Daniela Dröscher, Jahrgang 1977, aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, lebt in Berlin. Promotion im Fach Medienwissenschaft an der Universität Potsdam sowie ein Diplom in »Szenischem Schreiben« an der Universität Graz. Ihr Romandebüt »Die Lichter des George Psalmanazar« erschien 2009, es folgten der Erzählband »Gloria« (2010) und der Roman »Pola« (2012) sowie das Memoir »Zeige deine Klasse« (2018). Sie wurde u.a. mit dem Anna Seghers-Preis, dem Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds sowie dem Robert-Gernhardt-Preis (2017) ausgezeichnet. Der Roman »Lügen über meine Mutter« (2022) stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises und ist bald im Kino zu sehen.
Im Rahmen des digitalen Literaturprojekts "check your habitus" haben Daniela Dröscher und Paula Fürstenberg im Sukultur Verlag die Beiträge von Autor:innen gesammelt, die über ihr Herkunftsmilieu, Bildungsaufstieg, den Milieuwechsel und das fehlende Zugehörigkeitsgefühl im Ankunftsmilieu geschrieben haben. Das Gefühl ein Leben lang zwischen den Stühlen zu sitzen, Vereinbarkeit beider sozialer Welten und die in Kindheit und Jugend erlernte soziale Grammatik sind (u.a.) Themen der kurzen Texte. Aber lest selbst:
Herkunft (George Demir, S.17) In einer Dokumentation über das Viertel, in dem ich aufgewachsen bin, heißt es: »Wer mit dem Tempo, das die Gesellschaft vorgibt, nicht mitkommt, der landet hier, zusammen mit anderen, die ein ähnliches Schicksal haben. Fremde meiden Ghettos wie dieses.« An der »schlimmsten Ecke« ist ein Kiosk. Dort kaufte ich jeden Morgen auf dem Weg zur Grundschule mein Trinkpäckchen.
Enttarnt (Caca Savic, S.12) Zweimal im Jahr platzt meine Tarnkappe auf. Der exotische Stamm meines Baumes ist rau. Zweimal im Jahr werden vor der Klasse die Stammdaten vorgelesen. Der Klassenlehrer kann meinen Namen nicht sprechen.Meine Muttersprache, meine Konfession kann er nur fragend stottern.
Zickzack (George Demir, S.22) Ich springe zwischen so vielen Sprachregistern hin und her, dass Umfeld A eine ganz andere Person kennt als Umfeld B und C und D. Das wird für mich immer normal sein und sich trotzdem niemals nicht verräterisch anfühlen.
Sehr lesenswert!
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In ganz kurzen Fragmenten schreiben 18 Autor:innen wechselnd zu verschiedenen Themen in ihrer Zerrissenheit als 'soziale Aufsteiger:innen'. Mir war es ein wenig zu gestückelt. Einige der Texte sind für mich allerdings sehr einprägsam gewesen.