Der moderne Individualismus ist zum Problem der westlichen Staaten geworden. Die Befreiung des Ichs führt in übersteigerte Ansprüche nach dem perfekten Leben. Bleibt es aus, folgen Enttäuschung, Aggression, Protest. Am Ende entlädt sich der Frust in der Ablehnung eines ganzen gesellschaftlichen Systems, im Extremfall in Hass. So gefährdet der Individualismus die Demokratie. Ist er als Idee noch zukunftsfähig? Mit der Renaissance ist der Individualismus angetreten, den Menschen aus den Zwängen von Tradition und Glauben zu befreien. Doch diese Freiheit brachte auch Vereinzelung, gemeinschaftsferne Lebensentwürfe und Konkurrenz. Menschen sind plötzlich allein auf sich zurückgeworfen. Die Gesellschaft zerfällt in wenige Gewinner und viele Verlierer. Heute ist das Individuum erschöpft, überfordert – und im Schrei nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Einzigartigkeit. Die politische Konsequenz heißt Populismus, Desintegration und Gewalt. Wo ist der Ausweg? Wie kann es uns gelingen, wieder mehr Gemeinsinn zu entfalten – und dennoch uns selbst treu zu bleiben?
Der Schriftsteller und Journalist verortet das Problem im modernen Individualismus der westlichen Kultur, die zu einer Skepsis für alles Gemeinschaftliche und einer übersteigerten Bedeutung des Ichs geführt habe. Das sei letzten Endes auch die Ursache für Populismus und Desintegration. Denn vereinsamte Menschen sind besonders anfällig dafür, sich im Internet in Verschwörungsuniversen zu verlieren und zu radikalisieren.
Eine spannende Analyse über die Auswirkungen des Trends hin zu mehr Einzigartigkeit, Selbstdarstellung, Erfolgsstreben wie es in letzter Zeit noch durch Social Media befeuert wird. Dahinter lauert eine Einsamkeit, die keiner mehr zugeben will, weil es zu peinlich wäre in einer Gesellschaft, in der auch das Glück erreichbar scheint, wenn man es nur richtig macht. Der Autor vermutet, dass der Mangel an Zugehörigkeit den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Solidarität gefährdet - und der Frust über die Einsamkeit Menschen zu Protestwählern macht, die auch leichte Beute für rechtspopulistische Parteien sind.