. Korb und ihre Mutter scheinen davon allerdings nicht überzeugt zu sein.
Der Schreibstil von Angela Lehner ist direkt und schonungslos. Evas knallharte und schlagfertige Art machte mir viel Freude beim Lesen, aber sie ließ mich auch immer wieder schmerzhaft die Zähne aufeinanderbeißen. Immer wenn sie mir gerade etwas sympathischer wurde, zeigte sich wieder eine andere Seite von ihr, mit der ich nicht warm werden konnte. Von Anfang bis Ende war mir klar: Die Eva Gruber ist nicht ganz dicht.
Zwei Kinder in der Psychiatrie. Beide Eltern tot. Oder Leben Mutter und Vater etwa doch noch? Während des Lesens haben sich mir immer wieder die gleichen Fragen gestellt. Besonders brennend natürlich die Frage nach dem Warum. Was muss in der Kindheit passieren, damit man so wird? Oder wird man so bereits geboren?
"Unser Geschwür ist der Vater. Der Vater wuchert uns unter der Haut, er dringt uns aus den Poren. Der Vater kriecht uns den Rachen herauf, wenn wir uns verschlucken. Nein, das innere Kind heilen zu wollen ist Blödsinn." S. 156
Lange wartet man im Roman auf Aufklärung und am Ende wartet man vergeblich. Erst sehr spät klärt Lehner uns auf, warum Eva und Bernhard im Spital sind. Nach und nach setzt sich die Geschichte wie ein Puzzle zusammen, bevor man feststellt, dass die Puzzleteile nicht nur an eine Stelle passen und schon ergibt das ganze Bild keinen Sinn mehr. Angela Lehner treibt das unzuverlässige Erzählen mit Eva auf die Spitze und es ist mir bis zuletzt unklar geblieben, wie viel der Geschichte Evas Geisteskrankheit zu verdanken ist.
Ich habe während des Lesens nicht nur an Evas sondern auch an meiner eigenen Zurechnungsfähigkeit gezweifelt. Ständig widerlegt Eva Informationen, die ich schon als gesichert angesehen hatte und ihre Erzählung ergibt an vielen Stellen keinen Sinn. Aber das liegt nicht an unserer Lesekompetenz, sondern an Angela Lehners Schreibkompetenz. Neben Evas derber Sprache durchsetzt Lehner ihren Text auch mit österreichischen Ausdrücken, was mir sehr gut gefallen hat.
Die inhaltliche Ungewissheit des Romans und der beeindruckende Schreibstil von Lehner machen das Buch zu einem würdigen Kandidaten für den Deutschen Buchpreis.
Angela Lehner knows how to write, and I really appreciate an unreliable narrator. "Vater Unser" gave me one of the great ones. I often don't like first-person narratives, because it seems so easy - only one perspective, nothing to contrast it with, and, honestly, too often too much pointless ranting. But Lehner gives us a protagonist who lies so easily to everyone she meets and herself that you never quite know how firm the ground is you stand on. What happened? What does it mean? The only hints are in peoples' reactions, in the contrast between narrative and reality, and that is fascinating. At the same time, things never becomes trite or arbitrary, because underneath it all there is trauma, and there is mental illness. Stuff matters. You just never get to clearly define the borders of reality and perspective.
If you are up to unreliable narration, I would definitely give this a try.
Wusste vorher absolut nicht, was auf mich zukommt und hatte dementsprechend auch keine Erwartungen. Hat mir aber wirklich sehr gut gefallen und liest sich leicht.
Naja, ein Buch , das keine Auflösung bringt. Thema ist nicht meins, wenn ich denn überhaupt ein Thema erkennen könnte… Es war leicht zu lesen und schnell beendet…
Was habe ich da gerade gelesen?! Eine junge Frau landet in der Psychiatrie, nachdem sie behauptet hatte, eine ganze Kindergartenklasse erschossen zu haben. Das hat sie offenbar nicht getan, sondern es "nur" darauf angelegt, bei ihrem Bruder sein zu können – der in derselben Klinik aufgrund seiner Essstörung behandelt wird. Die Protagonistin lügt sowieso gern und viel, weshalb man nie genau weiss, ob und wie krank sie wirklich ist. Welche Erinnerungen sind echt und welche eingebildet? Gab es tatsächlich Missbrauch? Eigentlich weiss man gar nichts. Deshalb fehlte mir persönlich auch der Mehrwert dieser Geschichte.
Is it comedy or tragedy, this tale of a young woman who is committed (delivers herself?) into a psychiatric hospital to save her brother. But we soon suspect that our heroine is a unreliable narrator, and what if her lies become her reality?
I'd say this is a tad unpolished, but shows lots of potential. Nostalgia for the Austrian life. 3.5
War ein sehr spannendes Buch, vor allem wie man beim Lesen von der Protagonistin genauso manipuliert wird, wie sie auch alle anderen Figuren manipuliert. Ich fand den letzten Teil ein bisschen schwächer als die anderen, auch wenn das Verwirrende daran natürlich gewollt war und auch funktioniert hat. Das Ende war aber wieder sehr stark.