Als die Gießener Ärztin Kristina Hänel am 3. August 2017 nach Hause kommt, erwartet sie ein Brief vom Amtsgericht. Nichtsahnend öffnet sie den Umschlag. »Strafverfahren gegen Sie wegen Werbens für den Abbruch einer Schwangerschaft …« Laut §219a StGB gilt die Sachinformation auf ihrer Homepage als Werbung und ist verboten, ein Umstand, den Abtreibungsgegner nutzen, um Mediziner*innen bundesweit anzuzeigen. Bislang unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit. Dies ändert sich mit der »Causa Hänel«, als die Ärztin ihren Fall mit einer Petition öffentlich macht und mit Haut und Haar für die Aufklärung über §219a und seine Abschaffung eintritt. Als Galionsfigur der Kampagne für das Recht auf Information zum Schwangerschaftsabbruch wird Kristina Hänel große mediale Aufmerksamkeit zuteil, doch die Reduzierung auf den Begriff »Abtreibungsärztin« akzeptiert sie nicht. In einem persönlichen Tagebuch hält sie mit ungefilterter Offenheit fest, welche inneren und äußeren Kämpfe sie vor, während und nach dem Prozess begleiten und sie zu der öffentlichen Person werden lassen, die sie heute ist. Dabei ordnet sie ihr Engagement gegen den §219a ebenso in die Geschichte des Kampfes für Frauengesundheit ein wie in den umfassenden Kontext ihres Wirkens als Ärztin und Mensch.
Es gibt einen guten Einblick über die Debatte zum Schwangerschaftsabbruch. Von Kristina Hänel geschrieben, die selbst ungewollt in die Debatte reingezogenen wurde. Es macht sauer, wütend und am Ende möchte man fundamentalistischen Abtreibungsgegner am liebsten in ihre Gesichter spucken.
Ich habe das Buch auf der Leipziger Buchmesse erstanden und hatte es innerhalb von 3 Tagen durch (und nebenbei Leipzig besichtigt und ein Baby bespaßt :) ). Am Anfang fand ich den Stil etwas ungewöhnlich. Frau Hänels Gedanken springen manchmal hin und her, wie s Gedanken halt tun. Innerhalb von ein paar Seiten hat man sich aber daran gewöhnt. Das Buch ist ein wunderbarer Einblick in die Welt einer Frau, die eigentlich gar nicht unbedingt Vorreiterin und Kämpferin sein will, aber diese Rolle annimmt und ihr mehr als gerecht wird, um Frauen endlich die Möglichkeit zu geben selbstbestimmt und umfassend Informationen zu bekommen um zu entscheiden was sie mit ihrem Körper machen wollen. §219a ist eine Form von Zensur, wie Frau Hänel richtig sagt, er verbietet denjenigen, die die beste fachliche Qualifikation haben um sachlich informieren zu können, genau dies zu tun. Das lässt Frauen im Stich, und die einzigen Informationen die sie finden sind ausgerechtet bei denjenigen die Abtreibung verbieten wollen und das vor allem durch Fehlinformation und Schrecken versuchen.
Das Buch ist viel persönlicher, als ich es erwartet hatte, der Mensch Kristina Hänel steht hier im Vordergrund. Zusätzlich zeigt das Buch noch einmal deutlich, wie Aufgaben einen finden, auch wenn man diese Aufgaben eigentlich gar nicht unbedingt haben wollte.
Auch gut zu lesen, wenn man den Puls ein bisschen auf Schwung bringen will. § 219a StGB muss natürlich nach wie vor weg.
Sehr emotional… Unterstreicht nochmal, wie wichtig und richtig die Entscheidung des deutschen Bundestages war, §219a StGB mit Wirkung zum 19.07.2022 zu streichen. Ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Rechtssicherheit für Ärzt*innen und Selbstbestimmung der Frauen über ihren eigenen Körper. An diesem Schritt war Kristina Hänel nicht unbeteiligt (Danke!). Nun muss §218 StGB folgen.