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1,000 Coils of Fear

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A multilayered and rhythmic debut novel about her life as a Black German woman living in Berlin and New York during the chaos of the 2016 U.S. presidential election from playwright Olivia Wenzel.

A young woman attends a play about the fall of the Berlin Wall—and realizes she is the only Black person in the audience.

She and her boyfriend are hanging out by a lake outside Berlin—and four neo-Nazis show up.

In New York, she is having sex with a stranger on the night of the 2016 presidential election—and wakes up to panicked texts from her friends in Germany about Donald Trump’s unlikely victory.

Engaging in a witty Q&A with herself—or is it her alter ego?—she takes stock of our rapidly changing times, sometimes angry, sometimes amused, sometimes afraid, and always passionate. And she tells the story of her family: Her mother, a punk in former East Germany who never had the freedom she dreamed of. Her Angolan father, who returned to his home country before she was born to start a second family. Her grandmother, whose life of obedience to party principles brought her prosperity and security but not happiness. And her twin brother, who took his own life at the age of nineteen.

Heart-rending, opinionated, and wry, Olivia Wenzel’s remarkable debut novel is a clear-sighted and polyphonic investigation into origins and belonging, the roles society wants to force us into and why we need to resist them, and the freedoms and fears that being the odd one out brings.

288 pages, Paperback

First published March 3, 2020

123 people are currently reading
6526 people want to read

About the author

Olivia Wenzel

6 books42 followers
Olivia Wenzel was born in Weimar, Germany, and now lives in Berlin. Her dramatic works have been staged in Munich, Hamburg, and Berlin. Wenzel also works as a musician and a performer. In 2022, she will lead a series of multidisciplinary workshops for young adults of color at the Haus der Kulturen der Welt in Berlin.

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Displaying 1 - 30 of 202 reviews
Profile Image for leynes.
1,316 reviews3,685 followers
December 8, 2024
Ein Satz mit X ... Selten hat mich ein Buch so wütend gemacht, wie 1000 Serpentinen Angst. In den letzten Wochen habe ich versucht, zu reflektieren, ob es ein "me problem" oder ein "book problem" ist, aber ich glaube, hier haben wir beide Schuld, Olivia. Ich würde die Rezension gerne mit einem kurzem Abriss der Handlung beginnen, nur leider ist diese nicht mal im Ansatz vorhanden. I kid you not, dieses Buch hat keinen Plot. Daher starten wir gleich mit der Kritik, sorry.

1) Schwarz. Queer. Ostdeutsche.
Mit diesen drei Worten ließe sich Wenzels Debütroman zusammenfassen. Mehr ist hier leider nicht zu holen. Glaubte man dem Klappentext oder Rezensionen aus verschiedenen Zeitungen, dann wäre 1000 Serpentinen Angst die Geschichte einer jungen Frau, die "von Verlust, von Angststörung; von Fragen der Vergangenheit, von Kontinuität, von Traumata" erzählt. "Wie damit umgehen, wenn du als Schwarze Person im Osten aufwächst, dein Vater nicht mehr da ist, deine Mutter dich verlassen hat, dein Bruder weg ist?". Da kann ich nur verwundert den Kopf schütteln. Diese angebliche Tiefe besitzt dieser Roman definitiv nicht.

Mir ist klar, dass all diese Themen im Roman angeschnitten werden, bzw. durch die Identität der Protagonistin abgedeckt sind, das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch wirklich im Roman verhandelt oder sinnvoll in die "Handlung" (wie gesagt, diese ist nicht vorhanden) eingebaut werden.

Mir ist ebenfalls klar, dass wenig Schwarze, queere Protagonist*innen aus Ostdeutschland in deutschen Romanen zu finden sind (mir fällt so schnell keine weitere Romanfigur ein, was eine Schande ist!) und dass dies auch auf der Autor*innenseite gilt. Trotzdem ist das nicht genug Stoff für eine gute Geschichte. Und diese Diversity allein rechtfertigt auch nicht das ganze Lob, mit dem dieses Buch überschüttet wurde. Wenzels Roman ist nicht "groundbreaking".

Wenzel versucht, sich an Themen wie Zugehörigkeit, Rassismus, Klasse, Kolonialismus, Privilegien, DDR und Colorism abzuarbeiten; es will ihr aber nicht so recht gelingen. Wir schwanken zwischen Selbstmitleid, inauthentischen Beschreibungen (sorry, aber die Hälfte der beschriebenen Szenen wirken auf mich wie an den Haaren herbeigezogen) und einem Stil, der eher in ein Sachbuch gehört, wie z.B. hier: "Das Problem mit Klischees ist nicht, dass sie nicht stimmen. Sie stimmen ziemlich oft. Das Problem ist, dass sie immer wieder nur dieselbe, eine Perspektive beschreiben." Okay, Chimamanda, auch ich habe "The Danger of a Single Story" gelesen. We get it. Aber warum muss diese Aussage so ungelenk in Wenzels Roman wiedergekäut werden?

Wiederum andere Aussagen haben mich aufgrund ihrer audacity einfach nur aufgeregt, so zum Beispiel: "Wie sollte sie reagieren, wenn ich sie fragen würde, ob sie sich vorstellen könnte, dass ich natürlich erstmal nichts mit von weißen Polizisten hingerichteten Afroamerikanern zu tun habe und auch nichts mit Refugees auf irgendeinem Dach in Kreuzberg, dass ich aber am Ende des Tages doch mit diesen Menschen im Alltag mehr teile als mit ihr, meiner Großmutter, nämlich die Tatsache, einem Blick ausgeliefert zu sein, der uns, wenn ich überhaupt von einem Uns sprechen kann, als das Gleiche begreift, als das Gleiche markiert, als das Nichtweiße, das Andere, als Beleg einer Idee von Hautfarben und Differenz?"

Nach dem Lesen dieses Paragraphen hätte ich am liebsten geschrien. Nein, einfach nein. As a mixed person myself (genau wie bei der Romanfigur ist mein Vater Schwarz und afrikanisch, in meinem Fall kamerunisch, in dem Fall der Protagonistin angolanisch, und meine Mutter weiß und deutsch) muss ich sagen, dass ich diese Aussage einfach unglaublich schwierig finde. Denn natürlich haben wir ungemein viel mit unseren weißen Großmüttern (und Müttern ... und Cousinen) gemein. Unser Leben spiegelt doch vielmehr das ihre wieder, als das Leben von geflüchteten Menschen in Deutschland oder Afroamerikanern in den USA. Genau wie ihre Großmutter besitzt die Protagonistin einen deutschen Pass, hat ein deutsches Bildungssystem durchlaufen, hat eine feste Bleibe, immer genug Essen auf dem Tisch, muss nicht fürchten, abgeschoben zu werden, spricht perfektes Deutsch, etc.

Daher finde ich es schwierig, einfach rauszuhauen, dass afrodeutsche Menschen in Deutschland genauso wahrgenommen werden wie geflüchtete Menschen aus dem arabischen Raum oder Afrika. Das sehe ich absolut nicht so und das spiegelt auch nicht meine Erfahrungen und die Erfahrungen meines Umfelds wieder. Ich sage nicht, dass afrodeutsche Menschen keinem rassistischen, weißen Blick ausgeliefert sind, natürlich sind wir das, aber unsere "proximity to whiteness" und unser "Deutschsein" verschaffen uns ungemeine Vorteile und Privilegien, die wir einfach anerkennen müssen. Zumal wir in der Regel auch als Deutsche anerkannt (wenn auch vielleicht nicht auf Anhieb so wahrgenommen) werden, was geflüchtete Menschen oder Menschen ohne deutschen Pass nicht behaupten können.

So hat mich im ersten Teil des Romans auch die Stelle "Frage: IST DEIN HERKUNFTSLAND SICHER? – Antwort: Nach welchen Kriterien?" total aufgeregt. Natürlich ist dein Herkunftsland (Deutschland) sicher, du Depp. Es ist nicht clever, so darauf hinzuweisen, dass es hier z.B. auch Rassismus und Sexismus gibt, in dem wir es mit wirklich unsicheren Herkunftsländern, die von Krieg zerrissen werden, vergleichen. Wie gesagt, ich verstehe total, was Wenzel damit bezwecken will und zu einem gewissen Punkt gehe ich ja auch mit (=> es ist total wichtig, dass wir über Rassismus/Sexismus/etc. in Deutschland sprechen), aber diese süffisante Art wird dem Ernst der Thematik einfach nicht gerecht.

Den Vergleich zu Schwarzen Menschen in den USA finde ich einfach unpassend, weil sich der systemische Rassismus in beiden Ländern teilweise unterschiedlich ausdrückt. Als Person, die mixed ist und in Deutschland lebt, fürchte ich mich nicht davor, "von weißen Polizisten hingerichtet zu werden", wie Wenzel es ausdrückt. Polizeigewalt gibt es hier natürlich auch, aber die Angst, mit der viele Afroamerikaner*innen täglich kämpfen, teilt der Großteil afrodeutscher Menschen (zum Glück!) nicht.

Leider gibt es nur sehr wenige Momente in dem Buch, in dem die Protagonistin sich selbst hinterfragt, ihre eigenen Rassismen und Vorurteile reflektiert. Diese Szenen sind bei weitem die stärksten und einprägsamsten. So z.B. ihre Vorurteile gegenüber einem betenden arabisch gelesenen Mann am Flughafen. Die Protagonistin fühlt sich unwohl in seiner Anwesenheit und imaginiert ein Gespräch mit ihm ("Excuse me, Sir, do you wanna murder me or is this just a regular prayer?"), was ihr dabei hilft, ihre eigenen ungerechtfertigten Vorurteile zu hinterfragen und quasi wieder auf den Teppich zurück zu kommen. Richtig gut! Hätte es doch bloß mehr solcher Spielereien gegeben.

2) Am Ziel vorbei: Wenzels Erzählstil
Eines muss man ihr lassen: Wenzel versucht sich an einer neuen Sprache. 1000 Serpentinen Angst ist ein experimenteller Roman. Sie streift alte, tradierte Erzählweisen ab und wählt stattdessen eine Dialogform, ohne dass jemals erklärt wird, mit wem die Protagonistin eigentlich spricht. Diese fragende Stimme begleitet Leser*innen durch den Roman, stellt unangenehme Fragen und nimmt oft auch eine wertende Haltung ein. Das kann man mögen ... oder eben auch nicht. Ich fand Wenzels Erzählweise einfach nur nervig; nicht clever oder erfrischend, sondern einfach nur belastend.

Das einzig Positive daran war, dass sich der Roman so schneller lesen ließ. Ansonsten kaschiert der Erzählstil mehr schlecht als recht, dass Wenzel nicht an einem Plot interessiert ist, sondern nur pseudo-psychologisches Geschwafel von sich gibt. Where is the real introspection?

Wenzels Roman ist in drei Teile angelegt. Während Teil eins und drei in Dialogform daherkommen, stellt Teil zwei einen Bruch dar (bis heute bin ich mir nicht sicher, warum und zu welchem Zweck...): in Teil zwei werden vor allem Bilder beschrieben, Fotos von der Mutter der Protagonistin, eine Ex-Punkerin aus der DDR, das Cover des Roots-Albums Things Fall Apart, das Gemälde Madeleine de la Martinique, etc. Wenzel beschreibt auch viele Alltagssituationen und Alltagsrassismen und ich fand's einfach nur selbstbemitleidend und langweilig.

3) Schocken. Um jeden Preis
Die Protagonistin blieb für mich einfach eine blasse Figur. Eine Figur, mit der ich weder mitfühlen, noch mitgehen konnte. Leider. Am meisten interessierte mich ihre Auseinandersetzung mit dem Suizid ihres Zwillingsbruders. Diese Beziehung konnte ich greifen, die Figur des Bruders hat mich unheimlich interessiert, leider kam sie viel zu kurz. Stattdessen flüchtet sich Wenzel in das Liebesleben der Protagonistin, von "einem Fick" (nicht meine Wortwahl!) zum nächsten, ihre toxische Beziehung zu Kim etc. Es war kaum auszuhalten.

Einige Szenen wirkten auf mich so, als ob Wenzel einfach um jeden Preis schocken wollte. Ohne Sinn und Verstand. Zum Beispiel in der Szene, in der die Protagonistin lernt, dass Donald Trump zum neuen Präsident der USA gewählt wurde. Zum Zeitpunkt des Wahltags war sie gerade im Bett mit irgendeinem Mann. Wenzel schreibt: "Donald Trumps Familie sieht tatsächlich geschockt aus, denke ich, während ich mich im 16. Stock von einem Mann ficken lasse, dessen Firma programmatisch die Umwelt zerstört." Und ich denke mir einfach nur WHY? Es ist so billig. "...der programmatisch die Umwelt zerstört"... okay, queen, pop off, warum dann selber in die USA fliegen und nach Vietnam und und und... interessierst du dich wirklich für die Umwelt? Ich find's überhaupt nicht schlimm, wenn nicht, aber gurl?? Wer "lässt sich ficken" (diese Wortwahl alleine bringt mich schon auf die Palme) und denkt währenddessen darüber nach, dass der Mann für eine Firma arbeitet, "die programmatisch die Umwelt zerstört." Ugh, dafür kriegt sie keine woken brownie points von mir.

Im zweiten Teil des Romans finden wir eine weitere verstörende Anekdote, deren Sinn sich mir bis heute nicht erschließt und ich wünschte, ich könnte sie einfach auf ewig aus meinem Gedächtnis löschen. And I quote: "Der merkwürdige Moment, in dem ich der dreijährigen Millie den kleinen, schmalen Arsch abwische, die sich in einer öffentlichen Toilette stehend vornüber beugt und mir zuruft: Ich bin fertig. Als wären mein Zeige- und mein Mittelfinger für den Spalt zwischen ihren Arschbacken gemacht." Es tut mir wirklich leid, Schockfaktor in allen Ehren, aber wer beschreibt so EIN DREIJÄHRIGES MÄDCHEN??? UND IHREN TOILETTENGANG??? ARE YOU OKAY?? Do you need help? Ich find's einfach nur eklig und dumm... "Als wären mein Zeige- und mein Mittelfinger für den Spalt zwischen ihren Arschbacken gemacht." GEHT ES DIR GUT???
Profile Image for Meike.
Author 1 book4,955 followers
January 16, 2022
English: 1000 Coils of Fear (coming up in July 2022!)
Longlisted for the German Book Prize 2020


In this semi-fictional novel, Olivia Wenzel talks about her life growing up as the child of a punk mother and an absent Angolan father in the GDR and later united Germany. That's right: She's black, female, an "Ossi" (East-German), bisexual - and privileged, because she lives in a wealthy, safe, first-world country, free to travel and express herself. And that's what makes this book about identity (and identity politics) so smart: Wenzel struggles with the fact that she does belong to marginalized groups and experiences discrimination in various forms, but she knows that on a larger scale, she is also part of the privileged few - and both facts do not diminish either reality, experience or emotional effect. Both sides are equally true and valid.

Wenzel's mother tried to leave the GDR, but ended up in a Stasi prison, leaving Olivia and her twin brother Sammy with their grandmother, a semi-racist woman, first firmly convinced of the ideology of the GDR, later leaning towards right-wing parties. Sammy throws himself in front of a train aged 19. (Intergenerational trauma is a big topic on this year's list for the Book Prize, also in Herzklappen von Johnson & Johnson and Serpentinen, e.g.) Olivia / the book's protagonist experiences open racism and micro-agressions that make her ponder whether it's what happens or her perception of it that makes her suffer - it's interesting to compare this to Brandon Taylor's Real Life, set in the US, as the protagonist feels less exposed as a black woman when in the US, but she realizes that the black community in the US displays more solidarity because of the history of slavery and oppression.

The text is split in three parts, and all three show the nameless protagonist and narrator (the author's alter ego) standing at a train station at a snack machine, debating herself in her head, asking herself questions, trying to make sense of her own experiences and feelings and trying to access a truth that ultimately might not even exist. And it's not done as a stream-of-consciousness, but Wenzel, the theater author, presents it as dialogue. The middle part also works with the description of images, e.g. Madeleine de la Martinique and the cover of "Things Fall Apart" by The Roots, from which the narrator extrapolates to her own life. The result is an experimental text that is both captivating and easy to read.

The narrator of this text is no hero; she is just a person trying to find a way to live while fighting a severe anxiety disorder brought about by everything described above. The book shows an average person with an average German life, which is the main takeaway: This is no extreme case. And it's important to be aware of that, because it should drive readers to try and change our reality.

You can learn more about the book in our podcast special Book Prize Battle Royale, #2 (in German).
Profile Image for Alwynne.
941 reviews1,601 followers
August 29, 2023
Olivia Wenzel’s novel’s centred on a nameless woman, like Wenzel, she’s Black, German and queer. Her sense of who she is, or who she might become, is further complicated by her strained bonds with her white mother and grandmother who grew up in East Germany in the years before reunification. It’s a piece likely to be classed as autofiction, significant because that label emphasizes Wenzel’s desire not to be seen as speaking for all Black Germans here, she’s not writing to educate white people about racism in Germany, she’s probing the interplay of race, citizenship, class and queerness. Her choice of genre also foregrounds the blurring of boundaries between the actual Wenzel and the version/s of Wenzel inhabiting her writing.

She blends autofiction conventions with an inventive range of forms and styles that emphasize her background as a musician and playwright. As a result, there’s often a strong oral quality to this, demonstrated through the intricate play of voices that surface throughout, reaching back into the past and forward into possible futures. She frequently wields a kind of skewed question-and-answer format that sometimes seems to stem from her central character’s inner conflict and deep-rooted anxieties, but at others overlaps with the various “interrogators” around her: from the relentless customs officials at an American airport to those white Germans whose gaze marks her as an outsider in her own country - there are echoes too of the infamous Stasi so central to her mother’s and grandmother’s formative years. This approach is disrupted by absurdist, surreal scenes linked to the narrator’s trauma and guilt over her twin brother’s death by suicide. But despite its weightier themes, I didn’t find this overwhelmingly downbeat, Wenzel’s narrator’s too resilient for that, and Wenzel’s adept at varying the mood, from angry to contemplative and essay-like to moments of biting comedy.

One of the many things I found striking about Wenzel’s novel’s her thoughtful examination of the shifting, fluid boundaries of self, feelings of fragmentation and conflict, particularly in relation to language, place and varying instances of power and privilege. The story inhabits a variety of spaces from Germany to Morocco to Poland, Vietnam and America, and in each location some aspect of the narrator’s identity moves from background to foreground or vice versa. At her grandmother’s home in Thuringia, notorious for extremist, racist attacks and a largescale AfD following, the narrator’s anxieties take over, forever the out-of-place Black child condemned to a state of hypervigilance. But, in New York she experiences herself as somehow able to be “blacker," briefly at home among a visible Black community, yet also estranged because of her vastly different Afropean history. In Morocco and Vietnam, she’s foremost a wealthy, exacting, German tourist; while in Poland she’s exempted by a fascist, hunting party because her European passport singles her out from the refugees they despise. And her comparative affluence and global mobility give her a freedom that her white, working-class grandmother and troubled mother will never have. Wenzel also engages with the ongoing struggle to confront certain white perceptions of what forms of racism matter: one of the many things her character’s grappling with is a wider social assumption that only violent abuse or visible suffering at the hands of neo-Nazis counts, her exhaustion from years of everyday, “banal racism,” and sense of immobilising anxiety over what might happen, goes unrecognised.

There are some awkward, messy aspects, there’s a tendency - common to many first novels - to try to cram too much in, and there are times when Wenzel’s unusual framework doesn’t quite work. But overall, it’s a fascinating, insightful piece, drawing on a rich array of influences and concepts from American necropolitics to traditions of Black German literature pioneered by writers like May Ayim. But despite its unconventional structure and underlying complexity, it’s also a surprisingly accessible, compelling piece of storytelling. Translated by Priscilla Layne

Thanks to Netgalley and Dialogue Books for an ARC
Profile Image for Jin.
840 reviews147 followers
September 17, 2020
Das Buch ging mir näher als ich dachte.
Im Gegensatz zur Autorin bin ich zwar hier nicht geboren und auch nicht schwarz, aber ich bin eine "Deutsche", die man auf dem ersten Blick so nicht kategorisieren würde. Auch wenn ich im ähnlichen Alter wie die Autorin bin, habe ich Rassismus nur "im kleinen Rahmen" erfahren, wenn man es überhaupt so nennen darf. Trotzdem konnte ich mich in sie hineinversetzen.

WO KOMMST DU HER?
Ich komme -
WO KOMMST DU HER?
Ich komme -
WO KOMMST DU HER?
Ich komme -


Es sind meistens die kleinen banalen Dinge, viele Dinge, wie unter anderem diese Frage der Herkunft, die runtergespielt, verharmlost oder ins Lächerliche gezogen werden. Dann werden einem Dinge hinterher geworfen, dass man nicht so zimperlich oder empfindlich sein soll. Dass man endlich über den eigenen Schatten springen soll. Als ob all dies so einfach wäre.
Ich kann zwar die Trauer, Verzweiflung und Verlustgefühle gut nachvollziehen, aber könnte jemand wirklich diese komplexen Gefühle von Nicht-Zugehörigkeit nachvollziehen, wenn dieser Jemand nie als Ausländer in einem fremden Land war? Ohne eine unterstützende Struktur eine funktionierenden Familie? Dass irgendwann tatsächlich so eine banale Frage wie "wo kommst du tatsächlich her" sich wie ein Schlangenbiss im Nacken anfühlt? Wie schnell die 1000 Ängste zusammenkommen können?

Der innere Monolog mit sich selbst, dem eigenen Saboteur, den kennen viele. Die Stimme, die einem im Hinterkopf das zuflüstert, woran man nicht denken will. Die Dinge aufzählt, die man gar nicht wissen will und erst recht nicht konfrontiert werden mag. Und damit fängt das Buch interessante Weise an.
Die Geschichte, die eigentlich keine richtige Geschichte im klassischen Sinn erzählt, ist eine Erzählung eingerahmt in einem großem Monolog einer Person, die nirgendwo wirklich hin gehört. Auf ständiger Suche nach Akzeptanz und Zugehörigkeit, denkt sie laut über Familie, Gesellschaft und die Liebe nach. Obwohl die Geschichte nicht linear erzählt wird, weiß man stets über welche Szene gesprochen wird und überraschender Weise war es zu keinem Zeitpunkt langweilig oder verwirrend. Es hat sich sehr gut gelesen und ich fand die Art der Dialoge sehr erfrischend. Das Ende fand ich übrigens sehr genial.

WO IST ER JETZT?
...
WO BIST DU JETZT?
...
WO BIST DU JETZT?
Ich schließe die Augen.
Ich atme durch.


Ich muss sagen, dass ich unglaublich viel Glück habe mit meiner Familie und meinen Freunden, sodass mich die rassistischen Ausfälle von den wenigen anderen nicht weiter gestört haben, höchstens genervt.
Inzwischen versuche ich die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Ich denke mir, dass es auch vielleicht Neugierde ist, dass man einfach Interesse zeigen will ohne es böse zu meinen; nicht alle machen sich große Gedanken um die eigene Herkunft oder gar über die eigenen Taten. Ich will allerdings nicht sagen, dass man alles auf die leichte Schulter nehmen soll. Es geht darum versuchen einander zuzuhören. Man braucht hier eine Diskussion, eine Kommunikation miteinander und nicht nur für sich allein. Ich hoffe, dass dieses Buch oft gelesen wird, damit eine Diskussion stattfinden kann, wo man den anderen als Individuum wahrnimmt und nicht nur anhand von Rasse oder sonstigem Rahmenkonzept urteilt.

You germans, you take everything so seriously! I think the key to everything is keeping a sense of humour, innit?


** Dieses Buch wurde mir über NetGalley als E-Book zur Verfügung gestellt **
Profile Image for Anika.
967 reviews319 followers
September 2, 2020
ETA: [Dieses Buch haben wir auch im Papierstau Podcast besprochen: Folge 117: Buchpreis Longlist #2]/ETA

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020 (Longlist)

Ein wirklich tolles Buch, das mich in gleich mehrfacher Hinsicht überrascht hat. Zum einen, weil es formell so ganz anders war, als erwartet: Statt einer ruhigen, eher straighten Narrative springt die Erzählung sowohl zeitlich als auch räumlich hin und her, vom Inneren eines Snackautomaten nach New York, vom Hier und Jetzt in die nahe und ferne Vergangenheit. Hinzu kommt, dass große Teile als eine Art Dialog angelegt sind, wobei die fragende Sprechstimme, auf die die Erzählerin auch nur bedingt Antworten gibt, nicht nur lange unklar bleibt, nein, sie nutzt auch durchgängig CAPS LOCK, was in meinem Internet-durchsetztem Hirn in Geschreie übersetzt wird ("WO BIST DU JETZT?"). Das mag sich jetzt alles ziemlich chaotisch und strukturlos anhören, aber Olivia Wenzel hat den Dreh raus: Sie schafft es, alle diese Versatzstückchen (plus die enorme Themenvielfalt, die ich noch gar nicht angesprochen habe) in ein sehr gut lesbares, unterhaltsames und vor allem kluges Buch zu verwandeln: It's a kind of literary magic ;)

Falls ihr also auch zu den Leser*innen gehört, die gerne wissen woran sie sind (Stichwort: wer spricht denn da nun?), kann ich euch nur raten: Nehmt es einfach so hin und lasst euch darauf ein, ohne weiter nachzudenken. So hat es bei mir auch geklappt, und ich muss sonst eigentlich auch immer ganz genau vorher wissen, was da nun Sache ist.

Auch inhaltlich hat dieses Buch eine Menge zu bieten. Die Protagonstin ist Tochter einer DDR-Rebellin (die wiederum Tochter einer strammen SED-Funktionärin ist) und eines Austauschstudenten aus Angola. Die Themen Rassismus, DDR, Systemtreue bzw- rebellion, PoC in der DDR usw. machen sich hier also schon von ganz alleine auf. Hinzu kommt, neben dem Offensichtlichen, weiteres Familiendrama, das schließlich im Verlust ihres Zwillingsbruders gipfelt. Auch queere Themen sind dabei: Die Protagonstin ist bisexuell - für sie quasi die Mitgliedschaft in einer weiteren marginalisierten Randgruppe.

Doch die Protagonstin reflektiert nicht nur Vergangenes, sondern auch neue Erfahrungen: Zum Beispiel, wie sie "schwarz sein" in den USA ganz neu erfährt - als Teil einer black community (die, und das ist die nächste Schleife der Reflexion, als gemeinsamen Nenner vor allem den gemeinsam erfahrenen Schwerz, das Leid, die Ausgrenzung hat...).

Ja, der Olivia Wenzel hat sich den Teller hier ordentlich voll gepackt - doch sie behält den Überblick. Auch hier erinnert mich das Buch an Brüder, einen Kandidaten der letztjährigen Longlist: Es sind fast alle relevanten Themen dabei, und keines kommt zu kurz - doch alles geschieht natürlich, fast beiläufig, hier wird kein mühsames Themenbingo gespielt, sondern die Lebensumstände einer jungen Frau geschildert, die nicht nur in eine, sondern ziemlich viele Schubladen gesteckt wird.

Ein wuchtiges Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.
Profile Image for Mina.
190 reviews22 followers
June 9, 2023
Seit Olivia Wenzel mit “1000 Serpentinen Angst” für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert war, stand das Buch auf meiner Wunschliste. Ein experimentelles Werk über eine in Deutschland aufgewachsene Person of Colour, inmitten von Rassismus und Privileg, zwischen Liebe und Trauer, überfordert und verängstigt von der Welt. Darüber möchte ich mehr erfahren.

Meine Erwartungen wurden bezüglich des Inhalts auch erfüllt. Wir erfahren vom Aufwachsen in der DDR und später im Osten des wiedervereinigten Deutschlands als Tochter einer deutschen Mutter und eines Vaters aus Angola, beide überwiegend abwesend, sodass die Großmutter sich viel um das Kind und ihren Zwillingsbruder kümmert. Die Protagonistin sinniert verschiedenen Erinnerungen nach. Anhand von alten Fotos, vergangenen Gesprächen und Bruchstücken eigener Erfahrungen wird über deren Bedeutung nachgedacht, um ein Stück weit die eigene Identität verstehen und einordnen zu können und sich mit dem gesellschaftlichen Rassismus auseinanderzusetzen. Gleichzeitig leidet die Hauptfigur in der Gegenwart unter schweren Angststörungen und begibt sich in psychiatrische Behandlung. Den Selbstmord ihres Bruders, aber auch die Trennung von ihrer Partnerin Kim, versucht sie in Selbstgesprächen aufzuarbeiten.

Diese Aufarbeitung findet vor allem in Form von Zwiegesprächen statt, die die Protagonistin mit sich selbst führt (was ich mir dann erst ein gutes Stück im Buch erklären konnte), und die immer am Bahnhof vor einem Snackautomaten stattfinden. Das allein war mir, auch in Verbindung mit recht kryptischen Formulieren, zu arthousemäßig angelegt. Im Mittelteil wird diese Frage-Antwort-Form durch konventionelle Prosa abgelöst, bis im letzten Drittel wieder der Dialog übernimmt. Es gibt nur einen sehr losen Plot, der oft durch Andeutungen erraten werden muss. Ansonsten wirft die Autorin vor allem mit Schnipseln und Fetzen um sich, bei denen ich zwar den ein oder anderen länger ansehen und wertschätzen konnte, die nun am Ende jedoch zusammenhangslos um mich herumliegen. Mir hat am Ende das große Ganze gefehlt. Einen Trichter, in den dieser Wirrwarr mündet. So war es für mich nur Ideenkonfetti, teilweise provokant, teilweise nachdenklich, manchmal selbstironisch, aber unterm Strich zu aufgebauscht und over the top.
Profile Image for Elena.
1,031 reviews409 followers
September 8, 2020
"Manchmal denke ich, es wäre gut, sich nicht bloß über Erzählungen und Bilder zu erinnern, sondern über Berührungen.
Ein Archiv in sich zu tragen, das alle Berührungen der Haut gespeichert hätte und das jederzeit abrufbar wäre. Das man hervorholen könnte, wenn man zusammen auf dem Sofa sitzt, bei Tee und Keksen, um sich gemeinsam an Vergangenem zu freuen." - Olivia Wenzel in "1000 Serpentinen Angst"

Unsere namenlose Ich-Erzählerin ist mitte 30, lebt in Ostdeutschland, ist queer und Schwarz. Ihre Mutter war Punkerin, ihr Vater stammt aus Angola und wurde aufgrund einer fehlenden Aufenthaltsgenehmigung auch wieder dort hin ausgewiesen. Ihre Mutter wäre am liebsten mit dem Vater ausgewandert, ob sie und ihr Zwillingsbruder mit auf die Reise gehen oder nicht war ihr herzlich egal - kein guter Start in eine gesunde Mutter-Tochter-Beziehung, dafür aber der Beginn der Erziehung durch die rassistische Großmutter. Als dann auch noch ihr Bruder Selbstmord begeht, stürzt ihre Welt komplett ein und sie beginnt, ihr Leben zu reflektieren, zu Beginn auf einer Reise nach New York.

Olivia Wenzel schreibt Theatertexte und Prosa und das merkt man ihrem Debütroman an. Stilistisch habe ich bisher nichts gelesen, was in die Richtung von "1000 Serpentinen Angst" geht - und sowas liebe ich! Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt, Teil 1 und 3 sind größtenteils Frage-Antwort-Texte. Spricht die Ich-Erzählerin mit sich selbst? Oder wird sie befragt bzw. befragt sie in Teil 3 jemanden? Abschließend konnte ich das für mich nicht beantworten, ich tippe aber auf Ersteres. Auch optisch war das im Text besonders, da die Fragen komplett in Großbuchstaben gedruckt wurden und zwischendurch immer wieder Abschnitte in kursiv gehalten sind. Man muss sich auf diesen Schreibstil einlassen, muss offen dafür sein, wer das kann, findet hier sicher einen besonderen Schatz.

Die Sprache der Autorin ist einfach, oft "schnoddrig". Ihre Protagonistin denkt häufig in Bildern und bringt so Abstand zwischen sich und ihre Erlebnisse. Seien es nun Neonazis, die am Badesee auftauchen oder polnische Nazis, die sie und ihre Freundinnen bei einem Fahrradurlaub bedrohen - Rassismus spielt in "1000 Serpentinen Angst" eine große Rolle, neben der Bindung: zwischen ihr und ihrer Mutter, ihrer Großmutter, ihrem Bruder, ihrer Lebenspartnerin. Schwarz, queer, Ossi: keine leichte Mischung und gerade deshalb unglaublich wertvoll.

Mir hat dieses Buch richtig gut gefallen. Ich habe zwar bis jetzt nicht das Gefühl, dass ich alle Themen im Roman komplett erfassen konnte, da diese doch recht sprunghaft behandelt werden, mein Automaten-Herz hängt aber an "1000 Serpentinen Angst" und ich kann es sehr empfehlen 🧡
Profile Image for Leah.
527 reviews70 followers
December 31, 2021
Bewusstseinsstrom für eine vernetzte, pluralistische Welt.

Der Text hat mich wirklich aus den Socken gehauen - Wenzels Erzählstil ist wirklich einzigartig und ich finde es bewundernswert, dass lauter lose Gedanken später eine ganze Geschichte ergeben können, obwohl sie so zusammenhangslos am Anfang erscheinen und die Zeitsprünge wahllos. Am Ende ist es wirklich sehr geschickt kombiniert.
Mir gefiel auch, dass es eine Geschichte von der Wende ist, aber ganz anders als alle Geschichten, die sich sonst so um Ostdeutschland drehen. Sie zeigt ein bisschen wie vielfältig Herkunft eben ist und was es mit einem Menschen macht, wenn er immer wieder über Herkunft sprechen und nachdenken muss, was das eben auch mit Kindererziehung oder Liebesbeziehungen macht.
Immer wieder hat mich Wenzels Schreiben an Virginia Woolf erinnert, lieben wir.
Profile Image for yexxo.
907 reviews27 followers
December 30, 2020
Die Jury des diesjährigen Deutschen Buchpreises scheint eine Vorliebe für Häppchenliteratur zu haben – zumindest ist es nach ‚Aus der Zuckerfabrik‘ bereits das zweite Buch, das keine fortlaufende Geschichte erzählt, sondern aus eher kurzen Sequenzen zusammengesetzt ist. Tja, und ich muss feststellen: Meins ist das nicht.
Eine junge schwarze Frau, geboren und aufgewachsen in der DDR, erzählt – obwohl, nein, das stimmt nicht, sie erzählt nicht, sie antwortet. Es sind Dialoge, in denen die junge Frau von einer meist unbestimmten Person zu bestimmten Ereignissen usw. befragt wird, die sie dann mehr oder weniger ausführlich beantwortet. Es geht um Alltagserfahrungen aus der Kindheit wie aus ihrem Erwachsenenleben; der Enge und die fehlende Freiheit in der DDR; der alltägliche Rassismus in Ost und West; in den USA plötzlich das Gefühl zu haben, Teil einer Gemeinschaft zu sein; um Liebe, Einsamkeit und Familie.
Doch es kommt kein richtiger Lesefluss auf, obwohl es richtige gute Stellen in diesem Buch gibt, die beispielsweise deutlich machen, was es bedeutet, als BürgerIn eines Landes in der Minderheit zu sein:
"Was soll mir meine weiße Großmutter antworten auf die Frage, …, was es bedeutet, keinen Ort zu kennen, an dem man selbst die Norm ist?" (S. 82)
Aber dieses dauernde Frage-Antwort-Spiel, das von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit springt, empfand ich irgendwann einfach nervig und ertappte mich dabei, dass ich anfing diagonal zu lesen. Kein gutes Zeichen.
Dazu surrealistisch anmutende Szenen, in denen ein Snackautomat eine wichtige Rolle spielt – ach ne, das ist mir doch zu viel des Guten. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur altmodisch.
Profile Image for Nadin.
Author 1 book28 followers
January 7, 2021
Das Buch hat eine erstaunliche thematische Breite und entwickelt einen unglaublichen Sog. Dennoch sträubte sich in mir etwas gegen die komplexen Stilmittel, und es blieben viele Fragezeichen zurück.

Je länger das Buch nachwirkt, desto bewusster wird mir, wie diese Stimme/Perspektive gefehlt hat. Das ist einen extra Stern wert!
Profile Image for Buchdoktor.
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March 4, 2020
Olivia Wenzels Icherzählerin setzt sich mit Mitte 30 auf einer USA-Reise mit ihrem Schwarzsein auseinander. Aufgewachsen mit ihrem Zwillingsbruder bei der ostdeutschen Großmutter, waren beide Kinder stets die Ausnahme in einer rein weißen Umgebung. Der Vater der Geschwister stammte aus Angola, ihre Mutter hatte sich als Mitglied der ostdeutschen Punk-Szene schon als Jugendliche in Schwierigkeiten mit den Behörden gebracht. In den USA fühlt sie sich, anders als bei einem Besuch in Angola, plötzlich zugehörig. Sie „sieht“ ihre Hautfarbe hier zum ersten Mal, obwohl zuvor bereits in Deutschland Schwarze überall zuerst heraus gewunken wurden. Ihr ist jedoch klar, dass amerikanische Städte nicht für arme Menschen ohne Auto gebaut werden und dass dort Schwarze fast ausschließlich in Dienstleistungsberufen arbeiten. Eine weitere Reise führt nach Vietnam, wo Kim, die Lebenspartnerin der Erzählerin, gerade ihre Familie besucht. Eine wichtige Rolle im Roman spielen Fotos und Bildbeschreibungen, die der Protagonistin ermöglichen, selbst einen Schritt aus dem Bild herauszutreten, aber auch damit Gespräche zu initiieren.

Weitere Teile des Buches setzen sich mit dem Schwarzsein in Ostdeutschland auseinander, mit dem Finden der eigenen sexuellen Orientierung, mit einer akuten Angsterkrankung und mit Großmutter und Mutter der Erzählerin. Die Großmutter war bereits allein erziehende Mutter, der von der Stasi gedroht wurde, ihre punkige Tochter in ein Heim einzuweisen, falls sie deren jugendliche Eskapaden nicht in den Griff bekäme. Ob die Erzählerin sich letztendlich in die Motive von Mutter und Großmutter einfühlen konnte, bleibt für mich offen, ihr Weg dahin hat mich stark berührt.

Die Selbstfindung und Selbstauskunft der jungen Frau wird strukturiert durch insistierende Fragen - im Druck durch Großbuchstaben hervorgehoben - an sie, auf die sie bereitwillig antwortet. Das Layout und die Tonlage der Fragen fand ich lange irritierend; der Groschen, um was für Fragen es sich handelt, fiel bei mir entsprechend spät. Auch wenn der Einstieg für mich zunächst verwirrend war, hat mir die Suche der Icherzählerin nach eigenen Wurzeln im Dreieck aus Stress/Rassismus/psychischer Erkrankung einen neuen Blick ermöglicht, der weit über das Konstrukt Hautfarbe hinausreicht.
Profile Image for laleliest.
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November 5, 2020
Die Protagonistin dieses Buches ist eine Schwarze Frau, die in Ostdeutschland aufgewachsen ist. Sie behauptet von sich selbst, für ihre Verhältnisse viele Privilegien zu haben, allerdings ist ihr Alltag geprägt von Mikroaggressionen und Rassismus: Angst vor Nazis, Angst vor‘m öffentlichen Banane essen, die Blicke die ihr zugeworfen werden,... Es geht um das Aufwachsen der Protagonistin, den Umgang mit dem Tod und Verlust, das Entdecken der eigenen Sexualität und darum, herauszufinden, wer man ist und wo man hinmöchte. • Dieses Buch war etwas ganz besonderes. Der Schreibstil ist geprägt von einer Dialogform, als würde die Protagonistin sich selbst provokante Fragen stellen und auf diese dann antworten. So und auch im Fließtext erfahren wir den Lebenslauf der Protagonistin. Ich habe so eine Art von Erzählung noch nicht gelesen, bin aber sehr schnell in die Geschichte hereingekommen. Die Rassismuserfahrungen machen wütend und sorgen dafür, erneut seine Privilegien zu erkennen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es war spannend, traurig und gleichzeitig auch humorvoll. Die angesprochenen Themen sind mehr als relevant. In meinen Augen eine Geschichte, der man zuhören sollte.
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July 10, 2022
Although its themes are very important and the voice is one not heard nearly enough in German literature, I found this book to be whiny, dull, and with such little narrative that it should not really be called a novel. I really hope that Germans of African descent become more represented in the future, so that we can hear a genuinely revelatory account of their experience, told in a way which actually makes you want to keep reading.
Profile Image for Christina .
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November 8, 2020
Dieses Buch fühlte sich an, als ob man direkt in den Kopf der Autorin geworfen wird. Alle umherspringenden Gedanken prasseln auf einen ein. Es war mitunter schwierig, sich immer zurecht zu finden, manchmal aber auch ganz leicht.

Ob es auch autobiographische Züge hat, vermag ich nicht zu sagen. Deswegen versuche ich, bei der Lesung am 12. November einzuschalten.
Profile Image for Kristi Hovington.
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December 4, 2022
This is a unique, engaging reflection of rootlessness, of otherness, of belonging, of race and sexuality spread across four continents and past and present. This isn’t a long book, but I found I could only read a bit at a time; it’s not plot driven but more of a fractured, interior examination.

In the beginning of the novel, the narrator lives in Germany but travels to a town in the southern USA, not far from my hometown, and her impressions of being a German in the southern US was like the other side of the mirror to my experiences being southern American living in Germany. All of that rang true and was so realistic; the poetry/prose/interview style of writing works well in conveying her observations, not only of this bit but also the other central experiences of her life. It gets a bit messier when the plot turns inward, and I think this could have been edited a bit more, but overall this a fascinating, wonderfully written and translated debut novel.
Profile Image for Gordon Ambos.
Author 4 books79 followers
January 3, 2022
TW: Rassismus, Erwähnung des N-Wortes, Suizid

Ich hätte diese Geschichte mehr gemocht, wenn sie anders erzählt worden wäre. Obwohl der Erzählstil interessant und originell war, hat er doch dafür gesorgt, das der Plot irgendwie an mir vorbeigegangen ist und mich nicht wirklich packen konnte. Der Schreibstil war trotzdem super und ich werde in Zukunft sicher noch mehr von Olivia Wenzel lesen.
Profile Image for Vanessa.
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July 25, 2020
Ich tu mir ein bisschen schwer hier einen Anfang zu finden. „1000 serpentinen angst“ ist wie nichts, das ich bis dato gelesen habe.

Auf 352 Seiten nimmt die namenlose Erzählerin den Leser mit auf eine holperige Reise in ihr Hirn. Nur so kann ich annähernd beschreiben, wie diese Lektüre für mich war. Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt, wobei der erste, wie auch der dritte Teil aus Dialog besteht. In Großbuchstaben werden der Erzählerin Fragen gestellt, die sie beantwortet, später werden die Rollen getauscht und die Erzählerin stellt die Fragen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass dieser Teil anfangs befremdlich war zu lesen, einfach weil man als Leser einfach ins kalte Wasser geworfen wird. Hier stellt sich niemand vor, man ist einfach mittendrin und auch nachher wird nicht aufgeklärt wer hier die Fragen stellt und wieso. Vor dem Hintergrund, dass Frau Wenzel auch Theaterautorin ist, verständlicher, beim Lesen aber zu Anfang befremdlich.
Ich hab einigermaßen langsam verstanden, dass man vielleicht selber nicht so dringend alles zerdenken sollte, als ich die Gegebenheiten einfach als „ist“ und „gegeben“ angenommen habe, hab ich mich auch einfacher im Schreibstil festgelesen.

„1000 serpentinen angst“ erzählt die Geschichte einer Frau die es im Leben nicht immer leicht hatte: Tochter einer Altpunkerin und eines Angolaners in Ostdeutschland geboren, von der latent rassistischen Großmutter großgezogen, queer.. Darüber hinaus hat sie ihren Bruder an Suizid verloren, wenig bis keinen familiären Rückhalt und leidet an einer Angsterkrankung. Ach ja – schwanger ist sie auch noch.

Trotzdem und das ist das bewundernswerte an der Erzählerin – sie weigert sich, sich in ihrem Elend zu suhlen, sich auf das Klischee reduziert in der Opferrolle auszuruhen, spricht zwar Erfahrungen mit Rassismus an, will sich aber nicht auf das Thema reduzieren lassen und spricht sehr reflektiert über ihre Probleme. Die Sprache die sie benutzt, ist auf der einen Seite sehr angenehm, ich mag diese schnodderige, lapidare Art, die mich trotz des manchmal schweren Themas doch auch zum schmunzeln bringt. Auf der anderen Seite ist sie manchmal sehr krass, nackt und direkt, so sehr dass es manchmal fast unangenehm ist weiterzulesen.

Insgesamt eines der interessanteren Bücher, die ich dieses Jahr gelesen habe, ein Buch das ich in seiner Gänze nicht komplett habe greifen können, das einem aber, wenn man sich einmal auf den unkonventionellen Erzählstil eingelassen hat, jede Menge wichtige Denkanstöße mit auf den Weg gibt und das es schafft, das man sich selbst in vielerlei Hinsicht beginnt zu hinterfragen. Auf eine sehr gute Art und Weise. Leseempfehlung!
Profile Image for Lars.
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September 6, 2020
Dieses Buch habe ich ein wenig gegen meinen Willen gelesen. Es ist einfach von der Mehrheit meines Leseclubs zum September-Buch bestimmt worden. Ich hätte gerne etwas anderes genommen. Warum … weiß nicht. Vielleicht zu viele Serpentinen-Bücher in diesem Jahr, in denen es um die eigene Kindheit, die Eltern, die Großeltern, Tod, Tralalalala geht. Zu viel Bedeutungsschwurbelei. Zu viel Hype. Zu viel zu viel.
Von der ersten Seite an habe ich mich in 1000 Serpentinen Angst furchtbar heimisch und heimelig gefühlt. Nicht weil ich schwarz bin, das bin ich nicht; nicht weil ich aus dem Osten komme, das komme ich nicht; nicht weil ich homo (oder bi) bin … na, das vielleicht ein wenig schon. Was mich sofort mitgerissen hat: Die Protagonistin unterhält sich exakt so mit sich selbst (mit ihrem Verstand? Hirn? Vernunft?), wie ich das auch tue. Sie tritt in einen Dialog, stellt Fragen, bekommt aber eher Fragen gestellt.

WIE GEFÄLLT MIR DIESES BUCH?
Mh … gut. Eigentlich ja etwas wenig Handlung für das, was ich sonst gerne lese.
ABER SIE HAT EINEN SÜSSIGKEITEN- UND KAUGUMMIAUTOMATEN-KINK!
Ja, mega. Ich bin verliebt!
UND IHR UMGANG MIT KACKVÖGELN ALLER ART?
Sahne! Ich bin arg neidisch. Genau so würde ich auch gerne in den richtigen, den wichtigen Momenten meine Klappe aufreißen.
WARUM TUST DU'S NICHT?

WARUM NICHT?
Ich übe noch.

Leider muss ich zugeben, dass mein Kopf mir nicht so penetrant so kluge Fragen stellt. Viel zu selten, eigentlich. Und dabei zeigt mir das Buch im Grunde, dass man vor sich selbst am allerwenigsten Angst haben muss. Aber es gibt halt die dunklen Ecken und Flecken, die in einem lauern, von denen man nur weiß, dass sie da sind, aber nicht viel mehr. Die zu finden, und sich dann die richtigen Fragen stellen ist, was das Buch mir mitgegeben hat. Und warum ich es in relativ kurzer Zeit inhaliert habe, auch wenn ich den Mittelteil, ohne die Fragen und die Antworten etwas zäh fand. Nicht so flüssig. Nicht so drängend. Auch wenn es mich bei der Schilderung der Mutter geschaudert hat. Wie kann da nur so viel Distanz sein, und es wird klaglos hingenommen? Kann man der Mutter ihren f*cking Egoismus mal gehörig um die Ohren hauen? Wo ist denn hier die dicke Lippe, die gegen Nazis und andere Arschlöcher so gut funktioniert? Wäre die hier nicht ebenso angebracht? Vielleicht auch, weil es mich ein wenig, wenn auch ganz anders, an das Hin und Her mit meiner Mutter erinnert, weil ich dann ebenso duckmäuserisch bin.
Aber das gehe ich jetzt selbst mit mir diskutieren.
Großes Talent. Tolles Debüt. Bitte mehr.
Profile Image for Nina.
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January 1, 2021
Man merkt dem Roman sehr an, dass Olivia Wenzel eigentlich Theater-Autorin ist. Das war mir im Vorhinein nicht bewusst, die ständigen Gedankensprünge haben mich nach kurzer Zeit leider sehr ermüdet. Auch die vielen Passagen mit Text in Versalien hätten mit Sicherheit anders dargestellt werden können, sodass die Stimme in meinem Kopf sie nicht JEDES MAL GEBRÜLLT HÄTTE. Stilmittel hin oder her.
Inhaltlich heutzutage relevanter denn je, 2 subjektive Sterne Abzug für die Form.
Profile Image for Re.
130 reviews19 followers
March 11, 2020
Lese Highlight ❤️
2 reviews
October 18, 2020
Ich hab alles daran geliebt. Die besondere Art zu schreiben hat mich eingesogen
Profile Image for Bagus.
474 reviews93 followers
December 30, 2022
1000 Serpentinen Angst (or “1000 Coils of Fear” in English translation by Priscilla Layne) explores a unique experience of dealing with racism and queerness in post-reunification Germany. Olivia Wenzel was born in Weimar in 1985, a city that was at that time part of the German Democratic Republic (GDR) from an Angolan father and an East German mother. Her protagonist-cum-narrator follows a similar trajectory in life with similar backgrounds. Her life story is sometimes incoherent, much like how an unreliable narrator acts most of the time. Though, the form of the story consists mostly of dialogic call-and-response. The narrator is constantly being questioned by her interlocutor. At times, it gives off a vibe of her being questioned by the authorities in detention, yet at times the conversations could also seem to take place over a phone call. The narrator could be anywhere in her story. Sometimes she is in Germany, the US, Viet Nam, or even Morocco.

The Angst in the title loosely reflects the constant state of anxiety that the protagonist experiences. At first, it seems as though it solely stems from her experience of growing up as a child of colour in a predominantly white society of the then GDR and in post-reunification Germany. But then through endless streams of questions and answers between the two interlocutors, we could observe that the problems that the narrator has been through could also be seen as an intergenerational problem of post-war Germany.

The narrator’s grandma, born on the eve of the Zero Hour as Hitler’s Germany capitulated against the Allied forces, grew up in the GDR taking up socialist conviction as part of her belief and a cause to work for. Three decades later, socialism began losing its power over the East Germans in the 1980s, allowing her mother to grow up as a punk rebel who married an Angolan and stayed in prison due to her anti-socialist activities. The narrator, as the third generation’s spokesperson of this story, has to face a multitude of problems as she faces racism, the suicide of her twin brother, as well as her queer identity with her departure from her earlier heterosexual predicament.

Angst has been accompanying the narrator for as far as she can remember, a factor she internalises as part of her upbringing. The constant streams of dialogues could also be seen as a way for the narrator to understand herself, or in the Freudian interpretation, the questioning by the interlocutor helps the narrator to dig further into herself through an analysis. The way it registers colloquial terms in the conversations is also quite innovative, something I rarely see in German literature which most often than not relies on long sentences, thereby catering more to a broad range of literature classes.

Wenzel’s protagonist shows the significance of her experience, which takes its peak on a trip to Viet Nam as she sought an encounter with her former lover Kim in Hanoi (Kim herself a Vietnamese growing up in the GDR and a lesbian, another minority figure). She was hoping to make a discussion with her, to make herself understood and to confront her fears. Although, it’s not quite clear whether the narrator actually lives through the experiences she described, which brings the notion of Serpentinen, denoting multiple perspectives and repetitions. The case of Wenzel’s protagonist further expands the experience of being people of dual heritage in German society, beyond the contemporary cases of refugees and former Gastarbeiter.
Profile Image for Marcus Ham.
38 reviews3 followers
December 19, 2022
I enjoyed the innovative style and form but by the end the back and forth between the protagonist and her thoughts was a bit tedious. I also found passages very 'online' which made the plot feel tacky in parts. Overall, I'm not sure it deserves all the hype.
Profile Image for Minnie.
1,196 reviews42 followers
Read
August 7, 2020
3,5? Oder sogar 4? Ich weiß es nicht.

Dieses Buch ist schwer zu bewerten. 1000 Serpentinen Angst ist ein sehr komplexes Buch, das eine erstaunliche Breite und Vielfalt an meines Erachtens wichtigen Thematiken bereithält und konfrontiert. Eine konfuse Mischung aus Rassismus, psychischen Störungen, Familienproblematiken, Generationenkonflikte, Sexualität und der Weiblichkeit wird hier in rapider Form angesprochen. Und mit rapide meine ich die Erzählweise und die Stilmittel. Dieses Buch ist fast ausschließlich in Form eines Dialoges zwischen unserer namenlosen Protagonistin und [Gesprächspartner]. Warum ich das so komische ausschreibe? Weil wir den Gesprächspartner nicht wirklich kennen. Es gibt viele Hinweise und Vermutungen; ich habe meine eigene. Was für mich sehr schwierig zu verfolgen war, war nicht die Erzählungen ihres Lebens, sondern die Sprünge.
Die Erzählerin sprang von Thema zu Thema, von Satz zu Satz, von Seite zu Seite, alles war angerissen worden aber nicht wirklich zu Ende erzählt. Das Ganze wirkte auf mich wie ein konfuser Fiebertraum, weil so viel passiert ist und gleichzeitig wir keine Erläuterungen bekommen. Ein starkes und tiefgründiges Debüt, aber erzählerisch her sehr anstrengend zu lesen. Definitiv nichts für den einfachen Mainstream-Leser.
Profile Image for Soeph.
170 reviews1 follower
August 15, 2021
Wirklich ein einzigartiges Buch! Die dialogische Form funktioniert so gut, dass ich nichtmal am Anfang wissen wollte, mit wem die Protagonisten redet und was überhaupt gerade passiert, ich konnte mich direkt auf die Story einlassen. Es ist schwer zusammen zu fassen, um was genau es geht, aber es ist so klug und facettenreich und authentisch und witzig und vielschichtig.
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