Ein großes Epos über die schillerndste Verbrecherszene der Nachkriegszeit.
Inspiriert durch wahre Begebenheiten, erzählt mit viel schwarzem Humor und dennoch großer Empathie: David Schalko ist mit seinem Verbrecher-Epos »Schwere Knochen« ein fulminanter, einzigartiger Roman über die österreichische Nachkriegsgesellschaft gelungen – und ein faszinierender Einblick in das Innere von Menschen, deren Seelen durch den Nationalsozialismus zerstört wurden.
Wien, März 1938, »Anschluss« Österreichs ans Deutsche Reich. Am Tag, als halb Wien am Heldenplatz seinem neuen Führer zujubelt, raubt eine Bande jugendlicher Kleinganoven, die sich darauf spezialisiert hat, Wohnungen zu »evakuieren«, einen stadtbekannten Nazi aus. Sieben Jahre lang müssen die Kleinkriminellen daraufhin als sogenannte Kapos für die »Aufrechterhaltung des Betriebs« in den KZs Dachau und Mauthausen sorgen – und wachsen so zu Schwerverbrechern heran, die lernen, dass der Unterschied zwischen Mensch und Tier eine Illusion ist.
Zurück in der zerbombten österreichischen Hauptstadt beherrscht die Bande um Ferdinand Krutzler, auch »Notwehr-Krutzler« genannt, über viele Jahre die Wiener Unterwelt mit ungekannter Brutalität und nutzt ihre Macht nicht zuletzt, um Nazis, die ehemaligen Anführer des organisierten Verbrechens, zu töten. Doch langsam zerstreitet sich die eingeschworene Truppe, Misstrauen herrscht, Konkurrenz aus dem Balkan taucht auf …
David Schalko porträtiert in »Schwere Knochen« Menschen, die eigentlich nur noch Ruinen ihrer selbst sind – und entwirft damit zugleich ein bitterböses Bild einer verstörten Gesellschaft.
It will be hard to find a fictional book about Austrian history that compares to the style and innovative force of "Heavy Bones" - writer/director David Schalko tells the story of a gang of young tricksters and thieves who breaks into the appartment of a well-known Nazi supporter in March 1938, on the day of the annexion ("Anschluss"), while Hitler speaks at the Heldenplatz in Vienna. When they are caught, they are thrown into concentration camps, only the son of the butcher gets an alibi from his father - and to foreshadow where this is all going, let me tell you that to know how to butcher meat will prove very useful after the war.
The main character, the enigmatic "Krutzler", will rise up in the ranks of the KZ hierachy while trying to save himself - it's here where the former petty criminal learns how to dehumanize, manipulate, torture, and execute, and it's here where he realizes that humans are indeed not like animals, because animals would never act that cruelly (a theme that is repeated throughout the book). The bones of the victims -quite a few of them his own victims-, a manifestation of his trauma, will haunt him until his own death. "Der Krutzler" manages to flee, and after the war is reunited with his former gang who will now organize to ruthlessly take control of the underworld in post-war Vienna and to take revenge...
It probably has become clear by now that this book is not for the faint-hearted: While there is a lot of black humor in Schalko's inventive and colorful language, what happens to the characters and the acts they commit themselves are terrible and sometimes grotesque, and the implications for (not only) Austrian society are unsettling. The fact that "der Krutzler" was inspired by real-life underworld boss Josef Krista heightens this effect. Schalko's ability to reflect complexity, the way he creates a sense of place and depicts characters who are (intentionally) full of contradictions - all of this is brilliant. Yes, the book does have some lenghts, but I don't care, the story and the narrative voice are just way too good (e.g., I can't remember that I ever read a book that employs indirect speech as elegantly and successfully as this one).
I hope there will soon be an English translation - there already is an English book page (https://www.kiwi-verlag.de/rights/buc...). This novel shows that there is fresh, intelligent and powerful German-language literature outside of the safe Erpenbeck/Kehlmann universe, and I am happy to report that "Heavy Bones" is nonetheless not niche, but got a lot of buzz and readers over here (here's a great interview with Schalko about the book on "Druckfrisch": https://www.daserste.de/information/w...).
Für die Österreicher ist David Schalko wohl schon lange einer der Großen. Für mich war er eine Neuentdeckung. Seit Jahren bedient er als Drehbuchautor und Regisseur in Serien wie „Braunschlag“ und „Altes Geld“ diesen wunderbar abgründigen bösen österreichischen Humor, den ich so liebe (und ich beginne erst jetzt, mir diese Serien anzuschauen). Gerade hat er eine moderne Serienadaption von Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ vorgelegt. Natürlich spielt auch diese Serie in Wien (statt Berlin wie im Original), denn Österreich mit seiner Geschichte, seiner Halbwelt und seinen politischen Abgründen ist Schalkos Spielwiese.
Böser Humor, österreichische Gesellschaft und Ganoventum – das sind auch die Zutaten von „Schwere Knochen“. Wie Schalko in einem Interview erzählte, war ihm klar, dass diese Geschichte zu teuer zum Verfilmen gewesen wäre. Also hat er einen Roman geschrieben. Dabei scheint die Geschichte von der „Erdberger Spedition“, die die Unterwelt der Wiener Nachkriegszeit beherrscht, durchaus von realen Vorbildern geprägt.
Aber der Reihe nach: Zunächst freunden sich vier Schuljungen an, die allesamt aus, wie man heute sagen würde, prekären Verhältnissen stammen. Ein Milieu, bei dem es nicht wundert, dass die vier bei ersten kleineren kriminellen Versuchen landen. Dabei ist es gerade dieser schwarze Humor, der einem das Elend dieser Lebensumstände nie vergessen lässt und dennoch immer wieder lachen lässt. Eine wirklich gelungene Melange!
Auch wenn die vier nicht wirklich politisch sind – die Nazis mögen sie nun definitiv auch nicht. Weswegen sie gerne einen Mitläufer ausrauben, während dieser den Anschluss bejubelt. Das allerdings hat Folgen, drei von ihnen werden die nächsten Jahre im KZ verbringen. Dort erst werden sie wahrlich zu Verbrechern.
Bis hierhin fand ich das atemberaubend gut geschrieben. Bei der Nachkriegszeit hapert es dann etwas. Zu viele politische Verwicklungen in der Vierzonenstadt, in der sich die vier eben diese Zonen aufteilen und mit tausend Leuten Geschäfte und Geschäftchen machen. Etwas überfordernd, weshalb ich dann erst einmal unterbrach, um mir mal wieder den „Dritten Mann“ anzuschauen.
Aber es wird dann irgendwann wieder. Der Leser gewinnt den Überblick wieder und trifft auf kuriose Gestalten, wie der allzumenschlichen Äffin, Prostituierte ohne Beine, nackte Cocktailmixer, allerhand Ganoven und und und. Ja, auch die Liebe macht vor den Vieren nicht halt und treibt recht seltsame Blüten. Und über allem liegen Melancholie und dieser bittere Humor.
Im Großen und Ganzen hat mir das sehr viel Spaß gemacht und ich werde das Werk von Schalko auf jeden Fall weiter im Blick behalten. Aber da nach 200 Seiten doch ein kleines Tief folgte und überhaupt die Qualität der ersten Episoden später nur noch selten wieder erreicht wurde, kann ich nur 3,5 Punkte geben (aufgerundet auf 4).
Interessante und mitreißende Erzählung über den Aufstieg und den Fall einer Wiener Untergrund-Legende während der Vor- und Nachkriegszeit. Facettenreiche Charaktere, die gleichzeitig realistisch und verspielt wirken. Verliert leider ab der Hälfte immer wieder den roten Faden, wodurch es zu Verwechslungen kommen kann die den Lesefluss vehement beeinflussen.
David Schalko, Schwere Knochen, ist ein Roman von 2018, der in der kriminellen Nachkriegszeit in Wien spielt, als auch Wien - das ist den meisten Deutschen nicht bewusst - in Besatzungssektoren aufgeteilt war, was so manche Korruption und kriminellen Machenschaften erst ermöglichte. Dazu der Zoo und seine Tiere, grotesker Sex, groteske Bordelle, noch groteskere Todesfälle - ich fühlte mich an John Irvings allerersten Roman erinnert: Setting free the Bears. Aber das war schon die einzige Wiederholung: Der Schauplatz, vor allem aber der Tonfall von Schwere Knochen sind ausgesprochen originell.
Die Klammer des Romans ist der Tod seiner Hauptfigur Ferdinand Krutzler, der mit seinen Freunden vor dem zweiten Weltkrieg in Wien Verbrechen begeht, mit ihnen wegen eines Hassadeurstücks ins Konzentrationslager deportiert wird, dort eine weitere Verbrecherkarriere absolviert, nach dem Krieg in Wien systematisch schmuggelt, zuhält, Schutzgelder erpresst, mordet. Alles an dieser Handlung ist eine Parallelwelt, in der eigene Regeln gelten, nichts kann vorausgesetzt werden. Die Erzählstimme tut gut daran, zwar sehr hörbar zu sein, aber nichts zu kommentieren, sie ist reine Lakonie. Was hervorragend zum Personal passt, das auch eher nicht redet (und dessen Worte fast ausschließlich in indirekter Rede wiedergegeben werden). Am deutlichsten sichtbar wird die Erzählstimme im Foreshadowing: "Dass dieser Jemand ausgerechnet der Wesely sein würde, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen." Nur dass das Foreshadowing manchmal gar nicht stimmt - auch darauf sollte man sich nicht verlassen.
Es entsteht ein unangenehm lebendiges Bild einer Zeit, die gerade wieder neu literarisch aufgearbeitet wird. Die Haltlosigkeit in diesem rechtsfreien Raum ist sehr nachvollziehbar. Lese-Empfehlung, auch wenn der zweiten Hälfte Straffung durch energisches Lektorat gut getan hätte.
Mir gefällt die Bezeichung in der Süddeutschen-Rezension von Burkhard Müller: "Splatter-Stoizismus nach Wiener Art".
Misogyner Wiener Schmäh. Der historische Scene, die geteilte österreichische Hauptstadt der Nachkriegszeit, ist interessant. Die Jonglage mit zynischen Stereotypen ermüdet.
Auch wenn es ab der Hälfte ein paar Längen hat (habe aufgehört zu zählen, wie oft der Wessely verschwunden war), ist es doch über den größten Teil ein großer Spaß, in die Wiener Unterwelt der Nachkriegszeit einzutauchen. Schön auch das Glossar, welches einige Begriffe der Wiener Unterweltsprache erklärt. Das hätte auch etwas ausführlicher ausfällen können, einige Begriffe musste ich nachschlagen.
Es geht in diesem Buch ganz grob um die "Erdberger Spedition", die in Wien ihr Unwesen getrieben hat. Die Geschichte beginnt kurz vor dem zweiten Weltkrieg und geht dann weiter, wie das Wien nach dem zweiten Weltkrieg unter diesen Verbrechern aufgeteilt wurde. Ein zweigeteilter Eindruck bleibt am Ende des Buches bei mir haften. Der Anfang bis ca. zur Hälfte hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Beschreibung der Mitglieder dieser "Spedition" kurz vor und während des zweiten Weltkrieges ist wirklich absolut interessant und spannend. Aber leider wird dieser spannende Teil doch im Schweinsgalopp abgehandelt. Gerade von diesem Teil hätte ich gerne mehr gelesen, Der zweite Teil mit der Geschichte nach dem Weltkrieg ist doch sehr sehr zäh und leider nicht mehr wirklich spannend, daher habe ich für den zweiten Teil dann doch erheblich mehr Zeit benötigt. Der schwarze Humor des Autoren gefällt mir richtig gut. Was mir hingegen nicht so gut gefällt, er nutzt auch sehr inflationär Fremdwörter, was den Lesefluss dann irgendwie doch stört. Sein Lieblingswort ist übrigens goutieren. Trotzdem überwiegt am Ende ein positives Gefühl bei der Bewertung des Buches und ich habe das Buch doch gerne gelesen.
Groteskes Gangster-Eops aus der österreichischen Zwischen/Nachkriegszeit, trotz sehr viel Blut manchmal etwas blutleer und mit sehr viel Lust an der übertriebenen Wuchtel und am Klischee - trotzdem sehr eigenständig und unterhaltsam. Ein bischen wie Tarantino schreibt den dritten Mann. Tiere spielen eine große Rolle, die Sache mit den Geschlechterverhältnissen könnte sich der Schalko aber durchaus nochmal anschauen: ausgereifte Frauenfiguren sind kaum zu finden.
4,5 Sterne, wohlwollend aufgerundet. Eine tolle Geschichte mit tollen Figuren. Geschrieben im Stile eines Episoden-Romans. Ich habe das Hörbuch erlebt, fantastisch gelesen von Wolf Bachofner. Uneingeschränkte Hör- und Leseempfehlung auch wenn es ein paar Längen gibt.
Schwere Knochen ist eines der besten Bücher, das ich je gelesen habe. David Schalko zeichnet hier ein unglaublich echt wirkendes Sittenbild der Nachkriegszeit in Wien. Die Art wie man als Leser durch die Geschichte geführt wird und nur an ganz bestimmten Stellen wirklich eintaucht ist etwas ganz besonderes, dass ich so davor noch nie erlebt habe. Wer es nicht liest ist selbst Schuld.
Etwas schwergängig in der Sprache - und den versprochenen schwarzen Humor konnte ich auch nicht so wahr nehmen. Unter dem Strich bleibt da nur ein wenig Gangster-Milieu übrig. Nicht so mein Fall.
Ich finde "Schwere Knochen" ist wirklich empfehlenswert. Es ist nicht ganz leicht bei den vielen Charakteren den Überblick zu behalten. Aber es lohnt sich definitiv. Mich hat es überzeugt.
Ein großartiger Roman. Sicher auch der Kriminalliteratur zuzurechnen, aber doch mehr als das. Sprachlich und vor allem ein atmosphärisch dichtes und wienerisch-skurriles Porträt des Wiens der Nachkriegszeit. Sprachlich extrem stark. KZ und Nachkriegswirren lassen die Ganoven, die überleben, zu organisierten Kriminellen werden. Und man hat den Eindruck, dass sie sie im allgegenwärtigen Chaos und der Willkür der herrschenden Mächte auch eine echte Rolle zu spielen haben. Wobei die Grenzen hin zum vermeintlich rechtstreuen Bürgertum bisweilen Recht fließend sind. Allerdings verliert die Erzählung ab dem letzten Drittel an Zugkraft - umso mehr sich die Erzählung vom Kriegsende entfernt.