Ingeborg Bachmann ist ein Mythos der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Die divenhaften Auftritte und die frühe Berühmtheit, die Beziehungen mit Paul Celan und Max Frisch und nicht zuletzt ihr rätselhafter, tragischer Tod sorgen für ein glamouröses Bild.Ina Hartwig schaut hinter die Fassade und entdeckt in zahlreichen Gesprächen mit Zeitzeugen wie Hans Magnus Enzensberger, Martin Walser oder Henry Kissinger eine andere Persönlichkeit: Ingeborg Bachmann als politisch denkende Intellektuelle und Medienprofi, als Dichterin, die trotz all ihrer Gefährdungen überrascht mit Witz und lebenspraktischer Klugheit.
Ein wirklich großartiges Buch. Ich habe jetzt das Gefühl, Ingeborg Bachmann von einer anderen Seite kennengelernt zu haben und einen vielfältigen Einblick in ihr so bewegtes Leben bekommen zu haben. Ich kann aber keine fünf Sterne geben aufgrund zwei meiner Meinung nach sehr fragwürigen Kapitel, in denen mit Gerüchten und Spekulationen gearbeitet wird, was ich unwissenschaftlich und pietätlos finde.
Gut recherchiert. Doch viel zu konzentriert auf ihr persönliches Leben, zu wenig auf ihr Werk und ihre Wirkung. In gewisser Weise ist die Herangehensweise, das Leben der Autorin in Bruchstücken zu beschreiben, eine Kapitulation. Die Rezensenten bedienten sich am "Skandalmaterial". Da noch immer so vieles unter Verschluss liegt, die Angehörigen den Zugang zu wichtigen Dokumenten verweigern, und die Autorin selbst die Verletzung ihrer Privatsphäre als Raub empfunden hätte, repräsentiert Sigrid Weigels Ansatz noch immer den adäquatesten Versuch, sich dem Leben dieser herausragenden Autorin zu nähern.
Wer war Ingeborg Bachmann? Das wollte ich schon immer mal wissen. Ina Hartwig beantwortet die Frage auf ihre Art, nicht sehr chronologisch, sondern neugierig, Detail versessen manchmal, ausschnittsweise, und sie hält nicht zurück mit Klatsch und intimen Details, im Gegenteil. Ingeborg Bachmann war emanzipiert als es noch kein Wort dafür gab. Ich habe zwar schon einige Gedichte von ihr gelesen, aber bin da nie richtig reingekommen. Erst durch Hartwigs Buch wurde meine undeutliche Neugier beantwortet. Ein role model aus der Nachkriegszeit? Ich hatte das Gefühl, dass Ingeborg Bachmann so was war, und das Buch bestärkte meinen Verdacht. Toll auch, wie Ina Hartwig am Schluss lauter Leute interviewt, die eigentlich nichts nennenswertes über Bachmann zu sagen haben, aber genau das passt zu ihrem Ansatz.
origineller ansatz, der fluch und segen zugleich ist. bruchstücke bleiben am ende eben nur bruchstücke, ergeben kein ganzheitliches bild, was vielleicht auch nicht (mehr) nötig wäre bei der vielzahl an bachmann-darstellungen. neue details über bachmanns leben, lieben und sterben sowie der subjektive zugang im stil des new journalism wirken faszinierend und erfrischend. durch die zweiteilung in einzelne, chronologische aspekte und zeitzeugengespräche fällt der band etwas auseinander. insgesamt womöglich etwas verkopft.