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Wir Herrenmenschen: Unser rassistisches Erbe: Eine Reise in die deutsche Kolonialgeschichte

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Wie uns das Denken der Kolonialzeit noch immer prägt – eine packende Geschichtsreportage zur aktuellen Debatte

Die deutschen Kolonien - dieses Kapitel unserer Geschichte ist beunruhigend aktuell, wie Bartholomäus Grill zeigt. Und das nicht nur im Bewusstsein der Afrikaner selbst (etwa der Nachfahren der Herero, die heute Entschädigung für Gräueltaten der Deutschen fordern). Sondern auch in unseren eigenen Köpfen. Der SPIEGEL-Reporter, einer der besten deutschen Afrikakenner, hat in den letzten drei Jahrzehnten an allen Schauplätze des ehemaligen Kolonialreichs recherchiert, er hat mit den letzten Augenzeugen gesprochen, den Nachkommen von Tätern wie Opfern. Grill verfolgt akribisch die Spuren der deutschen Fremdherrschaft in Afrika, China und der Südsee und beschreibt unser rassistische Erbe: Das Herrenmenschentum prägt nach wie vor unser Denken, die Klischees von den „bedrohlichen Afrikanern“ oder „hilflosen Entwicklungsländern“ wirken fort, gerade in Zeiten verstärkter Flucht und Migration. Eine packende historische Reportage – und zugleich ein Debattenbuch von höchster Aktualität.

326 pages, Kindle Edition

Published March 4, 2019

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About the author

Bartholomäus Grill

10 books2 followers

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10 (7%)
1 star
2 (1%)
Displaying 1 - 19 of 19 reviews
Profile Image for Lea.
1,113 reviews300 followers
June 20, 2021
Ein gut lesbarer Überblick über die deutsche Kolonialgeschichte, der bei mir das Gefühl ausgelöst hat, viel mehr darüber erfahren zu wollen. Obwohl der Autor sich sehr klar positioniert und auch ab und an die Wut an der fehlenden Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit (bzw die Verherrlichung davon) durchkommt, empfand ich den Ton als sehr angenehm und meistens sachlich.

Ich hab gleich nach dem Lesen erstmal zu "Unserdeutsch" gegoogelt, die einzige deutsche Kreolsprache, die natürlich am Aussterben ist und nur noch von weniger als 100 Menschen in Australien und Papua-Neuguinea gesprochen wird.

Außerdem war mir überhaupt nicht klar, dass es in Namibia noch Menschen gibt, die direkt von den Deutschen Besiedlern abstammen, und deren Muttersprache Deutsch ist (wohl etwa 20.000) und von denen viele die Kolonialgedenken auch nicht abgelegt zu haben scheinen. Bei Youtube findet man interessante Videos, in denen Orte wie Swakopmund als "Deutsch" bezeichnet werden, obwohl nur 5 % der Bewohner von Deutschen abstammen, und es klar wird, dass sie nicht nur meinen, dass der Ort wie ein Deutscher Kurort aussieht.

Ein gutes Einführungsbuch, das Interesse daran weckt, sich tiefer mit dem Thema zu beschäftigen.
Profile Image for Melanie.
560 reviews276 followers
January 2, 2023
I really struggled with this book. And it just shows how hard it is to find a good book that deals with Germany’s colonial past and this is meant to be one of the better one. As in: it makes a critical assessment rather than going down the route it wasn’t all bad… yuck.

My main issue is that the author centres himself by relating personal anecdotes of his travels and then goes on to explain some of the history. And since he is a white man, this kind of narrative feels a bit off. And whilst he acknowledges that he is a white man writing about it, he is very blind to his own bias. I know we all are, but it was just very, very painful at times.

I mean there are not many books on this topic. Shameful really. And I certainly learnt about some things that I had not heard about but the thing is that I can’t trust his voice. And also did not like the writing style, but that’s almost unimportant in this context. I cannot take anyone serious who writes the N word out. And yes, I know this book is older, still it was just bad back then too. (Actually just checked it is from 2019, yikes)

Anyone got any better recommendations on Germany’s colonial period, I would love to have them.

2 stars because I did find out about some things I had not known.

Quoting May Ayim: rassimus bleibt
bleiches gesicht einer krankheit
die uns heimlich und öffentlich auffrißt (racism remains pale face of an illness that eats us up secretly and publicly)
28 reviews
November 7, 2021
3.5/5

Ich hätte diesem Buch gerne vier Sterne gegeben. Als Übersichtswerk ist es hervorragend für einen ersten Einstieg in die deutsche Kolonialgeschichte geeignet; Grills Schreibstil bleibt dabei einfach zu lesen und informativ. Der Autor positioniert sich zudem klar, durchwegs antikolonial und beschreibt vor allem persönliche Begegnungen in interessanter und anschaulicher Weise. Sucht man also nach der ersten Lektüre etwa für in Grundzügen an der Kolonialvergangenheit interessierte und aufgeschlossene (weiße) Freunde oder Verwandte, ist dem mit "Wir Herrenmenschen" sicherlich gut gedient.

Nun aber zu den negativen Aspekten: Leider fiel es mir während der Lektüre immer wieder schwer, Grill auf wissenschaftlicher Ebene ernst zu nehmen. Beschreibungen seiner persönlichen Begegnungen und Beobachtungen sind nicht immer klar gekennzeichnet, sodass die Grenze zwischen Indizienbeweisen und fundierten Forschungsergebnissen oft verwischt. Gerade in den Kapiteln zu Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) störte ich mich an seinem (meiner Meinung nach unangebrachten) Fokus auf die Genozidthese (gemeint ist der Völkermord an den Herero und Nama). Grill zweifelt zwar nicht die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, jedoch aber die Einordnung als Genozid an und versucht dies auf etwa 20 Seiten in unstrukturierter und unvollständiger Art und Weise zu belegen. Er echauffiert sich zudem über seinen aktuellen, auf die Genoziddebatte zurückgehenden Clinch mit Afrikawissenschaftlern wie Jürgen Zimmerer: Ein Teilabschnitt des Buches, der über den Umfang einer Einstiegslektüre weit hinausgeht und die völlig falschen Signale senden könnte - was Grill, und dies sei ihm zugute gehalten, auch selbst einsieht.

Zuletzt noch eine Warnung: Das in meinen Augen größte Manko des Buches ist Grills (vermutlich oft unabsichtliche) Reproduktion kolonialer/rassistischer Sprache. Das N-Wort wird im Buch durchwegs ausgeschrieben, und dies nicht immer als Teil direkter oder klar gekennzeichneter indirekter Zitate. Zudem gingen gerade Abschnitte, die die Vergewaltigung und Misshandlung indigener Frauen behandelten, oft über die Grenzen des Vetretbaren hinaus. Zwar mag es hier Grills Absicht gewesen sein, in spöttischer Weise koloniale Sprache zu parodieren, jedoch ist auch dies nicht immer unmissverständlich.

Im Allgemeinen, und das möchte ich an dieser Stelle wiederholen, handelt es sich jedoch um ein gutes und vor allem klar antikolonial verfasstes, kompaktes Übersichtwerk. Gerade das hervorragende Abschlusskapitel verstärkt diesen Eindruck noch einmal und verdeutlicht Grills eigene Positionierung, was ich sehr schätze. Gerade zur Thematik der deutschen Kolonialgeschichte braucht es mehr leicht zugängliche Werke wie dieses.
Profile Image for Arn.
91 reviews44 followers
October 6, 2020
Kurzzusammenfassung:
Das viel zu geringe Wissen über den Deutschen Kolonialismus ist wichtig um die Vergangenheit und Gegenwart in Deutschland zu verstehen. Koloniale Strukturen und koloniales Denken bestehen auch heute noch wirkmächtig.

Wir Herrenmenschen ist ein gutes Buch um eine kritische Perspektive auf die deutsche Kolonialgeschichte aus der Perspektive eines weißen deutschen Mannes zu bekommen. Es hat gut geholfen, die Verdrängung dieser deutschen Geschichte sichtbar zu machen.
Das Buch hilft, zusammenhänge zwischen Kolonialismus und dem Nationalsozialismus sichtbar zu machen. Der Autor Bartholomäus Grill nimmt seinen kolonialen Blick wahr, aber es gelingt ihm nicht sich daraus hinaus zu entwickeln. Das ganze Buch wirkt dadurch etwas unbeholfen.

Ich hätte es gut gefunden, wenn er die Sammlung von Beobachtungen und seine persönliche Einschätzung in der Struktur des Buches stärker voneinander abgegrenzt hätte.
Die Beobachtungen sind interessant. Der Einordnung durch den Autor vertraue ich nicht.

5 reviews
February 16, 2023
Gutes Einsteigerwerk zur Thematik. Grill leitet durch eigene Erfahrungsberichte meist die Kapitel ein. Positiv, da so eine einfacherer Lesefluss entsteht. Leider wirkt es auf mich jedoch manchmal unbeholfen. Eine Person, die sich solange mit Kolonialismus auseinandersetzt sollte das Mindestmaß an politisch korrekter Sprache verwenden! Achtung von Ausschreibung von N-Wort und viele diversen weiteren rassisstischen Benennungen. Die Wörter werden nur teils in Anführungszeichen gesetzt. Er kritisiert dies, mit war seine Positionierung trotzdem zu wenig. Schade:( Bitte zur Überarbeitung bei kommenden Auflagen, gibt hervorragende Selbstbezeichnungen der Betroffenen!
Profile Image for Michael Jochem.
2 reviews
May 11, 2023
Sehr gut als Einstieg in die deutsche Kolonialzeit.
War mir so nicht bekannt, ein weiteres nicht so schönes Kapitel unserer Geschichte.
Profile Image for L..
229 reviews6 followers
February 19, 2022
Das Buch liefert einen relativ passablen Überblick über die deutschen Kolonien und die dort verübten Verbrechen. Allerdings muss dieses Buch kritisch gelesen werden: einerseits schreibt der Autor oft leichtfertig-ironisch über die Dinge, die in den ehemaligen Kolonien passiert sind - ein Ton, der dem Inhalt nicht angemessen ist. Vor allem dadurch, dass er selten eindeutig kennzeichnet, wenn er sich ironisch dem rassistischen Sprech der Kolonialbeamten (u.A.) annähert, fällt es schwer, nicht zu fragen, inwiefern seine eigene Kritik an dem germanozentrischen, kolonialen Blick auf ehemaligen Kolonien nicht auch auf einiges anzuwenden wäre, was Grill hier selbst schreibt. Zudem ist besonders das Kapitel, in dem der Autor auf Ungenauigkeiten und Unstimmigkeiten in der historischen Forschung bezüglich des Genozids an den Herero aufmerksam macht, extrem fragwürdig. Zwar trägt es sicher zur Forschung bei, widersprüchliche oder unwahrscheinliche Daten zu diskutieren, jedoch ist eindeutig, dass die Herkunft seiner Quellen (hauptsächlich ein Nachfahre deutscher Kolonialisten, der weiterhin an den rassistischen und menschenverachtenden Ansichten seiner Vorfahren festhält) nicht unbedingt für die Qualität der bereitgestellten Informationen spricht. Ich hatte an vielen Stellen im Buch das Gefühl, dass Grills Positionen von Antikommunismus und einer Art westdeutscher Arroganz gefärbt sind, die neben historischen Unstimmigkeiten auch dazu beitragen, dass er der These des Genozids an den Herero widerspricht. Zu kritisieren ist dabei nicht, dass er bisher wenig besprochene Fakten an die Öffentlichkeit trägt, sondern die Art und Weise, wie er dies tut. Eine Relativierung der deutschen Grausamkeiten in Namibia neben den Kolonialverbrechen der Belgier, Briten, Franzosen, Portugiesen, etc. kann nicht der Ansatz eines seriösen Historikers sein, um zu determinieren, inwieweit die Geschehnisse der völkerrechtlichen Definition eines Völkermords entsprechen.
54 reviews
July 7, 2020
Ein wirklich sehr gutes Buch zur Einführung in die kolonialistische Vergangenheit Deutschlands. Es animiert auf jeden Fall dazu sich tiefer mit der Thematik zu beschäftigen, ist doch die Kolonialzeit Deutschlands kaum präsent.

Historisch gesehen sind ein paar Kontroverse Thesen enthalten, jedoch begründet der Autor dieser sehr gut und nachvollziehbar und vermeidet es in Ideologien zu verfallen.

Ich kann dieses Buch jedem ans Herzen legen der eine Einführung in diesen Teil der deutschen Geschichte sucht. Jedoch reicht das Buch sicherlich nicht aus diese unglaublich komplexe Thematik ausreichend zu behandeln.
Profile Image for Marvin.
106 reviews
November 18, 2019
Ein gutes antikoloniales Übersichtswerk, welches versucht mit den revisionistisch verklärten Klischees und noch immer verankerten Denkweisen zu brechen und einen realistischen Blick auf die in der Regel koloniale Grausamkeit wirft.

Hierbei nimmt Grill Bezug auf sämtliche ehemaligen deutschen Kolonien und deren Geschichte.
Profile Image for Lukas Dy.
25 reviews
May 7, 2023
Sehr angenehmer Lesefluss und ein guter Einstieg in diese, in Deutschland leider kaum behandelte, Thematik. Die ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Genozid (den Grill als solchen so nicht bezeichnen möchte) im heutigen Namibia an den Hereros wirkt etwas deplatziert und nach einer kleinen Privatfehde. Dennoch eine durchaus kritische Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus.
Profile Image for Achim ('akim) Schmidt.
210 reviews
January 19, 2025
Man kann in diesem Buch einiges über die ehemaligen deutsch-wilhelminischen Kolonien in Afrika, Asien und Ozeanien lernen - Ein Themenbereich, der in den bayrischen Schulplänen meiner Jugend komplett ausgeblendet wurde. Der Grund, warum hierzu seit über 100 Jahren geschwiegen wird ist recht schnell zusammengefasst:

» In den Nachkriegsjahren erschien die deutsche Kolonialära als kurze und vergleichsweise harmlose Episode, und dass sie so früh endete, wurde als historischer Glücksfall gesehen:
Deutschland hatte einfach zu wenig Zeit, um größeren Schaden anzurichten. In der Bundesrepublik war die Mehrheit ohnehin damit beschäftigt, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verdrängen oder zu leugnen, und selbst die wenigen kritischen Geister nahmen die koloniale Epoche nur oberflächlich wahr, die Ungeheuerlichkeit des Holocaust und der Nazi-Barbarei verstellte auch ihren Blick auf die dahinterliegende Zeit. «

Auf knapp 300 Seiten wird geschildert, wie mit preussischer Gründlich- und bayrischer Gemütlichkeit „Die Kolonien […] als Laboratorien der Moderne, in denen repressive Verwaltungsapparate, polizeistaatliche Methoden und militärische Strategien erprobt wurden [dienten]“ und es wird beschrieben, wie „die Fremdherrscher Konzentrationslager bauten, die Wohngebiete nach Rassen trennten, Maßnahmen zur Bevölkerungskontrolle, Sozialhygiene und Seuchenbekämpfung entwickelten.“

Hierbei wird immer wieder auf beiden grossen Triebfedern dieser Zeit geblickt: den grossen Handelsunternehmen, die mit Kolonialwaren reich wurden, sowie den beiden grossen christlichen Kirchen, die ihre Seelenfänger aussandten: »Am Anfang hatten wir das Land und die Weißen die Bibel, jetzt haben wir die Bibel und die Weißen das Land.«

Was beim Lesen leider immer wieder negativ auffällt ist, dass dem Autor die sachliche Distanz fehlt. Sowohl die Wortwahl ist öfters sehr emotional, als auch scheint er sich mehrfach in irrelevante Exkurse zu verlaufen, wo er versucht Grabenkämpfe mit Historikern auszukämpfen.

Alles in allem erklärt dieses Buch, jedoch sehr viele in der heutigen Zeit immer noch tief eingebrannte Denk- und Verhaltensmuster:

» Wunschbilder sind zählebig, sie werden von Generation zu Generation weitervererbt, sie überdauern Jahrzehnte und Epochen. Bis heute herrscht in Deutschland die Meinung vor, unsere kurze Kolonialgeschichte sei ein recht harmloses Zwischenspiel im großen historischen Theater gewesen. Klar, es habe ein paar schwarze Schafe gegeben, […], aber im Großen und Ganzen seien unsere Urgroßväter und Großväter recht anständige Kerle gewesen, jedenfalls im Vergleich zu den brutalen Franzosen, Belgiern oder Portugiesen. «
Profile Image for Esther.
Author 3 books49 followers
October 21, 2023
Ich habe viel gelernt und war teilweise geschockt, teilweise einfach nur bestätigt in meinem Gefühl oder Wissen und teilweise auch etwas verärgert. Für ein Sachbuch ist es bemerkenswert, all diese Emotionen hervorrufen zu können.

Ich wusste nicht, wie viele Kolonien Deutschland auf der ganzen Welt hatte, und dass „wir“ es sogar bis China geschafft haben, dass Deutschland „das viertgrößte Kolonialreich der Welt“ war. Ich wusste nicht, dass einige ehemalige Kolonien uns bis heute nachtrauern, wenn auch mit verklärtem Blick… Ich wusste nicht, dass „unsere“ Kolonien nach dem ersten Weltkrieg „einfach“ von anderen europäischen oder westlichen Ländern übernommen worden sind. Auch nicht, dass „Edeka“ für „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ steht… Ich hatte noch nie von „Unserdeutsch“ gehört.

Die Gräueltaten während der Kolonialzeit, die Bartholomäus Grill beschreibt, waren mir in den Einzelheiten nicht bekannt, wohl aber im generellen Ausmass, z.B. hatte ich von Menschenversuchen gehört, wusste aber nicht, dass „ein gewisser Robert Koch“ dahinterstand.
Grill bezeichnet Plantagen als „der Ort, an dem der globalisierte Raubkapitalismus seinen Ausgang nimmt“, und trifft damit ebenfalls meinen Nerv. Er kann diese These für mehrere afrikanische Kolonien anbringen.
Und wo wir in den letzten Jahren so viel Kritik an der Kirche anzubringen haben, lässt sich auch im Zusammenhang mit der Kolonialisierung eine weitere dicke Schicht auftragen.

Etwas schwer tue ich mich mit seiner Widerlegung der Geschichtsschreibung in Namibia, wobei er auch diese mit so viel Hintergrundwissen, Fakten und gleichzeitig Gegenthesen und Zweifel präsentiert, dass man ihm das Recht an der Anzweifelung zugestehen muss. „… die Geschichtsforschung ist keine exakte, sondern eine hermeneutische Wissenschaft: Sie deutet komplexe Ereignisse und kommt z u unterschiedlichen Konklusionen“.

Vor allem im letzten Kapitel, das eine Art Zusammenfassung darstellet, gefallen mir seine weiterführenden Gedanken, die über die reine Geschichte hinausgehen, z.B. dass eine neue Art der Bevormundung in der „Verkleidung des Naturschutzes“ stattgefunden hat.
Grills Aussage „Dass jede Form von Kolonialismus auf Unrecht beruht“ kann die Leserin nach diesen 275 Seiten nicht nur bestärken sondern auch besser argumentieren.
358 reviews1 follower
March 24, 2024
Unten habe ich ein paar Schlussfolgerungen herausgeschrieben, die auf den 250 vorigen Seiten hergeleitet werden. Insgesamt fand ich die Struktur ein wenig mühsam: sie handelt die Fallbeispiele in grosser Tiefe hintereinander ab. Erst auf den letzten 30 Seiten gibt es eine Zusammenfassung, die aber auch etwas springt.

- "Am Anfang hatten wir das Land und die Weissen die Bibel, jetzt haben wir die Bibel und die Weissen das Land" (S. 258)
- Das perfide koloniale Wertesystem dauere ungebrochen fort: "Man [könne] in diesem System nur aufsteigen, wenn man sich dessen Normen unterwerfe. Wenn man sich weisse Vornamen gebe, weisse Verhaltensmuster lerne, weisse Sprachen spreche, weisse Weltbilder übernehme - und dabei die eigene Kultur verleugne" (Bezug auf Chigumadzi, S. 260)
- "Nachrichtenagenturen, Fernsehsender, Korrespondenten, Diplomaten, Filmproduzenten, Reiseautoren, Modemacher oder Kunsthändler [...] üben nach wie vor jene Deutungshoheit aus, in der sich die kulturelle Hegemonie des Westens manifestiert." (S. 264)
- "Der Kolonialstaat lieferte die idealen Voraussetzungen für [...] die diktatorischen Regime [der korrupten Eliten Afrikas]; sie übernahmen di zentralistischen Verwaltungsapparate, die drakonischen Gesetze, das Militär, die Polizei, die Geheimdienste, sie bezogen die herrschaftlichen Villen, sprangen in die Seidenbetten und Schwimmbäder, behielten das Gesinde, um es genau so zu traktieren wie die Europäer." (S. 272)

Inhaltlich ist es allerdings sehr gut recherchiert und - so wirkt es - versucht verschiedene Meinungen durchaus abzuwägen.
Profile Image for Simon Reuber.
69 reviews
March 4, 2024
Trigger-Warnung ist das ausgeschriebene N-Wort in dem Buch!
Bartholomäus Grill beschäftigt sich in "Wir Herrenmenschen" mit den deutschen Kolonien und mit den Folgen deutscher Präsenz auf dem afrikanischen Kontinenten. Das Buch hat mich sehr gefesselt, stutzig wurde ich aber, als ich über das Kapitel Deutschostafrika und Grills Einordnung des Genozids an den Herero und Nama stolperte - bzw. der Nicht-Einordnung als Völkermord, wobei der Autor die Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht abstreitet.

Trotz der problematischen Einordnung und dem Manko, dass das N-Wort ausgeschrieben steht, halte ich das Buch für eine wichtige Lektüre aus der Perspektive eines weißen Deutschen. Grill arbeitet schonungslos die deutsche Kolonialgeschichte auf, schreibt dabei über eigene Erfahrungen (die er als Afrika-Korrespondent der Zeit und des Spiegel definitiv vorzuweisen hat!) und positioniert sich im abschließenden Kapitel deutlich antikolonial und aufklärerisch.
Profile Image for Susu.
1,782 reviews19 followers
February 2, 2025
Die Kolonialgeschichte Deutschlands mag kürzer ausgefallen sein - aber das viertgrößte Kolonialreich hat Spuren hinterlassen. Afrika, China, Südsee - der Autor beschreibt die rassistischen Haltungen und Untaten der Kolonialisten und wie sie bis heute nachwirken. Gelegentlich mischt sich etwas viel Reportage-Anekdote hinein.
Profile Image for Christel.
555 reviews18 followers
August 11, 2025
Guter Überblick zur deutschen Kolonialgeschichte, locker und journalistisch geschrieben. Geht auch ein auf die Restitutionsdebatten um die geraubten Objekte in ethnografischen Sammlungen.
Profile Image for Veto.
45 reviews
March 31, 2024
Informativ!!
Allerdings habe ich bezüglich mancher Argumentationen des Autors große Fragezeichen.
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