Sich mit den Protagonist*innen unserer Lieblingsromane identifizieren zu können, sich auf Buchcovern und Illustrationen und in den Gesellschaften phantastischer (Rollenspiel-)Welten wiederzuerkennen, ist für viele Leser*innen und Rollenspieler*innen ganz selbstverständlich.
Aber welche Erfahrungen machen People of Color, queere Menschen, Menschen mit Behinderung oder Mitglieder anderer marginalisierter Gruppen, wenn sie phantastische Literatur oder Rollenspielbücher und Settingbeschreibungen lesen? Warum ist es wichtig, sich repräsentiert zu sehen? Welche Auswirkungen kann mangelnde Repräsentation für den Einzelnen, aber auch für die Community und die Gesellschaft haben? Was haben wir durch mehr Vielfalt zu gewinnen?
Den Ansatz einer Antwort soll dieser Essay-Band geben. Sechzehn renommierte deutschsprachige und internationale Autor*innen nehmen sich verschiedener Themen an: Wie kann eine respektvolle Darstellung von diskriminierten Personengruppen in Produkten und am Spieltisch aussehen? Wie kann kultursensibler Weltenbau gelingen und wie wichtig ist dabei historische Korrektheit? Wie zugänglich ist das Pen-&-Paper-Rollenspiel und wie ist es um die Barrierefreiheit am Spieltisch und in der Kommunikation bestellt? Ein Toolkit mit praktischen Tipps zur Umsetzung und eine Sammlung von eigens entwickelten Nano-Games runden das Buch ab und sorgen für einen hohen Mehrwert für Spieler*innen und Spielleiter*innen.
Eine sehr interessante Ansammlung an Essays zu allen möglichen Themen bezüglich Inklusion im Rollenspiel. Es ist wichtig, sich dieser Chancen bewußt zu sein, auch und gerade im Spiel in der kleinen Runde zu Hause. Denn wo ist ein besserer Rahmen um Themen wie Gleichberechtigung und Privilegien auszuspielen als am heimischen Tisch. Ohne erhobenen moralischen Zeigefinger kann man hier wunderbar die Reaktion der Charaktere und Spieler betrachten, wenn man sie mal aus ihrer Komfortzone herausholt und so Denkanstöße für den Alltag geben.
Wie immer gilt nichts muss, alles geht - ich auf jeden Fall werde jetzt mal meine nächsten Szenarien durchschauen, wie denn die Verteilung von NSC bezüglich Gender, kulturelle Identität, etc. ist, einfach um mal zu verstehen warum und ob ich das nicht mal ändern will.
Die Nanospiele sind interessante Gedankenübungen, die ich bestimmt auf einem Con oder sogar im Beruf mal testen werde.
Wie bei jedem Sammelband sind auch hier die einzelnen Beiträge zum Teil sehr unterschiedlich in Anspruch und Tiefe. Dennoch eine eindeutige Empfehlung an Spielleitungen von Rollenspielrunden und auch für interessierte Spieler*innen. Die inhaltlichen Beiträge werden sinnvoll von Praxiswerkzeugen, einem Glossar und einer Liste behandelter Spielsysteme ergänzt, aus denen ich mich in Zukunft sicher bedienen werde.
Wichtige Quelle für Verständnis von Inklusivität und den Stand der Diskussion in der deutschsprachigen Rollenspiel Szene Ende der 2010er. Ein Meilenstein für die Community.
Ich möchte hier nicht jeden Artikel auseinandernehmen, das würde zu lange dauern und wäre auch nicht zielführend. Lieber konzentriere ich mich darauf, ob das Buch hielt, was ich mir davon versprach. Ich habe mir den Band gekauft in der Hoffnung, praktische Hinweise zu bekommen, wie mehr Diversity im Rollenspiel aussehen kann - sowohl IT als auch OT, sowohl privat zuhause als auch beim Schreiben von Abenteuern oder auf Cons.
Zwei Beiträge waren in dieser Hinsicht für mich besonders hilfreich, das waren die zu Barrierefreiheit und zu psychischen Auffälligkeiten.
Der Artikel zu psychischen Auffälligkeiten von David Grade empfiehlt, heruntergebrochen, psychische Auffälligkeiten nicht als festgeschriebene Krankheiten zu betrachten (Mein Charakter hat diese und jene Krankheit. Dazu gehören laut Wikipedia diese und jene Symptome und das muss so dargestellt werden, sonst ist es ne andere Krankheit.) sondern sich stattdessen an Symptomen zu orientieren (Mein Charakter fürchtet sich davor, alleine in geschlossenen Räumen zu übernachten, seit diesem und jenem Ereignis. Deswegen wird er immer grantig, wenn absehbar ist, dass der Abend nicht als Gruppe am Lagerfeuer sondern in einer gemütlichen Taverne mit Schlafmöglichkeiten enden wird.). Das gibt die Möglichkeit, die Auffälligkeiten darstellbar, fassbar und entwickelbar zu machen. Es rückt außerdem von der Idee ab, dass eine Auffälligkeit automatisch eine Krankheit sei, die schlecht und nur durch Heilung zu bekämpfen wäre.
Der Artikel zur Barrierefreiheit von Christian Vogt nimmt unterschiedliche Arten von Bedürfnissen körperlicher und psychischer Art und Barrieren, die ihnen im Weg stehen können, in den Blick und gibt ganz konkrete Hinweise, wie die Barrieren beseitigt oder wenigstens abgeschwächt werden können. Seien es treppenfrei zu erreichende Spielräume, barrierefreie Toiletten, readerfreundliche Textdokumente oder ruhige Räume für Menschen, die sonst dem Gespräch nicht folgen können. Fand ich gut, denn gab mir konkrete Handlungsanweisungen, was ich für wen tun kann.
Aus eben diesem Grund mochte ich auch das Toolkit mit Werkzeugen am Schluss des Buches, auch wenn ich die einzelnen Ideen für sich genommen nicht immer ganz so fantasievoll bzw. hilfreich fand.
Womit ich zugegebenermaßen weniger anfangen konnte, waren speziell die Artikel zum Themenfeld People of Color. Die Entscheidung, zwei Autoren zum gleichen Thema schreiben zu lassen, fand ich schon etwas merkwürdig, weil sie sich dann doch inhaltlich echt doppeln. Auch hätte ich mir weniger Belehrungen, warum es wichtig ist, PoC in mein Spiel zu integrieren gewünscht und dafür mehr konkrete Ideen, wie genau das aussehen kann. Also über "Dein Magiermeister könnte ja auch mal Schwarz sein!" hinaus (Merkwürdigerweise bedient gerade das bei mir im Übrigen das Klischee vom Weisen aus dem Morgenland und wäre daher genau nicht der Weg gewesen, den ich eingeschlagen hätte. ^^). Ansonsten belief sich das gefühlt für mich immer nur auf "Im Zweifelsfall frag halt PoC aus deinem privaten Umfeld". Leider ist mein privates Umfeld sowas von mega überhaupt nicht divers. Alles weiße, männliche Heteros und so ziemlich in meinem Alter. Deswegen bin ich auf Handreichungen, Leitfäden etc. angewiesen. Da hätte ich mir einfach weniger Einführung und forsch vorgetragene Forderungen und mehr Konkretes gewünscht.
Ein Buch also, dessen einzelne Beiträge ich durchaus durchwachsen fand. Es erreicht aber sein selbstgesetztes Ziel - eine Diskussion anzuregen bzw. anzuheizen und als Ideengeber zu fungieren. Definitiv habe ich über alle behandelten Themen nachgedacht, mich im Geiste mit den Autor*innen gestritten oder nackenknackend genickt, wenn mir etwas sehr bekannt vorkam. Manchmal war ich auch sauer und hab Sachen gar nicht verstanden. Und habe mich dann kritisch hinterfragt, warum gerade diese und jene Aussage mich jetzt so auf die Palme bringt. Fand ich gut!
Wenn es mir auch nicht so viele praktische Tipps wie erhofft an die Hand gab und ich nicht jede aufgestellte Forderung umsetzen kann oder auch nur möchte, hat es mich doch für einige Themen sensibilisiert, die ich so vorher nicht auf dem Schirm hatte. Und deswegen empfehle ich das Buch auch weiter.
Ein sehr gutes Buch, das Neulingen im Thema wichtige Tipps gibt und auch für Fortgeschrittene und Veteranen noch einiges von Interesse bereithält. Sauber gearbeitet und gut bibliographiert. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass das Thema geistige Behinderung (was ja auch ein wichtiges Spektrum darstellt) völlig ausgeblendet wurde und ich mir gerade da ein paar Hilfestellungen gewünscht hätte. Mit den Nano-Games konnte ich auch nur zur Hälfte etwas anfangen, da sie teils weniger Nano und eher Mini (also 1 h+) sind. Das tut dem Buch aber keinen Abbruch.
I'm glad I backed this on Kickstarter. My own roleplaying experiences have been fairly diverse (both with regards to players and characters) so a lot of the points made by the essays weren't exactly mindblowing to me, but there was definitely some food for thought here and there as well as ideas for games to play in the future (both those mentioned as examples in the essays and the short game ideas at the end of the book)
Sehr spannend sich ins Thema stärker reinzulesen. Mit ein bisschen Vorwissen aus einigen Bereichen wiederholt man zwar einiges, aber das ist ja erstmal nichts schlechtes. Für mich gibt das Buch einen guten Überblick über Hintergründe und Ausblicke was man selbst verändern kann.
Vor allem Designaspekte und Spielmechaniken fand ich gut herausgearbeitet da mich der Teil aktuell am Meisten interessiert hat.
Würde ich vor allem auch zum Einstieg in die Thematik empfehlen da man alles in einem Band zusammen hat. Schade das es aktuell nicht mehr verlegt wird und nur noch als ebook zu bekommen ist. Ich fände es spannend in ein paar Jahren vielleicht ein Nachfolgeprojekt zu lesen.