Ibiza-Affäre. BVT-Skandal. Postenschacher. Mitglieder der Parteispitze, die als Beschuldigte geführt werden. Die türkise „Familie“ ist in eine lange Liste an Skandalen involviert. Doch es sind keine isolierten Geschehnisse, sondern Symptome eines Projekts, das seit Jahren im Hintergrund läuft: der schleichende Umbau der Republik Österreich nach Orbánschem Vorbild. Peter Pilz legt ein detailliertes Panorama der aktuellen österreichischen Politik vor. Er zeichnet Sebastian Kurz’ Weg an die und an der Macht nach und zeigt kenntnisreich, wie deren Absicherung durch enge Verflechtungen der ÖVP mit Medien, Justiz, Nachrichtendienst, Wirtschaftsmagnaten und potenten Spendern gelingt. Schicht um Schicht enthüllt sich dabei ein mitunter verstörendes politisches Sittenbild, das uns vor Augen führt, dass sich auch in Österreich die Zukunft Europas entscheidet.
From 1986 to 2017 he was a member of the Austrian Green Party. In 2017 he started his own party Liste Peter Pilz / JETZT and got elected into parliament. In 2019 the party wasn't elected into parliament anymore.
In 2005 he called for Arnold Schwarzenegger to be stripped of the Austrian nationality.
After his parliamentary career he started the website ZackZack.at
Es wurde ja auch Zeit, dass endlich jemand über die im sogenannten „Ibiza Untersuchungsausschuss“ aufpoppenden Skandale, Netzwerke und Korruptionsaffären ein übersichtlich strukturiertes, gut recherchiertes Buch mit fundierten Quellen schreibt, und das hat unser österreichischer Paradeaufdecker Peter Pilz mit Kurz – ein Regime genauso abgeliefert, wie wir es von ihm erwartet haben. Was aber zudem noch verblüfft, ist der Umstand, dass das ganze Werk so spannend geschrieben ist, wie ein John Grisham Roman. Da muss ich der Kritikerin Rotraud Schöberl, die das genauso im Puls 4 Frühstücksfernsehen gesagt hat, mit jedem Wort Recht geben. An dem Herrn Pilz ist ein Kriminalschriftsteller verloren gegangen, obwohl, in der Pension kann er sich dahingehend sogar noch umorientieren. Dieser Umstand hatte zu Folge, dass ich an einem Urlaubstag frühmorgens anfing und das Buch einfach nicht mehr weglegen konnte, bis es fertig war. Durch ganze 234 Seiten habe ich mich in ein bisschen mehr als einem halben Tag gierig durch diesen Pageturner gefressen.
Großartig werden vor allem die Netzwerke, Bespitzelungen und Füllung der Giftschränke mit kompromittierendem Material von der damals noch kleinen Truppe um Sebastian Kurz bereits ab 2014 (man höre und staune 2014!!!) beleuchtet und wie der heutige Kanzler mit einer kleinen Riege von Vertrauten den Umsturz von langer Hand geplant hat. Dabei ging es nicht nur um politische Gegner, sondern auch um Parteikollegen aus der ÖVP, gegen die Munition gesammelt wurde. Habe ich ja schon im Mitterlehner Buch diese Informationen aus der Sicht eines Betroffenen, der von der Intrige letztendlich doch etwas überrascht wurde, gelesen, so kommt nun natürlich durch die intensive Auswertung der Chatprotokolle von vielen Politikern heraus, wie genau, umfassend und mit wieviel Power dieser Putsch organisiert und auch gleich vorzeitig (also bevor man überhaupt in der Regierung war) die Posten und die Ämter der Republik verteilt wurden. Dabei spielen dann nicht nur die Politiker im Vordergrund eine Rolle, sondern auch die Akteure und korrupten Netzwerke im Heeresnachrichtendienst, im BVT, in der Justiz und in den Aufsichtsräten der großen staatsnahen Betriebe und in den Medienunternehmen.
Selbstverständlich werden auch die Verfehlungen von Strache und Kickl genau beschrieben, aber nachträglich betrachtet hat Strache Recht gehabt, erstens waren diese der ÖVP zumindest dem Umfeld von Kurz schon länger bekannt und zweitens sind sie wirklich läppisch und nur die Spitze des Eisberges im Gegensatz dazu, was sich die türkise Truppe in allen Bereichen des Staates und der Aushebelung der demokratischen Institutionen geleistet hat.
Da wird einem wirklich angst und bange, wie nicht nur die Exekutive mit ihren ermittelnden Behörden, sondern auch die Gesetzgebung mit den Richtern systematisch umgefärbt werden. Die von den Türkisen als sozialistisch eingefärbt bezeichnete Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde übrigens von der EU initiiert, da bei uns in Österreich die Behörden zu sehr von den Weisungen der Minister abhängig sind. Gäbe es die derzeit immer im Kreuzfeuer stehende WKSTA nicht, würden sich jede korrupte Regierung durch Weisungen selbst kontrollieren. Aber auch so werden die Verfahren behindert und verschleppt, indem Hausdurchsuchungen der unabhängigen Behörden durch neue Gesetze eine Woche im Voraus dem Ministerium gemeldet werden müssen, was halt auch immer wieder durchgesickert ist und indem der WKSTA laufende Verfahren weggenommen werden. Klar ist diese von der EU initiierte Behörde im Kreuzfeuer, denn sie ist die Einzige, die unabhängig und ohne Einmischung der Exekutive noch ermitteln kann. Wenn man nach der Lektüre dieses Buches draufkommt, wie sehr Medien, Betriebe und Justiz schon korrumpiert sind, steigen jedem Demokratieverteidiger die Grausbirnen auf. Im Klappentext steht, dass all diese im Sachbuch genau aufgedeckten und gut recherchierten Skandale wie Ibizza Affäre, BVT-Skandal, Postenschacher … Symptome und Arbeitsschritte eines Projektes sind, das seit Jahren im Hintergrund läuft: Der schleichende Umbau der Republik Österreich nach Orbánschem Vorbild.
Gut ist auch, dass Peter Pilz mittlerweile sehr parteifrei agiert, denn er spart auch nicht mit harscher Kritik an den Sozialisten, die das Anfüttern der Medien, insbesondere des Boulevards durch Inserate eigentlich erfunden haben. Auch die Grünen bekommen selbstverständlich ihr Fett ab, weil sie sich unter den eigenen Augen die noch immer kämpfende und mit ein bisschen Unabhängigkeit durchsetzte Justiz aushebeln lassen. In dem ganzen Werk gibt es aber nicht nur die üblichen polemischen Ausritte, die man von Peter Pilz im Parlament gewohnt ist, sondern jede einzelne Aussage ist ordentlich mit Quellen aus Protokollen des Untersuchungsausschusses und anderen intensiven Recherchen belegt.
Ach ja für den normalen, nicht intensiv politisch an Österreich interessierten Deutschen geht dieses Sachbuch in eine Detaillierungstiefe, die dann auf jeden Fall überfordert. Man sollte schon live und laufend seit 2014 die Zeitungen und andere Medien inklusive der Skandale und Beschwichtigungen mitgekriegt haben, sonst ist der quasi historische Nachrechercheaufwand zu umfangreich.
Auch wenn ich hier in meiner Rezension ein bisschen in den Zeiten herumspringe, so hat es Peter Pilz im Gegensatz zu mir geschafft, das ganze Geschehen auch sehr chronologisch aufzubauen, ohne natürlich auf die Hintergründe und Zusammenhänge zu vergessen. Er ist überhaupt so wie ich ein Fan der Struktur und hat sich bemüht, auch ein Personen- und Unternehmensnetzwerk rund um Sebastian Kurz zu zeichnen, führt jeden einzelnen Politiker, jeden Beamten und jede genannte Person in einem ausführlichen Namensglossar mit Funktion nochmals an und gibt in einer übersichtlichen Chronologie ab dem Jahr 2000 auch alle Minister und deren Parteien an, die das Ressort geführt haben, um auch dem Umstand zu begegnen, dass manche Politiker plötzlich so tun, als wären sie früher in den einzelnen Ressorts nicht verantwortlich gewesen.
Fazit: LEST DIESES BUCH! Ich empfehle es jedem Österreicher, weil es korrekt recherchiert, gut strukturiert, nicht zu kompliziert geschrieben und zudem auch noch spannend erzählt ist – ein richtiger Pageturner ist hier gelungen, der den Spagat zwischen sachlicher, umfassender und dadurch manchmal langwieriger Informationsvermittlung und Spannung perfekt hinbekommen hat. Wir müssen der Demontage des österreichischen Rechtsstaats und der Demokratie Einhalt gebieten, sonst wachen wir irgendwann in einer Diktatur auf.
Politische Bücher zum Zeitgeschehen zu bewerten ist schwierig. Wie geht man bei der Bewertung vor? Wie wichtig ist die Brisanz des Inhalts gegenüber Stil des Inhaltes?
Um es gleich vorwegzunehmen: Bei Themen, in denen es um die Integrität eines Staates bzw. der Gesellschaft geht ist der Inhalt (Fakten) weit wichtiger als die Form. Deshalb auch die 4*. Ich denke Peter Pilz ist mit seinem Werk sehr gut gelungen, ein wichtiges Thema (halbwegs) gut greifbar zu machen, trotz der Schwächen in diesem Buch. Dazu etwas später mehr. Bücher über zeitgeschichtliche Themen sind generell schwierig, da immer nur ein Teil der Fakten vorhanden ist. Nicht umsonst ist ein Historiker jahrelang mit Recherchen zu einem Thema beschäftigt, sei es im Archiv oder sei es mit Gesprächen mit Zeitzeugen. Das in diesem Buch aufbereitete Materie ist schlichtweg zu neu, als dass hier bereits ein umfassender Einblick möglich wäre, insbesondere die Zeit seit der zweiten ÖVP-FPÖ-Koalition 2017.
Aufgrund der Tragweite der Thematik ist es jedoch vielen Akteuren in den letzten Jahren gelungen, genügend Fakten zusammenzutragen, um ein erstes Sittenbild der Kurz-ÖVP zu ermöglichen. Und die ÖVP kommt da nicht gut weg - was aufmerksame Medienverfolger und Politikinteressierte nicht verwundern dürfte. Zahlreichen Qualitätsmedien, (Oppositions-)Politikern im U-Ausschuss, aber auch Whistleblowern aus den Ministerien und Behörden ist es zu verdanken, dass Peter Pilz (dessen Eigenrecherchen natürlich nicht unter den Teppich gekehrt werden sollen!) ein erschreckendes politisches Sittenbild zeichnen kann. Und weil ihm dies gelingt und die darin aufgezeigten Themen eigentlich jeden Staatsbürger die Zornesröte ins Gesicht treiben müssten gibt es 4*. Nebenbei kann das Werk womöglich (dann in aktualisierten Auflagen) in zehn, zwanzig Jahren in der Schule durchgenommen werden, um aufzuzeigen, wie Politik a) in der Realität aussehen kann und b) nicht aussehen dürfte. Quasi das Werk als warnendes Mahnmal gegen den Verfall der politischen Sitten und mehr.
Zu den Schwächen: Gerade im ersten Drittel fehlt ein wenig der rote Faden. Zwar wird durchgehend der Aufstieg bis zur Kanzlerzeit der Ära Kurz aufgezeigt, aber zu oft springt Peter Pilz hier zwischen den Jahren und Personen hin und her. Das mag für Politikinteressierte und aufmerksame Verfolger der Thematik weniger ein Problem sein als für den interessierten Laien. Als Einstieg in die gesamte Materie dient das Buch allein nämlich nur schwer. Zu wenig kennt der Laie die beteiligten Personen und deren Vita, die Funktionsweisen der Ministerien und Behörden. Dadurch verliert das Buch für den Laien wahrscheinlich an Charme, da er nicht alles hundertprozentig nachvollziehen wird können. Aber auch für Laien bleibt genug Offensichtliches übrig, um sich eine Meinung bilden zu können.
Was mich auch gestört hat ist die teils sehr polemische Sprache. Davon wird Peter Pilz als jahrzehntelanger Oppositionspolitiker zwar nicht mehr abrücken können (wäre insgesamt auch schade darum!), aber etwas weniger Polemik hätte die starken inhaltlichen Argumente und Fakten nicht weniger stark für sich sprechen lassen.
Für diejenigen, welche die Person Kurz seit Jahren verfolgen wird das Buch zwar wenig Neues bieten, Peter Pilz gelingt es aber trotz des erwähnte roten Fadens insgesamt einen zwar etwas chaotischen, aber umfassenden Gesamtüberblick über den Status Quo zur Zeit der Drucklegung zu geben. Deshalb sind die 4* dann insgesamt doch verdient.
Sehr guter, ausführlichst recherchierter Überblick auf das, was in Österreich politisch passiert. In dieser geballten Sicht tun sich Abgründe auf. Nach der Lektüre von Natascha Strobls " Radikalisierter Konservatismus" kann man hier die Live - Performance in Österreich nachlesen. Nicht angenehm, aber wichtig.
Definitiv kein quick read, vor allem wenn man noch nicht mit österreichischer Politik, wichtigen Institutionen oder Unternehmen vertraut ist. Ob der vielen Personen, deren Namen ich vorher selten bis nie gehört hatte, auf die aber immer wieder Bezug genommen wurde, musste ich häufig das Personen-oder Abkürzungsverzeichnis nutzen (smarte Idee des Autors, überhaupt eines anzufügen). In erster Linie ist dies aber eine wirklich fantastische & detaillierte Aufarbeitung diverser Skandale, Netzwerke & Korruptionsaffären rund um Kurz und dessen türkise Familie. Sauber recherchiert & strukturiert bietet Peter Pilz damit insgesamt nichts weniger als eine absolut spannende & überaus lehrreiche Darstellung eines Autokraten, der seinesgleichen sucht.
inhaltlich wichtig, stilistisch kaum lesbar. (wirre struktur, charaktere und sachverhalte werden nur dürftig eingeführt, dazwischen immer wieder werbung für zackzack)
Wenn auch nur die Hälfte davon stimmt, haben wir ein Riesenproblem...
Sehr informativ, wenn man sich einen Überblick verschaffen will. Die Struktur ist teilweise etwas verwirrend, vor allem gegen Ende, aber trotzdem absolut lesenswert. Mal sehen, ob es wieder in den Verkauf kommt...
Kurz - Ein Regime ist nicht viel mehr, als eine Zusammenfassung aller möglichen (und unmöglichen) Ereignisse in einer Politik-Laufbahn eines jungen Politikaufsteigers. Mit Verfahrungen, Einlenkungen und Vorbereitungen die weit über einen Wahlkampf hinaus schlagend werden. Es handelt sich primär um eine Aufzählung von Planungen, Verfahren und Skandalen rund um Kurz, allesamt belegt durch mittlerweile bis zum Veröffentlichungszeitpunkt veröffentlichten Statements, Meldungen und Ermittlungen.
Trotzdem das Buch von Peter Pilz geschrieben wurde, den man wohl kaum als einen Kurz Freund bezeichnen kann, bleiben die Schilderungen durchwegs sachlich, eher fragend und herausfordernd wie es zu manchen wenig nachvollziehbaren Entscheidungen rund um die Politikerlaufbahn von Sebastian Kurz kommen konnte. Ein guter Punkt um sich seine eigenen Fragen zu stellen - auch wenn natürlich für alle angeführten Personen in diesem Buch (vielleicht noch) die Unschuldsvermutung gilt.