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165 pages, Paperback
First published January 1, 1995


Die ganze Wohnnung sieht aus, ich will das mal so sagen, als ob hier ein alter Lehrer wohnen wuerde, so einer mit Lederaufsaetzen am Ellbogen seines aufgescheuerten Cordsakkos, einer, der sich immer Tee macht, die Tasse irgendwohin stellt und dann vergisst, den Tee auszutrinken, und sich dann noch einen macht. Er hat weisse Haare in den Ohren, und eigentlich finden ihn alle in der Schule laecherlich, aber sie muessen ihn behalten, weil er Altgrieschisch un Hebraeisch unterrichtet, und sich jedes Jahr zwei oder drei Schueler dafur interessieren.
...in das kleine Netz, das am Sitz vor mir befestigt ist, wo immer dieses Lufthansa-Bordbuch drinstekt. Das ist so ein Magazin, damit die Leute was zum blaettern haben...Da stehen immer so Artikel ueber Uhrmachermeister aus Bayern drin oder ueber den letzten Kurschner in der Lueneburger Heide. Und das Ganze wird dann erbaermlich schlect ins Englishe uebersetzt, und so stellt dann die Lufthansa der Welt Deutschland vor.
Ich nehme also einen Zug nach Sueden, einen dieser Interregios....Also sitze ich wieder in diesem unfassbar haeslichen Bord-Treff, der genauso aussieht wie das Bistro im ICE, nur, dass der Bord-Treff noch etwas grauenvoller gestaltet ist...Ausser mir sitzt niemand im Bord-Treff. Das nennt sich wirklich so. Bord-Treff. So eine Frechheit. So eine niedertraechtige riesengrosse Frechheit. Ich ueberlege mir, wer sich wohl diesen Namen ausgedacht haben mag. Ich meine, sassen da irgendwelchen Menschen mit bunten Brillen in einem Designbuero in Kassel und habe sich tatsaechlich darueber den Kopf zerbrochen, ob diese Monstositaet in der Mitte Ihrer geschmacklosen Zuege nun Bord-Treff heissen sollte oder nicht? Vielleicht hat einer ja gesagt: Nein, Gastro-Stubb muesste es heissen, oder vielleicht sogar Iss Was. Nee, haben alle gesagt, nee, wire brauchen etwas Gemuetliches, etwas, das nach Heimat klingt, aber gleichzeitig auch nach High-Tech, nach Flugzeug un nach Geschwindigkeit.
"Und von den Menschen würde ich erzählen, von den Auserwählten, die im Inneren der Maschine leben, die gute Autos fahren müssen und gute Drogen nehmen und guten Alkohol trinken und gute Musik hören müssen, während um sie herum alle dasselbe tun, nur eben ein ganz klein bißchen schlechter. Und daß die Auserwählten nur durch den Glauben weiter leben können, sie würden es ein bißchen besser tun, ein bißchen härter, ein bißchen stilvoller."