Im Grunde wissen wir es alle: Uns im Westen geht es gut, weil es den meisten Menschen anderswo schlecht geht. Doch nur zu gerne verdrängen wir unseren Anteil an dem sozialen Versagen unserer Weltordnung. Der renommierte Soziologe Stephan Lessenich bietet eine sehr konkrete und politisch brisante Analyse der Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnisse der globalisierten Wirtschaft. Anders, als wir noch immer glauben möchten, profitieren nicht alle irgendwie von freien Märkten. Die Wahrheit ist: Wenn einer gewinnt, verlieren andere. Und jeder von uns ist ein verantwortlicher Akteur in diesem Nullsummenspiel, dessen Verlierer jetzt an unsere Türen klopfen.
Für die Taschenbuchausgabe wurde das Buch umfassend aktualisiert und überarbeitet.
Stephan Lessenich is co-director (together with Klaus Dörre and Hartmut Rosa) of the German Research Foundation research group “Post-Growth Societies,” and is currently Professor of Sociology at the Ludwig-Maximillians-University in Munich (Germany).
Eine "must read" soziologische Analyse über globale Zusammenhänge, welche in der Ökonomie als "externe Effekte" bezeichnet werden und von Lessenich umfassend, genau und doch auch unterhaltsam für die Weltgesellschaft (hier Externalisierungsgesellschaft) aufbereitet wurden. Wer sich für die grösseren Zusammenhänge von sozialer Ungleichheit, Klimakrise, Flucht und mehr interessiert, ist mit dem Buch genau richtig!
"Wir leben nicht über unsere Verhältnisse, sondern über die Verhältnisse der anderen - und zugleich unter unseren Möglichkeiten, nämlich unseren Möglichkeiten zur Änderung der Verhältnisse."
Das Buch ist interessant, aber deren Thesen sind schon ein wenig "old wine in new bottles"... Oder vielleicht liegt es daran, dass ich als Ökonom Lessenichs Ideen schon zig mal gelesen haben..
Die Entkolonialisierung des letzten Jahrhunderts fand nur im strukturell staatlichen Sinne statt und hat sich nur gewandelt. Im Grunde laben sich die alten Kolonialherren weiterhin gierig an den natürlichen, räumlichen, zeitlichen als auch menschlichen Ressourcen des globalen Südens. Das haben zwar sowohl die Staaten des globalen Nordens als auch der Kapitalismus zu verantworten, aber auch Unternehmen und jeder Einzelne von uns. Wir alle profitieren so ungemein davon, dass sowohl der dadurch erworbene Wohlstand unverhandelbar ist, als auch die tatsächlich vorhandene Verantwortung dafür ausgeblendet wird und wir diese eigentlich unakzeptable Situation einfach akzeptieren: 🙈🙉🙊
Der globale Norden hat im globalen Süden nicht nur hübsche touristische Orte und gnadenlos auszubeutende Rohstoffquellen entdeckt, sondern auch Platz für die Nahrungsmittel-, Kleidung-, Technikproduktion gefunden, deren Risiken, Nachteile und Kosten erfolgreich externalisiert wurden. Unsere Umwelt hat sich in dem großen Maße erholt, wie die Umwelt woanders zerstört wird. Die bei uns vereinbarten Umwelt- und Arbeitsrechte gelten wie selbstverständlich nicht für die Regionen, aus denen wir mittlerweile unsere Produkte beziehen. Menschenrechte ja, aber nur bei uns! Auf das jährlich neueste iPhone wollen wir ja nicht verzichten.
Andersherum ist der globale Norden für die Bewohner des globalen Südens unerreichbar. Weder räumlich noch wirtschaftlich stehen wir dem globalen Süden offen. Wir haben eine Zweiklassengesellschaft auf der Welt eingeführt: Gewinner und Verlierer. Die Verlierer vernichten ihren Lebensraum, ihre körperliche Unversehrtheit, ihre Lebenszeit bei der Herstellung von Wohlstand für den Wohlstand der Gewinner. Ein paar Krümel vom Wohlstand bleiben zwar bei ihnen, aber nur so viel um uns zu beruhigen und einen Anreiz für die Verlierer zu schaffen, sich selbst zu schädigen.
Auf rund 220 sehr gut zu lesenden Seiten gelingt es Stephan Lessenich sehr gut und mit sichtlich berechtigter Wut aufzuzeigen, auf welche Basis unsere Gesellschaft ihren Wohlstand generiert. Im Laufe der Zeit haben wir es geschafft so vieles zu externalisieren und uns von den Gefahren davon zu befreien, aber dennoch auf nichts verzichten zu müssen. Wir leben auf Kosten der Leben anderer.
Herzlichen Glückwunsch, lieber Leser, Du bist ein Gewinner und das Buch ist eine Pflichtlektüre für Dich. Wir alle müssen uns damit auseinandersetzen.
Wir leben auf Kosten anderer. Das ist ein Fakt. Im Buch wird genau erklärt was damit gemeint ist. Auch die Rolle der Medien in dieser Situation wird angesprochen, was ich sehr interessant fand. Während der globale Norden Externalisierung betreibt, bleiben die Medien ausgesprochen ruhig. Die Medienlandschaft hierzulande tut so als wäre nichts, business as usual.
Es gibt eine gewisse Wiederholung der Thematik. Der Reiz der sich permanent wiederholenden, nur in Nuancen das bereits Gesagte variierenden Ausführungen erschliesst sich mir nicht. Wie ein Werk der klassischen Musik, mit mal sich entfernenden, dann wieder annähernden Umkreisungen eines Grundthemas. Der unablässige Gebrauch von zusammengesetzten Nomen und die verschachtelten Sätzen haben mit nicht so gefallen.
Trotzdem hat mir das Buch gefallen. Ja, wirklich. Ich habe es in zwei Tagen gelesen. So schnell habe ich noch nie ein Sachbuch gelesen. Die Thematik an sich ist interessant und relevant. Das Buch regt in vielen Punkten zum Nachdenken an.
Ein Zitat hat mich besonders beeindruckt: "Irgendwo werden Leiber zerbrochen, damit ich wohnen kann in meiner Scheisse" ~Heinrich Müller
Das Buch regt einen in vielen Punkten zum Nachdenken an. Leider ist es extrem einseitig geschrieben und ignoriert Fakten um die Externalisierungsgesellschaft so böse wie möglich darzustellen. So wird zum Beispiel davon gesprochen, dass Deutschland so viel Agrarfläche anderer Länder ausnutzt, um seine Fläche zu schonen und seine Bevölkerung zu ernähren, in diesen Ländern würde dadurch die Natur zerstört werden und die Leute dort hätten zu wenig Anbaufläche für ihre eigene Nahrung. Das stimmt ja sicher auch, jedoch wird komplett außen vorgelassen, dass in Deutschland nunmal keine Orangen und Zitronen wachsen und dass auch Deuschland landwirtschaftliche Erzeugnisse in großen Mengen exportiert und somit ja auch von anderen Ländern im Sinne der Logik dieses Buchs Landwirtschaftliche Fläche "geraubt" bekommt.
Vorab: mir hat das Buch alles in allem gut gefallen, es behandelt ein sehr wichtiges und interessantes Thema, aber:
1. wiederholt es sich ab einem gewissen Punkt gewaltig
2. äußert der Autor selbst zum Ende, dass das Ziel eine soziologische Analyse und kein moralischer Appell o.ä. sein sollte, nutzt aber durchgängig wertende Adjektive etc., die wissenschaftlichem Arbeiten widersprechen…
Grundsätzlich ein in vielerlei Hinsicht absolut fantastisches Buch.
Der Autor verfällt manchmal allerdings in merkwürdige, nicht mal wirklich zur Argumentation passende individuelle Konsumkritik. Außerdem könnte er einige seiner Argumente gerne tiefgehender ausführen, selbst wenn das dem Lesefluss ein wenig schaden würde.
Sehr hilfreich für den Umgang mit ökonomischen Wachstumsmythen, die die ungleiche globale Verteilung von Gewinnen und Verlusten ausblenden.
einziger Kritikpunkt: etwas repititiv und obwohl Lessenich im letzten Kapitel betont, "mit dem finger zu zeigen und nicht zu mahnen", lesen sich viele Abschnitte sehr normativ für ein Sachbuch. Angesichts der beschriebenen Tatsachen ist das zwar verständlich aber dennoch etwas deplaziert und nicht unbedingt notwendig.