"Was ist das?" ist nicht selten die Reaktion auf ein Coming Out als aromantisch und/oder asexuell. Eine Antwort darauf zu geben, ist nicht immer ganz leicht: Was ist das generell? Was ist das für mich persönlich? Und wie soll ich das jetzt alles erklären?
Der Einführungsband "(un)sichtbar gemacht - Perspektiven auf Aromantik und Asexualität" schafft eine kompakte und verständliche Basis zu den Themen Aromantik und Asexualität und beantwortet häufige Verständnisfragen. Das Buch zeigt auf, welche Formen die Diskriminierung aromantischer und asexueller Menschen annehmen kann und wie andere Diskriminierungsformen damit verwoben sein können. Es arbeitet historische Spuren der beiden Orientierungen bis in die Gegenwart auf und bietet Einblicke in heutige aromantische und asexuelle Lebensrealitäten. Zusätzlich zum Sachtext geben persönliche Beiträge von Mitgliedern der Communities einen Einblick in ihre Perspektiven.
Seit langem suche ich jetzt schon nach Texten, die ich meiner Familie geben kann, wenn ich mich als a(ce)spec oute, damit sie es besser verstehen können, ohne dass ich die ganze Aufklärungsarbeit selbst und alleine leisten muss. Dieses Buch verspricht mir am Anfang genau das zu sein, verspricht mir vor allem einfach und verständlich zu sein, um eben niemanden auszuschließen. Doch genau das tut es. Es ist wirklich wunderbar wie inklusiv dieses Buch ist, wie es unterschiedliche queere Realitäten berücksichtigt und miteinbezieht und vielfältige Aspekte von Asexualität und Aromantik erklärt. Gleichzeitig sind viele dieser Aspekte für Menschen, die mit queeren und auch allgemeinen linken Diskursen - sowie deren Sprache - nicht vertraut sind, meiner Meinung nach, nur schwer nachvollziehbar. Wirklich toll fand ich allerdings die persönlichen Beiträge, die sehr berührend und anschaulich waren.
Wichtiges Buch über eine Gruppe, die - auch als Teil der queeren Community - sehr oft unsichtbar gemacht wird. Ich denke, das Buch richtet sich vor allem an Personen, die weder asexuell noch aromatisch sind (sondern allosexuell und/oder alloromantisch), es ist ein Grundlagenbuch, das kein Wissen zum Thema voraussetzt. Sehr gut geschrieben und eine tolle Kombi aus Sachtext und persönlichen Berichten.
Leseempfehlung, auch um diskriminierungssensibler zu werden und eigenen (queeren) Aktivismus inklusiver zu machen!
Unabhängig vom Thema hat mir besonders gefallen, dass die Autor:innen immer benannt haben, wer Begriffe begründet hat (und damit den Beitrag von Aktivist:innen sichtbar gemacht haben) oder die Leerstelle benannt haben, wenn dies nicht möglich war. Sie haben weiße Dominanz als solche benannt und (z.B. geografische) Limitationen ihrer Aussagen. Insgesamt eine sehr präzise Sprache, die Verallgemeinerungen ebenso vermeidet wie unnötig komplizierte Formulierungen. Alle nicht-deutschsprachigen Zitate / Begriffe werden im Text oder in Fußnoten übersetzt. In dieser Hinsicht sollten sich viele (populär-)wissenschaftliche Autor:innen was von den Baumgart und Kroschel abgucken.
Aromantische und asexuelle Identitäten greifbar und eben auch sichtbar gemacht
Rezension zum Buch „(un)sichtbar gemacht – Perspektiven auf Aromantik und Asexualität“ von Annika Baumgart und Katharina Kroschel
CN Unsichtbarkeit und Erasure von Aromantik und Asexualität (besonders bei Aromantik), Nennung von Diskriminierung, Pathologisierung, Vorurteilen und Klischees und dem Israel-Palästina-Konflikt
(Hinweis: Anders als im Buch selbst, werden in dieser Rezension nicht alle Label und Begriffe erklärt. Hierfür würde ich das digitale Queer-Lexikon oder eben das Buch um das es geht, empfehlen. Dort werden alle wichtigen Begriffe sehr gut erklärt.)
Annika Baumgart und Katharina Kroschel schreiben über ihr eigenes Buch, dass es ein Einführungsbuch in die Thematik Aromantik und Asexualität sein soll und, dass es die Lesenden von verschiedenen Positionen abholen soll und diese dann gemeinsam durch die Inhalte des Buches führen soll. Ich muss sagen, dass dies sehr gut gelungen ist! Bevor ich aber darüberschreibe, wie meine Leseerfahrung mit diesem Buch war, möchte ich einmal über meinen Zugang zum Thema sprechen. Seit einiger Zeit weiß ich, dass ich ace bin und habe auch noch weitere queere Identitäten. Von einem Teil der besprochenen Themen bin ich also selbst direkt betroffen. Ich habe das Buch zur Zeit der Aromantic Spectrum Awareness Week gelesen, was ich ganz passend fand, weil ich durch das Buch viel über Aromantik gelernt habe, wozu ich zuvor noch nicht so viel wusste.
Nun aber zum Buch: Das Buch ist so aufgebaut, dass zu Beginn Definitionen zu den wichtigsten Begriffen besprochen werden. Es wird darauf eingegangen, dass die Label weit gefasst sind und auch Microlabel im demi- und gray-Bereich sind, darunterfallen. Es geht also um einen großen Schirm für viele mögliche Microlabel. Es wird auch betont, dass nur eine Person selbst über die Label entscheiden kann, die für einen genutzt werden. Das sorgt eben auch dafür, dass Grenzen zwischen Labeln verschwimmen können und bei unterschiedlichen Personen unterschiedlich aussehen können.
Diese Definitionen sind aus queerer Sicht wichtig, da normative patriarchale Systeme nur aufgebrochen werden können, wenn die Fremdzuweisung von Labeln gestoppt wird und Personen für sich selbst sprechen und entscheiden können. Auch haben mir die Definitionen nochmal die Augen geöffnet. Ich wusste, dass „keinen Sex haben“ und asexuell sein, nichts miteinander zu tun haben muss. Es kann sein, dass eine Person selten Interesse an sexuellen Handlungen hat oder einfach keine sexuelle Anziehung spürt. Dass von einem Spektrum gesprochen wird, zeigt, dass nicht jede Person mit demselben Label gleich fühlt oder handelt. Wenn ich selbst mich zum Beispiel beim Dating als ace oute, merke ich, dass nicht alle wissen, was das Konzept dahinter überhaupt ist. Auch werden im Buch einige Stereotype angesprochen und zerlegt. Damit fühlte ich mich gut abgeholt und hatte das Gefühl, am richtigen Platz zu sein.
Zur Aromantik wurde genauso beschrieben, dass Handlung, Gefühl und Anziehung auch in diesem Bereich nicht zusammenhängen müssen und auch hier Phasenweise Veränderungen möglich sind. Und dies war etwas, was mir die Augen geöffnet hat. Ich weiß nicht, wie viele von euch eine feste Vorstellung davon haben, was beispielsweise Verliebtsein und romantische Liebe bedeuten oder was gemeint ist, wenn Paare in einer romantischen Beziehung sich gegenseitig sagen, dass sie sich lieben. Ich für meinen Teil hatte für diese Konzepte immer Schwierigkeiten diese in Worte zu fassen. Als Teenager habe ich mit Freund*innen darüber diskutiert, was denn letztendlich den Unterschied zwischen Freundschaft und Beziehung ausmacht – Achtung, hier geht es um Beziehungsweisen, die müssen per se nichts damit zu tun haben, ob Personen aromantisch oder asexuell sind oder nicht. Wir haben diese Dinge diskutiert, weil ich Gefühle, die ich bei bestimmten Freund*innen und romantischen Partner*innen nicht voneinander unterscheiden konnte, obwohl klar aufgeteilt war, mit wem ich befreundet und mit wem ich in einer romantischen Beziehung war. Vermutlich hatte ich romantische Gefühle einfach für mehr Personen als ich dachte. Ich denke, dass dieses Beispiel ganz gut zeigt, wie Beziehungsweisen und Gefühle und Anziehung voneinander abweichen können. Auf diese Abweichungen gehen die beiden im Buch auch sehr schön ein! Freundschaften, queerplatonische Beziehungen und romantische Beziehungen werden beispielsweise besprochen.
Im ganzen Buch sind Erzählungen von Personen verteilt, die unter die Schirmbegriffe aromantisch und/oder asexuell passen. Die Erzählungen zeigen, dass das Leben nicht so geradlinig ist, wie Bücher es manchmal scheinen lassen. Es gibt Ehen, in denen nach vielen Jahren erst auffällt, dass eine der beteiligten Personen asexuell ist. Es kommen auch Partnerschaften vor, in denen auf einmal rauskommt, dass beide auf dem aromantischen Spektrum sind.
In dem Buch wird die Geschichte der Konzepte Aromantik und Asexualität und besonders die Rolle des Internets und tumblr Blogs, um nur ein Beispiel zu nennen, weil mich dies immer besonders fasziniert, besprochen. Diskriminierung, Vorurteile, Unsichtbarmachung werden besprochen. Beziehungsarten werden durchgegangen und auch Intersektionalität, also die Verbindungen mit anderen Marginalisierungen wie beispielsweise anderen queeren Identitäten werden auch thematisiert und veraltete Ansätze aus der Wissenschaft werden angesprochen und auseinandergenommen.
Vor ein paar Jahren hatte ich mal „Bi: Notes for a Bisexual Revolution“ von Shiri Eisner (auf Englisch) gelesen. Dort ging es um bi Identitäten und deren Zusammenspiel mit anderen queeren Identitäten und auch deren Bedeutung im Kontext mit Diskriminierung und politischem Aktivismus. Während ich nun das Buch von Annika Baumgart und Katharina Kroschel las, musste ich einige Male an das Buch von Shiri Eisner denken. Zwischen den Themen der beiden Bücher gibt es natürlich Überlappungen. Personen können bisexuell und aromantisch sein oder auch aromantisch mit biromantischen Überlappungen. Auch die Geschichte der Pathologisierung von queeren Identitäten und die häufig zitierten Modelle wie die Kinsey Skala werden durch die Nähe der Themen in beiden Büchern besprochen. Gleichzeitig werden aber auch Unterschiede deutlich. Während Shiri Eisner für ein internationales Publikum auf Englisch schreibt und den Israel-Palästina-Konflikt direkt vor der Haustür hat und dies so auch in die Inhalte des Buches einfließen lässt, schreiben Annika Baumgart und Katharina Kroschel für ein deutschsprachiges Publikum und zeigen Ausschnitte der Lebensrealitäten von eben auch deutschsprachigen Betroffenen, was die Inhalte unterschiedlich prägt. Und der Fokus ist natürlich ein anderer. Inhaltlich macht es eben einen Unterschied aus, ob über Asexualität und Aromantik gesprochen wird oder über bi Identitäten.
Bei der Aromantic Spectrum Awareness Week ist ein wichtiger Aspekt, dass Aromantik nicht als kleines Anhängsel von Asexualität angesehen wird. Die Darstellung der Geschichte der beiden Konzepte in dem Buch zeigt, woher dieses Phänomen kommt, dass die beiden Begriffe teilweise so verschmolzen werden und die Eigenständigkeit des Labels Aromantik bis heute in einigen Kontexten infrage gestellt wird. Da das Buch beide Label bespricht, kann natürlich die Sorge bestehen, dass auch hier wieder die Eigenständigkeit der Aromantik nicht genügend gewürdigt wird. Dieses Problem wird im Buch selbst nicht nur bei der Besprechung der Geschichte, sondern auch bei den Abschnitten zur Diskriminierung besprochen. Beim Lesen bekam ich das Gefühl, dass gerade der Kontrast zwischen den beiden Konzepten hilfreich war. So wurde ich als lesende Person immer wieder darauf gestoßen, dass es wirklich wichtig ist, die beiden Konzepte nicht in einen Topf zu werfen. Gleichzeitig kann ich auch verstehen, wenn dies für einige nicht genügt und diese sich beispielsweise Material wünschen, dass Aromantik ohne Asexualität bespricht. Genauso wie in der Aromantic Spectrum Awareness Week eben nicht auch noch Awareness für Asexualität geschaffen wird.
In diesem Punkt möchte ich auch noch einmal auf das Buch zu bi Identitäten von Shiri Eisner zurückgehen. Shiri Eisner bespricht Bisexualität, Biromantik und politische bi Identitäten in verschiedenen Abschnitten. Das verbindende Element, „bi“, steht im Titel, aber eben auch „bisexual“ im Untertitel. Beim Vergleich dieses Titels mit dem Titel, der Aromantik und Asexualität nennt, fällt auf, dass dies eine andere Wirkung hat. Ich vermag an dieser Stelle nicht darüber zu urteilen, was das bedeutet oder wie dies auch mit Diskursen zu den Labeln zusammenhängen könnte. Letztendlich kann es auch Zufall sein, wobei „(un)sichtbar gemacht“ als Titel ja doch zeigt, dass der Fokus des Buches ist, unsichtbare Identitäten sichtbar zu machen. Letztendlich kann ich nicht sagen, welche Gedanken sich an dieser Stelle gemacht wurden. Aber ich muss sagen, dass ich den Titel des Buches großartig gewählt finde. Der direkte Vergleich mit dem Buchtitel von Shiri Eisner ist auch deswegen nicht unbedingt fair, da dieses Buch aus den Jahr 2013 stammt, also ca. zehn Jahre Diskurs zu solchen Begrifflichkeiten auch noch dazwischenstehen.
Ich persönlich würde das Buch jeder Person weiterempfehlen, die Basics zur Thematik lernen möchte oder sich auch nochmal Lesehinweise für vertiefte Lektüre suchen möchte. Da auch einiges Allgemeines zu verschiedenen queeren Identitäten gesagt wird, habe ich mir schon überlegt, ob ich das Buch nicht auch einfach Bekannten empfehle, die die Basics zu queeren Identitäten noch nicht kennengelernt haben und über die Bedeutung und den Umgang mit Labeln und Diskriminierung vielleicht mal etwas lesen möchten. Damit zeigt sich, dass das Buch tatsächlich ein sehr gutes Einführungsbuch ist. Als teilweise selbst betroffene Person habe ich noch einiges Neues gelernt – und mich mal wieder selbst hinterfragt – und gleichzeitig kann ich mir gut vorstellen, wie das Buch eben auch für Personen ganz ohne Vorwissen hilfreich sein kann.
Buch:
Kroschel, Katharina & Baumgart, Annika. 2022. (un)sichtbar gemacht: Perspektiven auf Aromantik und Asexualität. Münster: Edition Assemblage.
Weitere zitierte Werke:
Eisner, Shiri. 2013. Bi: Notes for a Bisexual Revolution. New York: Seal Press.
Kinsey, Alfred/ Pomeroy, Wardell/ Martin, Clyde. 1948. “The Kinsey Scale”, in: Sexual Behavior in the Human Male. (Mehr Informationen dazu: https://kinseyinstitute.org/research/...).
sehr wertvolles werk, sehr informativ und wertschätzend, hätte mir an manchen stellen ein bisschen mehr tiefe gewünscht, würde es aber insgesamt auf jeden fall weiterempfehlen!
Ich habe „[un]sichtbar gemacht“ auf eine Empfehlung aus unserem heimischen Buchclub hin gelesen und es war eine wirklich bereichernde Lektüre.
Das Buch ist eine Einführung ins Thema Asexualität und Aromantik. In fünf Kapiteln wird über Definitionen, die Geschichte der Asexualität, verschiedene Formen von Diskriminierung, Beziehungsweisen und Symbolik gesprochen. Also ein „Rundumschlag“, der den Lesenden einen Abriss der wichtigsten Inhalte zum Thema geben soll.
Ich habe sicher nicht alles verstanden oder nachvollziehen können – aber so ist das ja meistens mit solchen Büchern. Der Effekt, dass man sich erst wundert/ärgert und dann darüber nachdenkt, warum man so reagiert, gehört auch zur Lektüre und macht neben den reinen Informationen einen großen Mehrwert aus (zumindest für mich).
Die grundlegende Einführung ins Thema, seine Begrifflichkeiten, Kategorien und Subkategorien ist klar geschrieben und sehr hilfreich und bot für mich persönlich großen Mehrwert, weil ich mich vorab wenig auskannte.
Das Kapitel über Diskriminierung war ebenfalls interessant. Wie so oft ist es ja so, dass einem viele Diskriminierungsformen gar nicht bewusst sind. Oft geht es um die vermeintlich selbstverständliche Grundannahme, dass alle Menschen die Erfahrungen Liebe und Lust teilen (oder teilen werden) und daraus folgende Aussagen, Haltungen, Forderungen.
Ein wenig genervt hat mich leider der Tonfall des Buches – es gibt sich phasenweise einen sehr wissenschaftlichen Anstrich und stellt viele Aussagen als knallharte Fakten dar, ohne sie anständig belegen zu können. Wie auch – viele Definitionen, Kategorien, Begrifflichkeiten sind von den Betroffenen in jahrelanger (oft online stattfindender) Aushandlung erst vor nicht allzu langer Zeit selbst definiert worden. Das macht sie zu nützlichen Mitteln zur Selbstverortung – aber nicht zu wissenschaftlich und allgemein anerkannten Kategorien. Insbesondere, da sie sich im steten Wandel befinden.
Eigentlich ist das Buch ein aus der Community entstandenes Werk und es hätte ihm gutgetan, diesen Vorteil mehr hervorzuheben, statt etwas anderes sein zu wollen. Quellenbelege wie Foren, Yahoo-Gruppen, Youtube-Influencer*innen etc haben vor diesem Hintergrund eine andere Aussagekraft. Besonders auffällig wurde dieses Problem in dem Kapitel mit dem historischen Abriss, dass ich definitiv den schwächsten Teil des Buches fand. (Und in dem sie ihr Publikum, das sonst mit irgendwelchen Fachbegriffen überhäuft wird, phasenweise für blöd zu halten scheinen, wenn „Lehnsherr“ völlig unnötig in einer Fußnote sinngemäß als „sowas wie ein Vorgesetzter“ erklärt wird.)
Wenn man das Werk aber als eine aus der Community entstandene Einführung ins Thema liest, die sich an alle Interessierten richtet, die sich gern über Asexualität und Aromantik informieren möchten und ein bisschen Vorwissen zum Gesamtkontext LGBTQA+ mitbringen, ist es sehr empfehlenswert. Gerade die Erfahrungsberichte sind großartig! Die trockene und teils etwas abstrakte Theorie bekommt hier ein Gesicht, die komplexe Lebensrealität der Menschen wird in ihren unterschiedlichen Lebenswegen und -situationen deutlich. Ich hätte mir ein paar mehr Berichte von Menschen über 30 gewünscht, aber es kommt dennoch eine Bandbreite an Leuten zu Wort, die verschiedene Facetten von Asexualität und Aromantik widerspiegelt.
Ich werde trotz der Schwächen nachhaltig von der Lektüre profitieren und würde das Buch auch anderen zur Einführung ins Thema ans Herz legen.
Freue mich sehr, so gut aufbereitetes Material in Buchform auf Deutsch zu finden! Als Einführung finde ich dieses Buch sehr gelungen. Für Menschen, die sich mit der Thematik beschäftigen wollen bzw. in ihrer Selbstfindungsphase sind, bietet es viele hilfreiche Erklärungen. Menschen, die schon im Thema sind, können auch noch das eine oder andere lernen.
Die Idee, Erfahrungsberichte hier und da in den Kapiteln zu verorten, hat alles unheimlich aufgelockert. Gleichzeitig zeigen die Berichte, dass Aromantik und/oder Asexualität eben nicht von allen gleich erlebt wid und es unglaublich viele Abstufungsmöglichkeiten gibt. Obwohl ich schon in den 40ern bin, habe ich mich im Erfahrungsbericht von gapnap wiedergefunden. Ich habe mich auch in einigen anderen Berichten gesehen, aber dieser hat mich besonders angesprochen. Hat mich irgendwie glücklich gemacht.
Ich höre oft von heteronormativ geprägten Menschen, dass sie sich fragen, was diese ganzen Label sollen. Was sie übersehen ist, dass insbesondere Mikrolabel Menschen, die das Gefühl haben, sie passen nicht in eine heteronormativ geprägte Welt, die Möglichkeit geben, für sich herauszufinden, wer sie sind. Ob und wie sie diese Label dann nutzen, ist eine andere Frage. Ich vermeide Mikrolabel z.B., wenn ich über mich spreche.
Das Kapitel über Diskriminierung war schwer zu lesen. Gerade, weil alles so kompakt zusammengetragen war, was ich hier und da immer wieder erlebe. Für den Moment wirken einzelne Aussagen oder das Verhalten anderer vielleicht nicht "so schlimm". Wenn ich mir aber ein Gesamtbild mache, macht es mich unglaublich traurig. Inzwischen bin ich gefestigt, habe mich aber lange gefragt, "was mit mir nicht stimmt". Ich wusste zwar tief in mir drin wer ich war, konnte es aber schlecht in Worte fassen. Ich war über 30, als ich das erste mal den Begriff Asexualität gehört habe, Aromantik kam dann später hinzu. Erst dann konnte ich offen aussprechen, dass ich so wertig bin wie ich bin und dass es andere Menschen gibt, die so sind wie ich. Dass es völlig normal und legitim ist so zu sein!
Ich finde Bücher wie [un]sichtbar gemacht unglaublich wichtig, um die Vielfalt von Menschen unter dem Regenbogenschirm zu zeigen und allgemein die Sichtbarkeit zu erhöhen.
Als Person, die sich selbst auf dem AroAce-Spektrum irgendwo befindet, fand ich dieses Buch gründlich, toll recherchiert und großartig. Ich habe tatsächlich viel dazu gelernt und habe neue Eindrücke und neue Sichtweisen gewonnen. Was ich besonders toll fand, waren die verschiedenen AroAce Personen, die einen kurzen Ausschnitt aus ihrem Leben gegeben haben. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass ich als nichtakademische Person doch manchmal Schwierigkeiten hatte dem Ganzen zu folgen, definitiv kein Buch, was man einfach so am Stück wegliest. Wer sich über das Thema informieren und/oder weiterbilden will, aber leichte Lektüren gewohnt ist, dem rate ich zu einem anderen Werk. Aber lasst euch nicht abschrecken, ich fand es wirklich toll und lohnenswert.
Das Buch beinhaltet wirklich sehr gute Themenbereiche und deckt das Grundlegende ab. Neben der Geschichte von Asexualität und Aromantik, ist das Diskriminierungskapitel äußerst aufschlussreich und auch jegliche Begriffserklärungen. Selbst wenn man sich schon mit Aspec beschäftigt, lernt man hier definitiv noch etwas dazu! Und das Buch sorgt natürlich durch seine reine Existenz für mehr Sichtbarkeit. Mir fällt ansonsten leider keins im deutschsprachigen Bereich ein, welches Aromantik so genau aufgreift.
Dieses Sachbuch hat genau das geliefert, was es im Titel genannt hat: Perspektiven auf Aromantik und Asexualität.
Es ist ein guter Einstieg in die Thematik und bildet vor allem die Begriffe im deutschen Sprachgebrauch gut ab. Ich hätte mir einen deutlicheren Faden in dem Geschichtsteil gewünscht, da es teilweise nur als eine Sammlung von Ereignisse ohne Einordnung wirkte. Aber das sind nur kleine Makel, die bei erneuter Auflage bestimmt verbessert werden können.
Ich bin in diesen Themen schon so tief drin, dass ich das meiste tatsächlich schon wusste. Micro-Label, die nach circa 2018 gecoint wurden, sind mir allerdings größtenteils unbekannt (weil ich dann Tumblr verlassen habe wegen Afeindlichkeit), und es gab einige interessante Verweise auf Sekundärquellen, die ich tatsächlich noch nicht kannte, daher gab es doch auch für mich neue Informationen in diesem Buch. Aber ich habe es nicht nur gelesen, um etwas neues zu lernen, sondern auch, um den "State of the Art" der deutschen Sachbücher zu A-Spec-Themen rauszufinden. Lange Zeit gab es dort nämlich gar nichts. Ich bin nicht tief mit der deutschen A-spec-Community verwurzelt (was unter anderem der Tatsache geschuldet ist, dass mich ein:e – auch in diesem Buch erwähnte:r – semi-prominente:r deutsche:r A-spec-Aktivist:in wegen etwas das m.E. ein Missverständnis war auf Twitter blockiert hat und ich so z.B. den historischen Moment der ersten A-Spec-Gruppe beim CSD Köln 1. vorher nicht bekommen habe und 2. mich dort sowieso nicht willkommen gefühlt hätte), also korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege, aber meines Wissens ist das hier eins von nur zwei deutschen Sachbüchern über Asexualität überhaupt, wobei [Un]Sichtbar Gemacht schon im (Unter-)Titel klar macht, dass es nicht nur um Acethemen, sondern auch um Arothemen geht, was sehr gut ist, da Aromantik leider noch seltener thematisiert wird als Asexualität. Das andere Buch wäre Das Asexuelle Spektrum. Eine Erkundungstour. von Carmilla DeWinter, das 2021 erschienen ist und das ich (noch) nicht gelesen habe und ich daher nichts genaueres zu sagen kann. Ansonsten gibt es meines Wissens nach nur Infobroschüren von Rubicon, AktivistA etc., die eine grobe Einführung geben. Im Gegensatz dazu erscheinen in den letzten paar Jahren jedoch immer wieder Mal Sachbücher zu A-Spec-Themen im englischen Sprachraum. Dort haben einige Leute auch gut erkannt, wo Nichen sind, die noch nicht gefüllt sind. So sollen z.B. Ratgeberbücher erscheinen, die etwas neues sind. Ich hab in meinem Review von Ace von Angela Chen auch erwähnt, dass ich denke, dass man eigentlich auch ein ganzes Buch zu dem Thema Gender und A-spec-Identitäten schreiben könnte, ein Thema, das nur ein Kapitel von Chens Buch ausmacht. Und ich denke die deutsche Aspec-Sachbuchlandschaft hat sogar noch mehr ungefüllten Nichen als die englische, die gefüllt werden könnten (insofern die englischen Bücher nicht alle auch auf Deutsch rauskommen, aber ich bezweifle es stark). Ich bin gespannt, was sich da in Zukunft noch tun wird. Denn dieses Buch ist gut als Überblick einer Menge wichtiger Ideen bzgl. A-spec-Themen, aber viele dieser Ideen sind so vielschichtig, dass sie selbst seperate Bücher füllen könnten.
Als ich gesehen hab, dass es ein Buch über die (deutsche) Aspec community gibt, war ich absolut aus dem Häuschen weil ich schon so lange mehr aspec Literatur lesen wollte. Leider war das Buch für mich persönlich eher enttäuschend. Hauptsächlich, weil ich nicht so recht weiß, für wen dieses Buch geschrieben ist. Als aspec Person, die bereits viel im Diskurs drinsteckt, hat mir das Buch nicht sonderlich viel gegeben, bis auf die historischen Einordnungen und die persönlichen Beiträge, die sehr schön waren. An sich ist das ja auch okay, wenn das Buch womöglich eher als Aufklärungswerk für Allies gedacht ist, aber die sehr akademisierte Herangehensweise ist dafür mMn einfach nicht förderlich. Es wurde definitiv gut recherchiert und sich um ein ausführliches Glossar bemüht, aber während des Lesens hat sich bei mir leider immer wieder das Gefühl eingeschlichen, dass es an den falschen Stellen zu viel und zu wenig ist. Es wird versucht, möglichst viele Aspekte und Erfahrungen abzudecken, aber oft mit einer fehlenden Tiefe, die erreicht werden hätte können, hätte man es etwas eingegrenzt. Einige Themen sind dann auch eher allgemein gehalten, als aspec-spezifisch, zumindest hatte ich auf jeden Fall bei dem Kapitel zu Diskriminierung das Gefühl.
Ich bin froh, dass die Arbeit geleistet wurde und freue mich, wenn anderen das Buch mehr gibt als mir. Persönlich finde ich, dass es für aspec-Personen, die bereits im Thema stecken, zu wenig bietet und für nicht-aspecs zu viel auf einmal ist, um sich da wirklich durcharbeiten zu wollen. Ich hab einige allo Freund*innen, denen ich das Buch eigentlich mal andrehen wollte, aber denen ich wohl nur bestimmte Passagen geben werde als Einstieg.
sehr zugänglich, sehr ausführlich, sehr gute politische einordnungen, sehr gut recherchiert (random tumblr blogs als seriöse quellen normalisieren!), außerdem own voice und viele verschiedene perspektiven. hätte mir bisschen mehr tiefe manchmal gewünscht, aber alles in allem sehr sehr mausig.
überblickshafte einführung in die themengebiete asexualität und aromantik. stilistisch kein besonders hervorstechendes buch, liest sich über lange strecken wie eine mittelmäßige hausarbeit, viele behauptungen und viele buzzwords, wenig tiefe, erklärung oder argumentation. aber für den einstieg und als überblick und glossar hilfreich. tut was es soll!