Kann man sich totstellen, um der sicheren Erschießung zu entkommen? Einen Fluch unschädlich machen, indem man die Tür verriegelt? Den Abschied vergessen und Gefühle auf Leinwand bannen? Kira erzählt ihre Familiengeschichte. Eine Geschichte von Aufbrüchen und Verwandlungen, von Krokodilen und Papierdrachen.
Die junge Künstlerin Kira lebt mit Marc und dem gemeinsamen Sohn Karl in Berlin. Sie gibt Malkurse für Kinder, hat lange nicht ausgestellt, lange nichts gemalt – und zweifelt. Ihre Beziehung zu Marc ist sprach- und berührungslos. Ihre leicht verrückte Freundin Nele fragt manches, versteht viel und lacht gern, während Kira glaubt, in die Zukunft zu sehen und die Vergangenheit zu erfinden.
In den neunziger Jahren ist sie mit ihren Eltern aus Moldawien nach Deutschland gezogen, irgendwo angekommen ist aber keiner in ihrer russisch-jüdischen Familie. Kira betrachtet nicht nur das eigene Leben, mitunter zynisch und distanziert, sondern auch das ihrer Vorfahren, die sie teilweise nur von Fotos kennt. Sie reist nach New York, Israel und Moldawien, versucht, die Geschichten zu begreifen und in ihren großformatigen Bildern zu verarbeiten.
Marina Frenk findet eine frische, bilderreiche und sehr körperliche Sprache. Ihr eindrückliches, raffiniert gebautes Debüt ist ein Buch über Familie und Herkunft, über Eltern- und Kindschaft. Es ist ein heutiger Künstlerinnenroman und vor allem auch der Roman einer Liebe.
Ein flotter, kurzweiliger Roman auf autobiografischer Grundlage der Autorin, die eigentlich Schauspielerin und Musikerin ist. Marina Frenk schreibt sehr offen über acht Jahrzehnte ihrer Familiengeschichte und ihre Träume.
Kira wohnt mit ihrem 5-jährigen Sohn Karl in Berlin. Sie ist eigentlich Künstlerin, malt aber nicht mehr, sondern arbeitet als Zeichenlehrerin. Karls Vater wohnt auch mit in der Wohnung, aber die Beziehung der beiden scheint gestört, sie treten nur noch in ihrer Funktion als Eltern auf, reden kaum miteinander. Kira geht es mit der Situation schlecht, sie leidet unter Depressionen und verletzt sich immer wieder selbst. Das Buch erzählt aber nicht nur Kiras Geschichte, sondern auch die ihrer Vorfahren in Osteuropa, die Kira tief in sich trägt, wie eine Last, die ihr Leben zusätzlich erschwert. die einzelnen Sequenzen führen an viele Orte: Köln, Berlin, Hiddensee, in die Ukraine, nach Chisinau (Moldawien) , nach Tadschikistan, nach Russland, nach Haifa (Israel), nach Brooklyn. Anfang der 90er kam Kira mit ihren Eltern aus Chisinau nach Deutschland, ein Land mit turbulenter Geschichte: einst unabhängig als Bessarabien, dann zu Rumänien gehörend, war es nach dem zweiten Weltkrieg Teil der Sowjetunion und wurde erst 1991 als Moldawien unabhängig. Das Buch hat ernstzunehmende Themen wie Entwurzelung, Depression, die Suche nach Identität, die Last von Familien, das Verlorengehen, Krieg. Die Last merkt man dem Buch an, es ist manchen Stellen schwergängig zu lesen und fordert den Leser bei der Lektüre. Ich habe es trotzdem gerne gelesen, weil die Sprache wahnsinnig schön ist, weil Marina Frenk ganz besondere Sachen einfängt und weil ich einiges gelernt habe über Moldawien.
Man muss schon genau hinhören um die Wucht der Aussagen wirklich mitzubekommen. Das Buch schlängelt sich durch die Familiengeschichte. Geschichten von Flucht und Ankommen und wieder Flucht aus einem Land, das es gar nicht gibt und doch Heimat ist. Die Erzählerin ist geprägt von den Flucht ihrer Generationen und wagt es gar nicht erst anzukommen im Leben, in der Bezieung oder im Muttersein. Es ist nicht immer ganz einfach die Perspektivwechsel mit zubekommen, und dann die lapidar daherkommenden Aussagen, die einen bis ins Mark treffen können. Nachdem man sich gut eingefunden hat in Kiras Familie und durch die Geschichte mäandert ist, gibt es leider ein abruptes Ende.
Die Künstlerin Kira lebt mit Partner und Sohn in Berlin. Sie ist mit ihren Eltern aus Moldawien nach Deutschland gezogen. Sie ist angekommen und befindet sich doch weiter auf der Suche nach ihrer Identität. Der kurze Roman wird in Vignetten erzählt, die die verschiedenen Zeitebenen, aber auch die vor Phantasie sprudelnden Gedanken der Ich-Erzählerin widerspiegeln. Es wimmelt nur so von skurrilen Momenten, beispielsweise während der Ausreise ein Gespräch um die kindliche Frage, ob es in Deutschland Toiletten gebe, das mit einem Loblied auf die deutsche Kanalisation endet. Das Hören bedarf der vollen Aufmerksamkeit, um keines der besonderen sprachlichen Bilder zu verpassen. Doch das fällt bei der angenehmen Vortragsweise der Autorin nicht schwer. Mich hat diese ungewöhnliche Familiengeschichte sehr berührt.