Alles ist genauso passiert, soweit ich mich erinnere …
Ihre Wege kreuzen sich schon, laufen nebeneinander, lange, bevor Alexander Osang beschließt, Uwes Geschichte aufzuschreiben. Und mit ihm aufbricht auf einem Schiff in die Vergangenheit. Die weißen Nächte über der Ostsee - sie sind fast hell, verheißungsvoll und trügerisch, so wie die Nachwendejahre, die beide geprägt haben. Doch während Uwe der Unbestimmte, Flirrende bleibt, während sich seine Geschichte im vagen Licht der Sommernächte auflöst, beginnt für Alexander Osang eine Reise zu sich selbst, getrieben von der Frage, wie er zu dem wurde, der er ist.
Eindringlich und mit staunendem Blick erzählt er von den Zeiten des Umbruchs und davon, wie sich das Leben in der Erinnerung zu einer Erzählung verdichtet, bei der die Wahrheit vielleicht die geringste Rolle spielt.
Abbruch nach 30 % Für mich einfach nur sinnlose Aneinanderreihung von Lebensgeschichten, ohne Tiefgang! Kurze Einblicke in zu viele Leben, von Australier in der Warteschlange, von der Tante, dem Nachbarn, dem Arbeitskollegen. Klingt wie so ein Wichtigtuer: „ich kenn da jemand, der/die …“ Vielen Danke, aber nope!
Fast hell ist auf eine subtile und überraschende Weise auf allen Ebenen ein fast, im positiven Sinne. Der Text, eigentlich als Auseinandersetzung mit einem ostdeutschen Leben, konkret dem des Fast-Freunds des Autors, Uwe, gedacht, gerät mehr und mehr auch zu einer Reflexion über die eigene Vergangenheit und die Tatsache, dass man Erinnerungen immer nur fast greifen kann. Die Vergangenheit ist trügerisch, das eigene Leben im „Damals“ immer nur ein Ausschnitt und eine Momentaufnahme. Den eigentlichen Ostdeutschen gibt es nicht und alles, was man über die eigene Jugend und das eigene Erleben weiß, ist immer persönlich gefärbt. Etwaige Lücken im Erinnern müssen gefüllt und vielleicht auch modelliert werden.
Gespiegelt wird die Unmöglichkeit des faktentreuen, belegbaren Erinnern dadurch, dass der Autor sich während des Interviews mit Uwe immer nur Stichpunkte in sein blaues Buch notiert, die nicht einmal ansatzweise das umreißen, was die eigentliche Erzählung beinhaltet – ein sehr gelungener Kommentar, wie vergeblich das Festhalten von Lebensmomenten ist und dass Lebenserinnerungen letztlich auch nur Schlagwörter sind.
Sprachlich und inhaltlich unterhält der Text sehr gut. Es ist tatsächlich so, dass man den Eindruck gewinnt, mit Uwe und dem Autor auf der Reise nach St. Petersburg zu sein und ihren Geschichten zu lauschen. Eine richtig geschlossene Erzählung kommt dadurch zwar nicht zustande, aber der Roman regt sehr zum Nachdenken an und berührt auf einer grundsätzlichen Ebene das, gegen das sich viele von uns stemmen wollen – den Fluss der Zeit, irreversible Veränderungen und vor allem das Vergessen. Besonders der Epilog bleibt im Gedächtnis, hallt nach und hinterlässt eine melancholische Grundstimmung.
Ein schönes und etwas wehmütiges Buch, das erkennt, dass es für Erinnerungen und das Leben keine wahre Version gibt.
Alexander Osang und Uwe, dessen Geschichte er ursprünglich für ein SPIEGEL-Sonderheft schreiben wollte, begegneten sich in New York auf der Feier einer Ost-Deutschen, die seit 30 Jahren in der Stadt lebt und dort verheiratet ist. New York scheint ein Dorf zu sein, in dem am Ende jeder jemanden findet, der aus seiner Gegend stammt. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde New York auch zu Osangs Sehnsuchtsort und Fluchtpunkt. Die beiden in den 60er geborenen Männer verbindet, dass sie sich als Ostdeutsche im wiedervereinigten Deutschland wie Staatenlose fühlten und möglichst weit weg wollten. New York ist ihr gemeinsamer Fluchtpunkt. Der Autor schreibt aus den USA als Kunstfigur Kolumnen für deutsche Zeitungen. Über sein Leben könnten Zeitungsleser etwas erfahren, umgekehrt weiß Osang noch kaum etwas über Uwe. Der Mann ist homosexuell, kennt Menschen in aller Welt, wirkt agil wie ein mehrsprachiges Chamäleon und scheint immer genau mit dem zufrieden sein, was das Leben ihm gerade bietet. Uwe scheint auch Immobilien in aller Welt zu besitzen – welche Verbindung wohl zwischen ihm und diesen Orten besteht? Der Autor muss sich in den Gesprächen mit dem Biografierten eingestehen, dass Uwe bessere Geschichten erzählt, als ein Berufsjournalist je recherchieren könnte.
Als Geburtstagsgeschenk für Uwes Mutter unternehmen die drei Ostdeutschen von Helsinki aus eine Reise nach St. Petersburg, auf der Suche nach den „Weißen Nächten“. Für keinen von ihnen gestaltet sich die Reise unkompliziert. Osang arbeitet inzwischen in Israel; Uwes Mutter, die „pommersche Bauerntochter“, misstraut dem Journalisten und Uwe, geprägt durch den Kalten Krieg, fürchtet um seinen kostbaren US-Pass. Uwe und seine Mutter erzählen unterschiedliche Geschichten, so dass man sich als Leser schon zu Beginn fragt, wem die Deutungshoheit über Erinnerungen zusteht. Beide Männer wurden als Jugendliche im Sozialistischen Staat „aus Prinzip“ nicht für die Erweiterte Oberschule zugelassen. Sie lebten verschiedene Leben; jeder interpretiert bis heute unterschiedlich, wie er damals in seinem Staat behandelt wurde. Uwe wuchs in bohèmehaften künstlerisch-bürgerlichen Verhältnissen in Ost-Berlin auf, sein Großvater war Schauspieler, lief im Krieg zur Russischen Armee über und wurde dort als angeblicher Nazi sofort interniert. Uwe entscheidet sich für eine Ausbildung zum Russisch-Dolmetscher und beginnt zur Wendezeit ein Studium der Sinologie. Bei seiner Rückkehr 1991 findet er sich in einem Niemandsland und erkennt seine Stadt nicht wieder. Leben und Arbeiten in Hongkong hat Uwe annehmen lassen, dass Grenzen und Konventionen gefallen sind und nun jeder sagen und schreiben kann, was er will. 1997 bewirbt er sich in den USA um eine Greencard. Osang schreibt inzwischen über sein zusammenbrechendes Land und rätselt, ob er lebenslang Ostdeutscher bleiben wird.
Alexander Osang erzählt eine schier unglaubliche Münchhausen-Geschichte des 20. Jahrhunderts. Uwes Geschichte und die des Autors überlagern sich dabei, scheinen zu verschmelzen. Sie werden zu Geschichten ihrer Väter, ihres Staates und dessen Bespitzelung seiner Bürger. Dass der Biograf seine Figur am Ende noch immer kaum kennt, scheint nur folgerichtig. Uwe hat schon immer erzählt, was von ihm erwartet wird, aber nicht, was er denkt. Eine Geschichte über das Überleben in einer Diktatur, die schwer zu glauben ist – darum musste sie genau jetzt erzählt werden.
Dieses Buch ist ein echtes Juwel. Endlich mal jemand, der die Ossis von einer anderen Seite zeigt: neugierig, lebenshungrig, mutig…So habe ich den Osten in Erinnerung. Klar, gibt es auch die andere Seite, aber die wird ja bereits genügend portraitiert.
„Ich kannte ein Mädchen, das sich im Lesesaal der Berliner Stadtbibliothek den nicht ausleihbaren Roman „Der Fänger im Roggen“ in ein Notizbuch abschrieb, um ihn immer bei sich zu haben.“
Dieser Satz hat mich umgehauen. Das könnte ich sein, dabei kenne ich den Autor gar nicht ;)
Zwei Menschen, zwei Schicksale deren Wege sich immer wieder kreuzen. Der Autor selbst und Uwe- ein begnadeter Geschichtenerzähler, bei dem hell und dunkel verschwimmt. Eine Reise durch die Welt mit allen Facetten, die das Leben zu bieten hat. Es ist völlig gleichgültig, ob sich alles so zugetragen hat, wie es erzählt wird. Das spielt keine Rolle, weil das Lebensgefühl transportiert wird, eine Melancholie und Tiefe, die ich heute oft vermisse. Ich liebe dieses Buch- ein großartiges Geschenk für eine besondere Generation Ostdeutscher (und vielleicht /hoffentlich auch neugieriger Menschen aus dem Rest Deutschlands).
Das Buch ist Rausch und Sog: hinein in die ungewöhnlichen Biografien zweier Männer, die aus Ostberliner Vororten stammen und sich Ende der 90er Jahre in New York begegnen. Anekdotenreich erzählt Osang vom Aufwachsen in der DDR, ihrem Zusammenbruch aber vor allem von den Erfolgen und glücklichen Fügungen, die sich dabei für ihn und seinen Freund Uwe nach der Wiedervereinigung ergaben. Zwei Leben wie auf der Überholspur und damit der absolute Gegenentwurf zum klassischen "Wendeverlierer" oder "zurückgelassenen" ostdeutschen Mann. Manchmal kommt mir Osangs Erzählen über die eigenen Taten wie Aufschneiderei vor, aber ich kann darin auch die große Verwunderung des ehemaligen DDR-Bürgers erkennen, der nie gedacht hätte, dass er einmal aus dem kleinen Land herauskommt, geschweige denn sich beruflich auf dem Weltparkett zu bewegen. Ich empfehle das Buch allen, die mal wirkliche Abenteuer-Geschichten über Ostdeutsche lesen wollen.
Buchtitel: Fast Hell Autor/in: Alexander Osang Gelesen von: Stefan Kaminski Verlag: Aufbau Audio ISBN: 9783961053537 Ausgabe: Hörbuch Erscheinungsdatum: 18.01.2021
Inhalt: "Alles ist genauso passiert, soweit ich mich erinnere … Ihre Wege kreuzen sich schon, laufen nebeneinander, lange, bevor Alexander Osang beschließt, Uwes Geschichte aufzuschreiben. Und mit ihm aufbricht auf einem Schiff in die Vergangenheit. Die weißen Nächte über der Ostsee - sie sind fast hell, verheißungsvoll und trügerisch, so wie die Nachwendejahre, die beide geprägt haben. Doch während Uwe der Unbestimmte, Flirrende bleibt, während sich seine Geschichte im vagen Licht der Sommernächte auflöst, beginnt für Alexander Osang eine Reise zu sich selbst, getrieben von der Frage, wie er zu dem wurde, der er ist. Eindringlich und mit staunendem Blick erzählt er von den Zeiten des Umbruchs und davon, wie sich das Leben in der Erinnerung zu einer Erzählung verdichtet, bei der die Wahrheit vielleicht die geringste Rolle spielt."
Meinung: Zuerst möchte ich mich bei NetGalley, dem Verlag und dem Autor für das Bereitstellen dieses Rezensionsexemplares bedanken! Um ehrlich zu sein war ich vom Cover und dem Klappentext mehr begeistert als vom Inhalt. Das Cover ist nämlich in meinen Augen echt schön und der Klappentext Klang äußerst interessant. Leider konnte mich das Werk selbst nicht sonderlich überzeugen. Doch woran lag das? Zum einen tat ich mir richtig schwer, in das Buch und den Stil vom Buch hinein zu finden. Für mich war das vor allem ein Haufen von wirren Geschichten, die irgendwie keinen wirklichen roten Faden ergeben haben. Dadurch war ich an vielen Stellen einfach nur verwirrt und wusste nicht, was das eine mir der ursprünglichen Geschichte zu tun hatte. Was mich zusätzlich leider sehr gestört hat, war die Tatsache, dass man mit Details und Namen so sehr zugeworfen wird, dass man auch hier recht schnell überfordert ist. Außerdem war der Schreibstil, welcher ja ein Interview darstellen sollte, wirklich nicht sonderlich gut. Ich habe sehr viele Wiederholungen und nicht gute wortwahlen erkennen konnen, was das Zuhören auch nicht leichter gemacht hat. Klar, der Inhalt war an und für sich durchaus spannend und das, was für mich überhaupt Sinn ergeben hat, war recht interessant. Man bekommt viele Informationen und Einblicke in die Vergangenheit. Also für Geschichtsinteressierte ist es definitiv etwas. Die Lesestimme von Stefan Kaminski war dafür durchaus angenehm. Da muss ich tatsächlich sagen, dass es ein Faktor war, weswegen ich gerne zugehört habe.
Fazit: Ich muss sagen, dass ich ausnahmsweise an dieser Stelle keine Leseempfehlung geben kann. Für mich gab es dafür leider zu viele Mängel.
„Nach dem Mauerfall bin ich wie eine Feuerwerksrakete in die Welt geschossen. Die ganze Enge entlud sich in einer Art Urknall. Ich glaube, ich hatte das Gefühl, viel nachholen zu müssen.“ (Zitat Pos. 643)
Inhalt Anfang der 2000er Jahre trifft Alexander Osang den in New York lebenden Kosmopoliten Uwe zum ersten Mal. Wie der Autor stammt auch Uwe ursprünglich aus Ostberlin und in der Folge treffen sie einander immer wieder. Als Alexander Osang 2019 für den SPIEGEL ein Porträt über Ostdeutsche schreiben soll, denkt er sofort an Uwe und dieser ist bereit, seine Geschichte zu veröffentlichen. Zusammen mit Uwes Mutter unternehmen sie eine Schiffsreise von Helsinki nach St. Petersburg. In den langen gemeinsamen Gesprächen verbinden sich Uwes lebhafte Geschichten mit Alexander Osangs eigenen Erinnerungen.
Thema und Genre Dieses Buch handelt vom Aufwachsen in der DDR und der Situation der Ostdeutschen nach der Wende, Vergangenheit, Umbrüche, Aufbruch, Reisen und Leben zwischen Berlin, New York, Tel Aviv. Vor allem geht es um die Frage, wie sehr sich Dinge, die wir erlebt haben, in unseren Erinnerungen verändern und welche Geschichte wir dann tatsächlich als unsere Lebensgeschichte erzählen.
Charaktere Uwe ist ein schillernder Weltenbürger und eine schwer zu fassende Figur. Seine Erlebnisse und die Menschen darin sind bunt, vielfältig und manchmal skurril, doch sind sie auch wahr? Der Journalist Alexander Osang, der als Ich-Erzähler von seinen Begegnungen und Gesprächen mit Uwe berichtet, begibt sich auf eine intensive Reise in die eigene Vergangenheit.
Handlung und Schreibstil Der Hauptteil der Geschichte spielt zwischen Juli und September 2019. Er beginnt der Schiffsreise im Juli, mit der Fähre von Helsinki nach St. Petersburg, drei Tage in St. Petersburg. Darin eingeschlossen die Erinnerungen, zurück in die Familiengeschichte, die Zeit in der DDR, durch die dreißig Jahre zwischen dem Mauerfall und diesem Sommer 2019. Die Sprache erzählt poetisch, lebhaft, mit feinem Humor und viel Einfühlungsvermögen, beschreibt auch sehr gut die eigenen Zweifel, die Suche nach sich selbst.
Fazit Einfühlsam umgesetzte, interessant zu lesende Einblicke in die Zeit nach dem Mauerfall und die gedankliche Teilung zwischen Ost- und Westdeutschland, die auch nach dreißig Jahren noch nicht abgeschlossen ist. Eine Reise in die Vergangenheit, das Leben, eingeschlossen in Erinnerungen. Großartig erzählt, bewegt sich die Geschichte zwischen poetischer Leichtigkeit und eindrücklicher Nachdenklichkeit. „Eine Erzählung dann eben, dachte ich, eine absurde, aber wahre Novelle.“ (Zitat im Epilog, Pos. 2482)
Fast hell ist eine Geschichte, die etwas anderes geworden ist als das, was sie eigentlich werden sollte. Und damit passt sie scheinbar perfekt zu ihren beiden Protagonisten: Uwe und Alexander, der Autor selbst. Beide sind in Ostberlin groß geworden und haben sich in dem damaligen Gesellschaftssystem mit seinen Beschränkungen, seinen Vorgaben und seiner Willkür nie so richtig zuhause gefühlt. (Alexander) Osang soll, sehr viel später, für ein Spiegel-Sonderheft die Geschichte von Uwe aufschreiben - eine Geschichte über ein ostdeutsches Leben. Doch diese wird immer mehr die Geschichte ihrer beider Leben - insbesondere in der Zeit nach der Wende, als beide unabhängig voneinander zwei Neustarts hinlegen, die spektakulärer kaum sein könnten. Ihre Sehnsucht zieht beide hinaus in die Welt, sie reisen rund um den Globus, leben mal hier und mal dort und kommen, so scheint es, trotzdem nie dort an, wo sie eigentlich hin wollen. So wie auch die Geschichte selbst. Sie schafft es am Ende doch nicht in das Sonderheft des Spiegels - zur Erleichterung des Autors, wie er schreibt. Statt dessen ist sie etwas viel größeres geworden: ein Buch über zwei von außen gelenkte Existenzen, die sich nach dem Wegfall der Grenze Bahn brechen - wie eine etwas chaotische Flucht, ohne so recht zu wissen wovor oder wohin. Und so zieht sich eine gewisse Rastlosigkeit und Melancholie durch das gesamte Buch - bis hinein in seinen letzten Satz. Wunderbar zu lesen, unglaublich und spannend.
„Lennon ist tot“ verbinde ich mit einer tiefen Leseerfahrung und dem Bedürfnis nach einen neuen Osang. Schon nach wenigen Seiten war klar, sobald ich das Buch aus der Hand lege, wird es liegenbleiben, forever. Also stolperte ich in einem Stück durch, da ich Uwes Geheimnis entdecken wollte. Der trockene Reportage-Stil, die Endlos-Aneinanderreihung zahlreicher Lebensläufe einschließlich sämtlicher Nebencharaktere, puh, ließ Tiefgang und Gefühle weitreichend außen vor. Zeitungsleser werden sich hier eher zu Hause fühlen. Nichtsdestotrotz bot mir die Lektüre neue Sichtweisen auf das Reportage-Handwerk. Eine Reportage ist eine Reportage, aber niemals die Wahrheit im Sinne von Vollständigkeit und unumstößlicher Belegbarkeit. Eine Anzahl von Schlagwörtern, eine bruchstückhafte Erinnerung und das Verweben all dessen in einem scheinbar schlüssigen Text, bleibt immer nur der Versuch einer Wahrheit. DDR, Opfer, Täter, Enthüllung wären wohl die Hauptschlagworte dieses Romans. 2,5 Sterne
Erfrischend, schnell, globetrottrig. Mir gefällt das Buch, weil es einen Möglichkeitsraum aufzeigt - wer bereit ist, ständig um die Welt zu fliegen (CO2!), der wird auch viel sehen und erleben... dann trifft man eben Menschen, die man aus NY und Südamerika kennt, auf einer Party in Berlin wieder und unterhält sich über sich ähnelnde Erlebnisse aus Asien oder so... In meinem Leben habe ich mich an einigen Stellen bewusst gegen die Möglichkeit einer Reise/eines längeren Aufenthaltes (mit purpose, nicht als popliger Tourist) entschieden; eben um nicht sinnlos Ressourcen zu verbrauchen - aber wenn man da kein Problem mit hat, dann kann man der Welt schon sehr nah kommen, und dann abenteuerlich davon erzählen. Wie das Ganze eingebettet in das Ende der DDR und des Kalten Krieges daher kommt, zeigt einmal mehr die große Freiheit auf, die mit dem Fall der Mauer für den Ostblock aufschien.
Von dem Journalisten und Schriftsteller Alexander Osang habe ich schon Die Leben der Elena Silber mit Begeisterung gelesen.
Die Biografie Fast hell interessierte mich dann auch gleich. Er schreibt die Geschichte von Uwe, aber es wird dann auch seine Geschichte. Uwe und er sind aus Ostberlin und es beginnt 1989 zur Wende.
Der Autor schreibt flott und springt zwischen Tel Aviv, New York und Berlin hin und her. Zwischendurch gibt es auch eine Reise nach St. Petersburg. Ein lesenswertes Buch.
Ich folge Alexander Osang gerne bei seiner fiktiven Reportagereise nach Russland. Wie die Romanfigur Uwe schwelgt der Author in der Lust am Geschichten erzählen, deutsch-deutsche Geschichten. Die Weißen Nächte in St. Petersburg erinnern mich an meine Tage in den 90er Jahren dort.
Alexander Osang erzählt die Geschichte von Uwe, den er für ein Interview auf eine Schiffsreise nach Sankt Petersburg begleitet hat, und streift dabei immer wieder seine eigenen Erinnerungen. Einiges davon kam mir sehr bekannt vor, hatte er doch die Suche nach einer angeblichen Stasivergangenheit bereits im Roman „Die Nachrichten“ verarbeitet. Anderes wirkte diffus im Wirrwarr der Anekdoten. Gut gefallen hat mir die Auseinandersetzung mit der ostdeutschen Identität, die an vielen Stellen ihre speziellen Spuren hinterlassen hat und ihn einer aussterbenden Art zuordnet. „Eine Mücke in Bernstein, ein Mauerstückchen in einer Vitrine, von dem irgendwann niemand mehr wusste, was es eigentlich war und warum er es solange aufgehoben hatte.“ Osang kann schreiben, klare Sache. Hätte er weniger Abzweigungen vom Haupthandlungsstrang eingebaut, hätte ich das Buch wohl noch etwas mehr genossen.