Über mehrere Jahre hat Geoffroy de Lagasnerie den Verhandlungen in einem Pariser Gericht beigewohnt. Er beobachtete, wie Menschen wegen Raub, Mord, Vergewaltigung oder Körperverletzung angeklagt und verurteilt wurden. Ausgehend von dieser eindringlichen Erfahrung, setzt er zu einer großen Reflexion über den strafenden Staat, die Macht und die Gewalt an. Wie lassen sich dieses System der Repression und seine Kategorien verstehen?
Im Herzen des liberalen Rechtsstaats und seiner Idee der Gerechtigkeit entdeckt de Lagasnerie ein Paradox: Um jemanden verurteilen zu können, muss eine individualistische Erklärung der Tat und ihrer Ursachen kreiert werden; aber zugleich wird jede Straftat als Aggression gegen die »Gesellschaft« und den »Staat« aufgefasst. Das Recht wird als die Herrschaft der Vernunft präsentiert – und produziert zugleich Deprivationen und Traumata. In einer mitreißenden Mischung aus Erzählung und theoretischer Analyse zeigt de Lagasnerie, dass die Justiz mehr ist als eine Antwort auf das Verbrechen: Die Szene des Tribunals ist ein Spiegel unseres Verhältnisses zum Staat und damit unseres Status als politisches Subjekt.
Gerichtsurteile betrachtet De Lagasnerie stets als Akte staatlicher Gewalt. Erst das Strafrecht konstruiert Kategorien von Schuld, Verantwortung und auch jene Individuen, denen es sich bemächtigt und die es – je nach Notwendigkeit – diszipliniert oder bestraft. Viele seiner Gedanken fand ich sehr schlüssig und gut nachvollziehbar, etwa seine Überlegungen zu möglichen Formen von Gerechtigkeit, die nicht auf Strafe, sondern auf Wiedergutmachung zielen (wobei Vieles – je nach Verbrechen – schlicht nicht wiedergutgemacht werden kann). Anderes, insbesondere seine Kritik an der empirischen Soziologie – diese sei in das bestehende staatliche Denken eingebunden, statt es radikal zu stören –, erscheint mir zwar nachvollziehbar; dennoch frage ich mich, wie ich diese Dekonstruktionsleistung konkret auf meine eigene Disziplin übertragen könnte. Persönlich hat mich – da ich mich mit Autobiographien beschäftige – besonders interessiert, wie De Lagasnerie aufzeigt, dass ein Gericht, um urteilen zu können, zunächst eine Geschichte des Täters bzw. der Täterin (Täter – Motiv – Tat) konstruieren muss. Diese Konstruktion, so De Lagasnerie weiter, blende jedoch systemische, historische und soziale Ursachen aus und verorte die Schuld allein beim Täter, der dafür vor dem Recht zu bestrafen sei. Insgesamt keine leichte Kost, aber auf jeden Fall lesenswert, wenn man sich für den Themenkomplex des Verurteilens, Strafens und die Rolle des Staates interessiert.
L'auteur propose une critique sociologique de l'état pénal français à travers son système de jugement et de répression.
J'ai noté l'argument bien étayé en faveur de l'utilisation de l'excuse sociologique des coupables. Entre autre puisque la pénalité est justifiée par le caractère social du crime (le crime comme défi à la loi, à la société). J'ai aussi noté la dénonciation circonstanciée de l'expertise psychiatrique, psychologique et de l'utilisation des "parcours" des accusés comme moyen d'individualisation et de responsabilisation.
Il semble que cet ouvrage soit aussi le témoignage d'un parcours de l'auteur dans sa réflexion sur la sociologie critique puisqu'il nous offre une dernière partie dénonçant l'enfermement des sociologues dans des cadres et des méthodologies ne leur permettant pas d’interroger les structures de ces cadres. Cette dernière partie est un peu courte et appel à un développement ultérieur.
D'une façon générale le style est déroutant. C'est comme si l'on suivait le cheminement intellectuel de l'auteur sans bénéficier de sa synthèse. Suivre ce cheminement n'est pas désagréable mais on se perd parfois dans l'argument.
À lire, ne serait-ce que pour ce dernier chapitre dans lequel GDL s'éloigne un peu de son sujet (l'État pénal) pour délivrer une critique intéressante de la sociologie contemporaine — principalement centrée sur l'enquête de terrain/l'ethnographie — et appeler à la repenser en renouant avec la théorie critique afin de faire un « usage stratégique du réel ».