Berlin, Spätsommer 2015: Während in Heidenau und Freital rassistische Mobs Geflüchtete angreifen, plant Steph, eine technikbegeisterte, linksradikale Butch, für ihre Ex und beste Freundin Maria ein Kind auszutragen. Der Plan scheint aufzugehen: Steph ist schwanger! Die Vorfreude hält allerdings nicht lange - Während Steph mit Freund*innen in Heidenau demonstriert, gerät Marias Leben aus den Fugen: Ihr Partner macht Schluss, sie muss aus der gemeinsamen Wohnung raus und weiß überhaupt nicht mehr, ob sie unter diesen Umständen noch Mutter werden will. Von da an häufen sich die Probleme und Steph muss sich neben der Schwangerschaft noch einigen anderen Schwierigkeiten stellen. Eine transfeindliche WG ertragen, depressive Freund*innen unterstützen und gleichzeitig herausfinden, was man selbst fühlt und sich wünscht, ist gar nicht so einfach. Der Roman verfolgt eine Gruppe von queeren Menschen in Berlin und ihre alltäglichen und außergewöhnlichen Probleme, Beziehungsgeflechte und Existenzängste. Was hat das Einhorn mit der Jungfrau Maria zu tun und Feminismus mit Waffenexporten? Gibt es die unbefleckte Empfängnis wirklich, hilft BDSM gegen Polizeigewalt und was können trans Menschen erwidern, wenn sie mal wieder gefragt werden: "Was bist du?"
Jede Person, die sich in Deutschland als queer, trans, antifaschistisch, polyam und "irgendwie Links" verortet, muss Baby Butch lesen. Natürlich ist der Ton rough; es geht auch um Masturbation und Sex, um Polizeiwalt, Rassismus und Trauma, um Aufgebenwollen, aber doch nicht können. Aber Baby Butch ist auch so viel mehr, als eine Millieustudie von oben herab: Was heißt "Linkssein" überhaupt? Was bedeutet "Aktivismus"? Wie machen wir immer wieder weiter, auch wenn wir nicht wissen, wie es gehen soll? Wie schaut mensch der eigenen Wahlfamilie in die Augen, wenn mensch weiß, dass mensch Fehler gemacht hat? Beim Lesen hatte ich das Gefühl, alle Charaktere zu kennen. Ich hatte das Gefühl, das sind meine Leute, das sind die Gespräche, die ich immer und immer wieder führe. Baby Butch hat mich aufgewühlt und mich gefragt: Was machst du jetzt? Was hast du vor, wie willst du es besser machen? Teils aber auch einfach schön: Ein Buch, in dem cis Menschen nur am Rand vorkommen, ein Buch, in dem Neopronomen und Transition Alltag sind, ein Buch, in dem ganz klar ist, welche blöde Fragen nicht gehen. Baby Butch spielt zwar 2015, aber wird wohl noch für einige Jahre sehr aktuell bleiben.
Wow. Ein tolles Buch. Werde ich wohl noch dieses Jahr direkt noch einmal lesen. In fast jedem anderen Lesejahr wäre es die Nummer 1 geworden, dieses Jahr eine knappe Nummer 2.
Baby Butch ist kein schönes Buch, kein einfaches Buch, kein Wohlfühlbuch. Und gleichzeitig irgendwie doch. Das klingt widersprüchlich, ist es vielleicht auch. Aber auch gleichzeitig die beste Möglichkeit, wie ich es irgendwie beschreiben konnte.
Das Buch zu lesen hat mir sehr gut getan.
Die Figuren sind kompliziert, unperfekt und politisch. Sie bemühen sich, richtig zu handeln und machen trotzdem Fehler, verletzen und tun einander weh, verzeihen (oder auch manchmal nicht) und können Trost ineinander finden (oder eben auch nicht).
Das Buch wirft viele Fragen auf, zu Aktivismus, dazu was es heißt, links und politisch und queer zu sein, zum Umgang miteinander, mit den eigenen Privilegien und mit Fehlern. Es gibt aber nicht unbedingt Antworten auf diese Fragen oder Lösungen für Probleme und ich finde, das ist genau richtig so, da es auf viele dieser Fragen gar nicht die eine Antwort gibt oder geben kann.
Beim Lesen erlebt eine_r einen Ausschnitt einer Entwicklung, eines Prozesses, mit, der in und zwischen den Figuren (und besonders natürlich in der erzählenden Hauptfigur Steph) stattfindet. Das Ende lässt offen, wie diese Entwicklung weitergeht - abgeschlossen ist sie in jedem Fall nicht.
Als trans Person habe ich mich von diesem Buch sehr gesehen gefühlt. Transition und nachdenken über Geschlecht ist Alltag, aber nicht das einzige Thema, das die Figuren ausmacht. Cis Bullshit existierte zwar, war aber ganz klar nicht okay und mehr hätte ich mir kaum wünschen können.
Leseempfehlung für alle, die queer, trans, links, antifaschistisch sind oder sein wollen. Und auch für alle anderen. Ich bin froh, dass es dieses Buch gibt, das gleichzeitig unbequem ist, zum Nachdenken anregt, und trotzdem auch irgendwie sehr schön.
Dieses Buch war eine absolute Überraschung für mich. Ich bin ehrlich: wenn ich es in einem Buchladen gesehen hätte, hätte ich es nicht mitgenommen. Gelesen habe ich es im Rahmen eines Buchclubs und war wirklich begeistert. Besonders gut gefallen haben mir die wirklich sehr gut geschriebenen Charaktere und die außergewöhnliche Storyline, sowie die Auswahl der Thematik.
Mir fällt es schwer, eine negative Bewertung dazulassen, da ich die Buchidee toll finde und ich das Buch so gerne mögen würde. Die Umsetzung war für mich leider nichts. Es gibt einige Grammatikfehler, die man leicht hätte korrigieren können, was mich im Lesefluss gestört hat. Sprachlich war es für mich leider mindestens holprig. Zudem fühlt es sich oft überzogen korrekt an, die Charaktere sind eigentlich alle "woke" (nicht das damit an sich etwas falsch wäre). Die meisten Dialoge wirken so aber unecht, als sollten sie den*die Leser*in irgendwie belehren. Zuletzt hatte ich das Gefühl, dass die erzählende Person nicht viel von Femmes hält. Die einzigen so bezeichneten Femmes kommen in genau einem Kapitel vor, wo sie auch noch gemein sind. Irgendwie schade.