Alles, was ich in „Wider die Kunst“ noch so spannend fand, ist hier schief gelaufen. Der Erzähler spielt kaum noch mit unterschiedlichen Textformen, sondern viel mehr mit dem Selbstmitleid eines mittelalten Mannes, der von seiner Midlifecrisis-Freundin verlassen wird. Anscheinend sollen uns die Beschreibungen, wie er mit seiner ersten Frau und Mutter seiner Kinder umgegangen ist (Spoiler: nicht gut!), zu Empathie anhalten, aber zumindest bei mir entwickelt sich viel mehr Ekel. Gerade die Sexszenen lesen sich als sehr unangenehme Altmännerfantasien und über die philosophischen Gedanken zur flüchtigen Natur des Glücks (schnarch) muss ich nicht noch ein Buch lesen. Das einzige, das man dem Werk zugute halten kann, ist, dass die Age-Gap-Relationship nicht mit Faust und Margarete verglichen wird, sondern mit Abaelard und Héloïse. Wenigstens hier beweist der Autor Originalität und dem problematischen Mann wird das Geschlechsteil abgeschnitten. Eine kleine Genugtuung.
Geschildert wird das DAVOR und DANACH einer Liebe, die das gesamte Leben des Autors prägte wie keine andere. Wahrlich die Liebe seines Lebens. Und diese empfand er zu einer Frau, die halb so alt war wie er. In der Mitte des Buches wird detaillierter von den anderen beiden Frauen in seinem Leben berichtet, die aber neben jener letzten verblassen und doch die längste Zeit seines Lebens und des Buches ausmachen. Vor allem diese ungewöhnliche Gewichtung und Verteilung ist reizvoll. Zudem wechselt die Perspektive und die Art des Schreibens im Laufe des Buches: das Kennenlernen ist in der dritten Person geschildert, das Leid des verlassenen Mannes in sehr persönlich wirkenden in Ich-Form verfassten Tagebucheinträgen... man wird immer näher herangelassen.
Ein weiterer Kunstgriff ist das Verweben zweier Liebesgeschichten: seiner großen Liebe zu der jüngeren Frau stellt er jene große Liebe Abelaerds zu Heloise gegenüber, verwebt die Schilderung der Schicksale und schafft so einen historischen Doppelgänger zu seiner eigenen Geschichte.
Das Buch über das Glück muss kurz sein. Kurz und frag-mentarisch, eine zusammenhängende Erzählung über das Glück zu schaffen, ist unmöglich. Keine Chronolo-gie. Keine Logik oder Vernunft; es ist nicht möglich, einen Roman über das Glück zu schreiben.
Ich mag Tomas Espedal. Die Idee sein Leben in fragmentarischen Werken aus verschiedenen Sichten zu schildern. Und ich mag seine Sexszenen in den Büchern.