Als Leiter des Astronomischen Instituts von Wien dreht sich Martys Leben um die Beschäftigung mit den Weiten des Universums. Die wirkliche Welt schiebt er darüber gerne beiseite, dass seine Frau Marlene bereits insgeheim von einem Leben auf Bali träumt und seine Tochter an ihrem Frausein zweifelt, bleibt ihm verborgen. Nach einem Kongress trifft er auf den Psychoanalytiker Steindorfer, der ihn fragt, warum der Mensch eigentlich mehr über ferne Planeten wisse als über das eigene Bewusstsein, und gibt ihm daraufhin sein Manuskript. Nachdem Marlene nach Bali und Stella an den Atlantik gereist sind, findet Marty im Zimmer seiner Tochter eine Männerperücke. Wie viel weiß er wirklich über seine Frau und seine Tochter? Er erinnert sich an Steindorfer und beginnt, dessen Manuskript zu lesen, das ihn völlig verstört. Er ahnt nun, dass er über seine Sterne sein Leben vergessen hat. In einem letzten Aufbäumen beschließt er, nach Bali zu fliegen.
Zoë Jenny was born in 1974 in Basel, Switzerland and spent parts of her childhood in Greece and Ticino. Her first novel, The Pollen Room (1997), won her global critical acclaim and is the all-time best-selling debut novel by a Swiss author. Translated into 27 languages, the novel propelled her across the globe for readings and talks in schools and universities as far away as Japan, China and the USA. She lived in New York and Berlin and in 2004 settled in London, where she now lives with her husband and daughter.
Obwohl eine bekannte Autorin, so war dies doch das erste Buch, das ich von Zoe Jenny gelesen habe. Und auch wenn dieser Titel vielleicht kein Jahreshighlight wird, so bin ich doch froh darum, endlich ihre Bekanntschaft gemacht haben zu dürfen.
In ihrem jüngsten Werk geht es ums Loslassen, um Neuanfänge. Darum, mit dem Vergangenen abzuschliessen, und auch mal neue Wege zu gehen. Das kann mitunter ein schmerzhafter Prozess sein. Zumindest bei Marty geht dies nicht so einfach vonstatten.
Marty ist keine sympathische Figur per se, sondern in erster Linie ein Mensch. Ein Sterblicher, ein Mann. Er hat seine Fehler, aber auch seine guten Seiten. Er ist mit voller Leidenschaft in seinem Metier verwurzelt, hat dadurch aber den Bezug zur Aussenwelt verloren. Nicht alle seine Handlungen sind vorbildlich, er ist definitiv kein Marvel-Held.
Und genau darin liegt die Stärke dieses Buches. Sind wir nicht alle ein bisschen Marty? Verlieren wir nicht auch manchmal Dinge aus den Augen, die uns eigentlich wichtig sind? Auch wir sind nur Menschen, deswegen finden wir uns alle ein wenig in Marty wieder.
In der Mitte droht Jenny ein wenig, ins Allzubekannte, Bereitsdagewesene abzudriften. Zum Glück fängt sie sich aber wieder und schickt Marty auf eine letzte Odyssee, was der Handlung richtig gut tut. Es sit ein ruhiges, nachdenkliches Werk - man sollte kein Feuerwerk erwarten, dafür aber Einsichten und philosophische Eindrücke.
Somit hat Zoe Jenny bei mir durchaus einen positiven Eindruck hinterlassen und sollte es sich ergeben, lese ich gerne weitere ihrer Bücher.
Mein Dank geht an die Frankfurter Verlagsanstalt für die Bereitstellung des Leseexemplares.
Ich kannte Zoë Jenny vor diesem Buch nicht, obwohl sie aus meiner Heimatstadt (Basel, Schweiz) kommt und relativ bekannt ist. 🙂
Als ich von einer Lesung von ihr und ihrem neuen Buch hörte, habe ich das Buch meiner Frau zum Geburtstag geschenkt. Sie war so schnell fertig damit und wirklich begeistert, dass ich mich überreden lies, es auch zu lesen.
Das Buch begleitet Marty, einen Astrophysiker, der sehr ruhig, rational und eher konservativ ist und mit einigen Problemen oder Herausforderungen konfrontiert wird, mit denen er nie gerechnet hätte.
Der erste Teil des Buches widmet sich vor allem dem Kennenlernen Martys und ist eher langsam, im zweiten Zeil passieren dann aber in kurzer Zeit sehr viele Dinge und es kommt sogar Spannung auf. Einige der angefangen Handlungsstränge werden zwar am Ende nicht aufgelöst, was Raum für Interpretation zulässt. Das hat mir persönlich dieses Mal aber sehr gut gefallen.
Alles in allem ein tolles Buch, das vor allem dann spannend ist, wenn man das gelesene evtl. auch mit jemand anderem besprechen kann. 😁👍🏻
Marty hat sich gut eingerichtet in seinem Leben: Er hat sich bis zum Leiter des Astronomischen Instituts hochgearbeitet, seine Ehe mit Marlene ist stabil, die gemeinsame Tochter wächst behütet auf. Ein bisschen nerven ihn zwar die organisatorischen Pflichten seiner Position, den Sex mit Ehefrau Marlene empfindet er eher als Pflicht denn Freude und Tochter Stella entgleitet ihm immer mehr, aber grundsätzlich scheint er zufrieden. Bis ihm ein Psychoanalytiker ein Manuskript mit dem Arbeitstitel "Die Suche nach dem Bewusstsein" anvertraut und Martys Weltordnung langsam aus den Angeln kippt - ähnlich wie das Fenster, das ihm gleich zu Beginn des Romans entgegenfällt. Nach und nach bröckeln die Säulen weg, die bisher sein Lebensfundament gebildet haben: Marlene überlegt, auf Bali ein neues Leben zu beginnen, Stella outet sich als Transmann und seine Mutter steht auf der Kippe der endgültigen Abkapselung von der Welt. Literarisch höchst kunstvoll dekonstruiert Zoë Jenny das bisher so stabile Weltbild ihres Protagonisten, lässt ihn kollidieren mit allerlei unvorhergesehenen Ereignissen, lässt seine Mitmenschen aus den von ihm gefertigten Schubladen springen und zwingt ihn, neue Blickwinkel einzunehmen. Ähnlich zwingt sie auch die Leser:innen, die sie mit aktuellen Themen wie Klimawandel, der Entwicklung künstlicher Intelligenzen oder dem Ausbau neuer Lebensräume konfrontiert und somit immer wieder zum Nachdenken anregt. Mit "Der verschwundene Mond" ist Zoë Jenny ein feiner, philosophischer und literarisch starker Roman gelungen, der mit seiner feinen, genauen Sprache zum Zweitlesen einlädt. Bis auf kleine Kritikpunkte (siehe ausführliches Video auf Booktube) gefiel mir dieser Roman sehr gut und ich habe Zoë Jennys Schreiben wieder sehr genossen.
Mir fehlt hier irgendwie der Fokus...wurde mit der Geschichte nicht warm. Da hilft es halt auch nicht, einen eher unsympathischen Protagonisten zu haben.