Als Lisa ihren Job als Wetterforscherin verliert, ist sie geschockt. Leider bleibt das nicht die einzige Katastrophe in ihrem Leben. Ein schwerwiegender Fehler zwingt sie, ein Angebot ihres Bruders anzunehmen, das man eigentlich ablehnen sollte…
Von da an bläst ein stürmischer Wind durch das Leben der jungen, alleinerziehenden Mutter. Als Hamburgerin ist sie zwar eine steife Brise gewohnt und setzt alles daran, sich nicht unterkriegen zu lassen – doch was tun, wenn aus der steifen Brise am Ende ein tobender Orkan wird? Zum Glück gibt es da noch ihren netten Mitbewohner Paul und die wunderbar verschrobene Frau Holle, die sie tatkräftig unterstützen – auch wenn Lisas chaotische Familie mal wieder querschießt.
Dieser Roman besteht aus 12 einzelnen Büchern, die ursprünglich auch einzeln und wohl im monatlichen Abstand erschienen sind. Da die Titel der Einzelbände nach sich steigernden Windstärken benannt sind, erwartet man auch im Plot eine zunehmende Dramatik. Das wird allerdings nur halb erfüllt. Ja, es gibt immer wieder dramatische Ereignisse, aber die wechseln sich eher ab als dass sie sich kumulieren und dann zu einem orkanartigen Finale führen. Diese Nichterfüllung des Konzepts hat mich etwas enttäuscht.
Damit es aber auch immer etwas dramatisches gibt im Leben der alleinerziehenden arbeitslosen Lisa, erlebt sie innerhalb dieses Jahres so einiges - und manches davon ist auch ziemlich abstrus wenn man ehrlich ist. Da flogen bei mir doch mehrmals die Augenbrauchen Richtung Haaransatz. Hinzu kommt, dass ich so einige Personen in diesem Universum so gar nicht sympathisch fand. Lisa hingegen war mir recht schnell ans Herz gewachsen (auch wenn sie vor allem später oft blauäugig und naiv handelt). Man merkt ihr ihre Liebe zu ihrem Sohn Max von Anfang an an, was ihr Pluspunkte bei mir einbringt, und ihre immer mal wieder eingestreuten kleinen Details über den Alltag einer Mutter fand ich sehr lebensecht. Nur wird ihr 'Sinnieren' über ihre Probleme, Gott und die Welt ab und zu auch mal etwas mühsam, wenn sie sich entweder ständig wiederholt oder auch mal ins Schwafeln kommt. Das Buch ist in der Ich-Perspektive verfasst, und man hat tatsächlich das Gefühl dass Lisa mit den Lesern redet - oder eben auch mal vor sich hin schwadroniert. Immer wieder spricht sie auch aktuelle relevante Probleme mit Umwelt- oder Gesundheitsbezug an, aber dann ist sie auch wieder selbst nicht konsequent wenn sie immer und immer und immer wieder Sohn Max mit ungesundem Essen ruhig stellt/tröstet/besticht (und es jedes Mal aus "Ausnahme" deklariert). Ihre kleinen Abschweifungen in die Welt der Meteorologie hingegen fand ich durchaus interessant.
Um die vielen vielen vielen Seiten vollzukriegen, lässt Jana Seidel auch Leon - den 13jährigen Sohn von Lisas WG-Bewohner Paul - Tagebuch schreiben. Abgesehen davon, dass sich diese Einträge nicht wie von einem jungen Teenager anhören, sind sie anfangs immerhin noch eine sinnvolle Ergänzung und bieten einen anderen Blickwinkel auf Lisa und auch auf seine Welt. Später aber machen sie einen komplett separaten Handlungsstrang auf, der mich gar nicht interessiert hat und die Geschichte unnötig aufgeblasen hat. Ebenso waren die Zusammenfassungen der bisherigen Ereignisse zu Beginn einer neuen Windstärke redundant, wo es sich hier doch um eine Gesamtausgabe handelt. Bei den Einzelbänden, wo nicht jeder Leser vielleicht auch alle Voränger gelesen hat, finde ich das durchaus sinnvoll, aber hier handelte es sich immerhin um eine Gesamtausgabe und man hätte daraufhin den Text noch einmal überarbeiten können. Dass das möglich ist, zeigte mir letztens ein anderes Buch von Bella Osborne. Das wurde ursprünglich auch in 3 einzelnen Büchern veröffentlicht, wovon beim Lesen überhaupt nichts zu spüren war. Immerhin hat Jana Seidel diese "was bisher geschah"-Infos an passenden Stellen und auch immer wieder anders in die Geschichte eingeflochten. Überflüssig war es dennoch, vor allem mit zunehmender Windstärke wo wir dann schon zum 4. Mal gehört haben wie sie den Balkon von Fr. Holle abgefackelt hat.
Insgesamt ein durchaus lesbarer, wenn auch voluminöser Frauenroman, deren Handlung man nicht immer auf Realismus prüfen sollte. Ich würde allerdings unbedingt empfehlen, nicht alle 12 Bände in einem Rutsch zu lesen, sondern sich dazwischen auch mal anderen Büchern zuzuwenden. Sonst ist man vielleicht ganz schnell auch übersättigt von zu viel Wind.
Cover: Alle 12 Einzelcover sind wunderschön und gleich gestaltet. Je nach Monat/Jahreszeit/Windstärke passend mit Blümchen dekoriert. Das Cover der Gesamtausgabe ist schlicht, aber die Einzelnen gefallen mir besser.
Zum Buch: Es wird die Geschichte von Lisa Sommer erzählt. Das Jahr beginnt nicht gut für sie, denn sie verliert ihren Job. Lisa wohnt in einer WG mit ihrem vierjährigen Sohn Max, und dem Tischler Paul, der eine ebenfalls vierjährige Tochter hat. Eine Zweckgemeinschaft, da die Mieten in Hamburg hoch sind. Im Januar stößt dann auch noch Pauls Sohn, der dreizehnjährige Leon dazu, der von seiner Mutter mal eben "abgeschoben" worden ist, da sie mit seinem Tick nicht so zurecht kommt. Leon bellt wenn er Stress hat. Auf Grund der Arbeitslosigkeit und des Geldmangels, stimmt Lisa dem Angebot ihres schwulen Bruders Roman zu, für ihn und seinen Mann Martin als Leihmutter zu fungieren. Und so nimmt das Jahr seinen Lauf und Lisa scheint im Chaos zu versinken. Der Rest ihrer Familie (Mama, Papa und Teenagerschwester) trägt auch noch dazu bei. Und die Liebe bringt im Grunde dann auch alles durcheinander.
Meine Meinung: Die Gesamtausgabe von 12 Einzelbücher umfasst gut 840 Seiten. Mal ist es chaotisch, mal ein wenig tragisch, mal lustig. Zwischendurch fast man sich an den Kopf und fragt sich, wie man so blöd sein kann (auf alle Protagonisten gemünzt). Am Anfang war mir Lisa richtig sympathisch (weil ich auch aus Hamburg komme), aber je mehr ihr Leben aus den Fugen gerät und sie im Grunde von immer wieder den gleichen Fallen erwischt wird, wartet man fast vergebens auf den Lerneffekt. Klar, es heißt "Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weitermachen", aber genau das ist manchmal zu viel. Auch die immer wiederkehrenden Selbstzweifel von Lisa sind auf Dauer anstrengend.
Fazit: Nach einem locker-lustigen Einstieg wird das Leben doch sehr chaotisch.