Der Fall Wirecard ist der größte Wirtschaftsskandal der Nachkriegszeit. Die Top-Manager Markus Braun und Jan Marsalek wandern in Haft oder tauchen unter und der Wirtschaftsstandort Deutschland steht maximal beschädigt da. Felix Holtermann Über Jahre hinweg trommelten Analysten für die Aktie, Prüfer hielten die Hand auf, Aufseher schauten weg und Politiker gaben Schützenhilfe. Wirecard betrog ein System, das betrogen werden wollte.
Deutlich detaillierter als die Wirecard-Story. Deutlich tiefere Einblicke in alle Parteien und deren Versäumnisse. Streckenweise etwas langatmig und wiederholend, aber trotzdem ein spannender Bericht.
Ich bin so schockiert von dem hier geschriebenen. Erstmal ist die Recherchearbeit enorm und diese sollte man separat würdigen. Wie viele Personen hier untereinander verwickelt waren und sich gegenseitig Gefallen getan haben weil sie nichts hinterfragt hatten, ist krass. Die größte Krassheit ist aber der Umgang mit den Whistleblowern, wohlgemerkt hier haben keine Wirtschaftsprüfer sondern Wirtschaftsjournalisten in Europa Lunte gerochen. Das Nichtstun der Aufsichtsräte war auch gut beschrieben, hier kann es einfach zum absoluten versagen. Sogar die, die ein schlechtes Gefühl hatten, haben sich aus der Affäre gezogen, so mancher mit einem Abschiedsbrief an den Vorstand, aber wirklich eingefriffen hat niemand der hier hochbezahlten Marionetten. Sogar im Jahr 2008 gab es schwarze Zahlen und sogar Wachstum für Wirecard, es gab quasi keine Gewinneinbrüche wie in der restlichen Wirtschaft. Das doch tatsächlich jemand die Bilanz anschaut und Fragen stellt, wird gleich mit Gegenwind oder Strafanzeige belohnt. Hier wurde systematisch ein Konzern beschützt, weil man im guten Glauben annahm, dass dieser rechtschaffend sei.
Das Versagen der Wirtschaftsprüfer ist auch unglaublich. Sogar angeblich erfahrene WP haben angeblich nichts bemerkt und alles testiert. Das aus den big five die big four wurden, würde mich nicht wundern wenn aus dem big four nun nach der vermutlich kommenden Klagewelle an EY jetzt die big three werden... Es ist erschreckend wie hier Lobbyismus und Nepotismus den Markt gesteuert haben. Der Schreibstil war ebenfalls fürs Thema gelungen, fand ich. Es war nicht zu populistisch spektakulär aufgezogen. Es gab einige Seitenhiebe an gewissen Stellen die ich unterhaltsam fand, es wurde wenig neutral beschrieben. Das fand ich gut damit wurden diese abgründigen Taten besser hervorgehoben.
Eigentlich ist das ein Wirtschaftskrimi, die besten Geschichten schreibt ja bekanntlich das echte Leben. Dieses Buch ist für mich mehr eine Art Zwischenbericht, wann man erfährt wie die Anklage gegen EY oder Braun ausgeht oder ob man jemals wieder Marsalek sehen wird (ist er vielleicht tot? Oder kommt er in 40 Jahren als 60-jahriger straffrei nach DE zurück?) Das bleibt abzuwarten.
‚Geniale Betrüger‘ stellt den Fall Wirecard ausführlich und verständlich anhand zahlreicher Quellen und Belege Stück für Stück dar. Dabei werden zum einen die Machenschaften innerhalb des Konzerns als auch das Versagen der Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsräte, politischen Institutionen und Analysten beleuchtet und die Verflechtungen Wirecards in politische Kreise, zu anderen Unternehmen und zu diversen Geheimdiensten untersucht. Auch wenn einiges auch zum Ende des Buches aufgrund der laufenden Ermittlungen noch nicht aufgeklärt ist, so gibt es doch zum aktuellen Stand einen guten Überblick. Für jeden, der sich für wirtschaftliche Themen und Zusammenhänge interessiert, ist dieses Buch sehr zu empfehlen.
Hm, ich habe in der Zwischenzeit weitere Bücher über Wirecard gelesen und streue Asche auf mein Haupt, ändere meine Einschätzung und finde dieses ist bis jetzt das Beste: + Flüssig geschrieben + keine unnötige Wiederholungen
Inklusive Schilderung der + Gefälschten Banksaldobestätigungen der philippinischen Banken und der Scharade bei dem Vorort-Besuch in Manila + Tatsache, dass die FW-Kundeneinlagen der beiden Banken wesentlich tiefer lagen als die angeblichen Euro-Guthaben von Wirecard + Tatsache, dass der Prüfer schlussendlich (doch noch) Testüberweisungen über jeweils € 110 m einforderte, welche diese 'Eiterbeule' schliesslich zum Platzen brachte.