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The End of Illusions: Politics, Economy, and Culture in Late Modernity

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We live in a time of great uncertainty about the future. Those heady days of the late twentieth century, when the end of the Cold War seemed to be ushering in a new and more optimistic age, now seem like a distant memory. During the last couple of decades, we've been battered by one crisis after another and the idea that humanity is on a progressive path to a better future seems like an illusion.

It is only now that we can see clearly the real scope and structure of the profound shifts that Western societies have undergone over the last 30 years. Classical industrial society has been transformed into a late-modern society that is molded by polarization and paradoxes. The pervasive singularization of the social, the orientation toward the unique and exceptional, generates systematic asymmetries and disparities, and hence progress and unease go hand in hand. Reckwitz examines this dual structure of singularization and polarization as it plays itself out in the different sectors of our societies and, in so doing, he outlines the central structural features of the the new class society, the characteristics of a postindustrial economy, the conflict about culture and identity, the exhaustion of the self resulting from the imperative to seek authentic fulfillment, and the political crisis of liberalism.

Building on his path-breaking work The Society of Singularities, this new book will be of great interest to students and scholars in sociology, politics, and the social sciences generally, and to anyone concerned with the great social and political issues of our time.

191 pages, Kindle Edition

First published October 27, 2019

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About the author

Andreas Reckwitz

20 books67 followers
Andreas Reckwitz is a German sociologist and cultural theorist. He is professor at the institute of social sciences at Humboldt University Berlin.

Reckwitz studied sociology, Political science and philosophy in Bonn, Hamburg and Cambridge. He graduated 1994 in Cambridge, overseen by Anthony Giddens. He achieved his Dr. phil. in 1999 at Hamburg University. From 2001 to 2005 he worked there as assistant professor at the sociological faculty. In 2005 he became professor for sociology and sociology of culture at Konstanz University, 2010 professor for sociology of culture at the Viadrina European University in Frankfurt (Oder). In 2020 Reckwitz became professor for sociology and sociology of culture at Humboldt University in Berlin.

Reckwitz is a prominent proponent of social practice theory and contributed to its development as an encompassing social and cultural theory. This serves as basis for his works on subjectivation, creativity and singularization of the social life.

In 2017 he published his work on the structure of the current late modern society ,Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, which was published in English in 2020 as The Society of Singularities. In this book he analyses how economy, work, information technlogy, lifestyle, classes and politics follow a system which values singularity and devalues non-sigularity.

Reckwitz wrote several articles for the newspaper Die Zeit and appeared as an interview partner on the German national radio Deutschlandfunk Kultur discussing current socio-cultural and political trends and issues in western societies.

In 2019 Reckwitz was awarded the Gottfried Wilhelm Leibniz Prize of the German Research Foundation.

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Profile Image for Anna Carina.
682 reviews339 followers
April 12, 2023
5 sehr gut strukturierte Aufsätze, die ohne unnötige bildungssprachliche Begriffe auskommen. Klar, präzise und direkte Definition der Begriffe oder Wortschöpfungen die verwendet werden.
Der Mann ist Balsam für die Nerven mit seiner unaufgeregten Analyse.
Kurzzusammenfassung: Reckwitz=toller Typ 😬.

Die desillusionierte Gesellschaft
Die Enttäuschung über den begrenzten Realitätsgehalt des liberalen Fortschrittsideals.
Ein Grund warum Dystopien so beliebt sind :-) Er geht im späteren Verlauf auf 6 Mechanismen der Enttäuschungsproduktion genauer ein.
Aktuelle Reaktion der Gesellschaft: Vieles schlägt in pauschale Kritik um - haltlose Generalabrechnungen der Gegenwart- ein Gefühl der Ausweglosigkeit - der Strohhalm der Nostalgie
Hier gibt es bereits schon etliche Ähnlichkeiten zur Analyse der Autoren aus Gekränkte Freiheit - Aspekte des libertären Autoritarismus, dessen Lektüre ich als Ergänzung im Rahmen eines Spezialsymptoms der Krise unseres Paradigmas empfehle.
Später im Buch, schreibt er über das Agressions/- und Depressionsproblem unserer Gesellschaft und was wichtig ist: Ambiguitätstoleranz, Aushalten von Widersprüchen, Strategie die eine stärkere Distanz zu den eigenen Emotionen übt, eine ökologische Lebensform im Verhältnis zu den endlichen Ressourcen des Subjektes (müssen wir zum Thema Klima eh üben)

Reckwitz geht in diesem Buch von der spätmodernen Gesellschaft der Singularitäten aus, die sich in den 70er Jahren herausbildete und sich in den 90er zur vollen Reife entfaltete. Die Kultur des Besonderen und Einzigartigen wird zelebriert.
Er geht sehr ausführlich auf die Unterschiede zur Gesellschaft der Moderne seit den 50ern ein und wie es zur Transformation der spätmodernen 3 Klassengesellschaft (neue Mittelklasse, alte Mittelklasse, Prekäre Klasse) gekommen ist und welche Dynamiken sich daraus ergeben.
Er setzt die 3 Klassen Struktur mit gesellschaftlich relevanten Unterscheidungen: Männer/Frauen , Einheimisch/Migrant und Stadt/Land in Beziehung.
Es wird klar, wir haben eine Gesellschaft, die sich in etliche verschiedene soziokulturelle Mileus aufdröseln lässt.
Dazu kommen zwei gegensätzliche Sichtweisen was Kultur bedeutet: Hyperkultur und Kulturessenzialismus
..."kollektiven Identitätsbewegungen...das Medium in dem die Deklassierten, Entwerteten, Gekränkten, die in ihrer Wahrnehmung zu Unrecht um sozialen Status und kulturellen Einfluss betrogen sind, sammeln."

... " sobald sie einander (Hyperkultur und Kulturessenzialismus) als konträre Weisen des Umgangs mit Kultur wahrzunehmen beginnen, sehen sie sich in ihrer Grundlage bedroht... es kommt zu überraschenden Schulterschlüssen im gemeinsamen Kulturkampf gegen das Außen der Hyperkultur"


Die alte Industrieökonomie, der Fordismus ist abgelöst, durch kognitiven und kulturellen Kapitalismus . Durch Sättigungs-/ und Stagnationskrise ( seit 70er Abdeckung des Grundkomforts, der Grundbedürfnisse und Stagnation der Produktivität, Innovation und Arbeitsorganisation) ist der kognitive/kulturelle Kapitalismus der Ausweg.
Daraus folgt: Digitale Revolution - Globale Produktionsnetzwerke - Umstellung auf Wissensarbeit/Dauerinnovationen- Expansion einfacher Dienstleistungen- polarisierter Postindustrialismus - Kulturelle Güter sind Wissensgüter besonderer Art - Ökonomisierung des Sozialen.
Reckwitzt arbeitet die Asymmetrien, die Gewinner und Verlierer dieser Form des Kapitalismus wunderbar heraus.
Thematisiert wird des weiteren die Positivkultur der Emotionen und der Mangel an legitimen Methoden mit deren Schattenseiten umzugehen.
" Das nach Innen gerichtete Streben nach Selbstentfaltung und das nach Außen gerichtete Streben nach gesellschaftlichem Erfolg, sind in der spätmodernen Subjektkultur auf das Engste miteinander verzahnt. Das spätmoderne Subjekt ist weder Hippie noch Anarchist, es ist Realist."


Sooo und jetzt wird's interessant:
Habt ihr bisher irgendwas vom bösen Neoliberalismus gelesen? Irgendwas von Gut gegen Böse, Rechts gegen Links?
Egal wo ich hinschaue wird ein Giftpfeil nach dem anderen in die ein oder andere Richtung geschossen. Alle Sachbücher, die ich zuletzt las (Gekränkte Freiheit ausgenommen) argumentieren in diesem Duktus.
Ihr habt's nicht gelesen, weil diese Kategorisierungen nix taugen, wenn man verstehen will, was grad abgeht.
Wir befinden uns einer Übergangsphase eines Paradigmenwechsels
Seit den 80ern besteht das Paradigma eines öffentlichen Liberalismus: strebt ökonomisch und kulturell eine Öffnung und Dynamisierung an. Dieses Paradigma steckt in einer ernsthaften Krise. Die populistische Revolte ist ein Symptom davon.
Und dass es in einer Krise steckt ist völlig Normal!
Es ist eine politische Paradoxie: etwas das erfolgreich besteht, schafft irgendwann neue Probleme, zu deren Lösung es nicht mehr in der Lage ist. Wir sprechen hier immer von 3 Problemkomplexen, die miteinander verknüpft sich und sich nicht aufeinander reduzieren lassen: sozioökonomisch, soziokulturell, demokratiepraktisch.
Ein Paradigma muss also in allen 3 Bereichen eine Lösung liefern, damit es funktioniert.
Der Neoliberalismus ist seit den 80er die Antwort auf den sozioökonomischen Bereich, der Linksliberalismus die Antwort auf den soziokulturellen Bereich.
Beide haben sich immer weiter radikalisiert. Zudem löst sich die Demokratie von der engen Kopplung an nationale "Demos", zugunsten eines Geflechts supranationaler, subpolitischer Akteure ( Weltbank, NGO's, Europäische Kommision, Grundsatzentscheidungen in der Justiz) und wir landen mit dem Komplex in der Krise der Überdynamisierung
Jedenfalls hat der Populismus die Krise erkannt und liefert Antworten in allen 3 Bereichen, während Rechts uns Links sich weiter bezichtigen, statt die Krise anzuerkennen und an Antworten zu arbeiten.

Was müssen wir in unsere Köpfe bekommen?
"Die spätmoderne Gesellschaft ist keine Gemeinschaft, kein homogenes Kollektiv. Sie ist in Lebensstilen pluralisierend, Klassen stratifiziert und multiethnisch."
Also von einer "Neuen Gemeinschaft" zu faseln oder einer "Steuerungs- und Planungsphantasie" durch staatliche Regulierung zu erliegen, bringt uns nicht weiter.
Wir brauchen die
"Konstitution eines Gesellschaftlichen Allgemeinen, das sich inmitten der sozialen Unterschiede und kulturellen Heterogenität behauptet... einen regulativen Liberalismus der sich in einem doppelten Spannungsfeld zwischen kollektiver Akzeptanz und Heterogenität, zwischen Universalismus und Nationalkultur bewegt".


Der Begriff des Fortschritts braucht eine Revision!
Egal wie das neue Paradigma aussehen wird: Wir müssen mit einer Verlusterfahrung rechnen
Der Westen verliert Hegemonie und das Privileg auf Wohlstandsanhäufung ( Hierzu kann ich die Bücher von Frank Sieren über China oder auch das aktuelle Interview mit ihm in Jung und Naiv empfehlen) und da war auch noch was mit Klimawandel....
Profile Image for Frank.
588 reviews119 followers
July 25, 2021
Mit diesen 5 Aufsätzen hat sich Andreas Reckwitz aus meiner Sicht endgültig in die Reihe 1 der deutschen (und vielleicht nicht nur der deutschen) Soziologie eingeschrieben. Materialreich und dicht sowohl im theoretischen Absatz wie in den Schlussfolgerungen/ Wertungen bietet der Band überzeugende Orientierungshilfen, wenn es darum geht zu verstehen, was heute um uns herum abläuft. Ausgehend von seiner Unterscheidung der Kulturalisierung I (=globale Kultur als Reservoir der Vermarktung) und Kulturalisierung II (=Kulturessentialismus im Sinne von "Identität") untersucht Reckwitz die Konflikte, die sich entlang dieser Bruchlinien ergeben. Dabei sieht er in der Schwäche eines auf die Diversität von "Lebensstilgruppen" abhebenden postindustriellen Kapitalismus, der unfähig sei, "etwas kollektiv geteiltes Wertvolles und Erstrebenswertes für alle verbindlich zu machen" (S. 54), den Grund für die Attraktivität einer Essentialisierung von "Kultur", "Identität", "Hautfarbe", "Nationalität" usw. Indirekt wird also auch hier die „Lifestyle- Linke“ (Wagenknecht) für den Aufstieg von AfD, Front National, Orban usw. verantwortlich gemacht.
Allerdings sieht Reckwitz darin nicht das letzte Wort des aus seiner Sicht anstehenden Paradigmenwechsels des Politischen. Vielmehr ginge es um eine Rückeroberung universeller kultureller Werte, wie sie exemplarisch in der deutschen Klassik (Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen) entwickelt worden seien. Mithin geht es darum herauszufinden, was „kulturell für alle gilt und gelten sollte“ (S. 57). Interessant angesichts der aktuellen Diskussion um die Rückgabe von kolonialer Raubkunst ist die Verortung dieser Aushandlung z.B. in Museen. Wäre es da nicht besser, anderen Ländern europäische kulturelle Werte zur Verfügung zu stellen, als ihnen das Eigene (was ist das nach 200 Jahren?) zurück (wem?) zu geben? Jedenfalls sieht Reckwitz in dem Kampf um die also „Kulturalisierung III“ genannten Auseinandersetzungen um das wirklich Universale der Kultur vor allem das Bildungswesen gefordert. Ok, das kann man einen frommen Wunsch nennen, dass es ums aufgeklärt Universale gehen müsste, steht m.E. dennoch außer Frage.
Kritik an seinem Singularitäten- Buch aufnehmend, arbeitet Reckwitz in dem zweiten Aufsatz heraus, dass – entgegen anderslautender Behauptungen – „die kulturellen Lebensformen nicht gleichberechtigt“ seien, sondern sich aufgrund nicht zuletzt der „ungleichen Ressourcenverteilung“ hinsichtlich ihrer „Lebenschancen, Lebensgefühle und ihres gesellschaftlichen Prestiges erheblich voneinander [unterscheiden]“ (S. 67). Hier kommen Überlegungen zum Klassismus ins Spiel, indem für die spätmodernen Gesellschaften des Westens eine Oberklasse (lebt von der Kapitalrente) von einer neuen und alten Mittelschicht und der prekären Unterschicht (kann nur das kurzfristige Überleben planen) unterschieden werden. Obwohl Reckwitz allen gesellschaftlichen Gruppierungen Aufmerksamkeit widmet und vielfältige (hier nicht darstellbare) Differenzierungen herausarbeitet, liegt sein Hauptaugenmerk doch auf der „neuen Mittelschicht“ der hochgebildeten urbanen Intelligenz, die er als Träger sowohl der kulturellen als auch der ökonomischen Prozesse im postindustriellen Kapitalismus beschreibt. Besonders in der Mittelschicht würden Muster „symbolischer Auf- und Abwertung“ (S.89) sichtbar, was die Ängste der abstiegsbedrohten und auf jeden Fall unter dem Verlust an Sozialprestige leidenden alte Mittelklasse (kleine Angestellte, Fach- Arbeiter, Handwerker usw.) motiviert, für die in Deutschland die AfD das Auffangbecken bildet. Einleuchtender ist mir noch nicht vorgeführt worden, woher der Zulauf für die AfD gerade in den zu urbanen Zentren peripher liegenden Klein- und Mittelstädte kommt.
Spannend mit Blick auf die Diskussionen um das Wagenknecht- Buch „Die Selbstgerechten“ ist der von Reckwitz gut begründete Versuch, anstelle des Rechts- Links- Schemas die darunter liegenden paradigmatischen Gegensätze offener und deregulierter (kosmopolitisch- entgrenzter) Dynamisierungsgesellschaften und solcher eher geschlossener und auf Ordnung und Begrenzung bedachter kommunitarischer Formationen herauszuarbeiten. Hier finden sich die klassische CDU/ CSU mit der SPD, der SED und Roosveld in einem ordoliberalen Feld, wohingegen die Grünen, Teile der Linken und die FDP zum linksliberalen Feld tendieren. Sichtbar wird, dass Wagenknecht als Anhängerin eines zumindest zu regulierenden und damit national wieder einzuhegenden Kapitalismus aus der Perspektive von Globalisierern und traditionellen (?) Internationalisten als „rechts“ gelten kann, was die Allianz von Teilen der Linken mit dem grünen bürgerlich- liberalen Mainstream offenlegt. Wagenknecht würde Reckwitz beipflichten, der zusammenfasst: „Der linksliberale Kosmopolitismus der neuen Mittelklasse steht der neuen Unterklasse dabei lebensweltlich wie politisch denkbar fern.“ (S. 107) Daher fehlt auf Seiten sowohl von Teilen der Grünen als auch der Linken der Blick für die soziologische Tatsache einer „Segregation zwischen Einheimischen und Migranten“, die oft die „Form von Statuskonkurrenz“ annimmt, da „Einheimische und migrantische Angehörige dieser Klasse […] um die gleichen einfachen Arbeitsplätze sowie um staatliche Leistungen, Sozialwohnungen und ganz allgemein um ‚Respekt‘ angesichts der eigenen prekären Situation [konkurrieren].“ (S. 117)
Der dritte Aufsatz behandelt Probleme des Strukturwandels vom industriellen zum postindustriellen Kapitalismus und arbeitet heraus, wie die „Selbstverwirklichungsrevolution“ (S. 151) der Nach- 68er- Jahre im Zusammenspiel mit der Sättigungskrise zur (erfolgreichen) Suche nach neuen Produkten und Märkten führte. Indem die allumfassende „Kulturalisierung“ zu einer Valorisierung (In- Wert- Setzung) von allem und jedem (Liebe= Attraktivitätsmarkt auf Tinder & Co.; Wissen=Traditionsuniversität mit Spitzenranking; Wohnen=Städte und Stadtviertel mit Erlebniswert etc. pp.) führte, konnten Märkte für Kulturprodukte entstehen, deren Preise jenseits der klassischen Wert- Theorien kein Maß in der Aufwendung an Arbeitszeit oder Material, sondern am immateriellen „Prestige“ (Marken, Erlebniswert, Ästhetik usw.) finden. Dafür ist ein ständig steigendes Maß an Kreativität erforderlich, das entsprechende Berufe, die dem „kognitiv- kulturellen Kapitalismus“ (S.157) zugeordnet werden können, im Prestige und der Entlohnung steigen lässt. Umgekehrt bedarf die Entfaltung dieser Potentiale eines dahinterstehenden Dienstleistungsproletariats, das die „Kreativen“ von den Alltagssorgen (Pflege, Essen, Reinigung usw.) entlastet, also zwar notwendig, der geringen bildungsmäßigen Anforderungen wegen aber wenig geachtet und daher schlecht bezahlt ist. Entlang dieser Bruchlinie verläuft also eine Konfliktlinie (Gelbwesten!), während eine andere eher global zu verorten ist: „Der neue kognitiv- kulturelle Kapitalismus des Westens und der neue Industriekapitalismus des globalen Südens sind also komplementäre Phänomene.“ (S. 163) Diese Einsicht zielt auf den Selbstbetrug der europäischen Grünen, die in ihrer Lebensweise ein immer größeres ökologisches Potential ausmachen, das sofort verpufft, wenn man es in Relation zu dem bloß ausgelagerten (und also unsichtbar gemachten) Rohstoff- und Umweltverschleiß in anderen Ländern setzt. Der vorrangige Konsum von kulturellen Prestige- Gütern, zu deren „Wert“ auch ihre Singularität, Rarität und Exklusivität gehören, täuscht daher nur vordergründig über die oft verdrängte Tatsache hinweg, dass die neue Mittelschicht wie die alte extensive Trägerin eines enthemmten Konsumkapitalismus ist.
Im vierten Aufsatz widmet sich Reckwitz unter dem Stichwort „Erschöpfte Selbstverwirklichung“ der Frage, woher trotz aller positiver Lebenslügen die vielen Symptome psychischer Überforderung kommen. Ein Grund ist die permanent im Hintergrund der eigentlichen Arbeit ablaufende „Statusarbeit“ (S.216), also das Bemühen und Sichtbarkeit und Singularität (Instagram, TikTok usw.). Damit hat die Wettbewerbsstruktur der ökonomischen Sphäre endgültig den Bereich des Privaten und Intimen erreicht. Bei dem notwendigen Spagat zwischen Kreativität und Selbstverwirklichung (Künstler) und Erfolg und Status (Bürger) sind Abstürze und enttäuschte Hoffnungen vorprogrammiert, da die neuen Märkte „Winner-take-it-all-Märkte“ sind, d.h. erfolgreich sind immer nur die zuerst Erfolgreichen und niemals die, die nur hinterher kommen. Damit ist das Kreativitäts- Paradigma auch in eine zeitliche Dimension eingebunden, volkstümlich gesagt bringt der Zeitmangel Zeitverdichtung und also Stress und Überforderung hervor. Das Ganze wird übrigens psychologisch einsichtig motiviert- erstaunlich für einen Soziologen sind die Fingerzeige auf Potentiale einer auf Selbsterkenntnis gerichteten Psychoanalyse im Gegensatz zur positiven Psychologie amerikanischer Prägung, die – wie Reckwitz beiläufig bemerkt - als notwendiges Korrektiv eines europäisch- westlich missverstandenen Buddhismus, der Yoga- Techniken usw. als Einübung in eine Art Stoizismus des Aushaltens bedarf.
So weit so schlecht. Im fünften Aufsatz widmet sich der Autor möglichen Lösungen und Perspektiven und geht dabei von der historischen Gewissheit aus, dass Krisen, Gewalt und andere Erschütterungen nur einen neuen politischen Paradigmenwechsel ankündigen. Sein Beispiel ist der Übergang vom Ordnungs- zum Dynamisierungsparadigma in den 60er/ 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts, der neben den Studentenunruhen immerhin bis zum deutschen und italienischen Terrorismus geführt hat. Was steht heute an? „Es ist zu vermuten, dass die auf dieses Paradigma folgende Regierungsweise erneut ein Regulierungsparadigma sein wird, das aber – angesichts der seitdem grundsätzlich gewandelten Gesellschaftsstrukturen – sicherlich nicht mehr die Form des alten Sozial- Korporatismus annehmen wird.“ (S. 250) Die politischen Ansichten von Andreas Reckwitz und Sahra Wagenknecht unterscheiden sich also nicht in der Analyse, aber in den Folgerungen. Während Wagenknechts Überlegungen zumindest ein Zurück zu einem gewerkschaftlich eingehegten Kapitalismus der Sozialpartnerschaft und letztlich der Sozialdemokratie nahelegen, sieht Reckwitz darin keinen Ausweg. Stattdessen schlägt er einen „einbettenden Liberalismus“ vor, in dessen Zentrum erstens wieder die „soziale Ordnungsbildung“ (S. 285) stehen sollte. Zweitens müsse es erneut darum gehen, die sozialen, aber auch die neuen kulturellen Fragen so zu regulieren, dass die Klassenunterschiede mit Blick auf Einkommen und Lebenschancen einander wieder angenähert würden. Und drittens ginge es darum, die „Dynamik der Globalisierung“ nicht zu eliminieren, sondern sie „in neu zu schaffende Rahmenbedingungen ein[zubetten].“ (S. 286) Als Ausblick werden dann noch einige Punkte benannt, die unbedingt einer Lösung zuzuführen wären: Die neue Gesellschaft müsste „jenseits des Meritokratismus“ (S. 293) funktionieren, hätte die „Stadt-Land-Differenz“ (S.295) aufzuheben, müsste die „Grundversorgung der Infrastruktur“ (S.296) garantieren und sich auf die „Suche nach Grundregeln“ (S.298), also nach universellen kulturellen Grundwerten machen. Das so umrissene Programm harrt seiner weiteren Bearbeitung und es ist dem Autor nicht vorzuwerfen, dass er es hier nicht erschöpfend im Sinne einer Strategie ausarbeitet, denn: „Wir wissen nicht, wie künftige Entwicklungen und Herausforderungen aussehen werden, können aber feststellen, dass sich gegenwärtig tatsächlich ein Dynamisierungsparadigma erschöpft hat und neue Formen der Regulierung die Antwort sein müssen.“ (S. 286)
Allen, die in diesem Sinne um Erkenntnisse bereichert werden oder an dem vorgeschlagenen Programm mitarbeiten wollen, sei das Buch wärmstens empfohlen. Alle anderen, denen der Autor mit seinen präzisen Analysen auf den ökologischen oder identitären Schlips tritt, sollten es auch lesen. Immerhin ist die Hoffnung, dass die neue Mittelklasse sich aus ihrer sozilogisch begrenzten Position zu einer die eigene soziale Stellung übergreifenden Einsicht durchringen kann, nicht ganz von der Hand zu weisen. Die neue Elite ist doch eine Bildungselite und als solche der Aufklärung vielleicht zugänglich. Andernfalls hätte ich mich in dem Buch auch nicht wiederfinden können.
Profile Image for Liedzeit Liedzeit.
Author 1 book106 followers
March 20, 2020
Als Geisteswissenschaftler (bzw. als jemand der eine studiert hat) fühlt man sich den Naturwissenschaftlern unterlegen. Und da ist es nur menschlich, wenn auch verwerflich, dass man wenigstens auf Soziologen herabblickt.

Soziologen schreiben Bücher wie dieses. Das ist gut geschrieben, sehr gelehrt, aber leider auch ohne echte Information.

Es gibt einen neuen Kulturbebegriff? Natürlich, auch Kochen und Tattoos gehören heute zur Kultur. Das nennt man also "Hyperkultur". Gut. Es gibt eine neue Mittelschicht? Natürlich gibt es die. Ich gehöre zufällig selbst dazu. Dass die Menschen nach "Selbstverwirklichung" streben, ist nicht uneingeschränkt positiv zu bewerten? Wer hätte das gedacht?

Ein Beispiel: "Das Individuum ist keine autonome Einheit, sondern ein gesellschaftliches Produkt. Erst in der Gesellschaft wird aus dem Amalgam aus körperlichen und darin auch psychischen Grundeigenschaften des Menschen ein Subjekt: ein gesellschaftlich vollweriges Wesen, das im Idealfall jene Kompetenzen, Wunschstrukturen und Mentalitäten verinnerlicht, welche die jeweilige Gesellschaftsform voraussetzt." S. 206f. Das möchte man nicht Platitüde nennen, aber weit entfernt davon ist es auch nicht.

Es gibt nichts in dem Buch, das ich falsch finde (obwohl die Statistik, nach der sich 24% der in den 80er Jahren geborenen Amerikaner eine Militärregierung wünschen, etwas verwundert), aber auch nichts, das ich besonders erwähnenwert finde. Mit anderen Worten: Wat lernt uns dat?
Profile Image for Markus Amadeus Cosma.
43 reviews15 followers
March 25, 2023
SPONTANE IMPULSE [fortlaufender Posten]:

In aller Kürze:

Wer die soziale Gegenwart der Spätmoderne verstehen will... kommt an Reckwitz nicht vorbei! Unbedingte Empfehlung für Alle, die sich im Feld journalistischer News-Überschwemmungen und sozialmedialer Defragmentierung verloren haben und sich einen klaren (theoretisch fundierten) Blick auf die Realität wünschen!
Profile Image for Bluemuffin.
30 reviews2 followers
November 4, 2020
Die Erwartungen an seine Arbeit, wurden nicht enttäuscht. Reckwitz ist nicht ohne Grund einer der erfolgreichsten Soziolog*innen in Deutschland in der Spätmoderne. In diesem Sammelbuch von verschiedenen Essays wurden die Themenbereiche Kultur, Politik und Wirtschaft scharf analysiert. Obwohl es ein sehr wissenschaftliches Buch ist, fand ich es immer spannend und interessant zu lesen. Insbesondere die Analyse zum Thema kulturelle Aneignung fand ich super!
11 reviews
March 21, 2020
Soziologie in Höchstform. Große Entwürfe, die unsere jetzige, als absolut wahrgenommene gesellschaftliche Realität ins Verhältnis zu den Entwicklungen seit den 1950ern setzen und auch nicht davor zurückschrecken, Lösungsvorschläge für die nächsten Dekaden zu entwickeln. Einzig die wissenschaftliche Methodik und Grundlage werden nicht ganz ersichtlich und es findet sich wenig harte Fachliteratur in den Referenzen.

Im zweiten Text entwickelt Reckwitz das Bild der Paternostergesellschaft. Die alte Mittelklasse wird (auch kulturell) entwertet, eine neue urbane, kosmopolitische Mittelklasse bestimmt den Diskurs (operationalisiert durch den Abgleich mit Sinusmilieus), der, seit den 1970er Jahren (Ölkrise als Ausdruck des Versagens eines regulierenden Politikstils) dominante, wirtschaftliche Neoliberalismus und gesellschaftliche Sozialliberalismus verliert seine Fähigkeit aktuelle Probleme zu lösen. Populismus ist ein Symptom, keine Lösung (der Autor steht augenscheinlich links). Reckwitz schlägt ein neues Regulationsregime vor, das aber individuelle Freiheiten erhält.

Zugrunde liegt eine Theorie der politischen Paradigmen (fünfter Text), die den Rahmen für das vorstellbare und politisch mögliche setzen und innerhalb dessen sich die Links-Rechts-Diskussion abspielen: Das sozial-korporatische Paradigma seit den 1950ern erschöpfte sich als Regulierungsparadigma wirtschaftlich (Ölkrise) und sozial (68er) und wurde in den 70ern von einem Dynamisierungsparadigma, dem apertistischen Liberalismus abgelöst, der dem Markt und Recht das Ordnungsprimat einräumt. Seit den 2010ern ergibt sich nun eine Überdynamisierungskrise (ökonomische Ungleichheit, kulturelle Desintegration), der durch einen einbettenden Liberalismus (Regulierungsparadigma) begegnet werden muss. Dieser betont Soziales, Kultur und Staat gegenüber Markt und Recht und schlägt sich unter anderem in den Bereichen soziale Ungleichheit und Grundsicherung/Infrastruktur, Stadt-Land Gegensatz und gemeinsame kulturelle Grundwerte nieder.

Der vierte Text beschreibt die Aufwertung des Erlebens und des Gefühlslebens seit den normierungsgebtriebenen 1970ern und den Drang zur Selbstverwirklichung, der zu einer (emotionalen) Dauererschöpfung führen kann. Dabei werden wirtschaftlicher Erfolg und persönliche Selbstverwirklichung, die früher als zwei getrennte Sphären gedacht wurden (Yuppies vs. Hippies) nun als doppeltes, vereinbares Ziel verfolgt. Der gefühlte Zwang zu positivem Erleben ruft dabei paradoxerweise negative Emotionen hervor, da es nicht dauerhaft erreicht werden kann. Mögliche Gegenstrategien sind Stoa, Buddhismus und Ambiguitätstoleranz.

Im ersten Text wird eine Versöhnung von Hyperkultur (Diversität, Kosmopolitismus, Diversität) und Kulturessenzialismus (auf Basis von Ethnie, Religion, Nation, Volk) durch eine Kultur des Allgemeinen versucht. Reckwitz sieht die Schwierigkeit eines solchen Konzepts schon auf theoretischer Ebene ein, die praktische Umsetzung (Vorschlag: Museen) überzeugt dann auch nicht. Eine konkrete Umkehrung der Vereinzelung – Menschen engagieren sich nicht im Verein, sondern gehen ins Fitnessstudio – setzt größere sozioökonomische Veränderungen voraus.

Der dritte Text diskutiert die Wertschöpfung einer postindustriellen Wirtschaft, die nicht mehr Nützlichkeitsbedürfnisse (Industrieprodukte) bedient, sondern symbolischen Wert produziert (Dienste und kulturell aufgeladene Güter) und damit die Stagnation einer industriellen Wirtschaft durch potentiell unbegrenztes Wachstum hinter sich lässt, gleichzeitig aber Arbeitsmarktverlierer und Winner-takes-all Märkte schafft. Die Dienstleistungsgesellschaft unterteilt sich in akademische gebildete Wissensarbeiter und die niedrigqualifizierte service class, die unsichtbare Normalisierungsarbeit erbringt um einen Status Quo zu erhalten. Da die Kosten in der Entwicklung und nicht in der Produktion entstehen, ergeben sich Skalierungseffekte für Produkte, die durch die Globalisierung und kostensenkende Verlagerung der Prokution beförder werden. Der Neoliberalismus und die Finanzialisierung setzen auch kulturelle Güter dem Wettbewerb aus. In extraökonomischen Bereichen werden nichtmonetäre Größen wichtig und umkämpft, begabte Schüler, Follower, potentielle Partner. Konkrete Gegenstrategien werden nicht entwickelt, ich würde sie im fünften Text suchen.
Profile Image for Nicoleta Gorea.
14 reviews7 followers
October 10, 2021
Als Vertreter der osteuropäischen Bevölkerung dachte ich, dass der Inhalt des Buches für mich sehr fremd klingen würde, aber natürlich, gibt es im Zuge der Globalisierung einige Themen, die uns alle betreffen, egal ob um Ost- oder Westeuropa geht.
Das Buch ist in 5 Kapitel unterteilt, die die folgenden Themen im Zentrum haben: der gegenwärtige Kapitalismus, die neuen Typen moderner Subkulturen, die neue Segregation in sozialen Schichten, die Krise des Liberalismus und die Zukunft der westlichen Politik. Reckwitz erweist sich ohne Zweifel als kompetenter Soziologe, der sich eingehend, sachlich und stimmig mit solchen Themen auseinandersetzt. (Dies belegt die beeindruckende Vielzahl von unterstrichenen Passagen, Anmerkungen und Überarbeitungen der von ihm bereitgestellten Fußnoten).
Eine Mikropräsentation der 5 Kapitel:
1. Moderne Subkulturen
Gleichzeitig haben wir 2 Kulturen: Hyperkultur und Kulturessentialismus. Hyperkultur richtet sich auf das Individuum, die Wünsche und die Konstruktion seiner Identität. Kulturessentialismus ist eine Gemeinschaftskultur, die die Globalisierung kritisiert, die versucht, die Gesellschaft zu einer einzigen Einheit zu verschmelzen. Wie erstellen sie eine Symbiose? Es bleibt im Buch zu sehen.
2. Die neue soziale Segregation
Im Übergang von der Industrialisierung zur Post-Industrialisierung haben sich auch die sozialen Schichten verändert: Jetzt gibt es die Superreichen, die neue Mittelschicht, die alte Mittelschicht und die Unterschicht. Zu dieser neuen Segregation trugen neben der Post-Industrialisierung auch die Bildungsexpansion und die Liberalisierungsprozesse bei. Die neue Mittelschicht hat von der Bildungsexpansion profitiert und viel kulturelles Kapital gesammelt, denn die ist eine Schicht der Akademikern.
Die alte Mittelschicht repräsentiert Menschen ohne Hochschulbildung, deren Karrieren auf Routinediensten oder körperlicher Arbeit basieren. Die prekäre Klasse ist die Klasse der Niedrigqualifizierten, die meistens körperlicher Arbeit dienen. Die Beziehungen zwischen diesen Klassen werden im Buch ausführlich beschrieben, aber auch ihre moralischen Bedürfnisse und politischen Visionen.
3. Kognitiv-kultureller Kapitalismus
Der zeitgenössische Kapitalismus ist zu einem kognitiv-kulturellen, immateriellen geworden, in dem Erfahrungen eine zentrale Rolle spielen. Funktionalität verliert an Bedeutung zugunsten von Prestige oder kulturellem Wert. Daher einige Auswirkungen, wie die Sättigungskrise und die Konsumentenrevolution.
4. Das eigene Selbstverwirklichung
Wir sind die Generation, die zu Enttäuschungen und Aggressionen neigt, und das ist kein Zufall. Das System, in dem wir uns befinden, schürt unsere Enttäuschung durch eine Vielzahl von Mechanismen: Vergleich mit Gleichaltrigen, das Winner-take-all-Modell, die obligatorische Ausschöpfung aller Möglichkeiten als Normalität usw. Uns wird auch eine "positive Psychologie" präsentiert, und negative Emotionen werden unter dem Teppich versteckt.
5. Die Krise des Liberalismus
Der Liberalismus hatte Auswirkungen wie: Ungleichheit zwischen den Gesellschaftsmitgliedern, Finanzkrisen, Populismus usw. Reckwitz schließt dieses Kapitel (und das Buch) mit einem Vorschlag ab, den Liberalismus zu transformieren, um drei Hauptproblemkomplexe zu lösen: sozioökonomische, soziokulturelle und demokratiepraktische Probleme.
24 reviews2 followers
May 31, 2024
Das Ende der Illusionen ist eine wirklich gelungene Analyse der aktuellen politischen, ökonomischen und kulturellen Gemengelage und dessen Vorgeschichte.
Besonders spannend finde ich den Begriff "Paradigma" in die politische Debatte einzuführen. Dieser bietet eine recht sachliche Perspektive, ungeachtet der üblichen Kategorien rechts/links und deren Schattierungen. Quer über das Parteinspektrum hinweg werden damit die politischen Herangehensweisen des vergangenen Jahrhunderts auf Makroebene umrissen. Beide politischen Lager einigen sich somit auf eine alternativlose Basis, die sie jeweils anders definieren.
In der Nachkriegszeit bildete zunächst ein restriktives sozial-korporatistisches Paradigma (Wahlfahrtsstaat) die politische Basis, getragen vom massiven Wachstum der goldenen 30er und dem Versuch die nationalen Grenzen klar zu halten.
Als diese Planpolitik 1970 in Überregulierung mündete war die Antwort darauf der Aufstieg des apertistischen Liberalismus, d.h. die Öffnung des Marktes (Neoliberalismus) für die Globalisierung mitsamt ihren Rahmenbedingungen (Migration, Börsenmarkt etc.) unter anderem den sozialen Auswirkungen.
Dabei wird jedes dieser Paradigmen früher oder später abgelöst, bedingt durch die laufenden Veränderungen der Gesellschaft, dessen Probleme vom zurzeit etablierten System unlösbar scheinen.
Laut Reckwitz befinden wir uns erneut in einem gesellschaftlichen Umbruch da das momentane Paradigma des Liberalismus an mehrenen Fronten an seine Grenze stößt. Meines Erachtens bereichert diese Terminologie den politischen Diskurs ungemein.

Somit ist dieses Buch für mich eindeutig ein must-read für jeden, der politisch interessiert ist, da es mithilfe einer recht sachlichen Schreibweise über viele Aspekte der Spätmoderne informiert ohne eine Sichtweise zu präferieren.
Profile Image for Jane.
1,017 reviews32 followers
July 18, 2022
Interessant, aber kein Augenöffner und ein paar Punkte (vgl. Lesefortschritte) halte ich für kurzsichtig bis schlichtweg falsch. Kann man lesen, muss man nicht.
19 reviews
May 19, 2024
Dieses Buch von Andreas Reckwitz beschreibt ziemlich treffsicher die wichtigsten sozialen, politischen und ökonomischen Aspekte unserer Zeit und behält dabei die sehr distanzierte Betrachtungsweise eines Soziologen.

Insgesamt eine interessante soziologische Perspektive auf unsere Gesellschaft. Was Klassen betrifft, Ideale, Probleme und mögliche Lösungen.

Das Buch hat mehrere in sich trennbare Essays. Besonders gut fande ich 2 & 5.
Die Sprache ist sehr gewöhnungsbedürftig, weil sehr gewählt. Dadurch benötigt das Lesen teilweise recht viel Anstrengung. Der Inhalt hingegen ist sehr lohnenswert. In Zeiten einfacher Wahrheiten zeigt Reckwitz strukturiert eine differenzierte Perspektive, anhandderer sich viele aktuelle Themen erklären lassen. (Z.B. 3+1 Klassen Modell in Essay 2)
Profile Image for Mario El-Sabio.
13 reviews1 follower
May 18, 2020
Ein eindrucksvolles Werk der Gegenwartsbeschreibung, mit einer teilweise erstaunlichen Analyseschärfe. Die herausgearbeitete Entwicklung der deutschen Klassenstruktur hat meiner Meinung nach hohe erklärungskraft für das Politische Geschehen der letzten Jahre. Auf individueller Ebene verschafft der Author interessante Momente der Selbstreflexion.
Nach der Dekonstruktion des spätmodernen Zeitgeists bleibt die einzige Frage: was nun?
Profile Image for Jakob Palmer.
91 reviews8 followers
April 25, 2025
eher so 3,5
Reckwitz schließt an seine Analyse aus "Gesellschaft der Singularitäten" mit fünf Aufsätzen zu den Feldern eines neuen Begriffs der Hyperkultur, einer Neustrukturierung der sozialen Klassen, der Umstrukturierung des industriellen zu einem postindustriellen, kognitiv-kulturellen Kapitalismus, einer Kritik des Imperativs und der damit verbundenen Paradoxien der Selbstverwirklichung und einer Skizze eines einbettenden und darin reformierten Liberalismus an.
Gerade seine Analyse zur Neuausrichtung der Klassenstruktur und der Entwicklung der neuen Mittelklasse sind hilfreich (v.a. 1-3). Sein Liberalismusplädoyer ist bisschen schwach, auch die Kritik an den Authentizitätsbegriffen fand ich weniger stark. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass Reckwitz mMn gerade in einer Sozio-Analyse, im Sinne einer Desillusionierung, am stärksten ist, wenn also nicht gerade noch dazu Lösungen bereitgestellt werden müssen.
Seine Abneigung gegenüber Identitätspolitik fand ich unklar und wenig fundiert, auch Auswirkungen des Klimawandels waren nicht so zentral, Einschätzung zu Migration sehr unterkomplex. Auch die notwendigerweise neu zu konzeptualisierende Bedeutung eines (nicht mehr glaubhaften) Fortschrittsnarrativ fand ich zwar nen spannenden Impuls, aber etwas wenig ausdifferenziert
Trotzdem sehr nicer Read, gerade begrifflich schafft Reckwitz echt gut Klarheit. Wenn man Bock hat, kann man die Aufsätze auf jeden Fall auch einzeln, ca. 30S., lesen.
Profile Image for Hadrian.
80 reviews9 followers
August 18, 2024
Ortega y Gasset hablaba de la cortesía del filósofo. Se refería a la claridad. Y este ensayo de Reckwitz es, en ese sentido, pura cortesía: de estilo cristalino y muy bien estructurado. Se agradece en este tipo de ámbitos, donde prolifera una jerigonza imposible que se interpone entre el texto y el lector.

En cuanto al texto, digamos que está subdividido en distintos capítulos o ensayos independientes, cuya lectura no exige necesariamente haber pasado por los anteriores. No obstante, están interrelacionados estrechamente unos con otros. Los temas que aborda Reckwitz son los siguientes: la problemática de la cultura, de la sociedad o de las clases, de la economía, del sujeto y, finalmente, de la política; todos ellos a la luz de un cambio de paradigma, el paso de la sociedad moderna industrial a la posindustrial o sociedad cognitiva. Es decir, de una producción fordista a una posfordista, con toda la transmutación de valores que ello conlleva.

Reckwitz suele proceder mediante una metodología triádica. Expone dos posiciones o momentos enfrentados para, finalmente, proponer o vislumbrar un tercero. Esto es adelantado al comienzo de cada ensayo para, después, dar paso al análisis de cada uno de los ítems.

En resumen, un libro fundamental para entender el presente y la irrupción de un nuevo tipo de modelo: el capitalismo cognitivo-cultural.
92 reviews1 follower
May 12, 2020
A really useful compendium of ideas fill the essays, as Reckwitz draws a tight synopsis around his other writings and citations to other relevant writers. I particularly appreciated the treatment of class, culture conflict, crisis of liberalism - which he describes as three crises - economic, cultural and social - which includes both the institutional and collective acceptance of means of liberal governance. Democracy itself, as practiced, faces significant challenges. Where I would have liked more from Reckwitz: some context for his views, classification and construal of conflict within the overall discourse. What alternatives are there, who are his critics, where and why do his ideas come against limits, etc. As usual, sociology provides wonderful terms and structures to use to think about things, but nothing solid or sure with which to proceed.
5 reviews
January 10, 2023
Überzeugende soziologische Analyse der spätmodernen Gesellschaft in ihrer 3+1 Klassenstruktur, sowie der ihr eigentümlichen Gleichzeitigkeit von sozialen Auf- und Abstiegsdynamiken.

Hierbei ist insbesondere die anschauliche Darstellung der einzelnen Klassen (absteigende alte Mittelklasse, hegemoniale neue Mittelklasse, prekäre service class sowie [super-]reiche Oberklasse) hervorzuheben.

Weniger überzeugend ist Reckwitz' Monographie, wenn es an die politischen Betrachtungen geht. Sowohl was das unterkomplex und teleologisch anmutende Prinzip der sich ablösenden Paradigmen angeht, als auch was die schwammige Zukunftsprognose eines "einbettenden" Liberalismus betrifft.
Profile Image for Leo.
3 reviews2 followers
July 7, 2020
Andreas Reckwitz analysiert messerscharf den gegenwärtigen Zustand der globalen Gesellschaften. Der Erklärungsgehalt hinsichtlich der Kulturkonflikte, der neuen Drei-Klassen-Gesellschaft, des polarisierten Postindustrialismus, der Krise des spätmodernen Individuums und des Liberalismus insgesamt ist beeindruckend und beunruhigend zutreffend zugleich. Erfreulicherweise bilden sich aus allen fünf Analysen Lösungsansätze heraus, die dringend fortentwickelt werden müssen. Ein essentielles Werk für die Mitgestaltung des laufenden Paradigmenwechsels.
Profile Image for Walter Schutjens.
354 reviews43 followers
June 2, 2025
What if modernity was never uniform? What if in tearing it apart it is now headed in two different directions?

Reckwitz makes an incredible effort at coherence in social theory here: sociology, philosophy and economics come together to explain a simple fact that changes crucial theoretical foundations of thought: that of polarization. This book is filled to the brim with insight weaved into secure analysis.

Unfortunately instead of yearning for a world before the fall, he desires the conservative unity of the CDU and SPD.
Profile Image for Henrik Volkmann.
6 reviews
April 5, 2024
Fünf gut geschriebene Essays, die den Gegenwartsgesellschaften des Westens den Spiegel vorhalten. Besonders einprägsam war für mich der erste und der vierte Essay, die sich mit Kulturkonflikten bzw. Selbstverwirklichung und dem modernen Individuum in der zunehmenden socialmediaisierten, digitalen Welt beschäftigen. Sehr lesenswert für jeden, der die Mechanismen unserer Gegenwart verstehen möchte und mehr will als populärwissenschaftliches Gelaber.
Profile Image for Ingo.
1,248 reviews17 followers
Want to read
May 2, 2020
Every once in a while tend to grab a non-fiction book. This one interests me now, but it is currently way to expensive (18 Eur, , even though I want the ebook and it was published half a year ago.
Well, maybe I will cave in and pay the price in a few days.
The paperback is the same price and currently there are no used books offered cheap.
130 reviews4 followers
January 14, 2024
Μελέτη, ακτινογραφία της ύστερης νεοτερικότητας. Πιστεύει ότι η κλασική έννοια της προόδου θα πρέπει να αναθεωρηθεί και ότι βρισκόμαστε σε μια κρίση πολιτικού Παραδείγματος και στη πορεία προς την δημιουργία ενός νέου Παραδείγματος . Προτείνει τον φιλελευθερισμό της ενσωμάτωσης και αναφέρει συνοπτικά στα προβλήματα που θα πρέπει να δράσει ώστε να ξεπεραστεί η σημερινή κρίση.
Profile Image for Philipp Grütering.
9 reviews4 followers
September 9, 2020
Für mich ein unglaublich kluges, unaufgeregtes Buch. Reckwitz bietet hier einen sehr guten Überblick über Kultur, Gesellschaft und Liberalismus unserer Zeit und wie das alles zusammenhängt. Ein erfrischender, objektiver Ausgleich meiner (Hyperkultur)-Twitterblase.
5 reviews
October 3, 2020
Großartiges soziologischen Buch, welches sich den großen Megatrends von Gesellschaft, Ökonomie, Kultur und deren Auswirkungen auf das Individuum widmet. Wer dieses Buch liest wird sich seiner Klassenlage und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bewusst.
Profile Image for Johannes.
92 reviews
March 22, 2025
Insgesamt gutes Buch, manchmal etwas frustrierend in seiner ideologiegeschichtlich komplett losgelösten Darstellung von Identitätspolitik, aber unterscheidet sich damit auch nicht groß vom politischen Diskurs in Deutschland allgemein. Regt auf jeden Fall zum Nachdenken an.
3 reviews
January 8, 2021
Reckwitz zeichnet eine umfassende Gegenwartsanalyse die dem Leser Klarheit verschafft und sich durch angenehme Prosa auszeichnet.
58 reviews
May 6, 2023
Interessante Gedanken, aber zu langatmig bzw repetitiv.
Profile Image for Georg.
22 reviews1 follower
August 28, 2024
Wow! Das Buch ist nicht nur gut und verständlich geschrieben. Es gibt viele Dankanstöße fürs Politische, Private und so allgemein.
Profile Image for Heather.
98 reviews
March 5, 2025
A challenging academic read but highly recommend for those seeking to discover how we ended up in the place we are today.
Displaying 1 - 30 of 34 reviews

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