Beherrschten vor 20 Jahren noch Industriekonglomerate, Energiekonzerne und Banken die Rangliste der wertvollsten Unternehmen, wurden diese längst von Internetgiganten wie Google, Apple, Amazon und Tencent abgelöst. Digitale Technik ist allgegenwä Wir tragen Hochleistungsrechner in unseren Taschen herum, Waschmaschinen können sich mit dem Internet verbinden. Doch erschöpft sich darin das Neue am digitalen Kapitalismus?
Philipp Staab beleuchtet den digitalen Kapitalismus aus unterschiedlichen Perspektiven, um ihn präziser auf den Begriff zu bringen. Er zeigt, wie digitale Überwachungs- und Bewertungspraktiken in immer mehr Bereiche der Wirtschaft vordringen und dabei die soziale Ungleichheit verschärfen. Das Spezifische am digitalen Kapitalismus, so Staab, ist die Herausbildung »proprietärer Märkte«: Kam es früher darauf an, Dinge herzustellen und mit Gewinn zu verkaufen, geht es im Zeitalter der Unknappheit um das Eigentum an den Märkten selbst.
Staab liefert eine präzise Analyse des sich 'in the making' befindenden gesellschaftlichen Verhältnis des "Digitalen Kapitalismus". Dabei geht er analytisch über optimistische Prognosen eines Verschwindens des Kapitalismus (Rifkin, Mason) aufgrund von Null-Grenzkosten hinaus und erblickt den Kern des Phänomens in der Herausbildung proprietäre Märkte durch Plattformen bzw. Metaplattformen. Er gibt eine kleine historische Genealogie zum besten, in der er die Zusammenhänge der Entwicklung von Finanzkapital und digitalisierter Ökonomie beschreibt, erklärt das wieso, weshalb, warum von proprietären Märkten, geht anschließend auf die Auswirkungen dieses gesellschaftlichen Verhältnisse auf den Faktor Arbeit ein (Spoiler: nicht sehr optimistisch), um dann sich anbahnende soziale Konflikte und deren Konstellation darzustellen. Im letzten Kapitel gibt er einen Ausblick wie sich Europa polit-ökonomisch entwickeln könnte bzw. warum es dies bisher nicht tut. Letztlich ist der Neoliberalismus tot und Staab liefert die bisher beste Analyse was den Digitalen Kapitalismus ausmacht.
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Mehrere Anläufe gebraucht, komischerweise, denn es liest sich sehr flott weg.
Sehr essayistisch. Kaum analytische Eigenleistung, das meiste ist bekannt. So werden die geschichtlichen Rückblicke am wertvollsten. In der Antwort auf die Frage, ob der Neoliberalismus mit dem Advent des digitalen Kapitalismus am Ende ist, liegt der Autor völlig falsch, und das unnötigerweise; er hätte das Thema im Buch einfach umgehen können. Stattdessen: Meinungsstarke, aber völlig unbegründete Sätze wie "Der neoliberale Traum ist Geschichte". Andernorts wird ventiliert, der digitale Kapitalismus verbreite ein neues Regime der Verteilung von 'Lebenschancen' (Staab arbeitet hier mit einem Konzept von Ralf Dahrendorf). Die Institutionalisierung von Ungleichheit hat aber schon vorher begonnen – als zentraler Bestandteil des Neoliberalismus nämlich, das Programm, das Staab nur noch als "rauchende Ruinen" erkennen möchte Tatsächlich ist der Einfluss neoliberalen Denkens auf Wirtschaft und Politik nach wie vor stark. Lediglich die öffentliche und Fach-Meinung zum Thema Finanz- und Fiskalpolitik hat sich wegentwickelt vom neoliberalen Austeritäts-Paradigma.