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Das Vaterland: Ein Tatsachenroman aus Deutschland (Bibliothek der verbrannten Bücher)

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Acht Wochen nach der Machtübernahme durch die Nazis kehrt der Ich-Erzähler von einer mehrmonatigen Seereise ins veränderte Deutschland zurück. Er beschreibt faktengetreu, was sich allein in dieser kurzen Zeitspanne alles verändert hat: Freundschaften funktionieren nicht mehr, es gibt plötzlich Unpersonen und gänzlich Recht- und Wehrlose. Der Autor konnte nach kurzem Augenschein ins Exil fliehen. Wo auch dieser Tatsachenroman entstand.

214 pages, Perfect Paperback

First published January 1, 1933

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About the author

Heinz Liepman

14 books1 follower

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Profile Image for Buchdoktor.
2,363 reviews188 followers
February 4, 2025
Als der Fischdampfer „Kulm“ im März 1933 nach zwei Monaten vom Fang vor Island nach Hamburg zurückkehrt, existiert die Welt von Kapitän Schirmer und seiner Besatzung nicht mehr. Das erste Schiff, das ihnen in der Elbmündung begegnet, trägt eine Hakenkreuzflagge, die Bug-Flagge der Kulm mit der Gösch des Kaiserreichs in der linken oberen Ecke ist Geschichte. Ob ein Besatzungsmitglied Sozialist, Kommunist, Katholik oder Jude ist, worüber bisher evtl. nur flüchtig gewitzelt wurde, entscheidet von nun an über das Überleben einer Person. Drei Besatzungsmitglieder sind überzeugte Sozialdemokraten, einer Nationalsozialist, einer vermutlich zentrumsnah. Arthur, der Jude, will die Gefahr noch nicht sehen, überzeugt, ihm als Kriegsveteran und Deutschem seit Generationen werde nichts geschehen.

Als von der „Kulm“ aus in Fahrtrichtung ein Schwimmer gesichtet wird, der nach seiner Rettung entsetzt von Bord flieht, ahnt man aus heutiger Sicht, dass der Mann hoffte, von einem ausländischen Schiff aufgenommen zu werden, vermutlich auf der Flucht vor Gestapo und Lagerhaft. Zuerst wird Käptn Schirmer (deutschnational eingestellter Sohn eines Kriegsteilnehmers von 1870/71) einsehen, dass er und seine Männer zu Fremden im eigenen Land geworden sind. Sein Ansehen und der entgegengebrachte Respekt beruhten bisher auf seiner Erfahrung, Verantwortung für Schiff und Mannschaft und darauf, dass er als Sohn und Enkel von Lotsen in der Elbmündung selbst keinen Lotsen an Bord nehmen musste. Ausgerechnet Schirmer, der noch geglaubt hatte, dem Flüchtenden würde an Land geholfen, wird kurz darauf verhaftet, misshandelt und belehrt, wie er sich zukünftig zu verhalten hat. Außer Arthurs Cousin, dem Zigarettenhändler Alfred, treffen wir Spitzel und Profiteure des Systems, eine jüdischen Frau, deren Mann die Scheidung fordert, um seinen eigenen Kopf zu retten, und erleben ein an das KZ Wittmoor angelehntes Lager, dass hier auf eine Insel in der Elbe verlegt wird.

Fazit
Als Roman ist „Das Vaterland“ aufgrund der deutlichen Absicht zu belehren und zu warnen und des pathetischen Tons keine leichte Kost. Hochinteressant informiert allerdings das Nachwort Wilfried Weinkes über Heinz Liepmans Biografie, seine ungeheure Produktivität in den Jahren 1929 bis 1930 und die Entstehung dieses Romans.

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Die Ausgaben
1933 als „Ein Tatsachen-Roman aus dem heutigen Deutschland bei Van Kampen & Zoon, Amsterdam
Übersetzt ins Polnische, Englische, Niederländische und Norwegische
1979 – Mit einem Vorwort von Heinrich Böll. Konkret Verlag, Hamburg, (Bibliothek der verbrannten Bücher) 978-3922144021
1981, 2018 Fischer TB 978-3596251704
Profile Image for Buchbesprechung.
209 reviews23 followers
February 5, 2025
REZENSION – Im Juni 1933, fünf Monate nach Hitlers Machtergreifung, floh der damals 27-jährige jüdische Schriftsteller und Journalist Heinz Liepman (1905-1966) nach Paris. Er hatte unter anderem mit Artikeln in der „Weltbühne“ und im „Hamburger Echo“ vor den Nazis und deren Antisemitismus gewarnt, weshalb seine drei auch international beachteten Romane vom Regime im April verboten und öffentlich verbrannt worden waren und er selbst bedroht wurde. Im Exil schrieb er sofort seinen Roman „Das Vaterland“, der schon im November 1933 bei einem Amsterdamer Verlag auf Holländisch und Deutsch erschien. Diesen „Tatsachenroman aus dem heutigen Deutschland“, einen der ersten deutschsprachigen Exilromane, gibt es nun seit Februar in kommentierter Neuausgabe beim Pendragon Verlag.
Darin schildert Liepman in einer Mischung aus fiktiver Handlung, eigenem Erleben, in die Handlung eingearbeiteten Schicksalen realer Hamburger Einwohner sowie damaligen Meldungen in Hamburger Lokalzeitungen sehr authentisch den Alltag einfacher Menschen in seiner Heimatstadt Hamburg von März bis Juni 1933 unter der Nazi-Diktatur. Am Beispiel von Einzelschicksalen schreibt er – wie es im umfassenden Nachwort des Herausgebers und Liepman-Biografen Wilfried Weinke heißt – „über die Veränderungen im privaten, sozialen und politischen Leben, die dazu führten, dass Familienbande zerrissen, Menschen zu Unpersonen, Recht- und Wehrlosen wurden“.
Nach acht Wochen auf hoher See kehrt der Fischdampfer Kulm nach Hamburg zurück. „Drei Monate war die Kulm unterwegs. Funkenbude gibt’s nicht, einen Hafen haben wir nicht angelaufen. … Was inzwischen in der Welt geschehen ist, wissen wir nicht. Wie sollten wir auch? Und warum?“ Zwar stehen die einzelnen Besatzungsmitglieder weltanschaulich und politisch unterschiedlichen Strömungen nahe, doch an Bord spielte Politik keine Rolle. Dies ändert sich nun abrupt während der Tage an Land. Die Nationalsozialisten herrschen mit Gewalt und Willkür. Episodenhaft zeigt der Autor, wie sich nun jedes Besatzungsmitglied seinen Platz in der veränderten Gesellschaft suchen, sich im Kampf um Leben und Überleben positionieren muss.
Es sei „kein Roman, sondern ein Pamphlet“, heißt es in Liepmans Vorwort aus September 1933. Er schildert Vorfälle, deren Zeuge er selbst oder Freunde von ihm waren. Er wollte mit seiner Erzählung „die Menschen der Länder, in denen dies Buch erscheint“, informieren. Sie „sollen wissen, wie der äußerlich so bestechende Nationalsozialismus in der alltäglichen Wirklichkeit aussieht“. In seiner literarischen Anklage prangerte der Autor auch die Gleichgültigkeit mancher Landsleute an, die Schreckensmeldungen nicht akzeptieren wollten und vor alltäglicher Gewalt und Willkür – sei es aus Angst oder aus Opportunismus – die Augen verschlossen oder sich den Nazis leichtgläubig anschlossen: „Milchhändler und Barbiere, Strichmädchen und Studenten. Sie alle erhofften bessere Zeiten und wollten schrecklich gerne an jemanden glauben, der ihnen alles versprach.“ Sogar unter deutschen Juden war anfangs noch Sorglosigkeit auszumachen: „Werte Dame, Sie erzählen hier Gräuelmärchen. Ich bin auch Jude. Aber weder mir noch meiner Familie hat irgendjemand etwas getan. Der Hitler weiß schon, was er will. … Passen Sie auf, in vier Wochen hört man nichts mehr von Antisemitismus in Deutschland.“
Liepmans Roman ist kein literarisch oder intellektuell anspruchsvolles Werk und kann es als „Pamphlet“ und „Tatsachenroman“ auch nicht sein. Es ist eine fast dokumentarische, in jedem Fall authentische und in einfacher, jedermann verständlichen Sprache verfasste und beklemmende Erzählung, die seine damaligen Leser aufrütteln sollte. Liepman verzichtet auf sentimentale Dramatisierung oder heroische Überhöhung, wodurch die Unsicherheit und Ängste seiner Protagonisten sowie die Gräuel jener Zeit noch wirkungsvoller zur Geltung kommen.
Mag der über 90 Jahre alte Roman vielleicht den heutigen Ansprüchen literarisch nicht mehr unbedingt entsprechen, so sind doch die darin behandelten Themen – Mitläufertum, ideologische Verblendung und moralische Verantwortung sowie die Fragen, wann Schweigen zur Schuld wird und welche Verantwortung jeder Einzelne für das gesellschaftliche und politische Geschehen trägt – allerdings zeitlos. Nicht ohne Grund appellierte deshalb Schriftsteller Heinrich Böll in seinem Vorwort zur 1979 veröffentlichten Neuausgabe des Romans an den jüngeren Leser „sich vorzustellen, was es bedeutet hat, unter dieser Schreckensherrschaft zu leben und zu überleben, er mag sich vorstellen, was über Nacht passieren konnte.“ Diesen Worten ist auch in heutiger Zeit nichts hinzuzufügen angesichts des wieder erstarkenden Rechtsextremismus und Antisemitismus. So ist die aktuelle Neuausgabe des leicht lesbaren Romans „Das Vaterland“, dessen dokumentarischer Stil den erfahrenen Journalisten in Heinz Liepman erkennen lässt, nicht nur erwachsenen, sondern vor allem jungen Lesern als historisch informative und warnende Lektüre zu empfehlen.
Profile Image for Detlef.
327 reviews4 followers
March 18, 2025
Dieder Roman von Heinz Liepmanns zählt zu den älteren Werken, da er erstmals 1933 von einem deutschen Juden im Exil verfasst wurde. Die besondere Relevanz des Romans liegt in seiner brisanten Aktualität, die sich angesichts des zunehmenden Einflusses der AfD und des umstrittenen US-Präsidenten zeigt. Diese Aktualität vermag durchaus zu beunruhigen.

Zur Weihnachtszeit im Jahr 1932 sticht das kleine Fischereischiff mit elf Besatzungsmitgliedern in See, um Heringe zu fangen. Nach drei Monaten kehrt die „Kulm“ schließlich nach Hamburg in ihren Heimathafen zurück. In der Zwischenzeit wurde Adolf Hitler Ende Januar zum Reichskanzler ernannt. Die Seeleute kehren in ein Deutschland zurück, das sich seit ihrer Abreise an Weihnachten stark verändert hat.

Die Mannschaft der „Kulm“ setzt sich aus Mitgliedern mit verschiedenen sozialen und weltanschaulichen Hintergründen zusammen, darunter Sozialdemokraten, Kommunisten, Juden und Nationalsozialisten. Diese Differenzen spielten bisher auf See keine Rolle, da sie alle ihre Pflicht als Seeleute erfüllen und miteinander auskommen mussten. Die Situation ändert sich jedoch, als sie sich Hamburg nähern und einen Mann aus dem Wasser retten.

In diesem Roman, in dem es nicht nur einen Protagonisten gibt, werden in verschiedenen, sehr packenden Episoden die Schicksale einiger Besatzungsmitglieder erzählt. Nun sind die Nationalsozialisten an der Macht und herrschen mit Gewalt und Willkür.

Heinz Liepman beschreibt unerbittlich, wie die Besatzungsmitglieder mit den neuen Machtgefügen konfrontiert werden. Stellenweise sind diese Beschreibungen sehr schonungslos, insbesondere wenn die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten dargestellt wird. Neben den schockierenden Begegnungen mit den Nazis thematisiert der Autor auch die persönlichen Konflikte der Betroffenen. So wird zum Beispiel die Geschichte eines Mannes erzählt, der eine Jüdin geheiratet hat und selbst zum Nazi wird, was zu Konsequenzen für die Ehe führt. Die Frau entscheidet sich dazu, sich scheiden zu lassen, doch selbst der Anwalt, der sie seit Jahren kennt, verweigert ihr jegliche Hilfe, weil er jetzt ebenfalls ein Nazi ist. Für die Frau scheint es keinen Ausweg mehr zu geben.

Die Schicksale sind äußerst belastend und im Grunde geht es für jeden der Betroffenen nur um das nackte Überleben in dieser gewalttätigen und menschenverachtenden Gesellschaft. Dies könnte auch auf denjenigen angewendet werden, der rasch zu einem höheren Rang als Verbrecher bei der SA aufgestiegen ist.

Der Schriftsteller, der von 1905 bis 1966 lebte, konnte durch die Schilderung von Szenen wie dem Erwachen des Hamburger Hafens oder der Fahrt der „Kulm“ die Elbe hinauf, Emotionen bei den Lesern wecken, jenseits des reinen Handlungsablaufs.

Die Thematik dieses Buches hat mich besonders betroffen und immer wieder in bestimmten Szenen an die gegenwärtigen Ereignisse in Deutschland und weltweit erinnert. »Das Vaterland« ist ein aufrüttelnder Roman, der eindringlich vor Augen führt, was geschehen kann. Seine Erzählungen sind wie ein Geschichtslektion, die sich jedem tief ins Gedächtnis einprägen sollte.

Der Pendragon Verlag hat diesen Roman erneut veröffentlicht, was großartig ist. Durch kleine Anpassungen in der Sprache ist er nun auch für junge Leser gut lesbar.

Wilfried Weinke verfasste ein zwanzigseitiges Nachwort, das das Leben und Werk von Heinz Liepman beschreibt und in den historischen Kontext einordnet.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 ist ein düsteres Kapitel unserer Geschichte, das auch heute noch Angst und Schrecken auslösen kann. Die schonungslose Beschreibung der damaligen Ereignisse zeigt, wie das Schicksal vieler Menschen durch Manipulation und Gewalt beeinflusst wurde. Diese Geschichten wecken Emotionen und machen die Vergangenheit für uns greifbar. Durch eine moderat angepasste Sprache wird die Geschichte lebendig und spannend, auch für heutige Generationen. Die Aktualität dieser Themen ist unbestreitbar und verlangt danach, dass wir sie nicht vergessen. Offanbar wurden die Lehren aus der Vergangenheit nicht gezogen. Dabei sollten sie dafür sorgen, dass sich solche Gräueltaten niemals wiederholen. Folgt unseren Social Media Accounts, um auch über andfere lesenswerte Romane informiert zu werden!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2025
625 reviews
February 4, 2025
Beeindruckend
Heinz Liepman (1905-1966) erzählt die Geschichte der Besatzung des Dampfers „Kulm“, welche nach dreimonatigem Aufenthalt auf See Ende März 1933 in ihren Heimathafen Hamburg zurückkehren. Die Männer haben von den Ereignissen und Geschehen in Deutschland und der Veränderungen seit dem Regierungsantritt der Nazis im Januar, auf See nichts erfahren. Beschrieben werden die mannigfachen Reaktionen der Besatzung. Da gibt es über die bestehende Gewalt Ungläubigkeit und Widerstand, jedoch auch Sympathie für die Bewegung der Nationalsozialisten.
Ausführlich beschreibt der Autor das Verhalten des Kapitäns und der einzelnen Mitglieder seiner Mannschaft, nachdem sie das Schiff verlassen haben. Wie sie das Verhalten der Nazis und der Bevölkerung mit ihren Ängsten und den allgemeinen Wandel wahrnehmen. Auch wird der Alltag im Konzentrationslager Wittmor bei Hamburg bildhaft geschildert. Der Schreibstil ist dokumentarisch ausgearbeitet. Erschreckende Geschehen, die mir bisher unbekannt waren, werden glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt. Im Anschluss an den Roman gibt es noch eine interessante Biografie des Schriftstellers.
Dieses Pamphlet, wie Heinz Liepmann dieses Buch bezeichnet, hat mich tief beeindruckt. 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
Profile Image for Susu.
1,782 reviews19 followers
October 5, 2025
Die Besatzung eines Fischkutters fährt in der Weimarer Republik los und kehrt ins NS-Deutschland zurück - das Buch erzählt die Erlebnisse der Besatzung mit den neuen Machthabern. Gewalt und Willkür regieren und entladen sich in Konfrontationen.

Veröffentlicht aus dem Exil, mit viel Beachtung durch andere Exilanten. Und juristischen Folgen - wegen "Beleidigung eines befreundeten Staatsoberhauptes" in Amsterdam zu 1 Monat Haft verurteilt.
1 review1 follower
October 16, 2025
Het boek laat zien hoe ontluisterend snel de bevolking na de machtsovername van Hitler zich keert tegen groepen en ook vanuit de macht zonder mededogen tegen die groepen opgetreden wordt. zo snel kan het gaan. vergelijk het met de VS van Trump.
Displaying 1 - 6 of 6 reviews

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