Identitätspolitik steckt in der Sackgasse: Empowerment wird auf Gender-Sternchen und die Vermeidung des N-Worts verkürzt. Überall sollen Minderheiten vor möglichen Verletzungen geschützt werden – in Uniseminaren, Kunst und Mode, im Netz und bei öffentlichen Events. Für alle, die Politik nicht mit eigener Betroffenheit belegen, schließt sich die Debatte. Wer mit der anspruchsvollen Pflichtlektüre nicht hinterherkommt, ist raus. Die solidarische Kritik an diesen Exzessen wird zum Dilemma in einer Zeit, in der Rechte gegen Unisextoiletten und die »Ehe für alle« hetzen – und Linke darin »Pipi fax« oder den Aufstieg von Trump begründet sehen. Zwischen Abwehr und Abschottung richtet der Band den Blick auf die Fallstricke der Identitätspolitik und sucht nach Allianzen jenseits von Schuldzuweisungen und Opferkonkurrenz.
Ein sehr gutes, differenziertes und interessantes Buch. Zwar würde ich nicht allem zustimmen - von 22 Beiträgen mochte ich zwei gar nicht und fand zwei bis drei so naja - aber den Rest fand ich fast ausnahmslos sehr treffend und gut! Auf jeden Fall eine Lektüre, die Debatten auf eine differenzierte Weise anstößt und sehr lesenswert ist!
In dem Buch sammeln sich die unterschiedlichsten Beiträge zu Themen der Identitätspolitik. Das Vorwort verrät, in welchem kritischen Rahmen die Beiträge verordnet sind. Im Mittelpunkt stehen aktuelle Diskussionen, die sich gegenseitig ausgrenzen und doch irgendwie nur an der Oberfläche kratzen. Dabei reflektiert man als Leser*in auch oft die eigenen Positionen und hinterfragt sich. Neben interessanten Beiträgen zu dem Gebrauch von Triggerwarnungen bis zum antisemitischen Verhalten von Kollegah und Farid Bang, hier werden sämtliche Diskurse aufgenommen und besprochen. Vieles konnte ich nachvollziehen, von anderen Themen wiederum hatte ich bisher gar keine Ahnung. Das Buch las sich zwar gut und die unterschiedlichen Texte waren für sich spannend, allerdings empfand ich die gewählte Sprache zum Großteil so akademisch und fachlich, dass ich bei einigen Texten gefühlt jedes zweite Wort nachschlagen musste. Vor allem wenn man in manchen Themen nicht drinsteckt, ist es schwierig die Beiträge und ihre Kernaussagen auf Anhieb zu verstehen. Und das sage ich aus einer Perspektive heraus, die selbst akademische Sprache und Fachjargon kennt und gewohnt ist. Insgesamt fand ich das Buch bereichernd und diente meiner Horizonterweiterung, besonders das Interview mit Hengameh Yaghoobifarah ist mir in Erinnerung geblieben. Die schwierige Sprache sehe ich als Barriere in der Zugänglichkeit. Empfehlen würde ich es aber dennoch.
All over the place essay collection, with some very good and some mediocre contributions. All in all, with the heart in the right place but too unfocused and with little to gain from it apart from the last 10 pages, which give an extraordinary summary, proving the page count of the book unnecessary.
Darum geht’s: Dieser Sammelband kritisiert eine Identitätspolitik, die sich in Sprachregeln und Abgrenzung verheddert, statt Solidarität zu schaffen. Er zeigt die Gefahren von Schuldzuweisungen und Opferkonkurrenz und sucht nach Allianzen, die gemeinsame Anliegen in den Vordergrund stellen.
Lieblingszitat: Die Vision einer gerechten Gesellschaft für alle scheint immer unvorstellbarer, immer undenkbarer zu werden.
Fazit: Die Aufteilung des Buches in drei Bereiche, nämlich Verortungen, Verstricken und Verhandlungen halfen mir, in die einzelnen Essays der verschiedenen Autorinnen und Autoren einzutauchen. Abgerundet wurde das Ganze mit einer 10-Punkteliste für den ultimativen Umgang mit Betroffenheit, Identitäten und Allianzen. Manche Texte waren für mich nicht leicht zugänglich, insgesamt aber ein wichtiger Denkanstoß, gerade für aktuelle gesellschaftliche Debatten. Ein Sammelband, der unbequem sein kann, und genau deshalb wichtig ist.